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Der Enzlälsr.

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Renerrbürg, Mittwoch

den 16. November 1904.

62. Jahrgang.

RunSschau.

Es steht nunmehr fest, daß der Reichstag am 29 . November seine Verhandlungen zur Fortsetz, mg der am 16. Juni d. I. abgebrochenen Session wieder aufnimmt. Aus dem bisherigen Sessions- abschnilt findet das Haus bei seinem Wiederzusammen- tritt ein nicht geringes Arbeitsmaterial vor, das noch der Erledigung harrt. In den Kommissionen befinden sich 5 Vorlagen: Gesetz wegen Aenderung des Reichs- stempelgesetzes, Gesetz, betreffend Wetten bei öffentlich veranstalteten Pferderennen, Uebersicht über Ein­nahmen und Ausgaben des oft- und südwestafrika­nischen Schutzgebietes, Gesetze, betreffend Aenderung der Zivilprozeßordnung und des Abschnitts 4 des Börsengesetzes. Als neue Vorlagen kommen dann hinzu: Etat, Handelsverträge, Heeresvorlage und die ' Geldforderungen für den südwestafrikanischen Aufstand.

Die Frage einer durchgreifenden Reform der Reichsfinanzen ist angesichts der herannahenden Reichstagssession abermals aufgetaucht. Hierzu weiß indessen dieDeutsche Tageszeitung" mitzuteilen, baß man maßgebendenorts vorläufig nicht daran denke, an eine Reiche sin an zreform im großen Stille heran- zntreten, jedoch nicht wegen der ungünstigen Finanz­lage, sondern weil man der Ueberzeugung sei, daß ohne irgend welche neue Reichssteuern eine wirkliche Reform nicht durchgeführt werden könne, und daß sich für solche neue Steuern keine Mehrheit im Reichstag finden werde. Man wolle abwarten. ob der neue Zolltarif über Jahr und Tag dem Reiche Avilhors Einnahmen zuführen werde. Die maßgebenden Kreise rechnen damit, daß sich der Reichstag, wenn er merkt, daß ein anderer Ausweg nicht gesunden Werden kann, der Einsicht nicht verschließen wird, daß neue Steuern unvermeidlich sind, wen« eine Reform durchgeführt und das Reich finanziell auf eigene Füße gestellt ^werden soll.

Berlin, 14. Nov. Aus Budapest berichtet die Boss. Ztg.": Von maßgebender Seite wird die gänzliche Umgestaltung der österreichisch-ungarischen Artillerie avgekündigt, in deren Rahmen dann die Artillerie der beiden Landwehren Platz finden soll.

Mannheim, 10. Nov. Mit Unterstützung kapitalkräftiger Bürger von hier und Ludwigshafen soll hier in nächster Zeit ein zoologischer Garten an­gelegt werden, wofür ein Gelände von 180000 Quadratmeter vorgesehen ist. Um das Unternehmen gewinnbringend zu gestalten, ist beabsichtigt, mit dem zoologischen einen botanischen Garten und eine dauernde Kolonialausstellung zu verbinden.

Reuters Bureau meldet aus Johannesburg vom Sonntag: 130 Buren find mit der Bahn nach Kapstadt gereist und begeben sich von dort nach Damaraland, .um als Freiwillige in die deutsche Schutztruppe einzutreten.

New-Jork, 14. Novbr. Zn allen östlichen Staaten herrscht mit Regen und Schnee verbundener Sturmwind. Die telegraphische Verbindung mit dem Süden und Westen ist unterbrochen. Seit dem großen Wirkelsturm im Jahre 1888 hat kein Orkan solche Verkehrsstörungen wie der heutige hervorgerufen.

New-Jork, 14 . Nov. Ein schweres Eisen- vahnunglück wurde bei Grainger (Wyoming) durch de» Irrtum eines Telegraphisten verursacht. Er ließ einen auf einem Nebengeleise stehenden Güterzug zu früh abgehen und führte dadurch einen Zusammenstoß mit emem Schnellzuge herbei. Beide Züge fuhren mit einer Geschwindigkeit von 45 englischen Meilen m der Stunde. Als der Zusammenstoß erfolgte, lagen die Passagiere des Schnellzugs im Schlafe, i^s wurden 25 Personen getötet und 30 schwer verletzt, darunter sämtliche Zugbeamte. Die ver­wundeten und unverwundeten Passagiere konnten stch aus den in Brand geratenen Eisenbahnwagen «och retten Als der Telegraphist erfuhr, was für Ni Unglück er durch seine Unachtsamkeit angerichtet hatte, beging er Selbstmord.

Der rusfischHapanische Krieg.

Japanischerseits prophezeiht man immer wieder den baldigen Fall von Port Arth ur. So meinen japanische Beamte in Tschifu, es sei nicht optimistisch, wenn angenommen werde, daß Port Arthur noch vor Weihnachten erobert werde. Die Zustände der Garnison seien schrecklich; sie leide unter der Kälte und unter dem ununterbrochenen Granatfeuer der Japaner, das fast alle Fenster der Stadt zertrümmert habe. Obgleich noch Vorräte vorhanden seien, könnten sie doch nicht lange reicken. Bei Mulden ist auf der rechten russischen Flanke seit Sonntag früh abermals eine heftige Kanonade im Gange. Aus Washington wird berichtet, daß Japan der amerikanischen Regierung zu verstehen gegeben hat, daß es jeden Versuch einer Vermittlung vor dem Fall von Port Arthur von sich weisen werde. Nachher wäre es geneigt, einem solchen entgegenzukommen.

Petersburg, 45. Nov. Der Kaiser empfing gestern nachmittag den Statthalter Alexejeff in Audienz.

Mulden, 15. Nov. Admiral Skrydlow ist aus Datsepu hieher zurückgekehrt. Aus allen Stellungen herrscht Ruhe. Die Kanonade ist verstummt. Gestern abend stellten die Japaner eine große Anzahl Be- lagerungsgeschütze auf.

London, 14. Novbr. Der Erfolg der neuen '6-prozentigen japanischen Anleihe gilt als gesichert. Der Andrang der Z-ichner bei den Emisflonshäusern war sehr stark. Die Anleihe ist heute mit 1^/«°/» Aufschlag notiert worden.

Stimmungswandlung in Japan. Aus Tokio, Anfang Oktober, wird geschrieben: Die Ent­sendung des Prinzen Karl Anton von Hohenzollern erweist sich immer mehr als ein wohlbedachter und nützlicher Akt unseres Kaisers. Eine ganze Anzahl von hiesigen Blättern revidiert ihre Meinung über Deutschland und kommt zu einem gesunderen Urteil über die Haltung, die das Reich gegenüber dem Kriege einnimmt. Allgemein wird in den Begrüßungs- artikeln dem Kaiser in den liebenswürdigsten Worten der Dank des japanischen Volkes zum Ausdruck gebracht. Aber dabei bleibt man nicht stehen. Die Nicht-Nicht" erkennt bei dieser Gelegenheit an, wieviel das japanische Heer den europäischen Vor- bildern verdankt und erklärt:Es gereicht uns zur größten Zufriedenheit, daß Deutschland, vielleicht der größte Militärstaat der Welt, heute einen Piinzen von so hohem Rang entsendet, um unsere Krieg­führung auf dem Schlachtfelde zu studieren." Und sie fährt fort:Diese Entsendung beweist auch, daß der deutsche Kaiser zu beiden kriegführenden Parteien gleich steht und daß er entschlossen ist, beide mit gleichem Maße zu messen." Das sind zutreffende Worte, die man in Deutschland gewiß mit Befriedigung vernehmen wird. Ueberaus sympathisch äußert sich auch der der Regierung nahestehendeKokumin". Er zählt eine ganze Reihe von Ereignissen auf, um zu zeigen, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und Japan durchaus freundlich sind und die Tendenz haben, immer freundlicher zu werden. Mit besonderem Nachdruck verweilt das Blatt bei den von Deutschland während des Krieges gegebenen Beweisen seiner strikten Neutralität und stellt fest, daß Deutschland seit seiner Neutralitäts-Erklärung in keinem einzigen Falle eine Politik verfolgt hat, welche mit dieser Erklärung nicht im Einklang wäre. Einen besonders tiefen Eindruck haben die Bemerkungen gemacht, die unser Kaiser bei den Herbst-Manövern gegenüber dem japanischen Militär-Attachee gemacht hat:Er sprach von den Erfolgen der vieltägigen Schlacht bei Liaojang. Er lobt die japanische Armierung ebenso wie die vorzügliche japanische Taktik, die militärische Ausbildung und den Nachschub als gleich ausgezeichnet. Von der japanischen Marine sagt er, ihre Kreierung sei gleichzeitig mit der deutschen be- gönnen worden, beide Marinen aber seien trotz ihrer großen Jugend gleich hervorragend." Ueber diese

so freundlichen Aeußerungen herrsche nicht nur bei Heer und Marine, sondern im ganzen japanische« Volk die größte Freude. Dem Prinz-u von Hohen­zollern werde es zu großer Befriedigung gereichen, die hohen Lehren der deutschen Kriegskunst, auf denen auch die ganze militärische Organisation Japans aufgebaut sei, durch die tapferen japanischen Soldaten im Felde erprobt zu sehen. In demselben Sinne schreibt der Chuo:Wir dürfen nie vergessen, daß unser Heer, ehe es seine Vorzüglichkeit und Stärke erlangte, in allen auf das Kriegswesen bezüglichen Dingen bei Deutschland in die Schule gegangen ist " Das Blatt erörtert dann weiter einen in der Tat ernsten Gegenstand, indem es darauf hinweist, daß die Japaner meist ihre Kenntnis über Deutschland aus englischen Quellen beziehen, und daß ein großer Teil der Japaner Deutschland durch die englische Brille ansieht. Es ist bemerkenswert, daß hier offen ausgesprochen wird, daß sich durch dieses Medium mancher Japaner zu einer gänzlich unrichtigen Ansicht über Deutschland habe verleiten lassen Es kann nur von Nutzen sein, daß dieser Uebelstand offen anerkannt und beim Namen genannt wird. Und irr Deuischland wird man gewiß zufrieden sein, wenn die japanische Presse daraus ihre Schlüsse zieht und künftig bei ihrem Urteil über Deutschland und seine Politik mehr an die deutschen Quellen geht. Spät kommt sie, aber sie kommt doch die Einsicht

Württemberg.

Stuttgart, 14. Nov Der Präsident der Kammer der Abgeordneten, Rechtsanwalt Payer, wurde gestern von dem König in Audienz empfangen.

Stuttgart, 15 Nov. Die Kammer der Abgeordneten beschäftigte sich in der heutigen Nachmittags Sitzung ausschließlich mit dem Absatz 2 des Art. 10 der Gemeindeordnungsnovelle, wonach an den Verhandlungen und Beschlußfassungen des Gemeinderats über die Verwaltung der öffent­lichen Armenpflege die ersten Ortsgeistlichen jeder Konfession teilnehmen. Die Kommission hatte hierzu eine Einschränkung beschlossen in dem Sinne, daß die Zahl der teilnehmenden Geistlichen beim Vorhanden­sein von mehreren Parochieen desselben Bekenntnisses auf die Zahl von 2 beschränkt werden soll. Diese Einschränkung wurde von dem Mitberichterstatter Schick, dem Grafen v. Uxkull, dem Abg Nieder, dem P>älaten von Berg, dem Abg. Rembold» Aalen und dem Domkapitular Berg bekämpft. Auch die in einem Antrag des Abg. Liesch ing gestellte Forderung, dem Geistlichen den bisherigen Mitvorsttz in diesen Gemeinderatsverhandlungen zu nehmen, er­schien den genannten Mitgliedern des Hauses unan­nehmbar. Liesching, der entschieden bestritt, daß das Ansehen der Geistlichen von einem solchen mehr auf dem Papier stehenden Ehrenrecht abhängig sein könne, wurde von dem Prälaten Demmler unterstützt, ebenso von den Abg Kloß und Geß Den goldenen Mittelweg betrat ein von dem Prälaten v. Berg ge­stellter Antrag, der den ersten Geistlichen der übrigen Parochieen eine bloß beratende Teilnahme zugesteht, sie also von den Verhandlungen nicht ausschließt. Dieser Antrag wurde, nachdem der Antrag Schick in namentlicher Abstimmung mit 40 gegen 35 Stimmen abgelehnt worden war, angenommen und mit einer dementsprechenden Aenderung auch der Kommissions­antrag. Dem zweiten Teil der gestrigen Sitzung lag die Beratung des Art. 11 zu Grunde, bei dem es sich hauptsächlich um die Frage handelt, ob eine Gebühr an die Erwerbung des Bürgerrechts geknüpft werden soll.

Das Verhältnis zwischen Volkspartei und Sozialdemokratie wird angesichts der Angriffe der letzteren immer gespannter. Wie man auf Seiten der Volkspartei, auch in persönlicher Beziehung, denkt, zeigte ein vor einiger Zeit imN. Alb." erschienener Artikel, in welchem es u. a. heißt:Für die Sozial­demokratie genügt die Befürchtung, sie könnte durch