Königshofe krank darnieder liegt. Trotzdem bat der Prinz seinen Besucher um Mitteilung seiner Erfahrungen in Genf, die er mit Ausrufen bitterster Schmerzen und tiefster Abscheu entgegennahm. Prinz Max schiebt die Hauptschuld an dem ehelichen Zerwürfnis des Kronprinzenpaares dem Erzherzog Leopold Ferdinand zu, der den freiesten Anschauungen huldigend, es verstanden habe sich am sächsischen Königshofe beliebt zu machen, sodaß ihm der Kronprinz vertrauensvollste Freundschaft entgegengebracht habe. Wahrhaft rührende Sorgen äußerte der Prinz um seinen Vater König Georg und die Königin Carola. Von seinem Bruder, dem Kronprinzen sagte er: „Kann er wohl nun noch König werdend", Sachsen verlangt doch eine Königin. Die Kronprinzessin schien dazu angethan, das Band zwischen dem Volke und dem Königshause noch inniger zu knüpfen, als es schon ist."
Berlin, 31. Dez. Einen verwegenen Ueberfall auf einen Kaufmannslehrling unternahm heute mittag der 20 Jahre alte beschäftigungslose Kaufmann Max Kargauer, indem er versuchte, dem Lehrling eine Geldtasche aus dem Arm zu entreißen. Dieser erkannte sofort die ihm drohende Gefahr. Er wehrte sich und stieß unter Hilferufen den Angreifer zur Seite. Auf dem Polizeirevier versuchte der Verhaftete mittelst einer Flüssigkeit sich zu vergiften. Er wurde nach der Charit« gebracht, wo er bald wieder hergestellt sein dürfte.
Berlin, 31. Dez. Die National-Zeitung erklärt gegenüber einer französischen Blättermeldung, daß sich das Verhalten Deutschlands in der Venezuelafrage in keiner Weise von demjenigen Englands unterscheide. Beide Mächte hätten unter den für die Annahme des Schiedsspruches geltend gemachten Vorbehalten auch den gestellt, daß unzweifelhaft von Venezuela geschuldete Beträge sofort zu zahlen sei oder doch dieser Bezahlung gewährleistet würde. Durchaus unrichtig sei die Behauptung, daß in dieser Beziehung von England nur eine geringe, von Deutschland dagegen eine sehr große Summe gefordert würde. In Wirklichkeit seien beide Beträge annähernd gleich.
Berlin, 2. Jan. Das Neujahrsfest bei Hofe wurde in der üblichen Weise gefeiert. Nachdem gegen Uhr das Trompeterkorps des 1. Gardedragoner-Regiments von der Schloßkuppel aus einen Choral geblasen hatte, erfolgte die Linden
herunter durch die Spielleute der 2. Garde-Jnfan- terie-Brigade das große Wecken. Ein zahlreiches Publikum wohnte unter den Linden und auf dem Schloßplatze dem militärischen Schauspiele bei. Gegen 9'/- Uhr traf das Katserpaar und die kaiserliche Familie, sowie Prinz Heinrich vom Neuen Palais aus im Schlosse ein, wo bereits früher Prinz Arnulf von Bayern abgestiegen war. Nach dem Gottesdienst in der Schloßkapelle erfolgte die Gratulationscour im weißen Saale, wobei das Katserpaar den Reichskanzler, Grafen Bülow, sowie die Präsidenten des Reichstages, des Abgeordnetenhauses und des Herrenhauses durch Ansprachen auszeichnete. Trotz des schlechten Wetters hielt die Menge die Umgebung des Schlosses dicht besetzt, um die Anfahrt der Galakarossen der Botschafter zu sehen und später den Kaiser auf seinem Gange zum Zeughause zu begrüßen. Im Zeughaus erfolgte mittags die Paroleausgabe. Die Parole lautete wie immer am NeujahrStage: Königsberg-Berlin. Nachdem der Kaiser noch die Rapporte der Leibregimenter entgegengenommen und die nach Petersburg zum Jubiläum des dortigen Pagenkorps entsandte Deputation des Kadettenkorps empfangen hatte, begab er sich ins Schloß zurück. Die zur Neujahrs-Gratulation beim Kaiser eingetroffenen kommandierenden Generale der Armee veranstalteten im Katserhof ein Diner, wobei Feldmarschall Graf Waldersee den Kaisertoast ausbrachte.
Berlin, 2. Jan. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Der Kronprinz wird sich einer vor mehreren Wochen ergangenen Einladung des Kaisers Nikolaus folgend Mitte dieses Monats zu einem Besuch an den russischen Hof nach St. Petersburg begeben.
Berlin, 2. Jan. Der „Lokalanzeiger" meldet aus Caracas: Die Antwort des Präsidenten auf die Vorschläge der Mächte wurde dem amerikanischen Gesandten Bowen übergeben. Dieser hält sie für im großen und ganzen befriedigend. — Die Antwort Castrows ist inzwischen nach Berlin übermittelt worden. Der schwierigste Punkt, welchem eine Verständigung bisher entgegenstand, kann bereits als beseitigt gelten.
Genf, 2. Jan. Die Kronprinzessin von Sachsen hat ihren Anwalt Lachenal ersucht, ein Memorandum abzufaffen, welches sie unterzeichnen wird und worin die wahre Geschichte über ihre
Lage am Dresdener Hofe dargestellt werden soll. Die Kronprinzessin und Giron haben für 6 Monate eine kleine Villa in Genf gemietet.
Washington, 2. Jan. Die Antwort Castro's aus den Schiedsgerichtsvorschlag soll, wie behauptet wird, eine Bedingung enthalten, welche bei der englischen Regierung einen Mißton hervorgerufen hat. Jedoch soll diese Bedingung nicht bedeutend genug sein, um ein Scheitern der Verhandlungen herbeizuführen.
Standesamt Kakn».
1902. Geborene.
20. Dez. August Karl, Sohn des Aug. Rüdinger, Handelsgärtners hier.
25. „ Karl Wilhelm, Sohn des Karl Wilhelm
Lörcher. Jacquardwebeis hier.
26. „ Martin Maria, Tochter des Heinrich Perrot,
Mechanikers hier.
28. „ Hildegard, Tochter des Ehr. Adolf Trautwein,
Kaufmanns hier.
29. „ Karl Otto, Sohn des Christian Sauer,
Gypsers hier.
1. Jan. 1903. Heinrich Robert, Sohn des Heinrich Bader, Steuerwächters hier.
1902. Gestorbene.
19. Dez. Emilie Georgine Christiane geb. Doertenbach, gew. Ehefrau des Eberhard Müller vr. woä., Oberamlsarzts hier, 59 Jahre alt.
29. „ Margarethe Kauffmann, Schneiders Witwe
hier, 73 Jahre alt.
30. „ Marie Anna Hagele, Tochter des Chr. Hägele,
Handelsgärtners hier, 1'/- Jahre alt.
Gottesdienste
am Sonntag, 4. Januar.
Vom Turm: 555. Predigtlied: 107. 9'/- Uhr: Vormitt.-Predigt, Herr Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr: Vorzeigung von Lichtbildern aus d,er Mission von Herrn Oberlehrer Kämmerer aus Stuttgart. Opfer f. die ärztliche Mission.
ßrscheinnngsseft, 6. Jan.
Vom Turm: 116. Predigtlied: 224, Eine Heerde re. 9'/- Uhr: Vormitt.-Predigt. Herr Dekan RooS. 5 Uhr Missionsstundc im Bereinshaus, Herr Stadtpfarrer Schund. Das Opfer ist vor- und nachmittags für die Basler Mission in Kamerun bestimmt.
Aonnerstag, 8. Januar.
8 Uhr abends - Bibelstunde im Vereinshaus, Herr Stadtpfarrer Schmid.
Amtliche und Mmtalneigeu.
Bekanntmachung
Mchanntmll«Emng.
Michael Rothfutz. Schultheiß in Holzbronn, beabsichtigt in seinem Wohnhaus Nr. 100, am Ortweg Nr. 1 in Holzbronn eine
best, die Errichtung einer Schlächtcreianlage
in Deckenpfronn.
Carl Stichele, Rößleswirt in Deckenpfronn, beabsichtigt in seinem früheren Brauereigebäude Nr. 149 d eine Schlächtereianlage zu errichten.
Dies wird mit der Aufforderung zur öffentlichen Kenntnis gebracht, etwaige Einwendungen gegen das Unternehmen binnen 14 Tagen (vom Tage der Ausgabe dieses Blattes an gerechnet) bei dem Oberamt anzubringen. Nach Ablauf der Frist können Einwendungen in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden.
Zeichnungen, Beschreibung und Pläne liegen in der Oberamtskanzlei zur Einsicht auf.
Calw, 30. Dezember 1902.
K. Gberliinl.
I. V.:
Amtmann Ripp mann.
Schlächtcreianlage
zu erstellen.
Dies wird mit der Aufforderung zur öffentlichen Kenntnis gebracht, etwaige Einwendungen gegen das Unternehmen binnen 14 Tagen — vom Tage der Ausgabe dieses Blattes an gerechnet — bei der Unterzeichneten Stelle anzubringen.
Nach Ablauf dieser Frist können Einwendungen in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden.
Zeichnungen, Beschreibungen und Pläne liegen in der Oberamtskanzlei zur Einsicht auf.
Calw, 2. Januar 1903.
§. Gberamt.
I. V.:
Amtmann Rippmann.
Calw
Alzenberg.
Liebenzell.
Grundstücks-Versteigerung.
Aus dem Nachlasse des Michael Käppler, Fuhrmanns hier, werden unter Leitung des Grund- 'buchamts die vorhandenen Grundstücke, nämlich:
Geb. Nr. 60 2 a 24 gm Wohnhaus und Hofraum
auf dem Platz,
„ „ 61 90 gm Area einer abgebrannten
Scheuer daselbst,
Geb. Nr. 61a 19 gm Area eines abgebrochenen Schweinestalls st. Hofraum. Parz. Nr. 387a u. b 12 a 02 gm Wiese im Lengenbach,
Wiese in der Nonnenwage,
Wiese in Bruckwiesen,
Wiese daselbst,
(Wiese in Bischofsäckern (Bauplatz),
609
627
628 165 168 169
15
27
12
9
2
2
18
63
18
87
47
09
am Donnerstag, den 15. Januar 1903, nachmittags S'/- Uhr, im Rathaus zu Liebenzell zur öffentlichen Versteigerung gebracht.
Den 2. Januar 1903.
K. Grundbuchamt.
Seeger.
Das Konkursverfahren
über das Nachlaßvermögen des Friedrich Klein, Bauers u. Schuhmachers von Möttlingen, wurde nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins und Vollzug der Schlußverteilung heute aufgehoben.
Den 30. Dez. 1902.
Gmchtsschrkibttki drs K. Amtsgerichts:
Amtsgerichtssekretär Haux.
Im Voyrrckmgswcge
verkaufe ich am Mittwoch, den 7. Januar, vormittags 10 Uhr,
etwa 30 Ztr. Heu, 1 Futterschneidmaschine, bereits neu, u. 1 guterhaltener Kuhwagen,
wozu Liebhaber eingeladen werden.
Gerichtsvollzieher
Schumacher.
Stammheim.
Einem hiesigen Bürger ist ein Hund, hellbrauner
Pintscher
' zugelaufen. Derselbe kann von dem Eigentümer innerhalb 8 Tagen gegen Einrückungsgebühr und Futtergeld abgeholt werden.
Tchnltheitzenamt.
Ernst.
Stammheim.
Im VollstrcckmlgWcgc
verkaufe ich nächsten Donnerslag, den ». ds. Mts., mittags 1 Uhr,
gegen Barzahlung
nm trächtige
(Gelbscheck).
Zusammenkunft beim Rathaus.
Gerichtsvollzieher Schlee.
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