Die Tage werden immer kürzer, das merkt man sowohl am Morgen, wo es in der siebenten Stunde noch dunkel ist, wie am Nachmittag, wo wir immer früher die Lampe in Tätigkeit setzen müssen. Dichte Nebel ziehen über das Land und schmälern den schon kärglichen Sonnenschein noch mehr. Je unwirtlicher es aber in der Natur wird, desto wohliger fühlen wir uns daheim, wo im Ofen die Flamme prasselt und die traute Dämmerstunde mit ihrem Märchenerzählen uns schon einen Vorgeschmack gibt von der fertigen Weihnachtszeit, die nun immer näher herbeikommt. Und vom Erzählen geht es dann, ist die Abendmahlzeit vorüber, ans Lesen, ein gutes Buch, eine spannende Geschichte und nicht zw letzt die Zeitung sind dann neben dem Ofen unsere besten Freunde an solchen abendlichen Ruhe- und Mußestunden. Wer in sei« Lokalblatt sonst, sei es aus Mangel an Zeit oder an Interesse, nur flüchtig hineingeschaut, der liest es setzt von A bis Z, vom Titel bis zur letzten Zeile, in welcher Drucker, Verleger und Redakteur sich verewigen, dieweil es das Preßgesetz so haben will, vor. Die Neuigkeiten aus aller Welt werden mit Ruhe durchgclesen und besprochen, wie die Familien- und sonstigen Anzeigen, von denen besonders die hier und dort bereits auftauchenden Weihnachts-Annoncen sich besonderer Be- achtung erfreuen. Daß ein solch intensives Studium des Lokalblattes zur winterlichen Zeit einen großen Vorteil für die inserierenden Geschäftsinhaber zeitigen muß, ist klar und auch durchaus erwiesen; weniger klar aber ist, warum trotzdem immer noch mancher Kaufmann und Handwerker in der Reihe der Inserenten fehlt. Das Geschäft, das sich jetzt „rühren" soll, kann dieses eben erst dann, wenn Käufer kommen, und diese werden kommen, wenn sie wissen, daß sie dieses oder jenes am Orte und zu denselben Preisen haben können, wie in der Großstadt. Denn daß es auch bei uns noch Manchen gibt, der sein Geld unter diesen Voraussetzungen gern den heimi scheu Geschäftsleuten zuwendet, steht außer Frage, aber wissen muß man es, wie gesagt, daß die gewünschten Waren hier zu haben sind, und dieses Wissen will man sich schließlich mit vollem Recht aus dem Inseratenteil seines Lokalblattes holen.
Jagdliches. Von vielen Jagdpächtern wird geklagt, daß sich Heuer so wenig Hasen zeigen, ob- gleich Frühjahr und Sommer für die Vermehrung von Meister Lampe so überaus günstig gewesen sei. Gründe werden in Menge angegeben. Zumeist heißt es, die Vermehrung des Raubzeugs sei Schuld. Allein früher hatten wir doch auch Raben, Füchse, Habichte usw., und doch war der Hasevstand ein recht guter. Ich für meine Person suche die Ursache ein- mal in der anschaulichen Ausübung der Jagd durch die Unmasse von Aasjägern, die kein lebendes Wild sehen können, dann in dem Herumstreichen der vielen Hunde in den Feldern; nimmt ja doch jeder Bauer seinen Spitzer oder Rattenfänger mit sich aus Feld und Wiese und läßt ihn frei herumlaufen und junge Hasen unbemerkt abwürgen Die Hauptursache aber möchte ich in der vermehrten Anwendung von Kunstdünger suchen; läßt sich der Haie auf Klee-
Lange weilte Rudolf hier allein im Scheine der untergehenden Sonne, welche die grauen Mauern des Schlosses beleuchtete und aus den blinden Fensterscheiben in sonderbaren Lichmfbxen zurückstrahlte.
Noch einmal ließ er die Eindrücke von gestern und heute und das, was ihm von früher über die Herren des Schlosses bekannt war, an sich vorüberziehen.
Das Rittergut befand sich unter der Leitung des strengen Oberinspektors in ausgezeichnetem Zustande. Der verstorbene Freiherr selbst schien sich wenig darum bekümmert zu haben. Er hatte überhaupt als Sonoerling gelebt, war fast nie verreist und hatte auch alle seine Rechtsgeschäfte durch den Oberinspektor besorgen lasser. Bor langen Jahren harte er das Rittergut, das ein Majorat war, von seinem älteren unverheirateten Bruder geerbt. Nach dem frühen Tode seiner Gemahlin war er einige Jahre lang ein eifriger Jäger gewesen, seinen einzigen Sohn Wilfried hatte er auswärts erziehen lassen und sich selbst immer mehr in sein weltverlassenes Schloß eingesponnen. Der Sohn schien das voll- ständige Gegenbild seines Vaters zu sein. Wilfried weilte nie lange an einem Orte und reifte viel, stets aber vermied er es, in seine Heimat zurückzukehren.
Meist hielt sich der junge Freiherr in den Hauptstädten Europas auf, mit Vorliebe in Paris. Und ebenso wechselnd wie sein Aufenthalt schienen auch seine Lebensgewohnheiten zu sein. Wie der Rechtsanwalt erfahren, hatte sich derselbe bald sehr bedeutende Summen vom Bankier seines Vaters auSzahlen lassen, wozu er noch Schulde» machte,
äckern, Fruchtsaaten usw., die mit Chilisalpeter, Kainit u. dgl. frisch gedüngt sind, nieder, so muß er notwendig cingehen. An Abhilfe wird kaum zu denken sein. — (Wir verstehen es jetzt, daß bei solch bedauerlicher Hasennot auch unser diesbezüglich lang- gehegtes Verlangen noch einmal zurückgestellt werden muß. Die Red.)
Lehren für den Verkehr mit Zeitungen gibt die „Lit. Praxis": „Beschreibe deine Manuskripte einseitig; jeder Beitrag — und sei er noch so klein — stehe auf einem besonderen Blatte. Schreibe deinen Namen deutlich und ohne elegante Schnörkel auf jedes Manuskript. Parfümiere deine Briefe nicht; es ist widerwärtig für den, der Dutzende zu lesen hat. Schreibe keinen langen Begleitsermon, daß du es „wagst", „trotz deiner Jugend", deinem „Lieblingsblatt", dessen „langjähriger Abonnent" du bist, dein „Erstlingswerk" einzusenden. Reklamiere deine Einsendungen nicht vor vier Wochen und nicht auf offenen Postkarten. Schicke nie mehr als vierzig Manuskripte auf einmal. Verlange keine „gütige Beurteilung" deiner Manuskripte; dazu hat ein Redakteur keine Zeit. Werde nicht grob; es ist unklug und zwecklos!"
(Ein Kleinbahn - Idyll.) Steht da, lt. „Mainz. Anz." dieser Tage am Bahnhof Osthofen ein altes Mütterchen von Westhofen und wartet auf den vormittags 10.50 Uhr abgehenden Zug nach ihrer Heimat. Doch o Mißgeschick, als die Zeit zur Ab- fahrt des Zuges immer näher kam, der Kondukteur auch zum Einsteigen ermahnte, bemerkte das Mütter- chen, daß sie der einzige Passagier des Zuges sei. Verzagten Herzens, da sie der Bahn doch offenbar keine große Zumutung machen wollte, blieb das Weib stehen und sagte zu dem nochmals zum Einsteigen mahnenden Schaffner: „Na, na, des tu ich net, Wege mer brauche se net extra nach Wefthofe zu fahre, ich fahr lieber dann erst um 1 Uhr." Erst als in letzter Minute noch ein Handelsmann eine Karte löste, ließ sich unser Mütterchen herbei, den „Extrazug' zu besteigen.
(Eine weitläufige Verwandtschaft.) In einer kürzlich abgehaltenen Schöffengerichts sitzung in einem rhein-hessischen Städtchen hat sich folgende Episode abgespielt: Auf die Frage des Vorsitzenden an eine jugendliche Zeugin, ob sie mit dem Angeklagten verwandt oder verschwägert sei, antwortete die Zeugin: „Ja, mer lause als Sunntags e Bische minanner."
(Ein bissiger Kamerad.) Kürzlich gerieten auf dem Bahnhofe der sächsischen Stadt Grimma der Maurer Friedrich Ernst Reiche und der Dachdecker Albert in Streit, bei welchem dem Erstgenannten von dem Dachdecker Albert ein Stück des linken Ohres abgrbisstn wurde. Reiche fand Aufenthalt im Stadtkrankenhause und ist am 8. d. M. an der erhaltenen Verletzung gestorben. Der „bissige" Albert wurde in Anbetracht des unglücklichen Ausganges der Sache verhaftet.
(Aus dem Sammelbuch eines Lehrers) werden folgende Leistungen der lernbeflissenen Jugend zur Verfügung gestellt: „Die Gans ist ein Nagetier, weil sie immer an den Töpfen herumnagt, sie hat
bald war er längere Zeit mit geradezu kärglichen Mitteln ausgekommen, ohne mehr zu verlangen.
Alles dies rief sich Rudolf wieder in das Gedächtnis, als er in dem öden Park auf und nieder schritt. Endlich aber kehrte er in das Schloß zurück, dessen düstere, hohe Mauern vom letzten Strahl der Sonne getroffen wurden.
Statt indessen den Gang zu verfolgen, den er hergekommen war, stieg er eine breite Treppe empor, die in diesem Teile des Schlosses zu den oberen Gemächern führte Doch — seltsam — kaum hatte er die halbdunkle, mit sonderbarem Schnitzwerk vcr- zierte Treppe betreten, als ihn eine eigenartige Beklommenheit befiel. Vergebens bekämpfte er dies Gefühl, es steigerte sich zur Angst, als er oben auf dem düstern, mit Waffen und Schilden geschmückten Flur anlangte, als er zweier geharnischter Gestalten ansichtig ward, die rechts und links bei einer hohen Türe standen.
Trotz des unheimlichen Eindrucks, den die beiden Rüstungen machten, zwang sich Rudolf, mit festem Schritt auf dieselben zuzugchen. Er fand die Tür unverschlossen, öffnete und trat in einen Halbdunkeln Saal. Durch die hohen, halbverhängten Fenster leuchtete der letzte Schimmer des scheidenden Tages herein, von den Wänden sandten die Abbilder vou Männern und Frauen in der Tracht vergangener Zeiten drohende durchbohrende Blicke hernieder, in der Dämmerung, die den weiten Raum durchflutete, erhob sich ein schwarzes Gerüst, auf dem ein weißes, gespenstisches Etwas ruhte.
auch einen großen Schnabbel. aber einen kleinen Schwans." — „Der dreißigjährige Krieg dauerte fast ein ganzes Jahrhundert und forderte viel Menschenblut." — „Die Menschen wissen, daß sie leben müssen." — „Born geht an und nach gebt acht, hat manchen schon ein Leid gebracht." — „Esan verkaufte das erste Gebot wegen einer Linsensuppe."
— „Wer andern eine Grübe gräbt — ist ein Grubengräber." — „Adam mußte in der Schweiz mit seinem Angesichte das Brot essen, weil er im ! Paradies in den Apfel biß." — „Die Ehe ist eine Liebe von zwei jungen Leuten." — „Jsak, der gerne ! Wild aß, sagte zu seinem Sohne: „Gehe hinaus, schieße mir eine Ziege, bringe sie mir heim, schlachte sie, bereite sie gut zu, damit ich sie segne und esse, bevor Du sterbest." — „Abraham hatte keinen Vater, der Großvater war Adam"
(Ein sehr gutes Schutzmittel gegen die Benagung der Obstbäumchen durch Hasen re.) ist der Ofenruß. ^ Sein widriger Geruch und die ihm anhaftende Holz, , säure (das Netzende im Rauche) bewirken, daß kein Tier Bäume, welche mit einem aus Ruß und Milch bereiteten Brei bis zur nötigen Höhe bestrichen sind, benagt. Auch Insekten und anderes Ungeziefer werde» durch dieses Mittel abgehalten. Räumt man die Erdr etwas weg und streut dann Ruß um den Stamm, so werden dadurch auch die Wurzeln gegen alle Be- . schädigung geschützt. Bei Gartenpflanzen ist dasselbe s Mittel anwendbar.
Aufgabe.
Der Name eines hervorragenden Künstlers besteht aus fünf Buchstaben und läßt sich mit Hilfe der folgenden Angaben bestimmen:
Setzt man statt der Buchstaben des Alphabets die entsprechenden Zahlen, also 1 statt a. 2 statt ö usw., so ist die Summe der fünf Zahlen — 4S. Die vierte Zahl ist dreimal so groß als die erste. Die Summe der ersten und zweiten Zahl ist fechsMV so groß als die vierte. Die vierte Zahl ist gleich dem Unterschied der dritten und ersten. Die vierte Zahl ist der dritte Teil von der zweiten und fünften.
Welcher Künstler ist gemeint?
Auflösung der dreisilbigen Charade in Nr. 176.
Eisleben (Luthers Vaterstadt).
Auflösung des Rätsels iu Nr. 177.
Weise.
Seeligs kandierter (mit Zucker gerösteter) Korn- «nd Malzkaffee verdient deshalb beso dere Beachtung unserer Hausfrauen, weil er den echten Bohnenkaffee infolge seines ausgeprägten Kaffee-Geschmacks und seiner Bohl- . bekömmlichkeit nicht nur vollständig ersetzt, sondern denselben in jeder Hinsicht überirifft. Seeligs kandierter Korn- und Malzkaffee gibt ein vorzügliches, anregendes, nährkrästigÄ Getränk von sechstem Kaffee Aroma, ist erheblich billiger > Bohnenkaffee und absolut frei von den gesundh-itsschädlichm , Nachwirkungen des letzteren. Hervorragende ärztliche Auto- ^ riläten des In- und Auslandes, vorzugsweise die Leiter der größten Naturheilanstalten, geben Seeligs kandiertem § Korn- und Malzkaffee den Vorzug vor ollen ähnlichen Prä« . paraten; derselbe hat sich daher auch binnen kurzer Zeit überall, bei Arm und Reich, bei Kranken und Gesunden eingebürgert.
Der Anblick war schauerlich und doch hätte ihn . der Assessor vielleicht ertragen, wenn ihn nicht plötzlich ein unerklärliches Gefühl mit grauenhafter Gewalt erfaßt hätte. Wie mit unsichtbaren Flügeln ^ wehte das Unheimliche von allen Wänden auf ihn herab, Schauder und Grauen lähmten seine Sinne, es war ihm, als richte sich die Gestalt auf dem ;
Gerüst stöhnend empor, als rausche ihr weißes Gewand; er taumelte zur Tür hinaus, die Treppe hinunter, den dunklen Flur entlang. Erst a/s er das vordere Treppenhaus erreicht, atmete er wüdn « auf. Er verließ das Schloß und ging am Rande des Waldes eine Zeit lang auf und nieder, um das Erlebnis zu verwinden.
Im Bemühen, eine ruhigere Stimmung zu ge- Winnen, suchte er den Oberinspektor auf, so wenig ihm dessen verschlossenes Wesen auch zusagte, und ,
brachte bei ihm den Abend zu, über Tagesneuigkeiten plaudernd.
Zeitig suchte er sein Lager auf, doch auch heute floh ihn lange der Schlaf. Es war schon spät, als er eine Tür gehen hörte und in den unteren, totstillen Gängen des Schlosses schlurfende Schritte vernahm, die, von seltsamen Seufzern begleitet, in der Ferne verhallten. Im unruhigen Schlummer, der ihn umfing, hörte er nach langer Zeit diese Schritte zurückkehren, aber am nächsten Morgen wußte er nicht, ob er gewacht oder geträumt habe.
Der Alte fragte ihn mit einem eigentümlich lauernden Blicke, wie er geschlafen habe.
— (Fortsetzung folgt.) —
Redaktion, Druck und Verlag von L. Mreh in Neuenbürg.