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Der Lnztälen

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

Amtsblatt kür Sen Vberamtsbszirlr Neuenbürg.

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Neuenbürg, Freitag den 27. Mai 1904. 62. Jahrgang.

RrmSschau.

Berlin, 26. Mai. Oberst Leutwein meldet aus Windhuk: Hauptabteilung anfangs Juni marsch­bereit, Nordabteilung Zülow am 23. von Outjo den Weitermarsch angetreten. Kolonne Estorff steht bei Okamatangara. die Hauptmasse des Feindes an- scheinend bei Waterberg.

Berlin, 25. Mai. Zur Hilfeleistung sür Deutsch-Südwestafrika sind nach derD. Kolonial­zeitung" bisher 211236 51 eingegangen. Die

Sammlungen werden noch fortgesetzt, zumal auch für den Norden der Kolonie die Hilfsaktion nunmehr eingesetzt hat.

Berlin, 25. Mai. Der Dampfer .Herzog", mit Verstärkungen für Deutschsüdwestafrika an Bord, ist gestern in Swakopmund eingetroffen.

Berlin, 25. Mai. Aus Hamburg wird mit­geteilt : Die Nachricht, daß auch der Schnelldampfer Deutschland, der einzige Schnelldampfer, der der Hamburg-Amerika-Linie noch geblieben ist, an Ruß- land verkauft sei, wird von Generaldirektor Ballin in einer Zuschrift an die Hamburger Zeitungen als völlig grundlos bezeichnet.

Berlin, 26. Mai. DerLokalanzeiger" meldet: In der vergangenen Nacht drangen Einbrecher in das Haus deS evangelischen Diakonievereins zu Zehlendorf bei Berlin ein, knebelten und mißhandelten die im Erdgeschoß schlafende Wirtschaftsschwester, stahlen eine Uhr und Geldbeträge, vermochten jedoch den Geldschrank nicht zu erbrechen. Die Täter ent­kamen unerkannt.

Mannheim, 25. Mai. Der wegen Betrugs verhaftete Inhaber der Spiegel- und Rahmenfabrik Lehmann u. Schmidt, der Kaufmann Hausmann, hatte behauptet, auf der Eisenbahn die Summe von 51000 ^ verloren zu haben. Die Polizei hatte jetzt in dieser Sache eine ergebnisreiche Haussuchung. Sie durchsuchte die Wohnung der Frau Hausmann, welche nach Weinheim an der Bergstraße übergesiedelt ist, nach dem Gelbe und fand in einer Bettmatratze verdächtige Pakete. Man öffnete diese und fand 20000 ^ in Papierscheinen, außerdem noch an anderen Stellen" 18000 ^ Da bereits vor einigen Tagen bei einer Haussuchung bei der Mutter Haus­manns in Frankenthal in der Pfalz 10000 gefunden worden waren, so ist die vermißte Summe bis auf 3000 beigebracht.

Das leidige Feueranmachen mit Petroleum hatte in Mannheim wieder einen schweren Unfall zur Folge. Die Ehefrau des Matrosen Heinrich Tante auf SchiffWilhelm" war damit beschäftigt, Petroleum ins Feuer zu gießen, der Inhalt des Behälters fing hierbei Feuer und setzte die Kleider der Frau in Brand. Mit schweren Brandwunden an Kopf, Brust und Füßen bedeckt, wurde die Frau ins allgemeine Krankenhaus gebracht. In Frankenthal ist die etwa 80 Jahre alte Witwe Nöbel verbrannt. Die allein in der Wohnung zurückgebliebene Greisin wurde bei der Rückkehr der Angehörigen in der zur Wohnung gehörigen Küche mit furchtbaren Brand­wunden bedeckt tot aufgefunden. Vermutlich sind die Kleider der Verunglückten, als sie sich an einem Spmtuskochapparat zu schaffen machte, in Brand geraten.

Eine lehrreiche Entscheidung fällte kürzlich" d Kammer für Handelssachen des Gr. Landgerichts i Mannheim. Eine auswärtige Firma erhob gege ein Mannheimer Geschäft Klage wegen Nichteinlösun eines Wechsels. Die Mannheimer Firma war i Zahlungsschwierigkeiten geraten und hatte ein Arrangi ment mit ihren Gläubigern getroffen. Die Priva klägerin war dem Arrangement unter der Bedingun beigetreten, daß alle anderen Gläubiger ebenfalls be treten und keiner bevorzugt wird. Sie behaupte! jedoch, daß diese Bedingung nicht erfüllt sei un wurde die Beklagte zur Zahlung verurteilt, weil si nicht in der Lage war, eine Urkunde über die Teil

nähme sämtlicher Gläubiger vor dem Arrangement und damit den Gegenbeweis der Behauptungen des Klägers zu erbringen. Es ergibt sich hieraus die Lehre, daß man dafür Sorge trägt, sich bei einem Arrangement Urkunden über den Vollzug desselben zu verschaffen, damit dasselbe nicht durch eine Wechsel­klage angefochten werden kann.

Die Zahl der Schloßbeleuchtungen in Heidelberg wird sich in diesem Sommer auf sechs belaufen. Es finden Beleuchtungen statt: am 28. Mai, im Juni. 17. Juli, 11. August, 11. und Ende September ds. Js.

Die beiden Rechtsanwälte Dr. Stulz und Dr. Heß haben nun doch für die zum Tod ver­urteilten BrmwzGroß und Stafforst Revision beim Reichsgericht eingelegt.

Müllheim in Baden, 18. Mai. Der 19. Ber- bandstag badischer Gastwirte war aus allen Teilen des Landes stark besucht. In der Frage der sogen, alkoholfreien Wirtschaften und Cafees, die nach Aus­sage des Referenten Wetzel-Karlsruhe, unter diesem harmlosen Titel den bestehenden Wirtschaften einen großen Schaden zufügten, wurde nach langer leb­hafter Debatte beschlossen, eine Entscheidung darüber herbeizuführen, unter welchen Bestimmungen der Ge­werbeordnung diese sogenannten alkoholfreien Wirt­schaften unterzubringen seien.

Von der Tromm, 25. Mai. Noch niemals dagewesen dürfte Wohl sein, daß ein Selbstmörder selbst den Tagesblättern seine Mordtat berichtete. Tatsächlich ist dies aber letzte Woche hier oben vor­gekommen. Der 42 jährige, ledige Schreiner A. Rothermel hat sich am Mittwoch morgen in seiner Werkstätte erschossen, während schon am Dienstag die Notiz in den Blättern zu lesen war, daß sich R. aus Schwermut wegen eines unheilbaren Leidens erschossen habe. Es ist nun unterdessen genau festgestellt worden, daß R. diese Notiz selbst geschrieben hatte.

Konstanz, 25. Mai. Herr Architekt Doerper nahm am Sonntag in seiner Wohnung ein Bad. Der Frau fiel auf, daß er solange nicht vom Boden komme. Sie öffnete die Türe und fand ihn bewußtlos. Aus­strömendes Gas aus dem Gasofen war die Ursache.

Der vor 8 Tagen in Wien eingetroffene 46 jähr. Professor an der Universität Göttingen, Rudolf Meißner, ist seit Dienstag früh verschwunden. Er sollte mit der Tochter des Göttinger Arztes Dr. Fischer seine Hochzeit feiern, entfernte sich aber wenige Stunden vor der Hochzeit und ist seither ver­schollen.

VomBodensee, 24. Mai. Der Pfingstverkehr war am 1. Feiertag auf dem See so stark, daß fast zu allen Kursschiffen Ergänzungsschiffe abgelassen werden mußten. In Konstanz und den angrenzenden Orten waren alle Gasthöfe überfüllt. Am Pfingst­montag trat infolge des den ganzen Tag anhaltenden Regenfalls eine Umwandlung ein, die Lustfahrten unterblieben und mancher, der in leichtem Kostüm nach dem See gewandert war, zog fröstelnd oder auch pudelnaß wieder ab. Welch gewaltige Wasser­menge niederging, läßt sich am besten am Steigen des Sees ersehen. Der Seepegel betrug am Samstag noch 3,95 Meter und zeigte am Dienstag früh 4,27 Meter an, also eine ganze enorme Steigung; am gleichen Tag im Jahre 1903 betrug der Pegel 3,44 Meter.

Postalisches vom Bodensee. Den Bodensee begrenzen fünf Postgebiete mit vier verschiedenen Postwertzeichen: Bayern, Oesterreich, Reichspostgebiet und Württemberg, Schweiz. Der Reisende, der während der Fahrt auf einem der Bodenseedampser eine Briefsendung aufgeben will, kann nicht feststellen, auf welchem Postgebiet er sich befindet und welches Postwertzeichen er demgemäß zu verwenden hat. Die fünf Postverwaltungen haben sich deshalb endlich dahin verständigt, daß zur Frankierung der während der Fahrt durch die Schiffsbriefkasten aufgegebenen

Sendungen Postwertzeichen jedes der fünf Uferstaaten benutzt werden können, mit der Einschränkung jedoch, daß eine und dieselbe Sendung nicht mit Wertzeichen verschiedener Staaten versehen sein darf.

Ueber eine Organisation der technischen An­gestellten wird uns berichtet: Nicht weniger als 2000 Jngeniere, Techniker, Chemiker rc. aller Berufs- klaffen und Bildungsstufen, vom akademisch gebildeten Diplomingenieur und promovierten Chemiker hinunter bis zum Zeichner haben sich zusammengetan, um für sich als Arbeitnehmer in der Industrie eine große umfassende Organisation zu schaffen. Die neue Berufs­organisation, die den NamenBund der industriellen Beamten führt, will in erster Linie einen Zentral- Arbeitsnachweis und einen Unterstützungsfonds für notleidende, unverschuldet erwerbslos gewordene Mit­glieder schaffen.

In Italien wächst der Skandal mit dem diebischen vormaligen Unterrichtsminister Nasi und seinem Staats­sekretär, welche beide flüchtig sind, ins Ungeheuerliche. Auf Ersuchen der. italienischen Regierung haben auch die deutschen Gerichte einen Steckbrief gegen die beiden erlaffen. Die Hauptsache wäre, daß man die Diebe auch richtig erwischen würde; sonst kommt das Ministerium Gioletti in den Verdacht der heimlichen Begünstigung ihrer Flucht.

Die österreichischen und ungarischen Dele- gationen haben mit großer Mehrheit die nicht un­beträchtlichen Forderungen für Heer und Marine zur Neuanschaffung von Kanonen und Schiffen etc. bewilligt. Diese Kosten sollen im Betrage von 400 Millionen Kronen allmählich durch Anleihen aufgebracht werden.

Memphis (Ber. Staaten von Amerika), 26. Mai. Eine große Feuersbrunst zerstörte den ganzen südlich des Jazoflusses gelegenen Teil von Jazo-Cüy im Staate Missisippi in einer Länge von zwölf und in einer Breite von drei Häusergevierten. Unter den zerstörten Gebäuden sind das Rathaus, das Gericht und das Postgebäude, sowie alle Bankgeschäftshäuser und Zeitungsdruckereien.

Der russisch-japanische Krieg.

Mukden, 25. Mai. Nach den letzten Nachrichten haben die Japaner den Vormarsch wieder ausgenommen. Gegenwärtig gehen mehrere Kolonnen vor, obwohl der größte Teil der Jnvasionsarmee sich noch in der Nähe von Föngwangtscheng befindet. Hier laufen beständig Gerüchte, daß bei Kintschou eine blutige Schlacht zwischen den Russen und den von Port Adams die Eisenbahn entlang vorückenden Japanern geschlagen worden sei.

Tschifu, 25. Mai. (Reutermeldung.) Eine aus 8 Schiffen bestehende japanische Flotte beschoß gestern Port Arthur. Der Angriff dauerte eine Stunde.

Württemberg.

Stuttgart, 24. Mai. (Kammer der Ab­geordneten.) Die Hoftheatervorlage ist nunmehr der Kammer der Abgeordneten zugegangen. Da die Regierung den Wunsch aussprach, die Vorlage sofort an eine Kommission zu überweisen, so beschloß die Kammer in ihrer gestrigen Sitzung auf den Vorschlag des Präsidenten Payer, die Vorlage ohne vorgängige Generaldebatte im Plenum an die Finanzkommission zu verweisen. Einen großen Teil der Sitzung füllte die Beratung der Eingabe des Verbands der selb­ständigen Buchbinder Württembergs aus, welche sich hauptsächlich gegen den häufigen Wechsel in den Schul- büchern richtet. Der Berichterstatter der Kommission, Schmid-Besigheim, behandelte, die Eingabe sehr wohl­wollend und beantragte im wesentlichen Berücksichtig­ung. Prälat v. Sandberger und Kultminister Dr. v. Weizsäcker betonten mehr den Standpunkt der Schule und wiesen der Petition mehrfache Ueber- treibungen und Unrichtigkeiten nach. Die Redner fast aller Parteien, insbesondere Haug, Jmmendörfer,