Neuenbürg.

Bekanntmachung und Erlaß an die Oetsvorsteher

betreffend das

Militär-Grsatzgeschäft für 1NVS.

Anmeldung der Militärpflichtigen zur Stammrolle.

I. Bezüglich der Anmeldung zur Stammrolle schreibt tz 25 der Wehrordnung folgendes vor:

1. Alle Militärpflichtigen haben sich in der Zeit vom 15. Januar bis

1. Februar zur Aufnahme in die Rekrniierungsstammrolle anzumelden.

2. Die Anmeldung erfolgt bei der OrtSbehörde desjenigen Ortes, an welchem der Militärpflichtige seinen dauernden Aufenthalt hat.

Als dauernder Aufenthalt ist anzusehen:

u. für militärpflichtige Dienstboten, Haus» und Wirtschaftsbeamte, Hand- luugsdiener, Handwertsgesellen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter und andere in einem ähnlichen Verhältnisse stehende Militärpflichtige der Ort, an welchem sie in der Lehre, im Dienst oder in Arbeit stehen und wenn solche an einem anderen Orte als dem der Wohnung in Arbeit bezw. im Dienste stehen, der Ort, in welchem sie ihre Wohnung (Schlafstellen) haben;

b. für militärpflichtige Studierende, Schüler und Zöglinge sonstiger Lehranstalten der Ort, an welchem sich die Lehranstalt befindet, so fern dieselben auch an diesem Orte wohnen.

3. Hat der Militärpflichtige keinen dauernden Aufenthalt, so meldet er sich bei der Ortsbehörde seines Wohnsitzes.

4. Wer innerhalb des Reichsgebietes weder einen dauernden Aufenthalt noch einen Wohnsitz hat, meldet sich in seinem Geburtsort zur Stammrolle und wenn der Geburtsort im Auslände liegt, in demjenigen Ort, in welchem die Eltern oder Familienhäupter ihren letzten Wohnsitz hatten.

5. Bei der Anmeldung zur Stammrolle ist das Geburtszeugnis vorzu- legen, sofern die Anmeldung nicht am Geburtsorte selbst erfolgt.

6. Sind Militärpflichtige von dem Orte, an welchem sie sich nach Ziff. 2 oder 3 anzumeldeu haben, zeitig abwesend, so haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr», Brot, und Fabrikherrn die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden.

7. Die Anmeldung zur Stammrolle ist in der vorstehend vorgeschriebeuen Weise so lange alljährlich zu wiederholen, bis eine endgültige Entscheidung über die Dienstpflicht durch die Ersatzbehörden erfolgt ist. Bei Wiederholung der An­meldung ist der im ersten Militärpfiichtjahr erhaltene Losungsschein vorzulegen. Außerdem sind etwa eingetretene Aeuderungen in Betreff des Wohnsitzes, des Gewerbes, Standes u. s w. dabei anzuzeigen.

8. Von der Wiederholung der Anmeldung zur Stammrolle sind nur die­jenigen Militärpflichtigen befreit, welche für einen bestimmten Zeitraum von den Ersatzbehörden ausdrücklich hievon entbunden oder über das laufende Jahr hinaus zurückgestellt werden.

9. Militärpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Laufe eines ihrer Militärpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz verlegen, haben dies behufs Berichtigung der Stammrolle sowohl beim Abgang der Be- Hörde oder Person, welche sie in die Stammrolle ausgenommen hat, als auch nach der Ankunft an dem neuen Ort derjenigen, welche daselbst die Stammrolle führt, spätestens innerhalb dreier Tage zu melden.

10. Versäumnis der Meldefristen entbindet nicht von der Meldepflicht.

11. Wer die vorgeschriebenen Meldungen zur Stammrolle oder zur Be­

richtigung derselben unterläßt, ist mit Geldstrafe bis zu 30 ^ oder mit Haft bis zu drei Tagen zu bestrafen. I

II Anzumelden haben sich hienach in der Zeit vom IS. Januar bis 1. Aebrnar 1AOS ebensowohl Württemberger als Angehörige anderer deutscher Staaten und zwar:

1. Alle im Jahre 1885 geborenen jungen Männer.

2. Alle diejenigen Militärpflichtigen der Altersklassen 1883 und 1884, welche weder ausgehoben, noch vom Dienst ausgeschlossen, noch ausgemustert, noch der Ersatzreserve, noch dem Landsturm überwiesen wo, den sind, mögen die­selben früher am gleichen oder an einem andern Ort gestellungspflichng gewesen sein.

3. Alle diejenigen Militärpflichtigen früherer Altersklassen, welche aus irgend einem Grund, z B. Krankheit, Abwesenheit, Untersuchungs- oder Straf­haft, kürzlich erfolgte Einwanderung, an der Aushebung noch nicht oder noch nicht insoweit teilgenommen haben, daß über ihre Militärpflicht definitiv ent­schieden werden konnte.

4. Die zum einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten, haben sich beim Ein­tritt in das militärpflichtige Alter, sofern sie nicht vorher bereits zum aktiven Dienst eingetreten sind, bei der Ersatzkommisston ihres Gestellungsortes (Oberamt) schriftlich oder mündlich zu melden und unter Vorlegung ihres Berechtigungs­scheines ihre Zurückstellung von der Aushebung zu beantragen.

ö. Eintrag der Wikitäpflichligen in die Stammrolle.

I- Bezüglich der Anlegung und Führung der Stammrollen werden die Ortsvorsteher auf die tztz 44, 45 und 48 der Wehrordnung hingewiesen.

Im einzelnen wird noch folgendes bemerkt:

1. Es ist strenge darauf zu halten, daß die Militärpflichtigen da sich melden, Wo sie gestellungspflichtig find (zu vergl oben ^ 124); es ist also unzulässig, Pflichtige, welche au einem andern Ort sich aufhalten, zurückzuberufen; Zuwider­handlungen hiegegen müßten bestraft werden. Der Erlaß des K Oberrekrutier­ungsrats vom 27. August 1878 (Amtsbl. des K. Ministeriums des Innern von 1878 S. 252) wird zur besonderen Beachtung in Erinnerung gebracht.

2. Unter .dauerndem Aufenthalt" in H 25 der Wehrordnung ist jeder nicht blos vorübergehende Aufenthalt zu verstehen, ohne Rücksicht darauf, ob er von bestimmter oder unbestimmter Dauer ist (zu vergl. Amtsblatt des Mini­steriums des Innern von 1875 S. 403, vergl. auch Minifterial - Amtsblatt von 1902 S. 290). Im übrigen s. oben I 2.

3. Bei Aufstellung und Ergänzung der Stammrollen ist nachzuforschen, ob alle Pflichtigen sich angemeldet haben und find die Säumigen hiezu anzuhalten. Die Unterlassung der vorgeschriebenen Meldungen zur Stammrolle kann nach Art. 10 Z>ff. 10 des Laudesgesetzes vom 12 Aug. 1879 (Reg. Bl. S. 157) im Wege der Strafverfügung von dem Ortsvorsteher abgerügt werden.

In die Stammrollen sind auch die im Ausland geborenen Militär- pflichtigen aufzuuehmen und sind daher die Familieuregister und Bürgerlisten iu der Richtung zu durchgehen, ob nicht solche Pflichtige vorhanden sind, welche außerhalb des deutschen Reiches geboren sind und die württ. Staatsangehörigkeit noch besitzen. Im übrigen erfolgt die Uebertragung der Geburtsfälle aus dem Geburtsregister in die Rekrutierungsstammrolle unmittelbar.

4. Sämtliche Meldepflichtigen sind genau in die Listen ihrer Jahrgänge einzutragen. In der neuen Liste für 1905 ist die alphabetische Reihenfolge ein- zuhalten und es ist hinter dem letzten Namen jedes Buchstaben des Alphabets genügender Raum zu Nachträgen zu lassen. Da. wo von mehreren Buchstaben keine Namen Vorkommen, ist ein entsprechend größerer Raum frei zu lassen. In die Stammrollen von 1903 und 1904 sind Neuangemeldete je hinter den letzten Namen mit gleichem Anfangsbuchstaben einzutragen. Auch wird wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß die Pflichtigen in den Stammrollen nicht durch­laufend, sondern diejenigen mit gleichen Anfangsbuchstaben unter sich zu num­merieren find.

Des weiteren wird darauf hingewiesen, daß Personen, welche die deutsche Reichs- und Staatsangehörigkeit nicht besitzen, von der Aufnahme in die Re- krutierungsstammrollen ausgeschlossen sind. Etwaige zweifelhafte Fälle sind bei dem Oberamt zur Sprache zu bringen. (Minist.-Amtbl. 1886 S. 136).

5. Die Rubriken 110 der Stammrollen sind genau, deutlich und sauber auszufülleu. Zweifelhafte Angaben sind nicht aufzunehmen.

In Rubrik 8 ist Stand oder Gewerbe anzugebeu, dabei ist der Haupt- sächliche oder alleinige Beruf genau zu bezeichnen (z. B. Pferde-, Ochsen-, Kuh- bauer, landwirtschaftliche Taglöhner:c ), insbesondere ist bei Arbeitern und Tag- löhnern derjenige Arbeits- oder Geschäftszweig anzugeben, in welchem sie ständig oder meistens arbeiten (vergl. Erlaß des K. Oberrekrutierungsrats vom 8. No­vember 1901, Amtsbl. S. 305).

Rubrik 10 hat den Vermerkja" odernein" zu enthalten. Ein anderer Vermerk z. B.durch den Vater",den Vormund" rc. wird nur selten zu machen sein, da nach oben .4.1 Ziff 6 nur zeitig von ihrem dauernden Aufenthaltsort abwesende oder solche Militärpflichtige, welche keinen dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz innerhalb des Reichsgebiets, oder denselben im Auslande haben und sich im hiesigen Bezirk zur Musterung zu stellen beabsichtigen, durch die Eltern, Vormünder rc. rc. zur Stammrolle anzumelden sind.

6. Bei Pflichtigen mit mehreren Vornamen ist der Rufname zu unter­streichen. ^

Damit später nicht unnötige Schreibereien entstehen, haben die Ortsodr- steher bei der Anmeldung jeden Militärpflichtigen nach der Schreibweise seines Namens und nach seinem Geburtstage zu befrage«, dessen An­gaben mit den Geburtslisten bezw. mit dem Geburtsschein zu vergleichen und Differenzen in der Stammrolle unter der RubrikBemerkungen" anMgeven.

7. In der RubrikBemerkungen" sind die Bestrafungen des Militär- Pflichtigen, etwaige Aüsschließungsgründe und sonstige Verhältnisse, welche für die Militärpflicht und für die Beurteilung des Lebenswandels von Bedeutung sind, anzugebeu. Bei diesen Einträgen ist auf die Möglichkeit späterer Nach­träge Bedacht zu nehmen. Bei Ausgewanderten ist das Datum der Entlassungs- i urkunde anzugebeu. Bei den Strafen ist das Datum des Erkenntnisses, die er- ! kennende Behörde, die Verfehlung, sowie Art und Maß der Strafe anzugeben.

Vorzumerkeu sind nur diejenigen Bestrafungen, welche nach den bestehenden Vor­schriften in die Strafregister des Geburtsorts aufzunehmen find, llcber diejenigen Militärpflichtigen, welche in die Stammrolle aufzunehmen, aber in einer anderen Gemeinde geboren find, hat der Ortsvorsteher unter Benützung des Formulars 6 (Reg. Bl. 1896 S. 223) den Ortsvorsteher des Geburtsorts (nicht aber auch den- des Aufenthaltsorts) um einen Auszug aus dem Strafregister zu ersuchen, sofern der Geburtsort in Württemberg liegt (bei Militärpflichtigen, welche außer- halb Württembergs geboren sind, sorgt der Zivilvorsitzende der Ersatzkommisfiou für die Erhebung der Bestrafungen). Liegen nach dem Strafregister der Gemeinde des württ. Geburtsorts keine Bestrafungen vor und sind auch sonstige Angaben nicht vorzumerken, so ist in der Stammrolle vom Ortsvorsteher kurzer Eintrag etwa iu folgender Fassung zu machen:Registerstrafen und sonstige Angaben keine." Hinsichtlich der Vermerkung der Strafen wird im übrigen auf lit. L des Erlasses des K Ministeriums des Innern vom I. Oktober 1903 (Amtsblatt

S. 505) hingewiesen.

8. Den neu sich anmeldenden Pflichtigen früherer Jahrgänge sind die Losuvgsscheine abzuverlangen und der Stammrolle beizulegen.

9. Von jeder im Laufe des Jahres erfolgenden Aufnahme eines Militär­pflichtigen in die Stammrolle, von jeder Veränderung, jedem Nachtrag von Strafen u. dergl. ist dem Oberamt sofort Anzeige zu machen. Wegen der au verziehende Militärpflichtige zu erteilenden Abmeldebescheinigungen werden die Ortsvorsteher auf den Erlaß des K Oberrekrutierungsrats vom 31. Okt. 1903 (Minist.-Amtsbl. S. 525) hingewieseu.

10. Die Streichung eines Namens in der Stammrolle darf nur mit Ge­nehmigung des Unterzeichneten Ziviloorsitzenden der Ersatzkomrmssion erfolgen.

11. Die Ortsvorsteher haben unverzüglich auf ortsübliche Weise die »ach tz 25 der Wehrordnung in die Stammrolle aufzunehmenden Militärpflichtigen, sowie deren Eltern, Vormünder, Lehr-, Dienst, Brot- und Fabrikherrn zur Be- folgung der oben bekannt gegebenen Vorschriften aufzufordern.

III. Die Formulare zu den neuen Stammrollen find den Ortsvorstehern bereits zugegangen.

IV. Die Stammrollen von 1905, 1904 und 1903 sind womöglich auf ben S., spätestens aber IS. Februar 1S0S an das Oberamt einzusendeu.

V. Die ungefähre Zahl der voraus sictnlich an der Musterung teilnehmenden Militärpflichtigen ist unfehlbar bis 1. Februar isas hiehec anzuzeigen.

Den 2. Januar 1905. K. Oberamt.

Hornung.

Redaktion, Druck und Verlag von L« Meeh in Neuenbürg.