Der Lnztäler.
Anzeiger für das (Lnztal und Umgebung.
Amtsblatt tür 9en OberamtsbLZirlc IleuLnbürg.
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Neuenbürg, Samstag den 8. April 1905.
63. Jahrgang.
Erscheint
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^ 57.
RunSschau.
ImReichstag herrscht österliche Ferienstimmung, wofür u. a. die in der Dienstagssttzung hervorge- tretene Beschlußunfähigkeit des Hauses zeugte. Am Mittwoch erledigte der Reichstag die Vorlage über die Kontrolle des Reichshaushaltsetats, des elsaß- lothringischen Etats und des Kolonialetats für 1904, sowie koloniale Rechaungsüberfichten, worauf in erster Lesung die Vorlage, betr. die neue Maß» und Ge- > wichtsorduung erörtert und schließlich an eine? Kommission verwiesen wurde. Zuletzt wurden Petitionen erledigt. Am Donnerstag beschäftigte sich der Reichstag mit kleinen Vorlagen und Petitionen. — Die Budgetkommisstoa des Reichstags genehmigte am Mittwoch die Nachtragsetats für Kamerun und Süd- Westafrika sowie den Ergänzungsetat zum Etat des Auswärtigen Amtes. — In der Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses für die Berggesetz - Novelle wurde am Mittwoch die Debatte über diese Vorlage fortgeführt.
Kaiser Wilhelm ist am Mittwoch vormittag an Bord der „Hamburg" in bestem Wohlsein in Neapel eingetroffen, womit der erste Teil der MittAmeerfahrt des hohen Herrn seinen Abschluß , erreicht hat. Noch im Laufe des Mittwoch vormittag begrüßte sich der Kaiser mit seinem aus Ostasien und Ostafrika zurückgekehrten dritten Sohn, dem Prinzen Adalbert. Am Donnerstag empfing der Kaiser den Besuch des Königs Viktor Emanuel III., welcher Vorgang erneut die ungeschwächte Fortdauer der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Höfen von Berlin und Rom und des deutsch-italienischen Bündnisses erfreulich beleuchtet.
Der Kaiser verlieh in einem an Generaldirektor Ballin gerichteten Telegramm aus Neapel seiner Anerkennung über den Dienst und die Einrichtung des Postdawpfers „Hamburg" Ausdruck. Der Kaiser sagt in diesem Telegramm: Die Führung des Schiffes, der Schiffsbetrieb und die Haltung der gesamten Be» satzung erbrachten den Beweis, daß eine solche Fürsorge für die Reisenden kaum übertroffen werden kann.
Wie aus Südwestafrika mitgeteilt wird, ist nach dem Bericht der englischen Grenzpolizei Abraham Morris auf dem Rückzuge gefallen. Dagegen ist Morenga aus den Karasbergen vertrieben und nach Olifantkloof bei Kunobis geflohen. Kunobis liegt auf deutschem Gebiet, dicht an der Grenze nach Betschuanaland, ungefähr unter 22 Grad südlicher Breite, Olifantkloof südwestlich davon in Betschuanaland. Die Kapregierung sendet sofort Patrouillen nach der Kalahariwüste.
Der bayerische Kriegsminister v. Asch ist von seinem Posten zurückgetreten und auf demselben durch den bisherigen kommandierenden General des dritten Armee-Korps, v. Horn, ersetzt worden.
Die Verhandlungen zwischen dem sächsischen Hof und der Gräfin Montignoso sind dem Ab» schlusse nahe. Die Gräfin ist bereit, die Prinzessin Anna Monika Pia herauszugeben. Voraussichtlich wird sie sich im Mai oder Juni nach der Schweiz zum Besuch ihres Bruders begeben. Zur selben Zeit soll die Prinzessin nach Sachsen gebracht werden. Das Zugeständnis der Gräfin ist nicht ohne erheb» liche finanzielle Opfer deS sächsischen Hofes erreicht worden:
Das Tagesereignis für Frankreich ist die Zusammenkunft, welche König Eduard von Eng- . land auf seiner Reise von London nach Marseille mit dem Präsidenten Loubet hatte. König Eduard traf am Donnerstag nachmittag 5 Uhr in Pffrcfitte bei Paris ein, wo Herr Loubet den König erwartete, zu ihm in den Salonwagen stieg und ihn dann bis zum Lyoner Bahnhof in Paris begleitete. Bon dort reiste der König in der achten Abendstunde mit dem Marseillaiser Schnellzuge weiter. In den politischen Kreisen Frankreichs legt
I man dieser jüngsten Begegnung des englischen ' Herrschers mit dem Staatsoberhaupte der Republik 1 besondere Bedeutung in Hinblick auf die marokkanische Angelegenheit zu. — In Paris soll eine Art Militärverschwörung entdeckt worden sein, mit welcher mehrere oorgenommene Haussuchungen und Verhaftungen zusammenhängen.
Paris, 7. April. Die gestrige Zusammenkunft des Präsidenten Loubet mit König Eduard hatte einen durchaus unpolitischen Charakter und verlief ohne Zwischenfall.
Die ungarische Kabinettskrisis befindet sich trotz aller Losungsversuche noch immer auf dem alten Fleck. Der Abgeordnete Kossuth erklärt jetzt, er habe ein Kompromiß, demzufolge ein zweijähriger Aufschub der Militärkredite, andererseits ein Aufschub der nationalen Armeeforderuogen eintreten solle, prinzipiell gebilligt. Im Laufe der Verhandlungen sei es jedoch klar geworden, daß in Wirklichkeit bloß 19 Millionen des beanspruchten 450-Millionenkredits zwei Jahre lang aufgeschoben werden sollten. Ein Kompromiß unter diesen Bedingungen sei ihm trotz seiner prinzipiellen Geneigtheit als unannehmbar erschienen. — Uebrigens ist Kaiser Franz Josef nunmehr von Budapest nach Wien zurückgereist.
Das ungarische Abgeordnetenhaus hat gestern den Antrag Kossuth, betreffend die Aufhebung deS Beschlusses vom 18. November 1904 über die Aenderung der Hausordnung, mit großer Mehrheit angenommen.
In Petersburg spricht man nur noch von einem neuen Attentatsversuch in Zarskoje Sselo. Ein als Kosakenoberst verkleideter Unbekannter wurde Montag im Palaste verhaftet. In seinem Besitz wurden zwei Bomben gefunden. Montags empfängt der Zar bekanntlich die Offiziere, welche während der Woche den Dienst versehen. — Ueber diesen Attentatsversuch wird nach Paris aus Petersburg gemeldet, der angebliche Kosakenoberst sei erkannt worden an einigen Defekten an seiner Uniform. Er befand sich im Besitze eines Kastens mit zwei mechanischen Bomben. Er verweigert jede Auskunft über seine Person, auch wurden keinerlei Schriftstücke bei ihm vorgefunden. Infolge dieses Zwischenfalls find bereits wied^um mehrere Verhaftungen vorgenommen worden; unter den Verhafteten befindet sich auch die älteste Tochter des Generals Leontijew, eines früheren Provinz- gouverueurs, dessen Wohnung in der Nähe der deutschen Botschaft liegt. Die junge Dame war durch anonyme Briefe der Polizei angezeigt worden. Eine bei ihr vorgenommene Haussuchung führte zur Entdeckung von Explosivstoffen unter ihrem Bett. Nachdem von der Petersburger Polizei in. der letzten Zeit zahlreiche Proklamationen der anarchistischen Partei beschlagnahmt worden find, welche zu einer am 1. Mai beginnenden revolutionären Bewegung auffordern, wurde das Militär in der Hauptstadt abermals verstärkt. Zahlreiche größere Abteilungen von Kosaken sind eingetroffen. Ein Teil derselben wird nach Zarskoje Sselo, Warschau Riga und Reval dirigiert werden.
In Rußland hat der Oberprokurator Pobjede- uoszew sein Entlassungsgesuch eiugereicht; über dessen Annahme durch den Zaren verlautet indessen noch nichts. Pobjedeuoszow ist bekanntlich einer der starrsten Vertreter der reaktionären Richtung im Zarenreiche. In Petersburg und in Warschau haben neue Verhaftuugen stattgefunden.
Berlin, 26. April. Wie man dem „Berl. Tagebl." aus New-Zjork meldet, wurde an ver» schiedenen Stellen, die der Extrazug des Präsidenten Roosevelt passieren mußte, auf dem Geleise Dynamit gefunden.
Hamburg, 7. April. Während der Stürme im Februar find im ganzen 111 Schiffe völlig verloren gegangen, darunter jedoch kein einziges deutsches,
ein bisher noch nie dagewesener Fall. 487 Schiffe wurden beschädigt, darunter 63 deutsche.
Göttin gen, 6. April. Das Erdbeben in Indien wurde von den Erdbebenmessern des hiesigen geophysikalischen Instituts ungewöhnlich stark an» gezeigt. Der Erdboden schwankte hier um ein Millimeter.
Baden-Baden, 5. April. Die Kreisversamm- lung Baden bewilligte in ihrer letzten Sitzung der wasserarmen, 426 Meter hoch gelegenen Gemeinde Ebersteinburg, die seit mehr als 50 Jahren unter diesem Mißstand zu leiden hatte, die Summe von 10000 und die großh. Regierung eine solche von 30000 so daß das Unternehmen gesichert erscheint.
Der rmMch-japarrische Krieg.
Wie mit aller Bestimmtheit von diplomatischer Seite verlautet, hat die russische Regierung, um den fortgesetzten Friedensgerüchten ein Ende zu bereiten, durch ihre Vertreter im Auslande die Kabinette der Mächte in amtlicher Weise in Kenntnis gesetzt, daß Rußland unter allen Umänden zur Fortsetzung des Krieges entschlossen sei, und daß daher jede Friedensvermittelung unter wie immer gearteten Bedingungen durchaus überflüssig erscheine. Rußland werde überhaupt an dem Prinzip iesthalten, den Frieden mit Japan zu geeigneter Zeit ohne fremde Intervention zum Abschluß zu bringen. — Ueber die Operationen auf dem Kriegsschauplätze liegen augenblicklich keine bemerkenswerten Meldungen vor.
London, 7. April. Laut einer Meldung der Times entsendet General Linewitsch 50000 Mann, um Kinn zu halten. Mit dem Rest seiner Armee von 250000 Mann hat er die Stellung aus dem halben Wege zwischen Mukden und Krantschense bezogen und sich verschanzt. Die Russen verwandeln das ganze Gelände in eine Einöde, um den Vormarsch der Japaner zu verhindern.
Württemberg.
Stuttgart, 6. April. Die Kammer der Abgeordneten erledigte heute die Rechnungsergebnisse der Etatsperiode 1901/03. Aus den kurzen, sich anschließenden Debatten wäre hervorzuheben, daß vom ritterschaftlichen Abg Grafen v. Uxkull die Bildung eines Reservefonds für die Forstverwaltuug angeregt wurde, eine Frage, die den Landtag bei der bevorstehenden Einzelberatung des Etats noch des Näheren beschäftigen wird, ferner eine beim Etat der Münze vom Abg. von Wöllwarth gemachte Mitteilung, daß im letzten Monat in Stuttgart über 2 Millionen Mar! in de» neuen Halbmarkstücken ausgeprägt wurden, endlich eine Mitteilung des Finanzministers, daß die von einem Sachverständigen ausgearbeitete Denkschrift über die gegenwärtige Lage und die event. Um- bezw. Ausgestaltung des Hüttenwerks Wasseralfingen dem Landtag demnächst zugehen werde. Am Schluß der Sitzung kam noch eine Bitte mehrerer Metzgermeister aus der Gegend von Lorch und Welzheim um Uebernahme der Fleischbeschaukosten zur Hälfte auf den Staat, zur Hälfte auf die Gemeinden, zur Verhandlung. Gegen den Antrag der Kommission, die Bitte der Regierung zur Kentnisnahme zu übergeben, hatte niemand etwas einzuwenden, auch die Regierung nicht. Dagegen riefen einige weitergehende Wünsche, die in einer anderen, gleichzeitig eingereichten Petition ausgesprochen waren urld die darin gipfelten, die Fleischbeschaukosten ganz auf den Staat zu über- nehmen und den Fleischbeschauzwang auch auf die Hausschlachtungen auszudehnen, nicht geringeren Widerspruch hervor, als die zur Begründung dieser Wünsche vorgebrachte Behauptung, daß es „der Landwirtschaft noch nie so gut ergangen sei wie gegenwärtig'. Außer den Abgg. Reihling, Sommer und Vogt wandte sich namentlich Dr. Hieb er mit großer Schärfe gegen diese Aufstellungen, die, wie