alle in ausgezeichneter Verfassung. Bis 3 Uhr nach- mittags erreichten 1430 Läufer das Ziel. Die Volks­menge spendete den Teilnehmern am Wettlauf warmen

Beifall. -

Der russisch'japanische Krieg.

Tokio, 28. Mai. Amtlich wird über den An­griff auf Kintschou gemeldet: Der Angriff gegen die feindliche Stellung Nauschan begann früh 2.35 Uhr. Die Verteidigungswerke des Feindes sind fast sämtliche von ständiger Art. Die feindliche Artillerie bestand aus 50 Geschützen verschiedenen Kalibers und zwei Kompagnien Schnellseuerartillerie. Wir stellten Feldgeschütze auf mit der Richtung auf die Forts und brachten dre Hauptartillerie des Feindes 11 Uhr vormittags zum Schweigen. Unsere Infanterie ging bis 400 oder 500 Meter an den Feind heran. Vor uns lagen aber Drahthindernisse. Minen und Gräben und das Feuer der feindlichen Infanterie und Maschinengewehre dauerte ungeschwächt fort. Wir gingen aber noch weitere 200 Meter an den Feind heran und noch mehr. Der Sturmangriff erwies sich als erfolglos, da alle unsere Offiziere und Mannschaften 20 bis 30 Meter vor dem Feind fielen. Daraufhin setzte unsere Artillerie mit vor­bereitendem Feuer ein und abends erfolgte nach schwerem Geschützfeuer der letzte Sturmangriff, durch welchen unter großen Schwierigkeiten eine Bresche in die feindlichen Reihen gelegt wurde, durch welche Wir die Höhen gewannen, den Feind vertrieben und alle Geschütze auf den Forts erbeuteten. Ein glück­licher Zufall bei diesem Angriff war die Entdeckung eines Minendrahtes am Ostfuße des Berges Nauschan ; wir schnitten ihn durch und verhinderten so die Minenexploston.

Washington, 29. Mai. Amtliche telegraphische Berichte aus Japan heben die furchtbare Gewalt des japanischen Pulvers hervor, dessen Bereitung Geheimnis ist. Die Explosionen der mit Pulver ge­füllten Geschosse setzten die amerikanischen Attaches in Staunen. Die schwersten Panzer durchschlagend, obwohl sie nur eine kleine Ladung Pulver enthalten, zerplatzten sie in zahllosen Stücken, die mit solcher Gewalt in die Luft geschleudert werden, daß sie alles, was ihnen Widerstand leistet, zertrümmern.

Wichtige Aenderunge» der deutschen Wehrorduung.

Nachdem vor wenigen Wochen dieHeerordnung" in einigen wichtigen Punkten geändert worden war, durch die es möglich geworden ist,bedingt taugliche" Leute zum Dienst als Oekonomie-Handwerker und Handwerker auszuheben, veröffentlicht dasArmee- Verordnungsblatt" vom 29. April eine Kabinetts- Ordre vom 25. März, durch die dieWehrordnung" in einigen wichtigen Punkten Veränderungen erleidet. Zugleich macht das Kriegs Ministerium in seinen Aus­führungsbestimmungen vom 19. April bekannt, daß binnen kurzem ein Neuabdruck derWehrordnung" den Truppen zugehen werde.

Von den verschiedenen Aenderungen mögen in Nachfolgendem diejenigen kurz erwähnt werden, die für das große Publikum, besonders für die militär­pflichtigen jungen Leute von Interesse sind.

Unsere rasch anwachsende Marine braucht natur­gemäß einen von Jahr zu Jahr steigenden Rekruten - ersatz. Nach derErgänzungsübersicht" für 1902 wurden bei der Marine außer 2024 Freiwilligen, 6944 Rekruten eingestellt. Unter diesen befanden sich aber nur 3188 Mann, die zur seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung zu rechnen sind, während 3756 der Landbevölkerung eingestellt wurden. Um den Kreis der unbedingt bei der Marine einzustellenden zu vergrößeren, und ihr alle jene Mannschaften zu- zuführen, die durch ihren Beruf zu Matrosen usw. geeignet sind, werden jetzt alle jene Gewerbe in der Wehrordnung aufgeführt, in denen der Militärpflichtige beschäftigt gewesen sein kann, um zur seemännischen oder halbseemännischen Bevölkerung zu rechnen. Ferner wird bestimmt, daß auch jene jungen Leute zu dieser Kategorie zu zählen sind, die bis zum 17. Jahre wohl einen Beruf ausgeübt haben, nach dem sie zur seemännischen oder halbseemännischen Bevölkerung ge­hörten, die aber später ihren Beruf gewechselt haben.

Bei der Beurteilung der Reklamationen von Militärpflichtigen, die vom Militärdienste befreit sein wollen, spielt es natürlich ein große Rolle, ob ältere Brüder vorhanden, die arbeits- oder aufsichtsunfähige Eltern unterstützen können. Nach den bisherigen Be­stimmungen war ein älterer Bruder, der zur Zeit der Entscheidung der Reklamation verheiratet, mindestens 26 Jahre alt war und eigenen Hausstand hatte, nicht als unterstützungspflichtig anzusehen. Diese Bestimm- ung ist jetzt verschärft worden. Soll eine solche Reklamation in Zukunft als begründet angesehen werden, so muß der Bruder beim Eintritt des Reklamanten in das militärpflichtige Alter mindestens 25 Jahre

alt und verheiratet sein. War er z. B. zur Zeit, da der jüngere Bruder 20 Jahre alt wurde, erst 24 Jahre und heiratete dann später, während die Reklamation des jüngeren Bruder erst zur Ent­scheidung kam, als dieser 23, er also 27 Jahre alt war, so wird in Zukunft eine solche Reklamation nicht mehr als begründet angesehen werden dürfen. Der jüngere Bruder muß dienen, der ältere, wenn auch verheiratet, seine Eltern unterstützen. Durch die Ausführungsbestimmungen des Kriegsministeriums ist für die Uebergangszeit angeordnet, daß in diesem Jahre die Oberersatztommissionen ihre Entscheidungen nach den für den Reklamanten günstigsten Beding- ungen zu treffen haben.

Wichtig und sehr erleichtert sind die Bestimmungen, die über die zeitige Zurückstellung, die Aushebung und die Ausmusterung der im Auslande lebenden Militärpflichtigen getroffen sind. Nach den bisherigen Bestimmungen mußten diese Leute ihre ihnen gesetzlich zustehende Zurückstellung bis zum 3. Militärpflicht­jahre bei ihrer zuständigen Ersatzkommisston bean­tragen. Nur für die in Rußland und in einem deutschen Schutzgebiete Lebenden konnte diese Zurück­stellung durch die diplomatische Vertretung, bezw. den Gouverneur oder Landeshauptmann erfolgen. In Zukunft kann jetzt jeder Berufskonsul des deutschen Reiches diese Zurückstellung veranlassen.

WürllLinbLi-g.

Stuttgart, 27. Mai. Die Kammer der Abgeordneten erledigte heute, nachdem zunächst an Stelle des Abg. Hildenbrand der Abg. Kloß per Akklamation in die Finanzkommission gewählt war, in längerer, bis fft 12 Uhr währender Beratung vollends das Gesetz betr. den Leibgedingsvertrag. Im allgemeinen wurden die einzelnen (20) Artikel nach den Kommisfionsbcschlüssen, und zwar meist in der Fassung des Entwurfs, angenommen; nur zu einigen Artikeln wurden Abänderungsanträge gestellt und beschlossen. An der Debatte beteiligten sich, entsprechend der Natur des Gesetzentwurfes, fast aus­schließlich die rechtskundigen Mitglieder des Hauses. Auch der Ministerpräsident v. Breitling griff öfters in die Beratungen ein. Die Gesamtabstimmung über den Entwurf wird in der heutigen Sitzung erfolgen. Zum Schluß erstattete noch Vizepräsident Dr. von Kiene den Bericht der staatsrechtlichen Kommission über die Frage einer gesetzlichen Verabschiedung der Gebührenordnung für die Gemeindegerichte und ver­trat den Standpunkt, daß dieser Gegenstand der gesetzgeberischen Regierung unterliege. Der Kom­missionsantrag, an die Regierung das Ersuchen zu richten, daß sie, falls künftig ein Anlaß zu einer Aenderung der Gebührenordnung für die Gemeinde­gerichte sich ergibt, diese Aenderung im Wege der Gesetzgebung herbeiiühren möchte, fand die Zustimm- ung des Hauses, nachdem insbesondere auch der Ministerpräsident in zustimmendem Sinne sich ge­äußert hatte. Für die heutige Sitzung steht die Gewerbeaufsicht auf der Tagesordnung.

Stuttgart, 28. Mai. In ihrer heutigen Sitzung verhandelte die Kammer der Abgeordneten über die Anträge, betr. die Gewerbeordnung. Der Antrag, den die Kommission für Gegenstände der inneren Verwaltung dem Hause vorgelegt hat, will eine Vermehrung der Gewerbeaufsichts-Beamten in dem Maße, daß die Revision aller der Aufsicht unter­stehenden Betriebe mindestens einmal im Jahre möglich ist, unter Neuregelung und Vermehrung der Aufsichts­bezirke und in Fortsetzung der Anstellung von Assistenten aus dem Arbeiterstande. Hiezu haben mehrere Zentrumsabgeordnete einen bereits in der Kommission abgelehnten Antrag wieder ausgenommen, wonach der Kommissionsantrag dahin ergänzt werden soll, daß den Beamten der Gewerbeaufsicht ärztliche und, soweit nicht schon vorhanden, technische Kräfte beigegeben werden und die Beamteü zur Erledigung der wichtigeren und schwierigeren Geschäfte zu einem unmittelbar unter dem Ministerium des Innern stehenden Kollegium vereinigt werden, an dessen Beratungen und Beschlußfassungen Arbeitgeber einer­und Arbeiter und Arbeiterinnen andererseits in gleicher Zahl teilnehmen und bei deren Bestellung diesen Berufskreisen eine Mitwirkung zusteht. Der Bericht­erstatter Rembold-Gmünd (Z.) legte in 1 ff-stündigen, der Mitberichterstatter Keil (Soz.) in einstündigen Ausführungen den Gang der Kommissionsverhand­lungen und die Gründe, die zu dem Kommissions- antrag geführt haben, dar. Bemerkenswert aus den Ausführungen Keils war die warme Anerkennung der Wirksamkeit der Gewerbeinspektion in Württem­berg. Das Vertrauen der Arbeiterschaft zur Gewerbe­inspektion habe, so führte er aus, in den letzten Jahren kaum mehr etwas zu wünschen übrig gelassen. Die folgenden Redner, Schick har dt (Vp.), Schaible

(kons), Schmid-Besigheim(Bp ) und Lenning(Bp.) sprachen sich sämtlich für den Kommisstonsantrag und gegen den Zentrumsantrag aus, welch letzteren Rembold-Aalen warm begründete. Hennig warnte vor einer allzugroßen Anhäufung der Revisionen, die dem Arbeitgeber schließlich doch zu viel werden. Hieb er (D. P.) trat ebenfalls für den Kommissionsantraa unter Bekämpfung des Remboldschen Antrags ein Er net der sozialdemokratischen Presse, daß sie das sozialpolitische Verständnis unserer württ. Regierung etwas wärmer anerkennen solle, als das bis jetzt der Fall gewesen ist. Der Minister des Innern Dr. v. Pischek, bezeichnet- den Antrag Rembold als nicht notwendig und unzweckmäßig. Die Gewerbe­inspektoren seien ja jetzt schon vollberechtigte Mit­glieder des Kollegiums der Zentralstelle für Gewerbe und Handel. Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel stehe nicht auf dem einseitigen Unternehmer, standpunkt und sei durchaus arbeiterfreundlich. Für den nächsten Etat sei die Schaffung einer weiteren Gewerbeinspektorsteüe, einer weiteren Asststentenstelle und einer weiteren Gehilfenstelle (aus dem Arbeiter- stand) vorgesehen. Da noch mehrere Redner zum Wort gemeldet waren, wurde die Beratung hier ab­gebrochen und die Fortsetzung auf Dienstag mittag anberaumt.

Stuttgart, 27. Mai. Dem Vernehmen nach soll die gestern abgehaltene Schulkommissions­sitzung der Kammer der Standesherren zu keinem entgegenkommenden Beschluß geführt haben. Dennoch hält man in denjenigen Kreisen der ersten Kammer, welche auf dem Boden der Novelle stehen, an der Hoffnung fest, daß damit noch kein Definitivum ge­schaffen ist. Man nimmt vielmehr an, daß noch im letzten Augenblick in der Plenarsitzung, die am 8. Juni stattfindet, entweder eine Art Kompromißantrag in die Debatte hineingeworfen wird, oder daß, ohne daß die Gegner der Vorlage nötig haben, ihren prinzipiellen Standpunkt aufzugeben, durch Abkommandierungen dem Art. 4 eine Majorität gesichert wird. Was im speziellen den Standpunkt der reformierten und evang. Grafen Bentinck und Pückler Limburg anbelangt, so neigt man der Ansicht zu, daß dieselben auf ihrer ablehnenden Haltung nicht verharren werden.

Stuttgart, 29. Mai. Aus den uns vor­liegenden Zeitungsberichten über das Unwetter in der Freitagsnacht geht hervor, daß dasselbe im ganzen Lande mit mehr oder weniger Wolkenbruch, artigem Regen hauste. In Untergruppenbach hat das Wasser ein Wohnhaus samt Stallung weg­geschwemmt und viele andere Gebäude beschädigt. Viel Fahrnis ging verloren. In Ellhofen stand das Wasser in manchen Häusern bis zum ersten Stock- werk. Nur mit Mühe konnte das Vieh gerettet werden. In Giengen a. F. schlug der Blitz in das Anwesen des Joh. Banzhaf. Das Wohnhaus wurde vollständig zerstört. Die Frau des Besitzers, die sich im Wochenbett befand, mußte im Bett aus dem brennenden Hause getragen werden. Von Mobiliar konnte nicht viel gerettet werden. In Onstmettingen glaubten manche derjüngste Tag" sei gekommen. Besonders groß war die Wassersnot bei der Tal­mühle. Das Hochwasser war größer als im Jahr 1895. In Thailfingen wurde um 11 Uhr aus Onstmettingen Hochwasser gemeldet. Bald darauf läuteten die Sturmglocken. Die Schmicha schwoll zum reißenden Strome an. Das Wasser stieg 33 am höher als im Jahre 1895. Auch in der Richtung Sigmaringen und Tuttlingen muß das mit orkan- artigem Sturm begleitete Gewitter Schaden äuge- richtet haben, denn bis Samstag früh ist die Donau um fast ff- m gestiegen.

Tübingen, 28. Mai. In der Deutschen Partei hielt gestern Abend in der Krone Rektor Kümmel einen Vortrag über Japan. Während dessen ging ein schreckliches Unwetter nieder, sodaß der Regen bis in den Kronensaal eindrang.

Heilbronn, 28. Mai. Ja vergangener Nacht von 9 Uhr an kam hier ein Gewitter mit wolken­bruchartigem Regen zum Ausbruch. Infolgedessen wurden mehrere tiefer gelegene Straßen der Altstadt unter Wasser gesetzt und viele Keller und andere Räumlichkeiten mit Wasser gefüllt, da die Kanäle die ungeheuren Wassermassen nicht mehr zu fassen ver­mochten. Schlimmer als in der Altstadt hauste das Wasser in den östlich gelegenen Stadtteilen, besonders in der Goethe- und Pfühlstraße. Hier wurden die Straßen und die anstoßenden Gärten und Länder metertief unter Wasser gesetzt und bedeutender Schaden verursacht. An der Heilbronn-Haller Bahnlinie wurde der hohe Damm an der Stelle auf einer Strecke von etwa 1012 Meter durchbrochen, wo die Linie nach dem Südbahnhof abzweigt. Sämtliche verfügbaren Pumpen sind in der Stadt in Tätigkeit. Noch in der Sacht wurden städtische Arbeiter an die