Ellwangen, 30. Mai. Gestern tagte dahier die Hauptversammlung des Württ. Landes-Fischerei- Vereins (XIII. Württ. Fischereitag). Eine stattliche Zahl von Teilnehmern vereinigte sich nachmittags '/s3 Uhr zur Hauptversammlung in der Turnhalle u. a. auch Vertreter der Kgl. Regierung, auch Bayern war vertreten. Stadtkapelle und Sängerbund boten ihr bestes. Heute machen die meisten Teilnehmer einen Ausflug nach Aalen (Kocher) und Wasseral­fingen, woselbst dem Kgl. Hüttenwerk ein Besuch abgestattet wird.

Nr. I9derWürttembergischen Bauzeitung" bringt einen interessanten Artikel über das Läuten der Kirchen auf mechanischem Wege. Die bisherigen Versuche auf diesem Wege waren insofern mangelhaft, als sich die Glocken in ihren verschiedenen langen Schwingungsperioden nach den Maschinen richten mußten, wodurch das Geläute natürlich viel an ab­wechslungsreichem Tongemälde gegenüber den von Menschenhand geschwungenen Glocken verlor. Auf Anregung des Pfarrers Seeger-Zuffenhausen haben nunmehr Maschinenkonstrukteur Hirth-Cannstatt und Glockengießer Kiesel-Heilbronn eine Läutmaschine ge­schaffen, die sich von allen bisherigen derartigen Maschinen wesentlich unterscheidet. Die Haupteigen­schaft ist, daß die Maschine von den schwingenden Glocken reguliert wird, so daß nunmehr kein Unter­schied mehr ist zwischen von Menschenhand geläuteten und von der Maschine in Bewegung gesetzten Glocken. Die Maschine beginnt erst dann am Glockenseil zu ziehen, wenn die Glocke ihren Rückwärtsschwung be­endet und bereits wieder den Vorwärtsschwung be­gonnen hat. Eine weitere vorzügliche Eigenschaft besteht darin, daß, um die Läutmaschine in Bewegung zu setzen, nicht erst der Turm erstiegen werden muß, vielmehr kann die Maschine durch Umlegen eines elektrischen Kontakthebels in Gang gesetzt werden. Dieser elektrische Schalthebel kann überall hin mon­tiert werden, in die Sakristei, ja selbst in andere Ge­bäulichkeiten, wie Rathaus und Feuerwachstube! So wird diese neue Erfindung nicht blos im Dienste der Kirche, sondern auch bei Feuersgefahr für die Ge- meindeangehörigen von großem Nutzen sein.

vermischies.

' Philippsburg, 26. Mai. Im Nachbarort Oberhausen erschien gestern mittag im Hause des Totengräbers eine Dame mit norddeutscher Aus­sprache:Sind sie der Hr. Magauer? Hier bring' ich Ihnen ein Paket das ist etwas für Sie!" Sprach's und entfernte sich so schnell, daß auch die von hier sofort requirierte Großh. Gendarmerie keine Spur mehr von ihr finden konnte. Das aber wäre um so nötiger gewesen, als sich bei Oeffnung des Pakets ergab, daß dasselbe eine mehrere Tage alte Kindesleiche enthielt.

Freiburg, 26. Mai. Eine bestialische Roheit hat der hiesige Metzgermeister A. verübt Er fuhr mit 8 Schweinen zum Schlachthaus; weil dieses aber von 11 bis 1 Uhr geschlossen war, also nicht ge- schlachtet werden durfte, hat der Unmensch, um seine Schweine vor den andern, die ebenfalls ihres Todes harrend sich im Schlachthof herumtummelten, zu unterscheiden, sie dadurch gezeichnet, daß er jedem mit dem Messer einen tiefen Schnitt dis auf die Knochen beibrachte, so daß die armen Tiere in ihrem Schmerze sich wie wahnsinnig umherwälzten. Die Schandtat wurde von dem Schlachthaustierarzt be­merkt und zur Anzeige gebracht.

Das Wetter im Juni soll nach Otto Falb's Prognose im ersten Drittel des Monats ziemlich trocken sein, in den beiden letzten Dritteln dürfen wir uns dagegen auf zahlreiche Niederschläge mit ver­einzelten Gewittern gefaßt machen. Den 13. Juni bezeichnet Falb als einen kritischen Termin zweiter, den 27. (also den Siebenschläfer!) als einen solchen dritter Ordnung. Dem hundertjährigen Kalender nach müßte der Juni erst kühles Wetter (Reif), vom 9. ab aber Wärme bringen.

Die grüne Pest. Dem Briefe eines Militär­arztes aus Mulden zufolge ist unter jenen russischen Soldaten, welche in chinesischen Häusern einquartiert sind, eine neue, furchtbare Krankheit ausgebrochen, welcher den NamenAelonuxu 3/ekumu" (grüne Pest) beigelegt wird. Eine Stelle des Briefes lautet: Gegenwärtig liegen siebzehn Mann darnieder, fünf sind bereits gestorben. Wir stehen der Krankheit machtlos gegenüber, da sich bis jetzt kein Mittel als wirksam erwiesen hat. Die Chinesen behaupten, nie früher eine derartige Krankheit gekannt zu haben. Das erste Sympton ist eine akut auftretende Kurz- sichtigkeit und alle, die dieses Anzeichen wahrnehmen, wissen, daß sie anlebuma" erkrankt sind. Der

Patient bricht in furchtbaren Schweiß aus und nach Verlauf von zwei Tagen ist sein ganzer Körper mit grünlichen Flecken bedeckt. Unsere Soldaten, aber- gläubisch wie immer," heißt es weiter,sind der festen Meinung, daß hier ein japanischer Teufel im Spiele sei." _

Z«r Düngung der Krache.

Durch die wissenschaftlichen Forschungen ist der Beweis geliefert, daß bei richtiger Bearbeitung im Boden große Mengen von Stickstoff-bildenden Bakterien entstehen, und daß ein üppiges Gedeihen dieser Bakterien gerade durch die Düngung mit Thomasschlacke, also Phosphorsäure und Kalk, sehr gefördert wird. Besonders in der Brache tritt bei ent­sprechender Bearbeitung ein lebhaftes Wachstum dieser be. fruchtenden Bakterien ein. Dies ist auch ein Hauptgrund dafür, daß man da, wo der Boden sich nicht von Natur aus in einem entsprechenden Fruchtbarkeitszustande befindet, wieder mehr zur Brachbearbeitung zurückgreift; denn die Brache, namentlich in Verbindung »nt einer Düngung mit Thvmasschlacke, hat sich als ein außerordentlich wirksames Mittel erwiesen, die Fruchtbarkeit des Bodens zu erhöhen.

Der Ankauf des Thomasschlackenmehls bis Ende Juni, also dem eigentlichen Brachemonat, gewährt dieses Jahr auch insosern Vorteile, als im ersten Halbjahr die Preise bekanntlich 1 ^ per lcx °/o Phosphorsäure billiger sind, wodurch z. B. bei Ware mit 16°,» Phosphorsäure eine Ersparnis von Wk. 16, per 10000 üg erzielt wird. Außerdem erfolgt für Juni-Lieferung eine Grtra-Sergütvng von Wk. 5, per 10000 KZ kür alle bis zum 25. Juni eingehenden Abrufe.

Ferner ist darauf hinzuweisen, daß sich im ersten Quartal ein recht empfindlicher Waggonmangel bemerkbar gemacht hat. So konnien, wie wir hören, die Thomasphosphatwerke im ersten Vierteljahr infolge ungenügender Wagenstellung viele Hunderte von Waggons nicht rechtzeitig kesern.

Bei der wesentlich stärkeren Nachfrage im Herbst ist bestimmt zu erwarten, daß durch den gleichzeitigen sehr starken Versand anderer Massengüter, wie auch durch die bekanntlich um diese Zeit stattfindenden größeren Militär­transporte, Thomasmehllieserungen nur dann rechtzeitig an Ort und Stelle eintrcffen werden, wenn die Bestellung längere Zeit vorher, am besten also schon jetzt, erfolgt.

Zweisilbige Charade.

Gefährlich, lächerlich, entzückend,

Verächtlich kann die erste sein.

Wen sie beherrscht, dem wiegt beglückend Für kurze Zeit den Sinn sie ein.

Die zweite eine Macht auf Erden,

Vor der sich alles willig neigt.

Sie kann zum Fluch, zum Segen werden,

Kein Tag vergeht der das nicht zeigt.

Das Ganze hat den Glanz und Schimmer Der zweiten, Köstlichen erreicht.

Doch wirklich täuschen kann es nimmer;

Nur wer die erste hat vielleicht.

Auflösung des Kapselrätsels in Nr. 82.

Apotheker.

Bestellungen

auf den

K n z t ä L e r"

für den Monat Alt«) werden von allen Postanstalten und Landpost, boten entgegengenommen.

Literarisches.

K. Kartier,

HrrrenaU» im wiirtterrrb. Schwarzwald.

Neuester Führer, S. verbesserte und vermehrte Auflage, Freiburg i/Br., Schwarzwald-Verlag v. Fr. Paul Lorenz, 1S04. Preis 50 Psennig.

Diese neue Auflage des Herrenalber Führers sm allen Lesern desEnztälers" bestens empfohlen. Bei sehr billigem Preis bietet es sich in guter Ausstattung dar, und der In­halt ist nach praktischen Gründen und Bedürfnissen klar und übersichtlich geordnet worden. Er enthält alles Wissenswerte für die Kurgäste und bringt alle Angaben, die zu voll­ständiger und rascher Orientierung nötig find. Lage, Klima und Heilmittel, all die Vorzüge unsres vielbesuchten Kurorts, finden eingehende Darstellung. Ein geschichtlicher Ueberblick führt uns in die Vergangenheit des Klosters und zeigt uns die Entwickelung der Wasserheilanstalt. Besonders ausführ­lich werden die vielen und mannigfaltigen Spaziergänge und Ausflüge der nahen und weiteren Umgebung beschrieben. Ein neuer Stadtplan, vorzüglich in zwei Farben gezeichnet, gibt ein zuverlässiges Bild der bemerkenswerten Vergrößer­ung und erheblichen Ausdehnung der Stadt. Zahlreiche Abbildungen und eine Umgebungskarte schmücken den neuen Städteführer, der sich durch handliche Form, praktischen In­halt und ungemein billigen Preis auszeichnet.

Redaktion, Vr«k und Verlag von L. Neeh in Neuenbürg.

Leiste Nachrichten u. Telegramme«

Ueber die blutigen Kämpfe bei Kintschou auf der Liautung-Halbinsel, die mit der Einnahme der starken russischen Stellungen durch die Japaner endeten, kommen noch immer Schlachtberichte. Die Kriegsbeute der Japaner belief sich auf 68 Kanonen und 10 Maschinenkanonen außer vielem anderen Kriegsmaterial; ihre Verluste betrugen ungefähr 3500 Mann, während die Russen über 500 Tote auf dem Schlachtfelde zurückließen. Ferner liegt aus Tokio eine ziemlich ausführliche Reutermeldung über den japanischen Sturm auf Nauschan vor, der als einer der wildesten und blutigsten in der modernen Kriegsgeschichte bezeichnet wird. Weiter wird ein umfassender Bericht des Generals Oku über die letzten Kämpfe auf der Halbinsel Liautung veröffentlicht, aus dem ebenfalls erhellt, wie erbittert dieselben ge­wesen sein müssen.

Petersburg, 30. Mai. Der Rufs. Telegr. Agentur wird aus Mulden von heute gemeldet: In­folge der Unmöglichkeit, die Stellungen im Süden von Kintschou ohne Unterstützung durch die Flotte zu behaupten, hatte die dortige Stellung nur demon­strative Bedeutung. Sie war mit Geschützen, die im Jahre 1901 den Chinesen abgenommen waren, be­waffnet und nur mit geringen Schießvorräten ver­sehen. Die Besetzung dieser Stellung durch die Japaner, die unter großen Verlusten der letzteren erfolgte, ändert die Lage nicht.

Paris, 30. Mai. Ein Privattelegramm des Journal de St. Petersburg" meldet aus angeblich zuverlässiger Quelle, daß sich Kuropatkins Armee in Eilmärschen nach dem Süden begebe und daß sie sich augenblicklich 60 Werst von Kintschou befinde.

Tokio, 31. Mai. General Kuroki meldet: Eine japanische Abteilung griff am Samstag bei Aiyang- pienmoenn nordöstlich von Föngwangtschöng 2000 Kosaken an und schlug sie in die Flucht. Der Kampf begann um ^11 Uhr und endete nach einer Stunde. Die Japaner hatten 4 Tote und 28 Ver­wundete. Die Verluste der Russen sind nicht bekannt.

Tokio, 31. Mai. General Oku meldet, daß eine japanische Abteilung Dalny am 30. Mai be­setzte. Ueber 100 Geschäftshäuser, sowie Kasernen, das Telegraphenamt und der Bahnhof seien unbe­schädigt angetroffen worden. 200 Eisenbahnwagen seien noch verwendbar, hingegen seien die Eisenbahn­brücken der Nachbarschaft zerstört; die Docks und Molen sind alle unbeschädigt, bis zum großen Pier, der versenkt worden ist. Auch am Ausgang der Docks sind kleinere Dampfboote versenkt.

Stuttgart, 1. Juni. Die Kammer der Ab­geordneten führte in ihrer gestrigen Nachmittags­sitzung die Beratung der zur Gewerbeaufsicht gestellten Anträge zu Ende, und zwar fand bei der Abstimmung nur der Kommissionsantrag Annahme, der dahin geht, daß die Beamten der Gewerbe- aufstcht in dem Maße vermehrt werden, daß die Revision aller der Aufsicht unterliegenden Betriebe mindestens einmal im Jahre möglich ist, ferner daß in der Anstellung von Assistenten aus dem Arbeiter­stande fortgefahren und daß eine Neuregelung und Ver­mehrung der Aufsichtsbezirke in Erwägung gezogen werde. Alle anderen Aenderungs- und Zusatzanträge, ins­besondere soweit sie sich auf Zuziehung von Aerzten und Technikern zur Gewerbeinspektion und auf kollegiale Organisation der Gewerbeaufsicht bezogen, wurden mit teils größerer, teils geringerer Majorität abgelehnt. Die Verhandlungen selbst waren sehr interessant und zum Teil lebhaft. Insbesondere ist erwähnenswert, daß der Minister des Innern Dr. v. Pischek mit einer gewissen Schärfe gegen den sozialdemokratischen Abgeordneten Keil sich aus­sprach. Auch der neue Präsident der Zentral­stelle für Gewerbe und Handel, Ministerialdirektor von Mosthas, beteiligte sich mit beifällig auf- genommen, inhaltlich und formell eindrucksvollen Aus­führungen an der Debatte, indem er sich gegen die beantragte kollegiale Organisation der Gewerbeaufsicht wandte. Auch an persönlichen Spitzen fehlte es nicht, Keil sprach mit Bezug auf den Abg. Henning von Scharfmachern", was Henning durch die Anspielung aufVerhetzung" dem sozialdemokratischen Redner quittierte. Nachdem dieser Gegenstand erledigt war, hörte das Haus noch das Referat Keils und das Korreferat Rembolds-Gmünd über die Schaffung von Arbeiter- bezw. Arbeitskammern an. Kurz vor 8 Uhr wurde die Sitzung geschlossen und die Weiter- beratung auf Mittwoch vormittag 9 Uhr vertagt.