berg, OberamtS Gmünd, stand vor der Strafkammer. I Dieser Angeklagte ist jener vielseitige Schwindler und Betrüger, vor dessen Gebaren in den Zeitungen oft- s mals gewarnt wurde. Gegenwärtig sitzt er zwar eine ' sechsmonatliche Betrugsstrafe ab, es waren ihm aber heute wiederum 24 Betrugsvergehen und 7 Urkunden- fälschungen aufs Kerbholz geschrieben. Köberle, der ein sicheres und intelligentes Auftreten hat, spielt stets den Inspektor irgend einer Versicherungsgesell­schaft So bereiste er im verflossenen Herbst die Oberäwter Tübingen, Hcrrenberg, Horb, Calw, Na­gold, Neuenbürg, Freudenstadt und Sigmaringen. Ucberall gelang es ihm eine große Anzahl von Ver- ficherungslustigen zu finden. Dabei waren seine Prämien bei sofortiger Barzahlung nur geringe. Je nach der Höhe der Versicherungssumme betrugen sie im einzelnen Fall 2, 6, 12, 13. 23. 24, 26 Mark. Die Prämienquittungen Unterzeichnete der Angeklagte als Inspektor Leverenz und Löwercntz. Die Ein­nahmen des Herrn Inspektors flössen reichlich, er lebte flott Auch auf die Kassen der Agenten der Versicherungsgesellschaft Thuringia in Erfurt hatte es der Angeklagte abgesehen. In 3 Fällen versuchte er die betreffenden Agenten zu bestimmen, ihm die Bücher vorzulegen und die Kasse zur Absendung an die Gesellschaft zu übergeben. Es blieb aber beim Versuch. Einer dieser Agenten, ein Metzger, behandelte den Herrn Inspektor mit dem Farrenschwanz etwas unsanft. Nebenbei bereiste der Angeklagte auch den Schwarzwald als Beauftragter der Stuttgarter Müllerberufsgenossenschaft, er visitierte Mühlen, fand darin bald Vorschriftswidrigkeiten, spielte aber den .Gutmütigen', machte die Leute, die er nicht in Strafe bringen wollte, auf neu erschienene Vorschriften auf­merksam, bot sich an, ihnen solche zu beschaffen und nachzusenden, falls sie zum voraus Barzahlung leisten. Auch hiermit machte der Angeklagte ein gutes Ge­schäft. Uebel umgegangen ist er mit einigen profit- lichen Müllern, die ihm je 5 ^ dafür bezahlten, daß er ihnen die Erlaubnis erteilte, ihre Müller­burschen nicht nur Tag und Nacht, sondern auch Sonntags mahlen lassen zu dürfen. Wegen all dieser schlechten Geschichten wurde Köberle, der seine Schwindeleien eingestand, auf 1 Jahr und 3 Monate ins Gefängnis geschickt.

Ulm, 27. April. Die hiesige Ortsgruppe des Evang. Bundes zählt nunmehr rund 2160 Mit­glieder. Die Zunahme betrug in den letzten Wochen seit der Aushebung des H 2 des Jesuitengesetzes etwa 500. Die neuen Mitglieder gehören den ver­schiedensten Kreisen der Bevölkerung an.

Heilbronn, 27. April. Ein 13jähriger Knabe erbrach lt. Heilbronner Ztg. dieser Tage einer Nach­barin den Sekretär und entwendete aus ihm über 200 -/A Das Geld versteckte er in seiner elterlichen Wohnung, um damit das Weite zu suchen. Der Knabe wurde dem Gericht übergeben. Festgestellt ist, daß er in der letzten Zeit noch mehrere ähnliche Diebstähle begangen hat.

Oehringen, 28. April. Dieser Tage ist lt. Neckar zeitung" Vikar Kuhn mit der Frau des Oberamtsbaumeisters H. verschwunden, letztere hat einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens, über

I 100000 ^ mitgenommen, sie ist Mutter bereits > von 14 und 15 jährigen Kindern. Das flüchtige j Paar soll sieb nach England begeben haben.

Kus Stavt, Bezirk uns Umgebung.

Auf Grund der am 14. März ds. Js. und den folgenden Tagen vorgenommenen besonderen Prüfung im Wasserbaufach sind für die in § 1 der k. Ver­ordnung vom 28. Novbr. 1856 bezeichneten Ver­richtungen u. a. für befähigt erklärt worden: die Bauwerkmeister Robert Hammer-Wildbad, Wilhelm Hettich-Stuttgart-Wildbad und August Müller- Marbach-Neuenbürg.

* Neuenbürg. Die Frühjahrsversammlung des Evang. Bundes in Calmbach am letzten Sonntag nachmittag nahm einen sehr befriedigenden Verlauf. Sie bewies , daß die Sache des Evang. Bundes immer volkstümlicher im Bezirke wird. Der Einladung zur Teilnahme wurde von den umliegen, den Ortschaften, besonders zahlreich aber von Be­wohnern Calmbachs entsprochen. Der Ankersaal konnte die erschienenen Männer und Frauen nicht fassen. Die Persönlichkeit und das Thema des Redners, Dekan Dr. Köstlin aus Backnang, bildeten noch eine Anziehungskraft für sich. Nachdem der Vorsitzende des Zweigvereins Neuenbürg, Pfarrer Siegel-Schömberg, die Versammlung in schwung. vollen, herzlichen Worten begrüßt und den Zweck der Frühjahrsversammlung in Calmbach erläutert, auch die Versammlung ein Bundeslied gesungen hatte, behandelte Dekan Köstlin, ein Vorkämpfer des Evang Bundes mit Schrift und Wort seit 17 Jahren, die Frage: Warum ist der Evang. Bund heutzutage nötiger denn je? Frisch, gewandt, überzeugend, über Grund und Zweck des Bundes trefflich orientierend, sprach er in ^ständiger inhaltsreicher Rede. Die bedenklichen Tatsachen der letzten Zeit, Aufhebung des § 2 des Jesuitengesetzes, die Zulassung der Marianischen Kongregationen, welche in ganz un­mittelbarer Beziehung zum Jesuitenorden stehend den Zweck verfolgen, hoffnungsvolle Jünglinge schon in ihrer Jugend mit dem nötigen Konfessionsfanatismus zu erfüllen; das Interdikt des Bischofs von Metz, eines von unserem Kaiser besonderen Vertrauens gewürdigten Kirchenmannes, über den Kirchhof in Famek wegen Beerdigung eines Evangelischen daselbst, ein offenkundiger Ausdruck der Gehässigkeit und Ver­achtung gegen unsere evangelische Kirche diese Tatsachen stellen uns vor die Frage: in was für einem Lande sind wir eigentlich? Und wenn wir darauf sagen müssen: in dem Deutschland, das zu 2/s seiner Bewohner evangelisch ist, das nach seinen wirtschaftlichen Fortschritten und seinen wissenschaft­lichen Errungenschaften, wie nach seiner ganzen ge­schichtlichen Entwicklung evangelischer Arbeit das Beste verdankt, auch auf dem Gebiete der Glaubensübertritte der katholischen Kirche weit voraus ist (18901900 ca. 46000 Uebertritte zur evang. Kirche gegen kaum 4600 Austritte in die kathol. Kirche), so drängt sich uns die andere Frage auf: wie ist es möglich, daß trotzdem in diesem Lande Katholisch bezw. Zentrum Trumpf ist, wie ist das soweit gekommen? Die Erklärung liegt einerseits im Wesen und Ziel

der römischen Kirche, die ein Reich von dieser Welt sein, eine Machtstellung einnehmcn will, die Welt- Herrschaft des Pabsttums anstrebt und auf dieses Ziel intensiv losarbeitet, namentlich auch mit ihren durchweg Pricsterlich geleiteten, trefflich organisierten, Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen umfassenden Vereinen und ihren geschickt redigierten Blättern und Zeitungen; anderseits in den unguten Verhältnissen bei den der evang. Kirche zugehörigen Volksteile, die bei der unnationalen Politik der So- zialdemokratie. der zweitstärksten Partei im Reichstage, und bei der Zersplitterung der nationalen Parteien keine Vertretung im Reichsparlamente haben, auf welche sich die Regierung stützen könnte, und so das ihrige dazu beitragen, die Machtstellung und Bedeut- ung der Ultramontanen zu stärken, Regierung und Zentrum zu Freunden zu machen. Diese Sachlage machte den Evang. Bund vor 17 Jahren nach Auf- hören des Kulturkampfes nötig und macht ihn hem- zutage nötiger denn je. Er will konfessionell Ge- fährdete schirmen, ultramontane Schmähungen und Verdächtigungen, Angriffe und Uebergriffe ab wehren, den evang. Geist, protestantisches Ehrgefühl wecken und stärken, die verschiedenen kirchlichen Richtungen und Parteien sammeln. Der reiche Beifall, der dem Redner wurde, war wohlverdient. Die Rede zündete. 60 neue Mitglieder meldeten sich an; für die Thurner Kirche flössen 53 .--L zusammen. Der Vorsitzende, wie der Vertrauensmann Calmbachs, Lehrer Martin, sprachen dem Redner für seine Darbietung, wie der Versammlung für ihr Erscheinen den gebührenden Dank aus. Calmbach, vorher einer der kleinsten Zweige am Zweigverein Neuenbürg, ist einer der stärksten geworden. Möge sein Vorbild zur Nacheiferung aufmuntern. Die Sache ist es wert.

Hi Gräfenhausen, 28. April. Unter dem Vorsitz von Hrn. Schultheiß Kircher wurde in hiesiger Gemeinde vergangenen Sonntag ein Darlehns­kassenverein gegründet, dem von Obernhausen 29 und von hier 6 Mitglieder beigetreten sind. Möge der Verein sich auch hier als segensreich erweisen und die Vorurteile, die noch manche vom Beitritt abhalten, allmählich verschwinden.

Calw, 27. April. Das Fischsterben in der Nagold im Dezember 1902 hat die Stadt 13 000 Mark gekostet, welche Summe an die Fifcherei- berechtigten von Calw abwärts bis Unterrerchenbach ausbezahlt wurde. Damit haben aber die Unannehy? lichkeiten für die Stadt nicht aufgehört. Es erhoben jetzt nach 1 Vi Jahre die Fischer von Dill-Weißenftein bei Pforzheim ebenfalls Anspruch auf Entschädigung. Nun hat sich herausgestellt, daß nach dem Fischsterben in dem Gewässer bei Weißenstein noch eine Menge Fische vorhanden waren; erst im letzten Sommer war ein Mangel an Fischen bemerkbar. Diese Erscheinung schrieben die Sachverständigen verschiedenen Ursachen zu. Das Gutachten eines württ. Sachverständigen, des Professors Sieglin-Hohenheim, spricht sich dahin aus, daß eine Verunreinigung des Fischwassers bei Weißenstein nicht mehr stattgesunden habe, also seien die Ansprüche zurückzuweisen; ein Pforzheimer Sach, verständiger, Professor Mcißer, glaubt, daß auch noch das Wasser bei Weißenstein vergiftet worden

unterhielten sich dann mit halblauter Stimme, und die junge Dame ging auch bald wieder."

Der Staatsanwalt und der Geheimpolizist, deren Mienen immer gespannter wurden, sahen ein­ander an.

Nun, und ging Fräulein Schmidt oft aus? fragte der Staatsanwalt nach einer Pause weiter.

Nein, nur selten, meist gegen Abend und dann trug sie ebenfalls einen Schleier."

Auch im Sommer?"

Ja, auch im Sommer! Es sah manchmal ganz komisch aus!War die Verstorbene vermögend?" fragte der Staatsanwalt.Anscheinend war sie es," erwiderte Frau Mischke.Als sie einen Monat hier wohnte, sagte sie mir, es gefiele ihr bei mir, es wäre so still, und sie legte mir monatlich 10 zur Miete zu. Auch sonst war sie sehr freigebig, oft schenkte sie mir von den Eßwaren oder Süßig­keiten, die sie durch mich bezog, die Hälfte, und dem Mädchen gab sie reichliches Trinkgeld."

Und wissen Sie," fuhr der Staatsanwalt fort, woher Fräulein Schmidt ihre Einkünfte bezog?"

Nein, das weiß ich nicht. Bisweilen mußte ich ihr Hundertmarkscheine wechseln."

Hatte die Verstorbene sonst noch Eigentümlich­keiten, die Ihnen auffielen?"

Frau Mischke sann nach.Eigentümlichkeiten?" sagte sie.Ja allerdings, sie ging manchmal stunden­lang im Zimmer auf und ab; auch sah sie bisweilen aus, als fürchte sie sich, so ängstlich und verschüchtert war sie. Ihre Stubentür hielt sie immer verschlossen

und wenn wir klopften, fragte sie, wer da wäre; erst dann ließ sie uns herein. Und dann, dann be­merkte ich bisweilen, wenn einmal ein Bettler kam oder sonst ein Mann, daß sie sich an ihre Stuben- tür schlich und den Gesprächen lauschte, die ich oder mein Mädchen mit ihm führte.Seraphine! Sera­phine!" erscholl es da Plötzlich wieder laut aus einer Ecke, und die Anwesenden schraken wieder mehr oder weniger zusammen.

Gehörte der Vogel der Verstorbenen?" fragte der Staatsanwalt.Ja", erwiderte die Vermieterin, sie brachte ihn mit. Er spricht blos das eine Wort!"

Das ist doch ein Anhaltspunkt!" sagte Rasch, und der Staatsanwalt fügte hinzu:Allerdings, zumal der Name sehr selten ist!Um nun," fuhr er fort,so schnell als möglich die Recherchen ein­leiten zu können, wollen wir die Briefschaften an uns nehmen."

Man durchsuchte nun die Schränke, den Vertikow, die Kommoden, fand jedoch nichts als einige Steuer­quittungen, die auf den NamenFräulein Anna Schmidt" lauteten und ein Einkommen von mehreren Tausend Mark vermuten ließen.

Anscheinend sind gar keine Briefe vorhanden," sagte der Staatsanwalt.Hat Fräulein Schmidt diese denn immer vernichtet?"

Das ist Wohl möglich," erwiderte Frau Mischke, als ich zufällig einmal etwas in den Ofen warf, fand ich darin die Asche von verbranntem Papier."

Die Beamten entfernten sich nun.

Frau Mischke gebot dem Dienstmädchen, die damit

ehr zufrieden war, sich ein Lager im Schlafzimmer hrer Herrin herzurichren, und so verbrachten denn ie beiden geängstigten Frauen vereint den Rest der

kacht, die so Schauriges gebracht hatte.

Am nächsten Tage suchte Rasch den Ort der Schreckenstat wieder auf, um Frau Mischke zu fragen, b ihr vielleicht noch etwas eingefallen wäre, was ber ihre geheimnisvolle Mieterin näheren Aufschluß

eben könnte. m

Auch das Dienstmädchen unterzog er einem Ver.

>ör Alles dies förderte jedoch nichts Neues zu Laäe und eben so wenig Erfolg hatte ein Besuch ,uf dem Polizeilichen Meldeamt: Fräulein Schmidt iatte was der Geheimpolizist schon vermutet, sich ,ar nicht angemeldet. Sämtlichen Polizeibeamten »es Reviers war sie unbekannt, was infolge ihres urückgezogenen Lebens auch kein Wunder war.

Jedenfalls war. wie sich Rasch sagte, auch der llame Schmidt nur fingiert, die Dame hatte sich aus rgend einem Grunde verbergen wollen und daher diesen häufig vorkommenden Namen angenommen. Daß ihr dies geglückt war, dies durfte als ein be- onders glücklicher Zufall angesehen werden.

Der Geheimpolizist sann auf Mittel und Wege, Mt in das Dunkel zu bringen. Seine Pflicht war H, die Spuren des Verbrechens zu ermitteln, me Veweise zu sichern, den Täter zu ergreifen.

Aber wie die Sache anfassen?

(Fortsetzung folgt.)