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Der Lnztäler.

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

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Fernsprecher Nr. 4.

67.

Neuenbürg, Freitag dm 29. April 1904.

62. Jahrgang.

RunSschau.

Berlin, 27. April. Nach Schluß der heutigen Kommisstonssitzung, die das Zustandekommen der Reichsfinanzreform-Vorlage sicherte, wurde Reichsschatzsekretär Freiherr v. Stengel von mehreren Abgeordneten zu seinem Erfolg beglückwünscht.

Karlsruhe, 26. April. Erbgroßherzog Friedrich ist am Samstag mittag vom Jagdschloß Kaltenbronn hierher zurückgekehrt. Er hat zwei prächtige Auer- hähne geschlossen. Mittags ist der Erbgroßherzog nach Zwingenberg zur Auerhahnjagd abgereist.

Aus Bayern, 25. April. Vom Verkehrs­ministerium ist ein Erlaß ergangen, wonach vom 1. Mai ab aus fahrenden Zügen Briefbeutel nicht mehr hinausgeworfen werden dürfen. Für viele kleine Orte wird dadurch die Briefzustellung nicht unbe­deutend verzögert; (also Rückschritt).

Der Reichskriegsschatz im Juliusturm in Spandau, der noch aus der französischen Kriegs­kosten-Entschädigung herrührt, ist von der Reichs- schulden-Kommission zuletzt am 7. Dezember 1903 revidiert worden. Die Kommission hat jetzt einen Bericht an den Reichstag gelangen lassen, der sagt, daß die Revision das Vorhandensein der Bestände dieses Schatzes von 120 Millionen Mark in Reichs­goldmünzen nachgewiesen hat. In dieser Höhe war der Kriegsschatz gegründet, er darf nur zu Ausgaben für die Mobilmachung verwendet werden.

Madrid, 26. April. Ministerpräsident Maura traf heute vormittag hier ein. Auf der Fahrt hierher wurde zwischen Alicante und La Encina gegen den Eisenbahnwaggon, in dem Maura saß, ein Schuß abgefeuert. Die Kugel, die in die Decke des Waggons eindrang, richtete keinen Schaden an.

Alicante. 27. April. Infolge des gestrigen Anschlages auf den Eisenbahnzug, in welchem sich der Ministerpräsident Maura befand, sind 15 Per­sonen verhaftet worden.

Die Vernehmungen von Zeugen für den bevor­stehenden Dreyfusprozeß rufen in Frankreich vielfach Erregung hervor. Der frühere spanische Militärbevollmächtigte bei der Pariser Gesandtschaft, Val Carlos, scheint trotz seiner Proteste und Er­klärungen eine mehr als zweifelhafte Rolle bei dem ersten Dreyfusprozeß gespielt zu haben. Man darf

sich, wie es scheint, auf recht merkwürdige Enthüll­ungen gefaßt machen, wenn erst der Prozeß selbst zur öffentlichen Verhandlung vor dem Kasfationshof gelangt.

Warschau, 27. April. Heute Nachmittag um 4 Uhr wurden in der Dvorskystraße der Adjunkt des Chefs der Geheimpolizei, der Adjunkt des Polizei­kommissars und zwei Polizisten beim Eintritt in Haus Nr. 6 von einer Bande mit Revolvern und Messern angefallen. Die beiden elfteren Beamten wurden getötet, ein Polizist schwer und ein anderer leicht verwundet. Vier Mitglieder der Bande wurden verhaftet.

Der russisch-japanische Krieg.

Vom ostasiatischenKrieg liegt heute die Nach­richt vor, die einen bedeutenden Erfolg der Russen bedeuten würde. Der Petersburger Korrespondent des Pariser Matin will aus guter Quelle erfahren haben, daß das russische Wladiwostok-Geschwader am 25. April vier japanische Transportschiffe mit 4000 Mann in den Grund gebohrt habe. Amtlich ist diese Nach­richt nicht bestätigt, so wenig wie eine andere, die über London kommt und wonach dort ein russischer Agent etwa 20 englische, amerikanische, deutscke und norwegische Dampfer zum Transport von 70,000 Tonnen Kohlen nach Port Arthur und Wladiwostok gechartert haben soll.

Mulden, 27. April. Nach hier eingetroffenen Meldungen setzte eine japanische Abteilung gestern bei Tagesanbruch beim Dorfe Sindagu über den Aalu, wo sie vom Feuer des russischen Kundschafter- kommandos empfangen wurde. Durch die russische Artillerie wurde die von den Japanern nördlich von Widschu geschlagene Brücke zerstört. Der Uebergang erfolgte südlicher von Widschu auf Pontons. Ein Teil der Japaner, der mit einer Batterie über den Fluß gesetzt war, marschierte auf die russische Stellung bei Tuenschen und wurde zurückgeschlagcn, daß die Batterie nicht einmal das Feuer zu eröffnen vermochte.

Die englische Regierung hat in den letzten Tagen der vorigen Woche einen Versuchsballon in verschiedenen Blättern steigen lassen, woraus her­vorgeht, daß England gar zu gern in dem russisch- japanischen Krieg intenvenieren, d. h. einen Frieden herbeiführen würde, weil es den Engländern nach

und nach doch bei dem Gedanken unheimlich wird, unter Umständen den mit Japan geschlossenen Bünd­nisvertrag tatsächlich erfüllen zu müssen. Es ist ja eine alte Gepflogenheit der Engländer, Verträge nur dann zu halten, wenn sie ihnen nützlich sind, andern- falls aber Bundesgenossen schnöde im Stich zu lassen. Die offiziösen Blätter in Rußland wiesen aber den Vorschlag energisch zurück und nur ein russisches Blatt war. zweifellos gegen Erstattung von nicht wenig 100-Rubelnoten oder blanken Sovereigns, für die englische Sondierung eingetreten. Rußland will nur dann Frieden mit Japan schließen, wenn letzteres zu Lande völlig niedergeworfen sein wird. Dazu wird es aber noch einiger Zeit bedürfen, wenn es der russischen Landarmee überhaupt gelingt, einen entscheidenden Schlag gegen die Japaner zu führen.

Württemberg.

Stuttgart, 26. April. Der König hat dem englischen Kammerherrn Lord Lawrence und dem englischen Gesandten Tower das Großkreuz des Friedrichsordens, elfterem mit der Krone, verliehen.

Stuttgart, 26. April. Welche Vorsicht im Gebrauch der jetzt überall verwendeten Petroleum- öfen nötig ist, zeigt folgender Vorfall. In einem Hause der Schützenstraße warfen spielende Kinder im Wohnzimmer einen Petroleumosen um. Die Frau des Hauses und das Dienstmädchen suchten im Hause Hilfe. Als sie wieder zurückwollten war die Glas­türe zugeschlagen und die Kinder in der brennenden Wohnung. Jammernd rief die Frau nach ihren Kindern. Ein im Hause wohnender Herr schlug die Fenster der Glastüre ein und drang in das brennende Zimmer. Das Feuer wurde durch Hausbewohner gelöscht. Die alarmierte Feuerwehr mußte noch die letzte Hand anlegen.

Stuttgart, 27. April. Bei der gestrigen Ziehung der Stuttgarter Geld- und Pferdelotterie fiel der erste Treffer mit 40000 auf die Nummer 8100, der zweite Treffer mit 10000 auf die Nummer 8215. Wie aus Sindelfingen gemeldet wird, sind die glücklichen Gewinner des ersten Gewinns drei Schwäger, nämlich: August Seeger, Schneider, Gott- lieb Schmied, Weber, und Wilhelm Volz, Schuhmacher.

Tübingen,27. April. (Strafkammer.) Derledige 27 Jahre alte Kaufmann Adolf Köberle von Rech-

lieber sechs Monate! Am 1. April zog sie bei mir ein!"

Und woher kam sie?"

Mit einiger Verlegenheit erwiderte Frau Mischke: Das weiß ich nicht!"

Haben Sie sie denn nicht Polizeilich angemeldet?" fragte der Staatsanwalt.

Nein, sie sagte, sie würde dies selbst besorgen."

Hm, hm!" machte der Staatsanwalt etwas un­schlüssig.Hat sie denn," fuhr er fort,nicht ein­mal von ihrer früheren Wohnung gesprochen?"

Nein, sie sprach nie darüber. Ueberhaupt hielt sich Fräulein Schmidt meist für sich. Wenn sie sich einmal mit mir unterhielt, sprachen wir über das, was in der Zeitung stand."

Hat sie denn nicht einmal erzählt, wo sie früher gewohnt hatte?"

Nein, niemals!"

Was sprach sie denn für einen Dialekt?" fragte jetzt Rasch.

Nun, ungefähr so wie die Leute hier in der Umgegend sprechen."

Jedenfalls hatte sie etwas zu verbergen," sagte der Staatsanwalt.Erhielt sie denn keine Briefe?"

Sehr selten," erwiderte Frau Mischke.Die Briefe trugen stets den hiesigen Poststempel."

Hm, hm! Sagen Sie einmal, Frau Mischke, empfing Fräulein Schmidt keinen Besuch?"

Besuch? Ach, nur alle Paar Monate kam ein­mal eine junge Dame dicht verschleiert zu ihr. Sie

Fräulein Hurten bürg.

Kriminal-Roman von Rudolf Wustrow.

2j - (Nachdruck verboten.)

Inzwischen hatte ein Schutzmann die Fenster untersucht und meldete, daß diese sämtlich verriegelt waren, der Verbrecher also durch sie nicht geflüchtet sein konnte.

Der Mann," sagte der Staatsanwalt,kann auch vermittelst eines Dietrichs die Haustür geöffnet haben! Was meinen Sie, Herr Rasch?"

Das ist leicht möglich!" erwiderte der Geheim­polizist.Man findet Leute, von denen man es gar nicht vermuten sollte, im Besitz von Hausschlüsseln und Dietrichen. Vielleicht hat der Verbrecher über­haupt schon vor seiner Tat einen Abdruck des Schlosses genommen."

Allem Anschein nach," fuhr der Staatsanwalt fort,hat der Täter sein Opfer überrascht, denn Hilferufe hat man ja wohl nicht gehört?"

Jedenfalls?" sagte Rasch,ist er unter irgend einem Vorwand hinter sie getreten und hat ihr dann den Strick um den Hals geworfen. Aus diesem ge- Waltsamen Vorgehen schließe ich auch, daß der Täter ein Mann war, eine Frau ist nur in ungemein seltenen Fällen eines solchen Gewaltaktes fähig."

Nun zu den Schränken und Kästen!" sagte der Staatsanwalt. ^

Die Untersuchung ergab, daß an der gediegenen eleganten Kommode, die im Schlafzimmer der Ver­

storbenen stand, ein Schlüsselbund steckte und daß die Kästen durchwühlt waren. Es stellte sich dabei heraus, daß Schmucksachen und Geld nicht vorhanden waren.

Allen Anzeichen nach," bemerkte der Geheim­polizist,liegt auch Raub vor, wenngleich der Täter, wie gesagt, kein Gewohnheitsverbrecher sein dürfte. Da muß eben das Vorleben der Toten Anhalts­punkte geben!"

Seraphine! Seraphine!" rief es da plötzlich laut aus einer Ecke, so daß die Beamten, deren Nerven selbstverständlich sehr erregt waren, sich mit einigem Schrecken nach der Richtung wandten, woher der Ruf kam.

Sehr bald fanden sie jedoch ihre Ruhe wieder, der Rufer war nur ein großer, grauer Papagei, der in seinem Käsig saß.

Wir wollen nun zur Vernehmung der Ver­mieterin schreiten," sagte der Staatsanwalt.

Die Leiche wurde jetzt von einigen Trägern, die telephonisch herbeigerufen waren, in den auf der Straße stehenden Leichenwagen transportiert.

Der Polizeikommifsär und die Schutzleute ent­fernten sich, und als Frau Mischke das Zimmer be­trat, waren nur noch der Staatsanwalt mit seinem Protokollführer und der Geheimpolizist anwesend.

Ihr Name?" fragte der Staatsanwalt.

Emma Mischke," erwiderte die Vermieterin, die sich auf einen Wink des Staatsanwalts auf einem Stuhle niederließ.

Wie lange wohnte Fräulein Schmidt bei Ihnen?"