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Der «nztäler.
Anzeiger für das Enztal und Umgebung.
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Neuenbürg, Montag dm 28. März 1904.
62. Jahrgang.
RunSschau.
Neapel, 26. März. Der Kaiser besuchte heute früh das hiesige Aquarium unter Führung des Professors Dohrn, welcher den Roten Adlerorden 2. Klasse erhielt.
Neapel, 26. März. Der Kaiser empfing heute vormittag an Bord der Jacht „Hohenzollern" die Mitglieder der deutschen Kolonie. Kurz nach 12stL Ühr begab sich der König vom königlichen Schlosse, wo er abgestiegen war, in Begleitung des Ministers des Acußeren und des Mariveministers unter dem Salut der im Hafen liegenden italienischen und deutschen Schiffe auf die Jacht „Hohenzollern", wo er von dem Kaiser am Fallreep erwartet wurde. Die Begrüßung war äußerst herzlich. An Bord der Jacht „Hohenzollern" fand alsbald ein Mahl statt.
Der Kaiser wird am 29. März in Salerno und am nächsten Tage in Messina eintreffen, wo er bis zum 4. April d. I. Aufenthalt nehmen wird. Von dort wird der Monarch mehrere Ausflüge unternehmen und u. a. Taormina und den Leuchtturm Von Gamzirri besuchen.
Stettin, 26. März. Auf der Werft des „Vulkan" lief heute mittag in Gegenwart des Staatssekretärs v. Tirpitz der für die deutsche Marine erbaute kleine Kreuzer „Lübeck" glücklich vom Stapel. Es ist der erste Kreuzer, der für die deutsche Marine mit Turbinenbetrieb erbaut ist.
Hamburg, 26. März. Der Woermann-Dampfer „Feldmarschall" mit den nach Südwestafrika bestimmten Truppen an Bord geriet gestern infolge des durch starken Nordwind außerordentlich niedrigen Wasser- standes bei Twielenfleth aus Grund und mußte das nächste Hochwasser abwarten. Er wurde unbeschädigt flott und ging bereits abends 11 Uhr nach Cuxhaven in See.
Petersburg, 25. März. Die deutschen und die englischen Offiziere, welche die Kriegsoperationen beobachten sollen, sind gestern nach dem Kriegsschauplatz abgegangen. Die französischen und die amerikanischen werden morgen folgen. Ein Kosaken- Hetmann ist jedem Offizier zugeteilt.
Eine recht kuriose Gesellschaft scheint die „Volkswirtschaftliche Vereinigung für das Deutsche Reich" zu sein. Diese sucht unter Ein- sendung an eine mit anonymer Chiffre bezeichnte Adresse Beitrittserklärungen und veröffentlicht dazu eine Erklärung nachstehenden Inhalts: „Vorbenannter Verein bezweckt, der zunehmenden Verschuldung der deutschen Städte und den dadurch mitbedingten weiteren Erhöhungen der Gemeindesteuern entgegenzuwirken. Die Mitglieder übernehmen weiter keine Verbindlichkeit als die, sich für die Folge der Anschaffung städtischer Anleihepapiere von denjenigen Städten zu enthalten, in welchen mehr als 100°/« der Staatseinkommensteuer als Gemeinde-Einkommen- steuer-Zuschläge erhoben werden. Im Hinblick darauf, daß die Bürgerschaft mit ihrer ganzen Steuerkraft für die städtischen Schulden haftbar ist, wird es für jeden Bürger zur Pflicht, mit allen zulässigen Mitteln der durch Ueberschuldung der Städte drohenden Verarmung vorzubeugen und durch Verringerung der Gemeindesteuern eine wirtschaftliche Aufbesserung in M » Verhältnissen der Bürgerschaft anzustrcben." Wollen diese Herren den Städten den Kredit untergraben, indem sie die Kapitalisten vor der Erwerbung von Städte-Obligatioven warnen? Diese Form ist ledenfnlls die ungeschickteste, der Zunahme der Ver- chuldmig unserer Städte vorzubeugen. In der Verringerung der Gemeindesteuer liegt zudem nicht !5!Er bas geeignete Heilmittel zur Gesundung der städtischen Finanzen.
der sächsischen Staatskasse muß trotz aller schlechten Zeiten doch noch „heidenmäßig viel Geld" vergrabm liegen. Konnte doch Hr. v. Trützschler in der Ersten Kammer mit großer Befriedigung und zu allgemeinster Freude konstatieren, daß von der
1902 bewilligten Anleihe von fast 100 Millionen noch nichts auf den Markt gebracht worden ist. Das läßt allerdings auf eine gute Wirtschaft schließen und beweist, daß die sächsische Finanzverwaltung keineswegs aus der Hand in den Mund zu leben braucht.
Der deutsche Schiffsbau im Jahre 1903 hat sich ungefähr auf der Höhe des Vorjahres gehalten. Auf deutschen Werften wurden im Jahre
1903 im ganzen 229 Dampfschiffe mit 259683 Brutto Register-Tons fertig und dazu 278 Segelschiffe mit 45628 Tons. Bei den Dampfern ergibt das gegenüber der Bautätigkeit von 1902 eine Zunahme von 2 Dampfern und 47 000 Dampfer-Tons, bei den Seglern eine Abnahme von 2 Seglern und 13000 Segler-Tons.
Der Leipziger Krankenkassen- und Aerzte- streit hat mit dem Siege der Krankenkassen geendet. Die Kreishauptmannschaft hat in einer Verordnung erklärt, die von den Krankenkassen vorgenommene Einführung des Distrikts arztsystems sei endgültig, da die Verträge nicht rückgängig gemacht werden könnten. Damit ist der Kampf zu Üngunsten der Aerzte entschieden. Die Erregung unter ihnen ist groß.
Nach der jetzt vorliegenden amtlichen Ueberstcht hat die Hochwasserkatastrophe im Juli 1903 in Schlesien Schäden in Höhe von 21454 320 -/A verursacht, wovon 13 849 356 ^ leistungsunsähige Personen treffen.
Metz, 22. März. Samstag fanden, wie die „Straßb. Post" berichtet, seitens der „Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde" Wiederum Schießversuche mit dem Euthytonon auf der Friedhofsinsel statt. Die erreichte Schußweite bei 71 Grad Erhöhung betrug 369,5 Meter. Anschließend an das Entfernungsschießen fand Scheibenschießen aus 80 und 150 Meter statt. Zum Schluffe wurde ein Schuß gegen ein eisenbeschlagenes Brett (Schild) von 2,5 Centimeter Gesamtstärke abgegeben, das glatt durchgeschlagen wurde. Die Wirkung der gleich- kalibrigen Geschütze des Altertums dürfte somit erreicht sein. (Euthytonon ist eine zum geraden Schuß oder zum Schuß in ganz flachem Bogen bestimmte Flugmaschine, früher ausschließlich Katapult genannt und den heutigen Kanonen, im Gegensatz zu den Mörsern mit hohem Bogenschuß, entsprechend).
Der erste Hauptgewinn von 100-000 ^ der Freiburger Münsterbau-Lotterie fiel auf Nr. 118782 in die Kollekte von Moritz Herzberger in Mannheim.
Einer Fälschung ist man in diesen Tagen auf die Spur gekommen. Es fiel allgemein auf, daß am 18. März auf dem Friedhofe der Märzgefallenen im Friedrichshain in Berlin auch ein Kranz niedergelegt wurde, dessen rote Schleife die Inschrift trug: „Die Arbeiter der Staatswerkstätten in Spandau." Wie nun mitgeteilt wird, erklären die Arbeiter der Militärwerkstätten, daß sie dieser Kranzspende vollkommen fernstehen. Die Arbeiter-Ausschüsse werden zusammentretm, um durch eine Beleidigungsklage gegen den Ueberbringer des Kranzes eine Aufklärung des Vorfalles herbeizuführen. Offenbar hat man von sozialdemokratischer Seite den Schein erwecken wollen, als ob auch in den Spandauer Staatswerkstälten die Sozialdemokratie unter den Arbeitern herrsche.
Jakschitsch, Chefredakteur der „Stampa" in Belgrad wurde im Grand Cafo von mehreren Offizieren mit gezogenem Säbel überfallen, jedoch nicht verletzt. Ein anwesender Oberst machte dem Skandal ein Ende.
Paris, 26. März. Ein Privat telegramm von der Insel Reunion meldet, daß ein Cyklon in der Nacht vom 21. zum 22. d. M. die ganze Insel Mauritius verwüstet habe. Tausende seien obdachlos und ohne Nahrung. Die Ernte sei vernichtet; überall befinden sich Trümmerhaufen. 24 Tote seien schon aufgefunden. (Die Insel Mauritius, früher Jsle de France, gehört den Engländern, liegt im Indischen
Ozean, 880 Kilometer östlich von Madagaskar und ist 1914 Quadratkilometer groß. Furchtbare Orkane find auf der Insel nicht Seltenes. Die Bevölkerung betrug 1893 371000 Seelen.)
London, 25. März. In einer Vorstadt Londons wurde gestern ein furchtbares Verbrechen entdeckt. Ein Mann von 35 Jahren, namens Albert Coßmann, wollte eine Blechkiste, die sehr schwer war und aus der eine Flüssigkeit herausfloß, von einem Fuhrmann wegfahren lassen; der Fuhrmann schöpfte Verdacht. Ein Mieter Coßmanns hatte schon seit einigen Tagen Argwohn gehegt und holte die Polizei. Coßmann ergriff eiligst die Flucht, wurde aber von der Polizei erfaßt. In diesem Augenblick durch- schnitt er sich die Kehle mit einem Rasiermesser und starb sofort. In der Blechkiste wurde in Zement eingegossen eine zerstückelte weibliche Leiche mit zerschlagenem Schädel gesunden. Die Polizei sucht nach etwaigen weiteren Leichen. Coßmann hatte vielfach Besuche von Frauen, die längere oder kürzere Zeit bei ihm verblieben. Er war bereits wegen Bigamie mit 5 Jahren Zuchthaus bestraft.
Einem großen Diebstahl ist die Prinzessin Alice v. Bourbon, die während ihres Ehescheidungsprozesses mit ihrem Gemahl, dem Fürsten v. Schönburg, sich in Sori bei Genua aufhält, zum Opfer gefallen. Sie hatte bei einem Pariser Juwelier namens Froumonb. neben anderen Schmuckgegenständen eine Halskette im Werte von 800 000 Franken hinterlegt. Als ihr Bruder, Prinz Jaime, der als Offizier in russischen Diensten steht, nach dem fernen Osten abreiste, ließ er durch eine Vertrauensperson die Wertsachen beim Pariser Juwelier abholcn und nach Petersburg bringen. Die Halskette fehlte, der Juwelier ver- sicherte, daß sie sich unter den andern Gegenständen in der Kassette befunden hatte. Die Vertrauens- Person dagegen ist verschwunden und wird eifrig von der Polizei gesucht.
Amerikanischer Papiermangel. Der urige- wöhnlich strenge Winter hat die amerikanische Papierfabrikation sehr benachteiligt; teils fehlt es ihr an genügendem Betriebswasser, teils an Rohmaterial, und die Folge ist eine Papierknappheit, welche bereits zu einschneidenden Maßregeln geführt hat. Zahlreiche Zeitungen haben ihren Umfang verringert; andere haben die Nachmittagsausgaben suspendiert; die meisten haben den Straßenhändlern gegenüber die Zurücknahme unverkaufter Exemplare abgeschafft, wodurch natürlich die Auflage erheblich geringer wird. Aber alle diese Mittel dürften, falls der Frost noch länger andauert, nicht verhindern, daß wenigstens einzelne Blätter ihre Sonderausgaben zeitweilig ganz einstellen müssen.
MrltemLeng.
Stuttgart, 25. März. Ueber den Zeitpunkt für die Einberufung des Landtags ist, wie verlautet, eine Entscheidung noch nicht getroffen. Derselbe hängt wesentlich davon ab, wann die Kommission für die Gemeinde- und Bezirksordnung ihre Arbeiten beendet haben wird; die restliche Dauer der letzteren läßt sich nunmehr mit ziemlicher Sicherheit schätzen. Der bisherige rasche Gang der Beratung der Bezirks- ordnung läßt annehmen, daß für letztere nicht mehr als 2 Wochen erforderlich sind, so daß die Kommission etwa am 23. April damit fertig sein wird. Etwas unsicherer ist die Schätzung der mutmaßlichen Dauer der 2 Lesung der Entwürfe, vor allem der Gemeindeordnung. Auch hier dürften 2 Wochen genügen. Alsdann steht aber der Einberufung des Landtags Wohl nichts mehr im Wege, dies umsoweniger, als der Abschluß der Kommissionsberichte nicht abgewartet zu werden braucht. Mit deren Beratung könnte allem nach erst im Juni begonnen werden und es tritt daher schon die bestimmte Annahme auf, daß davon Abstand genommen wird, ein so umfassendes und wichtiges Gesctzgebungswerk unter dem Truck der Achsommerlichen Temperatur durchzusetzen.