Der russisch-japanische Krieg.

Der russisch-englische Konflikt Wegendes Vorfalles in der Nordsee befindet sich noch im Stadium diplomatischer Verhandlungen, die aber einen günstigen Verlaus nehmen. Der Zusammentritt der Untersuchungskommisston, die in Paris tagen wird, gilt als gesichert. Von dem baltischen Geschwader find seit ein paar Tagen keine weiteren Nachrichten eingelaufen. In Rußland haben neue blutige Unruhen anläßlich der Einberufung der Reservisten stattgefunden, und zwar im Gouvernement Wolgada.

Petersburg, 10. Nov. Statthalter Alexejew ist heute abend hier angekommen. Er wurde mit großer Begeisterung empfange».

In dem eingeschlosseuen Port Arthur befinden sich etwa hundert Frauen, welche alle Not und alle Gefahren der Belagerten mutvoll teilen. Unter diesen Frauen ragt besonders Frau Wera Stössel, die Gattin des heldenmütigen Kommandanten der Festung, hervor, die sich mit ihren Leidensgefährtinen in auf­opfernder Weise der Pflege der Verwundeten hingibt, und einmal sich sogar so weit vorwagte, daß sie ver­wundet wurde. Trotzdem wich sie nicht von ihrem Platz und blieb bei den Verwundeten. Erst als der letzte blessierte Soldat weggetragen war, verließ sie ihren Posten, um sich zum Arzte zu begeben.

WürttLMbLr-g.

Stuttgart, 11. Novbr. Die Kammer der Abgeordneten fuhr heute in der Beratung der Gemeindeordnungsnovelle bei Artikel 8 fort, zu dem vom Zentrum eine Reihe von Anträgen ein­gebracht worden waren, die den Zweck hatten, die Rechte Dritter durch die Errichtung, Abänderung oder Aufhebung von Gemeindesatzungen nicht be­rühren zu lassen und denjenigen, deren berechtigte Interessen von Gemeindesatzungen verletzt werden, die Anfechtung im Berwaltungrechtswege durch Er­hebung der Klage bei der Kreisregierung binnen der Frist von drei Monaten nach erfolgter Kenntnis­nahme zuzugestehen. Ferner sollte der Bezirksrat das Recht und die Pflicht haben, jederzeit den Vollzug solLer Bestimmungen in Gemeindesatzungen zu unter­sagen, welche mit dem Gesetze in Widerspruch stehen, oder Rechte oder berechtigte Interessen Dritter ver­letzen oder das öffentliche Wohl schädigen. An diese Anträge, die von Rembold-Aalen begründet, von Nieder, Rembold-Gmünd und Dambacher ver­treten und von dem Minister des Innern Dr. von Pischek, sowie den Abgeordneten Kraut, Haug, H au ßmann-Balingen, Keil, v. Geß und Liesching bekämpft wurden, knüpfte stch eine juristische Debatte, die die ganze Sitzung in Anspruch nahm. Nach vierstündiger Diskussion, die noch eine Reihe von Anträgen zeitigte, kam man schließlich zur Abstimmung. Das Zentrum zog, nachdem sein Antrag auf Zurück­weisung an die Kommission abgelehnt worden war, seine Anträge zurück. Die übrigen Anträge wurden abgelehnt und der Kommisstonsantrag angenommen.

Stuttgart. 11. Nov. In der bekannten Klage des Frhrn. Oskar v. Münch gegen de» Württ. Fiskus wegen Entschädigung in Höhe von lOOOO^A. wurde heute vom 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts folgendes Versäumnisurteil verkündigt: die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen, der Kläger hat die Kosten zu tragen.

Stuttgart, 9. Nov. Der Sozialdemokratische Verein beschloß, bei den diesjährigen Bürgerausschuß - Wahlen einen eigenen Wahlzettel aufzustellen. Ein Antrag, wieder mit der Volkspartei zusammenzugehen, wurde abgelehnt. Hierzu bemerkt derBeobachter": Dann ist eine klare Situation für Stuttgart geschaffen, was wiederum auf das Land zurückwirken wird."

Stuttgart, 11. Nov. In der letzten Monats­versammlung des sozialdemokr. Bezirksvereins Ostheim wurde die Anregung gebracht, die Maifeier in der seither üblichen Weise nicht mehr zu halten, da durch die schwache Beteiligung an derselben, die auf die für die Teilnehmer an der Arbeitsruhe zu befürchtenden Konsequenzen zurückzuführen sei, die Maifeier an ihrem demonstrativen Charakter verliere.

Stuttgart, 10. Nov Das Herannahm des 100. Todestages Schillers hat in hiesigen Kreisen den Gedanken angeregt, dem Liebling der Jugend in Stuttgart ein weiteres Denkmal zu errichten, das ihn als Karlsschüler darstellt und das ein Gegenstück bilden würde zu den Standbildern des jungen Goethe in Straßburg und Leipzig.

Stuttgart, 10. Novbr. Zu einer imposanten Kundgebung evangelischen Lebens gestaltete sich heute abend die diesjährige Lutherfeier im Festsaale der Liederhalle. Die Teilnahme war eine so große, daß der gewaltige Saal bei Beginn kaum noch ein freies Plätzchen zeigte. Hofprediger Dr. Hoffmann hielt

die Festrede, der das schon oft behandelte, doch immer noch unerschöpfliche Thema:Der junge Luther" zu Grunde lag.

Die für den Bau des Krematoriums auf dem Prag-Friedhof zu Stuttgart nötige Summe von 70000 -/L ist nun zusammengebracht und zwar durch den Feuerbestattungsverein. Das Krematorium wird mit dem Kolumbarium ein Ganzes bilden. Letzteres erfordert einen Aufwand von 50000 ^

Cannstatt, 10. Nov. Oberbürgermeister Na st wurde heute durch Beschluß der bürgerlichen Kollegien das Ehrenbürgerrecht verliehen. Ferner wurde zu Ehren des Genannten eine Nast-Stiftung ins Leben gerufen, deren Zinsen zu seiner Verfügung stehen.

Besigheim, 11. Novbr. Bei der gestrigen Schultheißenwahl in Neckarwestheim haben von 283 Wahlberechtigten 274 von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Gewählt wurde Schultheißen- amtsasststeut Beutler von Lauffen a. N. mit 154 Stimmen; Buchhalter Westermayer erhielt 117 St. Von 7 Kandidaten traten 5 zurück.

Kirchheim u T., 10. Nov. An dem Fabrik­anwesen der Firma Karl Faber wird zurzeit ein Neubau erstellt. Als gestern nachmittag ein Reservoir vom oberen Stockwerk herabgelassen wurde, hatten sich drei Zimmerleute des Werkmeisters Nieffer von hier auf dasselbe gestellt. Aus der Fahrt in die Tiefe brach Plötzlich der Flaschenzug und alles stürzte in die Tiefe. Die Zimmerleute wurden sämtlich ver- letzt; der eine derselben, Melchior Elsässer, ein be­jahrter Mann, Witwer und reich gesegnet mit Kinder», ist, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, im Wilhelmshospital gestorben; sein Sohn erlitt einen Armbruch und der dritte Beteiligte bedeutende Quetschungen.

Heilbronn, 11. Nov. In der hiesigen Stadt­kelter wurden angemeldet 1065,5 KI Weißwein, 230,20 KI Weißriesling Auslese, 1039,80 KI Rot­wein und 471,30 kl Trollinger. Als Durchschnittspreise wurden ermittelt für Weißwein 41,07 für Weiß­riesling Auslese 47,33 für Rotwein 47,1 ^ und für Trollinger Auslese 52,68 ^

Flein, 11. Nov. Der Herbst ergab 4650 KI Rotwein und 1690 KI Weißwein von 136,67 kn Weinberg. Der Gesamterlös betrug 243 374

Slus Stasi» Bezirk uns Umgebung.

Erntedankfest.

In unfern großen Städten wächst ein Geschlecht heran, für welches der schwankende Erntewagen, der fruchtbeladene Obstbaum ein seltener Anblick geworden ist. Um so nötiger wird es, daß die Kirche ein Herbst­und Erntedankfest feiert.

Das tägliche Brot kommt ja heute auf tausend Wegen in unser Land; es wächst uns aus den Furchen der Dampfschiffe und auch die großen Werkstätten mit ihrem Maschinenrasseln sind Erntsfelder, auf welchen nicht vergeblich viel saurer Schweiß vergossen wird. Doch der Segen kommt von oben, das ist die Botschaft des Dankfestes. Daß wir Nahrung und Kleidung haben, das bleibt zuletzt nur ein Wunder der Güte und Schöpfermacht Gottes. Er hat auch in diesem Jahr wieder allen seinen Kostgängern den Tisch gedeckt. Auf einen lachenden Frühling folgte ein Sommer so heiß, wie ihn die ältesten Leute nicht kannten, zuletzt war aber doch die Verheißung erfüllt, daß nicht aufhöreu sollen Samen und Ernte, und es bestätigte sich im allgemeinen die alte Regel,in einem trockenen Jahrgang verdirbt kein Bauer". Daß er in keiner Hinsicht verderbe der deutsche Bauer, der Gott fürchtet und den König ehrt, das wünschen wir unserem ganzen Vaterland, vor allem auch unserem Gewerbe, das noch immer die überwiegende Mehrzahl seiner Waren im Inland absetzt. Der deutsche Acker soll nie zur Weide oder zum Waldland werden. So­lange nah und fern fröhliche Schnitter die Ernte­wagen zum Dorf geleiten, wird unser Volk jugend­frisch bleiben und wir werden in Krieg und Frieden unser täglich Brot haben. Das gesegne uns Gottl Wir aber wollen treu und unverdrossen Weiterarbeiten, ob wir am Pflug oder am Schreibtisch, in der Werk­statt oder im Weinberg stehen, cs bleibt Lei dem Wort:Was der Mensch säet, das wird er ernten."

Neuenbürg, 12. Nov. Der Evang. Bund (Bez.-Verein Neuenbürg) hält hier am Sonntag den 20. ds. Mts. wieder seine Herbstversammlung ab. In dieser Hauptversammlung wird Hr. Dekan Hermann von Heilbronn einen Vortrag halten über Luthers Hausfrau (Katharina v. Bora.) Nähere Anzeige folgt.

* Feldrennach. Der nächste Viehmarkt findet kommenden Dienstag den 15. ds. Mts hier statt. Hiezu ergeht geziemend Einladung.

Vermischtes.

Der erste Schnee in diesem Winter ist in den letzten Tagen gefallen. Es hat sowohl auf dem Schwarzwald, als in höher gelegenen Teilen Oberschwabens geschneit.

Ueber eine Würdigung der Presse ist aus Nord- Hausen zu berichten. Dort feierte ein Gesangverein das 30jährige Jubiläum und hierbei nahm Bürger- > meister Becker, der Vorsitzende des Vereins, Gelegen, heit, der Presse seine Zufriedenheit in folgende» Worten auszudrücken:Endlich muß ich noch eines Bundesgenossen rühmend gedecken, das ist die Presse.

Sie hat unseren Bestrebungen stets wohlwollend - gegenübergestanden. Ihre fachkundige Kritik, mochte j sie Tadel oder Lob enthalten, war für uns Prüfstein und Ansporn. Aber sie hat noch mehr für uns getan: ihre das Publikum belehrenden und anfeuernden Be- merkungen haben allmählich in den weitesten Kreisen ! Interesse für unsere Bestrebungen erweckt. Ihr sei hiermit unser herzlichster Dank gesagt." ,

Seine diamantene Hochzeit feierte inBusowi. P das Jünglinsche Ehepaar im Kreise von ungefäht 50 Kindern, Enkeln und Urenkeln. Der Jubel, bräntigam steht im 91. Lebensjahre und ist noch so rüstig, daß er sogar noch Feldarbeiten verrichtet; die Jubelbraut ist einige Jahre jünger, geistig und körpe» lich aber noch frisch, daß sie an ihrem Ehrentage von morgens bis spät in die Nacht auf den Beinen war, sogar noch ein Tänzchen wagte und sich mit jedem Hochzeitsgast auf das lehhafteste unterhielt.

Es ist gewiß ein seltener Fall, daß zu einer goldenen Hochzeit noch die rechte Mutter der Jubel- braut kommen kann, wie es, wie Danziger Blätter berichten, bei der des zu Zoppot im Ruhestand lebenden Kanzleirats Hensel der Fall war. Die Mutter ist 91 Jahre alt.

Mannheim, 9. Nov. 300 ^ für eine Stunde Betriebsstörung hat die Stadtverwaltung gegen de« !

Fensterreiniger Ank eingeklagt. Er hatte mit semer !

Schiebeleiter an dem Kanderschen Warenhaus m ! dort befestigtes Kabel der elektrischen Straßenbahn zerrissen, wodurch Kurzschluß und Betriebsstörung auf eine Stunde entstand.

Eßlingen, 11. Nov. Bei einem Brande in der Pliensaustraße verbrannte einem Mädchen seine nicht versicherte Habe im Wert von 1000

In Magst« dt ist infolge des heftigen Sturmes der Anbau an dem Anwesen der Zimmermanns- Witwe Held und des Strumpffabrikanten Gutmann eingestürzt.

In Karlsruhe stürzte infolge des Sturms der 4 Stockwerke hohe aus Backsteinen hergestellte Giebel eines Neubaues in der Tullastraße teilweise em.

Als der Diftriktskommissar Hartung aus Posen nebst Gattin nach Kreuz auf einen Tag verreist waren, ermordete das Dienstmädchen das zweijährige Töchterchen des Ehepaares Hartung, raubte 1000 und flüchtete. j

Wie weit wird es noch kommen mit Jubelfeiern, Festlichkeiten und Vereinsmeierei?! In Nagold ^ werden alle im Jahre 1874 geborenen Weiblein und ^ Männlein zwecks Vorbesprechung des Dreißiger- Tages auf Samstag den 12. November ds. Js. zur

Schulkamerädin.höflichst eingeladen von

mehreren Altersgenossinnen.

Die Kosten einer modernen Schlacht. Was hat die Schlacht von Liaojang gekostet? Diese Frage , berechnet ein Sachverständiger in einer englischen Zeitschrift wie folgt: 125000 Russen und 150000 Japaner haben an der Schlacht teilgenommen. Bringt j man davon die Reserven in Abzug und rechnet mit der Tatsache, daß nicht alle Soldaten auf einmal kämpfen konnten, so kann man annehmen, daß etwa 60000 Russen und 80000 Japaner 60 Stunden lang gekämpft haben. Diese haben 1200 Patronen : pro Mann gebraucht, oder gegen 160 000 000 im ganzen, f

die 8000000 ^ wert sind. Die 300 in der Schlacht verwandten Kanonen haben etwa 4 500000 Granaten zu durchschnittlich 8 abgefeuert, was 36000000 Mark ausmacht. In diesen Summen sind natürlich nicht mit einbegriffen die Kosten für Ausbesserung ^ der Gewehre und Kanonen; nach zwei oder drei Schlachten wie die bei Lioajang ist sie aber dringend ' nötig. Die japanischen Feldkanonen kosten je etwa . 8000 Die großen Geschütze, die Port Arthur ! verteidigen, kosten bis zu 800000 und jeder einzelne Schuß 1000 Bis jetzt hat die japanische Regierung 240000000 für Kriegsmaterial aus­gegeben; die Russen haben das Doppelte aufgewandt, so daß im ganzen Material für 720000000 -/A aus den verschiedenen Arsenalen Europas und Asiens verbraucht worden ist.

Prosit Mahlzeit! Die Gendarmerie hat er- mittelt, daß ein Dienstmädchen in Alvesse bei