Heilbronn, 25. März. Der Gemeinderat bestimmte heute im Einverständnis mit dem königlichen Oberamt und dem neugewählten Stadtschultheißen Dr. Göbel in Stuttgart als Termin der Amts­einsetzung des letzteren den Samstag, den 23. April, vormittags 11 Uhr.

Tübingen, 23. März. (Schwurgericht.) Vom 2. bis 4. Januar wurden in Reutlingen sechs, aus Zinnkomposition hcrgestellte Zweimarkstückeausgegeben. Als Ausgeber wurde der Agent und Kommissionär Johann Georg Kemmler dort ermittelt. Kemmler bestritt dies auch nicht, wandte aber ein, von der Unechtheit der Geldstücke keine Kenntnis gehabt zu haben. Wie er in den Besitz des gefälschten Geldes gekommen sei, behauptet Kemmler nicht zu wissen, er sprach die Vermutung aus, daß er über die Weih­nachtsfeiertage beim Wechseln eines Zwanzigmark, stückes getäuscht worden sei. Die Ausflüchte nützten den Kemmler nichts; er erhielt 10 Monate Gefängnis. Auf der Bahnstrecke RottenburgNiederau hat der ledige Hammerschmied Johannes Walz, gebürtig von Walddorf, Oberamts Nagold, am 31 Januar d. I, abends zwischen 7 und 8 Uhr, 17 Stück bis zu 25 Kilo schwere Kalksteine auf das Geleise gelegt. An­geblich wollte er damit den Bahnwärter ärgern. Da das Hindernis zeitig entdeckt wurde, geschah kein Unglück. Der Attentäter erhielt 1 Jahr Gefängnis.

Ellwangen, 24. März. Die heutige Amts­versammlung hat mit allen gegen 6 Stimmen be­schlossen: 1) zu den Betriebskosten der Riesbahn von Ellwangen nach Unterschneidheim mit 225000 Mark den Betrag von 100 000 ^ auf die Amts- körpeischaftskasse zu übernehmen. 2.) Solche als Anlehen aufzunehmen und diese samt den für Grund­erwerbung früher genehmigten 100000-^(225000) innerhalb 70 Jahren nach einem noch später fest- zustellenden Schuldentilgungsplan abzutragen. 3) Die Bereitwilligkeit auszusprechen, bei Ausdehnung des Eisenbahnnetzes auf andere Teile des Oberamts­bezirks Amtskorporationsbeiträge nach dem demselben Modus zu bewilligen.

Ulm, 24. März. Am 10. März wurde von einer Anzahl hiesiger Schreiner eine Schreinergenosfen- schaft gegründet, die sich mit der Einrichtung einer Betriebsstätte für Schreiner befaßt. Die Haftsumme beträgt 500 -K! Erster Geschäftsführer ist Schreiner­meister Wilh. Nüßle.

Ulm, 25. März Inmitten der Stadt Neu Ulm liegen, den Verkehr bedeutend hindernd, die weit­ausgedehnten Gartenanlagcn der in ganz Deutschland bekannten Kunstgärtnerei Gebr. Neubronner Das ganze Areal ist nun an einen Münchener Geldmann verkauft worden, der auf demselben lauter große, moderne Herrschaftshäuser erbauen wird.

Honau, 25. März. Die Lichtensteinspiele, die während dreier Sommer einen starken Fremdenstrom in unser Tal am Fuß der Schwäbischen Alb lockten, sind nun endgültig zu Ende gekommen. Auch zu anderen Zwecken wird der Musentempel der Festspiel­halle nicht verwendet werden; sie wird in diesen Tagen abgebrochen, ein rechtes Bild der Zerstörung, da wo einst so viele Tausende froher Menschen sich sammelten.

Freudenstadt, 26. März. Nachdem der Krieger- Vereins-Obmann des Bezirks Oberndorf und Freuden­stadt, Geheimer Kommerzienrat Artur Junghans in Schramberg, wegen Geschäftsüberhäufung von der Obmannsstelle für den Bezirk Freudenstadt zurück­getreten ist, wurde Rektor O. Haug in Freudenstadt als Obmann für die Militärvereine des Bezirks Freudenstadt aufgestellt

Herrenberg, 22. März. Beim Umbau des Gasthauses zum Stern fanden die Arbeiter einen Schatz von alten Silberstücken (württ. Hirschgulden und österreichische Münzen mit den Jahreszahlen 16221634), der jedenfalls im 30jährigen Krieg nach der Schlacht bei Nördlingen hier vergraben und dann als im Jahr 1685 die Stadt abbrannte, aus der Erinnerung gekommen war.

Kus StaSt» Sezirk uns Amgedung.

* Neuenbürg, 28. März. Sicherem Ver­nehmen nach ist Oberamtmann Kälber als Hilfs­arbeiter zur Dienstleistung bei der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel einberufen worden, er wird den Dienst bei der K. Zentralstelle bereits am 5. April d. I. antreten.

Seine Majestät der König hat den Postassistenten Schlenker in Neuenbürg zum Postsekretär daselbst, den Postassistenten Blanz in Wildbad zum Post­sekretär daselbst, den Postassistenten Ehinger (Neuen­bürg) in Eßlingen zum Postsekretär daselbst, sowie den Postpraktikanten I. KI. Schwitzgäbele zum Post- assiftenten in Wildbad und den Eisenbahnpraktikanten

I. Kl. Berrer zum Eisenbahnassistenten in Neuen­bürg ernannt.

Neuenbürg, 23. März. Durch Ministerial- verfügung vom 20 März 1891 sind Vorschriften über die Versendung von Wild mit der Eisen­bahn oder Post getroffen worden. Durch diese Vor­schriften soll die Verwertung unberechtigt erlegten oder gewilderten Wildes verhütet, sowie zu der Ent­deckung und Bestrafung von Jagdfrevlern und Wilderern der Weg gebahnt und beigetragen werden. Im Hin­blick hierauf hat der Allgemeine deutsche Jagdschutz­verein, Landesverein Württemberg, (dessen Vorstand Se. kgl. Hoheit Herzog Alb recht von Württemberg ist), denjenigen Bediensteten der Eisenbahn- und Postver­waltung Belohnungen ausgesetzt, welche Verfehlungen gegen jene Transportvorscbriften bezw. gegen die Jagdgesetze, Jagdpolizei- und Hegeverordnungen zur Anzeige und die Schuldigen zur Bestrafung bringen. Voraussetzung für die Belohnung, die bis zum Be­trag von 100 -/A. gewährt werden kann, ist, daß die Verfehlung gegen die Vorschriften über den Trans­port von Wild oder der Wilderer oder Käufer bezw. Verkäufer gestohlenen oder während der gesetzlichen Schonzeit erlegten Wildes derart zur Anzeige kommt, daß Bestrafung erfolgt und daß die Erkenntnis bezw. die Strafverfügung Rechtskraft erhält.

An der Schicksalswende des Lebens.

Wenn das erhabene Osterfest naht, so erfüllen nicht nur fröhliche Hoffnungen, sondern auch bange Sorgen die Herzen vieler Menschen, denn ist doch die Osterzeit in Deutschland die Schicksalswende für Hunderltausende junger Leute, die nun die Schule verlassen und hinaus in das praktische Leben treten müssen, um einen Beruf zu ergreifen, von dem die Gestaltung ihres Lebensschicksals abhängt. Aber auch noch eine Anzahl anderer schicksalsschwerer Ent­schlüsse müssen zur Osterzeit allen denjenigen jungen Leuten gegenüber getroffen werden, die höhere Schulen besuchten, und wegen Mangel an Talent für fremde Sprachen und Mathematik nicht vorwärts kommen können. Da heißt es gewissenhaft zu entscheiden, ob nur eine langsame geistige Entwickelung oder ein Talentmangel den Mißerfolg auf der Schule hervor- gebracht hat, und in letzterem Falle ist es unbedingt das Beste, für den Sohn auf eine gelehrte Laufbahn zu verzichten und ihn einen praktischen Beruf zu­zuführen. Allen Eltern und Vormündern, allen Jünglingen und reiferen Knaben kann in dieser kritischen Zeit zugerufen werden, daß der Mißerfolg auf der Schule noch lange nicht den Mißerfolg im praktischen Leben bedeutet, und schon Tausende von jungen Leuten, die auf der Schule nicht recht vor­wärts kommen konnten, haben es im Praktischen Leben als Kaufleute, Fabrikanten, Techniker, Landwirte, Handwerker usw. zu recht ansehnlichen Erfolgen ge­bracht. Den praktischen Blick für das Leben und den Erfolg, der den Mann macht, lernt man nur bedingungsweise und nur indirekt auf der Schule, und der uns Menschen allen auferlegte Kampf um das Dasein zeitigt oft auch bei scheinbar unbegabten und wenig gebildeten Leuten ein richtiges Handeln und eine praktische Lebensklugheit, die einen gelehrten Kopf in Staunen setzt. Dann entscheidet in letzter Linie über das Lebensschicksal jedes Menschen auch nicht einmal das Talent und das Wissen, sondern der Charakter, die ausdauernde treue Schaffens­freudigkeit, das Pflichtgefühl und die Lust und Liebe an der Arbeit in Verbindung mit einer weisen, wirt­schaftlichen Sparsamkeit. Danach sind die Schule und das Elternhaus Wohl wichtige und notwendige Stufenleitern für die Entwickelung des jungen Ge­schlechts, aber die Entscheidung bringt erst das praktische Leben und die Art der Betätigung und der Erfolg im praktischen Leben. Dies ist auch von der zeitgemäßen Literatur gebührend gewürdigt worden, und man kann einem jungen Manne der ins Leben tritt, so leicht keinen besseren Führer mitgeben als Smiles BuchHilf Dir selbst"! oderFröbels Buch der praktischen Erwerbslehre", welches in Lehre und Beispiel die Grundlagen Mittel und Wege ent­hält, auf dem sich jedermanns Wohlstand aufbauen kann Schwer und wichtig ist heutzutage auch die Entscheidung über die Berufswahl junger Leute, zumal von fast allen Gebieten dem Bewerber der UnkenrufUeberfüllung" entgegentönt. Nun, da empfiehlt es sich schon, daß man einem jungen Manne keinen Beruf erwählen läßt, wo man die Ueberfüllung, die Stellen- und Arbeitslosigkeit vor Augen sieht. Im übrigen darf man aber die große Zahl der Bewerber in einem Berufe auch nicht gar zu tragisch nehmen, weil heutzutage in den meisten Berufen auch viele Fachleute gebraucht werden und der Wettkampf selbst fördernd für alle Menschen wirkt.

vermischtes.

Landwirtschaftliche Buchführung unter Be- rückstchtigung der Anforderungen des württ. Ein- kommenfteuergefetzes vom 8. August 1903. Eine Anleitung für Buchführungskurse und zum Selbst, gebrauch. Von Oekonomierat A. Fecht, an der Kgl. Zentralstelle für die Landwirtschaft. Preis 50 in Partien von 25 Ex an L 45 von 50 Ex L 40 ^f, von 100 Ex. an L 35 A (Verlag von Eugen Ulmer in Stuttgart.) Am 1. April 1905 tritt in Württemberg das Einkommensteuergesetz vom 8. August 1903 in Kraft. Von diesem Zeitpunkt ab ändert sich auch die Besteuerung des Einkommens aus dem Grundbesitz in Württemberg ganz wesentlich und jeder Landwirt, der Buch führte oder nicht führte, sieht sich genötigt, dieses den neuen Bestimm- ungen anzupassen oder die Anlegung einer Buch- führung schleunigst vorzunehmen. Eben zur rechten Zeit erscheint daher obige von dem in Württembergs landwirtschaftlichen Kreisen allseitig bekannten und geschätzten Oekonomierat Fecht an der K. Zentral­stelle für die Landwirtschaft herausgegebene Buch­führung. Nach vorausgegangener leichtverständlicher Belehrung über die den Landwirt besonders inte­ressierenden Bestimmungen des Einkommensteuer­gesetzes folgen die zu einer geordneten Buchführung erforderlichen Formulare; besonders wertvoll ist die am Schluß beigegebene »Berechnung des Ein­kommens nach landwirtschaftlichen und steuerlichen Grundsätzen." Für die in Aussicht genommenen Buchführungskurse, sowie für den Selbstgebrauch ist das Fecht'sche Buchführungsheft auch infolge des billigen Preises ganz hervorragend geeignet.

Mannheim, 24. März. In Rheinau entstand in der Behausung des Fabrikarbeiters Schmitt durch Petroleumexplosion ein Zimmerbrand, der schwere Folgen hatte. Drei Kinder im Alter von 9, 4 und 2 Jahren, die unbeaufsichtigt zu Hause spielten, brachten die Petroleumkanne dem Ofen zn nahe, der Inhalt explodierte und ergoß sich über die nahe­stehenden Kinder, die alsbald ihren schrecklichen Brand­wunden erlagen.

Die 65 jährige Frau Benz aus Bingert bei Bingen wollte in der Nähe der Station Planig aus dem bereits im Fahren begriffenen Zug aussteigen, stürzte aber so unglücklich aus dem Zuge, daß sie einen Schädelbruch erlitt und sofort verstarb.

In sein 101. Lebensjahr trat der frühere Fabrikbesitzer, jetzt Privatier Gabriel Neumeyer in Ingolstadt. Der Jubilar ist rüstig wie eis- Fünfziger und dabei von einer staunenswerten Geistesfrische.

Man schreibt derStr. Post":Ein kleines Schulmädchen, 7 Jahre alt. sieht in einem Geschichts­buch eine Abbildung der Schlacht von Königgrätz, im Vordergründe die Heldengestalten König Wilhelms und Bismarcks. Nachdem das Kind mühsam die darunter stehenden WorteKönig Wilhelm bei König, grätz" entziffert hat, deutet es mit dem Fingerchen auf Wilhelm I. und sagt:Das ist König Wilhelm" unddas auf Bismarck deutend ist König Grätz."

Im Anblick des Schneetreibens am 24. ds. Mts. erhielt dieStraßb. Post" eine hübsche Ansichtskarte aus Fouday (Vus «tu §rsuäsvsck sur Lelmoot) mit folgenden launigen Versen:

Heut schon der dritte Frühlingstag?

Es schneit! Pfui Daibel; welche Schmach!

Der Schnee liegt 20 Zentimeter.

Noch hört nicht auf der Peter!

Schneeflocken wie ein Hühnerei!

O weh die Frühlings-Poesei!

Nichts desto trotz von Vergeshöh'

Aus Belmont hier vomChamp du Feu"

Nische ich dem Herren Redakteur Ergebenst mein Honneur!

Märzveilchen. Keine Blume wird mit solcher Freude begrüßt, wie die ersten Veilchen. Die Poesie aller Länder und Zeiten hat das Veilchen mit seinem Zauber umsponnen. Nach uralter Sage erblüht es unter den Schritten der Frühlingsgöttin, die nächtlich über die Erde wandert. Nach einer orientalischen Mythe entstand es aus den Freudentränen, die Adam vergoß, als ihm der Erzengel Michael Gnade und Vergebung verkünden ließ. Eine Sage der Griechen erzählt: Apollo verfolgte eine der lieblichen Töchter des Atlas, und die furchtsam Flüchtende flehte zu Zeus um Schutz. Der Göttervater erhörte das Gebet der holdseligen Jungfrau und verwandelte sie in ein blühendes Veilchen. Um ihrem Retter zu danken, bringt die kleine blaue Blume ihm alljährlich die süßesten Düfte zum Opfer dar. Im Mittelalter wurde der Tag, wo man das erste Veilchen fand, in Dorf und Stadt als Fest gefeiert. Auf einer mit bunten Bändern geschmückten Stange trugen Burschen und Mädchen die kleine blaue Blume im