er meinte, in den weitesten Kreisen, gleichviel welcher politischen Richtung sie angehören mögen, nur ein starkes Kopfschütteln Hervorrufen können. Die Petition wurde schließlich der Regierung zur Kennt- nisnahme überwiesen.

Stuttgart, 7. April. Die Kammer der Abgeordneten begann heute mit der zweiten Lesung (Spezialdebatte) deS Hauptfinanzetats. Ohne Erörterung wurden Kapitel l, Zivilliste, sowie Kapitel 2, Apanagen usw. genehmigt. Sodann trat man in die Beratung des Etats des Departements des Innern ein. Dr. v. Kiene (Ztr.) empfahl der Regierung die Unterstützung und Förderung der Baugenossenschaften der mittleren und der unteren Beamten und Einräumung des Erdbaurechts an diese Genossenschaften seitens des Staates und der Ge­meinden. Die Minister Dr. v. Pischek und Dr. v. Zeyer erklärten sich bereit, dieser Frage näher zu treten. Keil (Soz.) verbreitete sich u. a. über die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Bertretungs- körpers für die Arbeiter und wünschte Aufschluß, wie die Verwirklichung dieser Organisation im Bundesrat geplant sei. Gegen das oielverbreitete Tragen von Revolvern seitens junger Burschen, Landstreicher u. s. w, wandte sich Rembold-Aalen (Ztr.); er werde, wenn er Unterstützung finde, den Antrag stellen: .die Regierung um Erwägung zu bitten, ob nicht eine Aenderung bezw. Ergänzung der gellenden gesetzlichen Vorschriften in Hinsicht aus größere Sicherheit gegen den Mißbrauch von Schießwaffen augezeigt erscheine." Minister des Innern Dr. v. Pischek erwiderte dem Abg. Keil auf dessen Anfrage bezüglich der Arbeiter-Kammern, er hake von Berlin die Mitteilung erhalten, daß die Sache in gutem Fortgang sei. Wenn da und dort die Militärverwaltung Wirtschaftsoerbote erlassen habe, so werde sie wohl ihre guten Gründe dazu haben. Die Haltung der Regierung gegenüber den Maisestumzügen habe sich bewährt. Der Ulmer Maifestumzug sei nicht vom Ministerium, sondern vom dortigen Stadtpolizeiamt verboten worden. Der Minister äußerte des weiteren Bedenken gegen den Antrag Rembold, worauf Rembold seinen An­trag dahin abänderte:Die Regierung möge in Er­wägung darüber eintreten, ob nicht eine Aenderung oder Ergänzung der geltenden gesetzlichen Bestimm- unge» in Hinsicht aus die größere Sicherung gegen den Mißbrauch von Schießwaffe» als angezeigt er- scheine." Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Klee mann und Keil wurde der Antrag Rembold mit großer Mehrheit angenommen. Bei Kapitel 25, öffentliche Wasserversorgung, wurden 20000 -/L für beide Etatjahre als Kosten der Vorarbeiten zu neuen öffentlichen Wasserversorgungsanlagen, 100000 -/L für jedes der beiden Etatjahre für die Filderwasser- versorgung und je 20000 ^ für die Wasserver­sorgung des unteren Schussentals genehmigt.

Stuttgart, 2. April. Der engere Ausschuß der Württ. Volkspartei hat sich dieser Tage konstituiert. Zum Parteivorstand wurde Rechts­anwalt Dr. Elsaß, zu dessen Stellvertreter Gemeinde­rat und Abgeordneter Cleß gewählt, zu Schrift­führern Kaufmann Jlg und Redakteur Junge, zum Kassier Gemeinderat und Abgeordneter Gaüer. In den von der Generaldirektion für die Zwecke des Bahnhofumbaues erworbenen Häusern an der Königs- und Kronenstraße, in denen sich bis vor kurzem das Finanzministerium, die Domänen- und Forstdirektion befanden, sind nunmehr Bureaux der Generaldirektion eingerichtet worden. Ein Teil dieser Bureaux befanden sich seither am Wilhelmsplatze, der Rest an der Kronen- und Friedrichsstraße.

Stuttgart, 7. April. Auf Einladung des hiesigen Naturheilvereins und des Luftbadvereins sprach am Donnerstag im Bürgermuseum Professor Dr. Gustav Jäger überZimmerluft und Luft­genuß". Berechtigung und Wirksamkeit der Luftkur findet Redner darin, daß die verbreitetste Veranlassung zur Erkrankung die Selbstgifte des Menschen seien, mit denen durch fortgesetzten Aufenthalt in der Zim­merluft der Körper sich sättigt und wodurch er zum Ausbruch von Erkältungen und Ansteckungen geneigt wird. Gegen diese schädigenden Einflüsse der schlechten Luft bilde der Aufenthalt in- guter Luft eine ganz sachgemäße, sowohl vorbeugende wie als Luftkur auch heilende Gegenwehr. Es sei mit Freuden zu be­grüßen, daß man jetzt endlich dazu gekommen sei, durch die Errichtung von Luftbädern zu helfen, zu dem Ruf:Raus aus der Bude" den zweiten zu gesellen:Raus aus der Montur". Für Stuttgart empfiehlt er in erster Linie fleißigen Besuch des seit dem vorigen Jahre auf dem Degerlocher Exerzier­platz eingerichtetes Luftbades, um sich am eigenen Leib von der Richtigkeit des Gesagten zu überzeugen, damit in Bälde in zweiter Linie auch auf der Fruer-

bacher Heide ein gleiches Luftbad errichtet werden könne. Groß - Stuttgart brauche mindestens zwei solcher Anstalten.

Stuttgart, I. April. Der Großeinkaufsverein der Kolonialwarenhändler Württembergs, E. G. m. b. H-, Sitz Stuttgart, hielt am Sonntag seine erste ordentliche Generalversammlung im Blumensaale des Charlottenhofes ab. Der Vorstand gab den Ge­schäftsbericht und betonte den günstigen Stand des Unternehmens. Der wachsenden Bedeutung der Genossenschaft entsprechend wurde die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder von 5 auf 8 erhöht. Die Geschäftsanteile der Genossen sollen je nach Größe der Bezüge allmählich auf die Höchstzahl 5 (bisher 1) gebracht werden.

Stuttgart, 7. Apr. Dem Chauffeur Brüder­lein wurde für unschuldjg erlittene Untersuchungshaft eine Entschädigung in Höhe von 600 ausbezahlt.

Riedlingen. 7. April. Gestern früh */s5 Uhr wurde hier ein schwaches Erdbeben verspürt, dem ein kurz anhaltender orkanartiger Sturm folgte. Mittags stsl Uhr begann ein Schneetreiben, wie wir es den ganzen Winter nicht hatten, jedoch blieb der Schnee nicht liegen. Den ganzen Tag geht starker Nordsturm.

Bus StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Zum Konfirmationstag.

Wer die Jugend hat, der hat die Zukunft." Wenn man an diesen Sonntagen unter Glockenklang die Scharen der jungen Christen zum Konfirmations­altar ziehen sieht, so möchte man unseres Volkes Zukunft wohl geborgen meinen. Denn wenn seine Jugend treu hält zu dem Glauben und der sittlichen Zucht Jesu Christi, so kann unser Volk nicht in Unglück geraten.

Kirche, Schule und nicht zuletzt das Eltern- Haus schaffen die geistige Atmosphäre, in der ein Kind unseres Volkes aufwächst. Der Konfirmations­tag ist wie ein Frühlingstag, wo die ersten Blumen treiben sollen. Durch die jungen Herzen zieht heiliges Ahnen, des Vaters Antlitz erglänzt, und der Mutter Auge füllt sich mit Freudentränen im Blick auf das Kind vor dem Altar. Gewiß ein Ehrentag der Familie; denn die Familie ist ja die Gemeinschaft, in der das Kind zuerst ein christliches Fühlen und Denken zur Tat umsetzen soll!

Aber die meisten der jungen, nun mündigen Christen umfängt bald eine ganz andere Luft. In Werkstatt und Geschäft, in der Fabrik und auf dem Bauplatz, da beginnt eine neue Schule. Ja leider oft schon am Nachmittag des Konfirmationstages legt sich der Reif auf die Frühlingsblume keimender Frömmigkeit. Wo bleiben für die Kirche alle die Konfirmierten? Wer hat hernach die Jugend? Welche Einflüsse werden wirksam? Oft versinkt mit dem Konfirmationstage nicht nur die Welt der Kind­heit, sondern auch die Welt der Autorität, der Acht­ung, des Gehorsams, der Zucht, der Sitte und des Glaubens.

Das aber sind die Grundlagen des Glückes für den einzelnen und die Gesamtheit. Darum geht der Konfirmationstag alle an, die Einfluß gewinnen auf die Konfirmierten. Herren und Meister und reifere Arbeitsgenossen müßten und könnten durch Vorbild und Einfluß viel bewahren. Bor allem mag im Elternhaus durch die würdige Vorbereitung und Feier dieser Ehrentag der Jugend zu einer geheiligten Erinnerung gestaltet werden. Geistliches und Welt­liches klingt zusammen in der Lebenslosung:Jesu, geh voran auf der Lebensbahn!"

Neuenbürg, 7. April. Einkommensteuer, gesetz. Wie es bei einem in die Erwerbsverhält­nisse so tief eingreifenden Gesetz kaum anders möglich ist, kommen die Steuerpflichtigen bei Abfassung ihrer Steuererklärung auf mancherlei Zweifel über die An- Wendung verschiedener Gesetzesbestimmungen. Wir greifen heute speziell die nicht unwichtigenAbschreib, urigen" aus dem umfangreichen Gesetz heraus und glauben den steuerpflichtigen Lesern unseres Blattes einen Dienst zu erweisen, wenn wir ihnen nach dieser Richtung einige Winke geben. Bekanntlich sind bei der neuen Einkommensteuer unter anderem auch ab­zugsfähig die regelmäßigen jährlichen (Absetzungen) für die Abnützung (Verschlechterungen, Verringerung) von Gebäuden, Maschinen, lebenden und totem In- ventar (Vieh, Pferde rc.) sowie von anderen Sachen. Es find also solche Abschreibungen sowohl beim Ge- Werbebetrieb wie bei der Landwirtschaft zulässig. Daß es bei Kapitalien und Renten derartige Ab- setzuugen nicht gibt, liegt in der Natur dieser Einkommensquellen; dagegen können bei Grund und Boden solche Abschreibungen Vorkommen und

zwar bei Lehm- und Zementgruben rc, weil sich die Substanz derselben allmählich verringert. Was nun die Höhe dieser Abschreibungen betrifft, so sind hierüber weder im Gesetz noch in den Ausführungsbestimm­ungen bestimmte Vorschriften gegeben Der Gesetz­geber hat vielmehr die Festsetzung dieser Abschreibungen dem Steuerpflichtigen überlassen. In der Hauptsache ist der Zweck der geschilderten Abschreibungen darin zu suchen, daß durch dieselben die durch Abnützung der Objekte, infolge regelmäßigen Gebrauchs oder durch natürliche Einflüsse eintretenden Wertsver- Minderungen ausgeglichen werden sollen. Als An- Haltspunkte für die Höhe dieser Abschreibungen dürften dienen beiGebäuden" 1 bis 2 Proz.; beiMaschinen" 6 bis 12 Proz.; beiJnventargegenständen" (Mo- bilien rc.) 5 bis 10 Proz.; beiTieren" 10 bis 15 Proz. Selbstverständlich steht der Steuerbehörde das Recht der Prüsung und zutreffendenfalls der Aenderung dieser Abschreibungen zu.

Neuenbürg, 6. April. (Eisenbahn.) Wie uns von der Bahnhofverwaltung mitgeteilt wird, ist auf den 1. April ein neuer Expreßgut.Tarif (Preußisch-Hessisch-Sächsisch-Südwestdeutscher Expreß. gut-Tarif) zur Ausgabe gelangt, in welchen auch die hiesige Station ausgenommen wurde. Von Inte- ressenten kann der Tarif durch Vermittlung der Station zum Preis von 1 bezogen werden. Nach diesem Tarif ist die direkte Abfertigung von Expreß, gut nach allen größeren Stationen der preußischen hessischen und sächsischen Staatseisenbahnen ennijg.' licht. Die Fracht wird für mindestens 20 Mx. berechnet. Der Mindestfrachtbetrag ist bei Perso». zögen 50 -fl, bei verlangter Beförderung in Schnell, zügen, wenn auch nur streckenweise, 1

^Neuenbürg. (Gesangssache.) Am letzten Sonntag fand in Obernhausen die Frühjahrs- Versammlung des Enzgausängerbundes unter der ziel­bewußten Leitung des Gauvorstandes, Reallehrer Kirschmer-Wildbad, statt. Nachdem zu Beginn als einigendes Band ein frisches Lied gesungen und der äußerlich geschäftliche Teil erledigt war, trat man in die Beratungen ein, welche hauptsächlich dem im kommenden Sommer abzuhaltenden Gausängerfest galten. Ueber den Festort war man sofort einig; der Bundesverein Neuenbürg, welcher schon vorigen Herbst mit einem dahingehenden Antrag von der Gauversammlung beehrt worden war und welcher auch der Zeit nach an der Reihe ist, hatte sich in­zwischen zur Annahme des Festes bereit erklärt, und diese Zusage wurde allgemein mit Befriedigung aus­genommen. Auf eine Anfrage des Vorsitzenden, welche Vereine sich am Preisgesang zu beteiligen beabsichtigen, erklärte sich zunächst nur ein Verein bereit, und es wurde darum als Anmeldetermin hiezu der 1. Mai festgesetzt; auch fand der Vorschlag des Vorsitzenden, die inzwischen ausgetretenen Vereine zur Mitarbeit an der Bundessache wieder aufzu­muntern, den ungeteilten Beifall der Versammlung. Der Termin für das Enzgausängerfest 1905 wurde in Provisorischer Weise auf Ende Juli festgesetzt; ein endgültiger Beschluß hierüber bleibt dem erweiterten Ausschuß Vorbehalten. Als gemeinsame Massenchöre sind zwei ansprechende Lieder:Noch kehrt in mich der süße Frühling wieder" undAennchen von Tarau" ausgewählt. Möge durch das in Aussicht stehende Liederfest die Sache des Gesanges wie das Gefühl der Zusammengehörigkeit aufs neue eine nach­drückliche Förderung erfahren! Der festgebende Verein wird sich s zur Ehre rechnen, sein Bestes zu tun, um den Sangesbrüdern eine gastliche Slätie zu bereiten.

Neuenbürg, 7. April. Die Witterung, welche sich in den ersten Tagen des April geradezu lobenswert anließ, ist seit zwei Tagen wieder rasch ins Gegenteil umgeschlagen. Auf Sturmesbrausen folgte in der Frühe des gestrigen Tages ein Gewitter mit starkem Donner und heftigem Regen, daraus Schneegestöber und wieder Sturm und Regen, nur hie und da, launisch wie der April nun einmal ist, vermischt mit Sonnenschein, der immer aufs Neu! Hoffnungen auf ein freundlicheres Wetter hervorruft. Auf den Bergeshöhen erblickt man die schönste Schnee- landschaft. Die übereilten Frühlingshoffnungen haben eine schwere Täuschung erfahren. Mit dem fort­schreitenden Blühen und Knospen ist es zunächst nichts und man muß damit ganz einverstanden sein, denn besser ists, wenn der Winter seine letzten Streiche jetzt noch ausspielt, wenn die Vegetation jetzt noch etwas zurückgehalten wird, als wenn sich naßkaltes Wetter und Frost erst während der allgemeinen Blütezeit einstellt. Man nimmt dem April seineveränderliche Eigenschaft" nicht übel, ja der Landmann betrachtet sie sogar als eine lobenswerte, denn sein Sprüchlein lautet:Je launenhafter der April sich zeigt fürwahr, desto fruchtbarer wird sicherlich das Jahr."Wenn