Der russisch-japanische Krieg.
Berlin, 7. März. Nach dev St. Petersburger Privatdepeschen der heutigen Morgenblätter wird die kritische Lage Kuropatkins in de» Kreisen des rassischen Generalstabs wie folgt beurteilt: Die nur bis zum 4. März reichenden Nachrichten vou de» Kämpfen um Mulden werden dahin aufgefaßt, daß es Kuropatkin bis zu diesem Zeitpunkt gelungen war, der großen Gefahr, in der sein linker Flügel nach dem Verlust des Dalingpasses schwebte, durch zweckentsprechende Verstärkung derselben zu begegnen, dagegen seine bis zur Stunde getroffenen Aushilfen, um der gleichzeitigen schweren Bedrohungen seines rechten Flügels Herr zu werden, nicht wirksam genug waren, um die von dort heraufziehende schwere Katastrophe aufzuhalten. Die russischen Verluste find nicht übermäßig. Der entscheidende Moment der großen Schlacht wurde für gestern oder für den heutigen Dienstag erwartet. Sonntag um 4 Uhr nachmittags begannen die Geschütze westlich und nordwestlich von Mukden zu donnern, wo Kuropatkin selbst einen Angriff gegen den japanischen linken Flügel leitete.
Berlin, 6. März. Aus St. Petersburg wird dem Berl. Tagebl. gemeldet: Dem hiesigen Korrespondenten des Echo de Paris hat ein General gesagt: Kuropatkin kann nicht mehr die Offensive ergreifen. Wenn er dies je tut, werden seine rückwärtigen Verbindungen durch die Armee Okus zu sehr bedroht, als daß er einen einigermaßen bedeutenden Sieg erringen könnte. Mulden ist verloren. Die Räumung Mukdens wird ein furchtbarer Schlag für uns sein. Wir verlieren außer unserem Ansehen bei de» Chinesen eine Unmenge Lebensmittel.
London, 6. März. Daily Telegraph meldet aus Tokio vom 4. März: Die Russen haben die Militärattachees ausgefordert, Wladiwostok zu verlassen.
Die Russen hoffen trotz ihres Rückzuges auf ein günstiges Endergebnis des Kampfes bei Mukden, wegen der großen Ausdehnung der japanischen Linie. — Das Pariser .Journal" läßt sich vou Petersburg melden, daß General Kuropatkin vor einem Sieg gestanden habe, und nur aus Vor- ficht Mukden zu räumen, sich entschlossen habe, weil er fürchtete, durch Vorrückeu in eine Falle zu geraten.
Württemberg.
Stuttgart, 6. Febr. Gemäß dem Beschluß der Kammer der Abgeordneten über die festliche Begehung des Schillertags am 9 Mai 1905 ist den Justizbehörden die tunlichste Rücksichtnahme auf den vou der Kammer der Abgeordneten ausgesprochenen Wunsch empfohlen und auch zugleich anheimgegeben worden, auch abgesehen vou öffent- lichen Sitzungen den Beamten des Departements die Beteiligung an den in Aussicht zu nehmenden festlichen Veranstaltungen des Schillertages, soweit der Dienst solches gestattet, zu ermöglichen.
Stuttgart, 6. März Das neue Rathaus soll entsprechend einem vorläufig gefaßten Beschluß der Stadtverwaltung am Samstag den 1. April ringe- weiht werden. Mau nimmt au, daß auch S. Majestät zu der Feier erscheinen wird. Es ist eine besondere
Aus falscher Fährte.
Bon Hy. Htke.
Ss - (Nachdruck verboten.;
Im nächsten Augenblick fuhr der Zug in die Station ein, und Ellen erkannte Lady Lhorntons alten Diener, wie er nach ihr ausschaute. Bald öffnete er die Tür.
.Lady Thoruton ist erkältet, gnädiges Fräuleiu, und fürchtete sich hinauszugeheu, denn es ist ein häßlicher Abend. Der Wagen wartet. Ich denke, Sie haben Ihr gewöhnliches Gepäck. Sobald Sie im Wagen sind, werde ich es besorgen." Damit belud er sich mit dem Gepäck.
.Ich dauke Ihnen, Stubbs!" sagte Ellen, indem sie ausstieg und ängstlich umherblickte; denn während Stubbs sprach, war ein Passagier aus einem Koupee gesprungen, und mit dem Rufe: „Ich bin beraubt! Einer großen Summe beraubt!" zu einem Beamten hingelaufeu.
Sofort hatte sich ein Haufen um ihn gebildet, unter dem Ellen auch ihren Reisegefährten dicht neben einem Polizisten erblickte, deren mehrere au dem Zuge standen. Er schien keine Eile zu haben, sein Ueberzieher hing an seinem Arm und zwischen den Lippen hielt er eine Zigarette. Gemächlich schleuderte er dem Ausgange zu, schaute dann nochmal zu der Stelle, wo Ellen stand, und verschwand.
„Ob er gerettet war? Ob er wirklich entkam?" so dachte sie, während ihr Atem stille stand, als
Kommission vo« Mitgliedern der bürgerlichen Kollegien niedergesetzt worden, um das Programm für die Feier zu bestimmen.
Die Mühlenindustrie geht von Jahr zu Jahr zurück. Von 1550 württembergischen Müllereibetrieben sind in den letzten 15 Jahren 300 Betriebe aus dem Kataster der Müllereiberufsgenossenschaft gestrichen worden. In den letzten 5 Jahren ist die Zahl der Müllereiarbeiter iu Württemberg um 760, die jährliche Lohnsumme um nahezu eine halbe Million Mark zurückgegangen. Der Anfang dieses Rückgangs fällt mit der Zeit der Gründung und Vergrößerung der rheinischen Großmühlen 1896/97 zusammen. Von dieser Zeit ab ist die Einfuhr von Mehl- und Mühlenfabrikaten in Württemberg um das fünffache gestiegen. Mit Recht verlangt deshalb unsere bedrohte einheimische Müllerei staatliche Schutzmaßregel».
Tübingen. 4. März (Strafkammer.) Der Bahnhofrestaurateur Josef Stahl in Reutlingen beschäftigte auf seiner Wirtschaft zum Bebenhäuserhof seit 29. Jan. den ledigen Koch Willy Haupt aus Görlitz. Am Abend deS 10. Februar geriet Haupt in große Auf- regung weil ein von ihm gewünschtes Glas Bier nicht sofort zur Stelle war. Von Frau Stahl zurecht- gewiesen bedrohte er diese, worauf sie ihren Mann rufen ließ. Als dieser in der Küche erschienen war und den Haupt gefragt hatte, was denn das für ein Unfug sei, zog Haupt sein Kochmesser aus der Scheide und brachte dem Stahl mehrere Verletzungen im Gesicht und an den Händen bei Schließlich wurde er von Stahl überwältigt und zu Boden geschlagen. Haupt machte geltend, er habe in Notwehr gehandelt. Er wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.
Metzingen, 7. März. Nach einem Vortrag des Sekretärs des württ. Schutzvereins für Handel und Gewerbe über das Thema: „Wie erwehren sich die Geschäftsleute der Konkurrenz der Konsum- Vereine" wurde ein Rabattsparverein gegründet, dem sofort zahlreiche Kaufleute beitraten.
Ulm. 3. März Die Postillonswitwe Steinhäuser, die ihre Tochter auf die ordinärste Weise verkuppelte, wurde vo» der Strafkammer zu 2 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt
Gmünd, 4. März. Eine hiesige Dienstmagd trank lt. Gmünder Blättern aus einem Glase mit Lauge statt aus einem solchen mit Himbeersaft und starb an den Folgen des Trunks. Die unglaubliche Verwechslung soll dem Töchterchen der Herrschaft passiert sein, welches das Glas dem Dienstmädchen zum Verkosten gereicht habe. Untersuchung ist eingeleitet.
Der seit vielen Jahren bei Kunstmühlebesitzer Lang in Laufen a. E. als Betriebsleiter und Buchhalter angestellte Kaufmann Widmer trug einen Sack Kernen in die Mühle. Alsbald verspürte Widmer, daß ihm das Gedärme ausgetreten war. Obwohl sofort der Arzt gerufen und Widmer zwecks Operation nach Tübingen in die chirurgische Klinik verbracht wurde, starb er.
Die üble Gepflogenheit. Kindern Pferde anzuvertrauen. hat in Herrenzimmern, Oberamt Rottweil, ein Opfer gefordert. Der 10jährige Sohn des dzrtigen Bauern Vinzenz Hirzel führte ein Pferd
sie dem Diener zu Lady Thorutons Wagen folgte.
.Stubbs, sehen Sie doch einmal, was dort los ist!" sagte sie und zeigte auf den Menschenhaufen, der ihre Neugier erregte. Dann legte sie sich in die Ecke ihres Wagens, denn sie fühlte sich doch angegriffen von der Aufregung ihrer seltsamen Reise. Jetzt, wo der Flüchtling außer Sicht war, wo seine überzeugungsvolle Stimme nicht mehr in ihren Ohren tönte, erhoben sich in ihrer Brust doch allerlei Zweifel. Russen find bekanuterweise geriebene Gesellen. Wenn er doch der Verbrecher gewesen wäre, auf dessen Verfolgung die russischen Detektivs begriffen waren? Welch gräßlicher Gedanke, über eine Stunde lang mit einem Mörder zusammen gewesen zu sein! Jedenfalls sollten ihre Lippen verschlossen sein! Unter allen Umständen durfte sie niemandem erzählen, daß sie mit einem flüchtigen Hochverräter gereist war.
Da kehrte Stubbs zurück. „Ein Reisender einer großen Firma hatte eine bedeutende Summe bei sich und ist zwischen hier und Markborough beraubt worden", berichtete er. .Er war mit einem anderen Reisenden zusammen im Koupee, wurde müde und schlief ein. Als er wiednr aufwachte, kurz ehe der Zug hielt, war der andere Reisende verschwunden und mit ihm seine Uhr und sein Taschenbuch."
Herr Keatiug zu Hause.
Den Anziehungspunkt des Menschenhaufens bildete ein nett und bescheiden aussehender Manu,
an einer Kette, die er unglücklicherweise um die Hand geschlungen hatte, zur Tränke. Das Tier scheute, wodurch der Knabe zu Bodeo geworfen und eine Strecke weit geschleift wurde. Den hierbei erhaltenen Verletzungen erlag der Knabe nach kurzer Zeit.
Stuttgart. lLande»prod«kteubörse.1 Bericht vom 6. März von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Seit unserem letzten Bericht blieb die Tendenz im Getreide, geschäst unverändert. Für alle Artikel sind die Preise behauptet, Stimmung fest. — — — Mehlpreise per Ivv Klg. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 30 bis 31
— . Nr. 1: 28 bis 29 Nr. 2: 28 SO
bis 27 -«» SO Nr. 8: 25 ^ bis 26 ^, Nr. 4 :
21 50 ^ bis 22 50 Suppengrics 80 vtt — ^ bis
31 Kleie S 50
Kus StaSt» Bezirk uns Umgebung.
tz Neuenbürg, 6. März. Leider war die Be- teiligung beim gestrigen Vortrag im evang. Arbeiterverein eine kleinere, als erwartet worden. Dagegen waren die Anwesenden sichtlich lebhaft ge- spannt und bis zum Ende voller Aufmerksamkeit. Vorstand I. Seeg er eröffnete die Versammlung mit Worten der Begrüßung, er erklärte die Vorgeschichte des heutigen Vortrags und gab seiner Freude Aus- druck, daß er nun wirklich gehalten werden könne. Der Redner, Stadtvikar Deutsch aus Pforzheim, führte nun sein Thema .Ist das Christentum den Menschen in ihrem Fortkommen förderlich oder hinderlich? in frisch sprudelnder Rede, mit warmer Ueberzeugung und reicher Geschichtskenntnis aus. Er besprach zuerst die Vorfrage: Gibt es überhaupt einen Gott? Gegenüber den lächerlichen Einwendungen des Materialismus, dessen törichten Teorien von Weltentstehung und Weltentwicklung wurde an allerlei Beispielen und Erfahrungen die Vernünftigkeit der christlichen Weltanschauung festgestellt. Eine Wanderung durch die reichen Bildergalerien der Ge- schichte, die Bibel in ihrer tiefen Menschenkenntnis, die Erfahrungen jedes aufrichtigen Frommen, all das zeige, daß das Christentum den Menschen in jeder Beziehung vorwärts bringt. Treue im Beruf, Sparsamkeit, Fleiß, mutiges Äusharren im Leiden, Stetig, keit und Ruhe, alle diese christlichen Tugenden geben dem Frommen einen entschiedenen Vorsprung vor andern Menschen. So lange wir Deutsche, Hohe und Niedere, uns an Gott halten, können wir die Hoffnung haben, daß das stolze Wort kein Wahn ist „An deutschem Wesen soll noch die ganze Wckt genesen." — Der Schriftführer dankte dem Vorredner für seine begeisterten und begeisternden Ausführungen; tüchtige, charakterfeste Menschen, die mutig für ihre Religion einlreten, tun unserer Zeit Not. Möchte der Vortrag uns hierin gestärkt haben! — Auch Hr. Dekan Uhl gab der Freude über das Gehörte Ausdruck, altes und neues habe der Redner uns nutze- teilt, auch das alte und längst bekannte sei durch die frische Darbietung wieder neu und wert geworden. Er sprach an den evang. Arbeiterverein, der ihn vor kurzem zu seinem Ehrenmitglied erwählt habe, seinen Dank aus und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der Geist der heutigen Versammlung immerdar der Geist des Vereins bleiben werde.— Gauvorstand Gentner aus Schwann dankte im Namen des Brudervereins für die schöne Darbietung, sprach von dem großen
nicht ganz von Mittelgröße, der höchst sorgfältig gekleidet war. Sein ziemlich dünnes Haar stand ihm wirr um den Kopf, als hätte er es im ersten Schrecken zersaust, und seine unschuldig blickende» Augen waren weit geöffnet.
Der Beamte, den er zuerst angerufeu hatte, winkte einem der Polizisten, der die Waggons zu untersuchen schien, und dieser holte, nachdem er einige Worte mit dem Beraubten gewechselt hatte, seinen Vorgesetzten, den Inspektor, herbei.
„Nun Herr," sagte dieser in höflichem, aber bestimmtem Tone, „versuchen Sie uns den Fall so kurz wie möglich vorzutrageu; ich vermute, daß eiue andere schlimmere Geschichte mit hincinspielt."
„Schlimmer kann sie schwerlich sein!" rief der kleine Mann. „Denken Sie, ich hatte fast 1100 Pfund in meinem Taschenbuch. Ich ziehe Gelder ein für die Firma Shears und Judkins und hatte eine Tour durch meinen Bezirk gemacht; gerade zur rechten Zeit, um den Schnellzug zu erreichen, kam ich nach Markborough. Ich konnte gerade noch in de» Zug springen, als er sich schon in Bewegung setzte. Ja dem Koupee war schon mu Herr, der scheinbar schlafend in der Ecke lag. Er trug einen laugen Mantel uud hatte einen breiten Filzhut tief über den Kopf gezogen, so daß nicht viel mehr als ein langer schwarzer Bart zu sehen war. Da ich sehr müde war, schlief ich auch bald ein."
„Wohin steckten Sie Ihr Geld?" fragte der Inspektor aufmerksam.
„In ei» großes Notizbuch, das ich in der Brust-