im Eigentum der Amtskorporationen waren in das Eigentum des Staats über. Diejenigen Amts­körperschaften, welche kein eigenes Oberamtsgefängnis besitzen und somit ein solches auch nicht abtreten können, haben eine Ablösungssumme im 20fachen Betrage des jährliches Mietzinses an die Staatskasse zu bezahlen. Art. 9, der die Stellung des Ober­amtsarztes betrifft, wird nach dem Entwurf ange- nommen, dagegen wird bezüglich der Oberamts­tierärzte beschlossen, es solle der ganze Gehalt der Oberamtsticrärzte auf die Staatskasse übernommen werden. Bei Art. l O wird abgelehnt, daß die Wahl der Oberamtsbaumeister der Genehmigung der Kreis­regierung bedürfen solle.

Stuttgart, 24. März. Die Manöver im württ Armeekorps finden wie folgt statt: Vom 10.13. Sept. die der 51. und 52. Infanterie- Brigade, vom 1214. Sept. die der 53. und 54. Infanterie-Brigade, vom 15.20 Sept. die der 26. Division, vom 16.21. die der 27. Division, am 23. und 24. Sept das Korpsmanöver.

Stuttgart, 23. März. Ein Aergernis er- regendes Ueberbleibsel vom letzten Hoftheaterbrand, nämlich die Reste des vormaligen Lusthauses, die freilich von gewissen Kunst- und Altertumsfanatikern als etwas wunderbar Schönes gepriesen werden, was aber die überwiegende Mehrzahl sowohl die Stutt­garter Bevölkerung als allen Fremden nicht be­greifen kann. Sie sollen nun endlich entfernt und der frühere Theaterplatz demnächst mit gärtnerischen Anlagen geschmückt werden. Den erwähnten Kunst­fanatikern zuliebe wird man die Hauptteile der Ruinen in den sogenannten Anlagen neu erstellen. Ein definitiver Beschluß, wohin das künftige Hof­theater zu stehen kommen soll, ist aber noch nicht gefaßt. Eine Kirche im Renaissance- oder Barockstil würde freilich den früheren Theaterplatz schön aus­füllen. Die Eberhardskirche wird auf ihrem Stand­ort verlängert und verbreitert neu aufgeführt werden und wird durch den künftigen Bahnhofumbau nach den neuesten Projekten kein Hindernis mehr haben, da nach dem einen Projekt die künftige Hauptfront des Stuttgarter Bahnhofes immer noch gegen die Schloßstraße heraus bestehen bleibt, aber weiter rückwärts verlegt werden soll, damit die bisherigen Bahnhofvorhallcn zu einem freien Platz umgewandelt werden können, wo Droschken aufzustcllen wären. Nach einem anderen, wie es heißt, aussichtsreicheren Projekt aber soll die Front des künftigen Stutt­garter Hauptbahnhofes nach der Schillerstraße heraus errichtet werden. Hand in Hand mit diesem Projekt gehen auch Bauprojekte sowohl für die links- ufrige Neckarbahn über BergGaisburg und Unter­türkheim bis Plochingen als auch die Errichtung eines Tunnels in der Richtung gegen Feuerbach.

Stuttgart. In der letzten Sitzung des Württ. Jngenieurvereins hielt nach Erledigung geschäft­licher Angelegenheiten Pros. R Thomann-Stutt- gart einen Vortrag über dieWirtschaftliche Aus nützung von Wasserkräften". Durch die Wasser­kraftanlagen wird im allgemeinen nur ein kleiner Teil der von Natur aus an der betreffenden Stelle verfügbaren Arbeit nutzbar gemacht, und zwar des­halb, weil einerseits die Wassermengen der Flüsse, andererseits auch die von der Anlage abzugebende Leistung sehr erheblich wechseln. Ein Ausgleich der verfügbaren und der abzugebenden Leistung kann erzielt werden durch Aufspeicherung des Wassers in Stauweihern, Aufspeicherung elektrischer Energie in Akkumulatorenbatterien oder durch Zusatzanlagen (Dampf- oder Gasmotorenreserve). Ein hübsches, in mehrfacher Hinsicht lehrreiches Beispiel elfterer Art bildet das von Wilhelm Reißer-Stuttgart gebaute Elektrizitätswerk Waldsee - Aulendorf. Die Anlage liefert den Beweis, daß auch kleinen Wasser­lachen bei zweckmäßiger Einrichtung noch recht an­sehnliche Kräfte abgewonnen werden können. Eine Stauanlage allergrößten Stils wird gegenwärtig in der Schweiz geplant. Die Sihl soll in der Nähe von Einsiedeln gestaut und dann durch Stollen und ' Rohrleitungen den Turbinen in der Nähe des Zürcher Sees zugeleitet werden. Die Anlage wird auf 60000 Pferdestärken ausgebaut. Für die dritte Art der Ausnützung haben wir ein gutes Beispiel in der zu dem Elektrizitätswerk Stuttgart gehörigen Wasserkraftanlage Marbach, die sehr gut ausgenützt erscheint, da in Stuttgart ausreichende Zusatz- und Reser veanlagen zur Verfügung stehen.

Tübingen, 21. März. (Schwurgericht.) Der Löwenwirt August Haug in Wurmlingen, Oberamts Rottenburg, war in bedrängter Lage. Er versicherte nun sein Mobiliar bei der Versicherungsgesellschaft Thuringia gegen Feuersgefahr um 4000 über den wirklichen Wert desselben und wollte sich an- geblich durch diese Versicherung Geld machen. Er

nahm, wie ihm vorgeworfen wurde, eine blecherne Weinbüchse, wie solche bei Neuweinversendungen an den Fässern angebracht werden, steckte eine Stearin- kerze darein, zündete diese an und stellte das ganze mitten in seinen Heustock hinein. Doch der Polizei- diener des Orts entdeckte bei seinem nächtlichen Rundgange in der Haugschen Scheuer, die an das Wohnhaus angebaut ist, eine auffallende Helle, sah nach, entdeckte die Kerze, und so wurde der Brand verhütet. Haug, der heute der versuchten Brand­stiftung und des versuchten Versicherungsbetrugs angeklagt war, leugnete hartnäckig und verdächtigte seine Nachbarn der Tat. Nach Vernehmung von 29 Zeugen und 3 Sachverständigen sprachen die Geschworenen denn auch mangels hinreichender Be- weise das .Nichtschuldig" aus, worauf der Ange­klagte freigesprochen wurde.

Tübingen, 22. März. (Schwurgericht.) Der 24 Jahre alte ledige Steinbrecher Kar! Friedrich Herb von Loffenau, Oberamts Neuenbürg, kam am Stephansfeiertag 1903 abends betrunken in die Adlcrwirtschaft in Loffenau. Dieselbe war von vielen Gästen besucht, Herb geriet alsbald mit denselben in Händel und äußerte: wer mich heute abend an­rührt, der ist kaput. Mit Eintritt der Polizeistunde entfernte sich alles aus der Wirtschaft, auch der Angeklagte ging, blieb aber dann auf der Haustreppe stehen, zog seinen Revolver und feuerte auf die Borausgehenden 2 scharfe Schüsse ab, ohne indes jemand zu treffen. Auf Vorhalt des Pflästerers Lehmann machte Herb Miene, auf denselben los­zugehen, Lehmann versuchte deshalb, dem Herb den Revolver zu entreißen, im gleichen Moment aber drehte sich Herb und gab auf Lehmann 2 scharfe Schüsse ab, wobei eine Kugel dem Lehmann in die linke Achselhöhle eindrang. Das Geschoß sitzt heute noch dort fest. Wegen dieser Gewalttat und wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt erhielt Herb 4 Monate Gefängnis.

Cannstatt, 22. März. Gestern wurde die In­haberin der weithin bekannten GebetsanstaltBilla Seckendorfs" Frl. Anna Schlichter auf dem Uffkirch- Hofe beerdigt. Es mögen etwa 700800 Personen aus allen Teilen des Landes an der Leichenfeier teilgenommen haben.

Gmünd, 23. März. Infolge des russisch-japa­nischen Krieges ist der Export der Edelmetall-Industrie nach Rußland, sowohl von hier aus als auch von Pforzheim wesentlich zurückgegangen. Auch sollen einige russische Abnehmer in Zahlungsschwierigkeiten gekommen sein. So kamen kürzlich von einem russ. Grossisten nach hier und Pforzheim uneingelöste Wechsel im Betrage von 200000 zurück mit der Bitte, ihm ein Moratorium zu gewähren. Die Firma galt bisher als sehr zahlungsfähig und solid.

In Göppingen sind innerhalb weniger Tage die Besitzer der beiden einzigen Großbrauereien Göppingens aus dem Leben geschieden. Am letzten Donnerstag erlag der Besitzer der Radbryuerei, Jakob Rauh, den Folgen eines Hirnschlags, und am Samstag starb nach längerem Leiden der Besitzer der Brauerei zum Walfisch, Joh. Henzler. Beide haben durch Umsicht und Fleiß ihre Brauereien aus kleineren Anfängen heraus zu größeren Betrieben ausgestaltet.

Ulm, 23. März. Zwei Angestellte des Messing- Werkes Wieland u. Cie., die beschuldigt sind, Einzel­heiten über ein Fabrikationsverfahren preisgegeben zu haben, haben ihre sofortige Entlassung erhalten. Außerdem ist gegen sie das Strafverfahren eilige- leitet worden.

Winnenden, 22. März. Für die Gemeinde­jagd, die bisher jährlich nur 170 abwarf, wurde bei der vorige Woche vorgenommenen Neuverpachtung der hohe Betrag von 520 von einer Stuttgarter Jagdgesellschaft geboten, die den Zuschlag erhielt. Die Jagdfläche beträgt 1260 Hektar.

Mühlacker, 23. März. Vor etwa 5 Wochen sprang der verheiratete ca. 45jährige Oberholzhauer Hanle aus Lienzingen in die Enz, etwa 1 Kilometer oberhalb Mühlacker und ertrank. Erst gestern morgen konnte seine Leiche bei der Kunftmühle herausgezogen werden.

Zur Berufswahl. Den Angehörigen solcher junger Leute, die sich demnächst mit der Frage zu befassen haben, welchen Lebensberuf sie für diese letzteren wählen sollen, dürfte es von großem Werte sein, wenn sie darauf hingewiesen werden, daß wie schon seit längerer Zeit für den Eintritt in den Notariats-, Finanz-, mittleren Post- und Eisenbahn­dienst so auch durch K. Verordnung vom 1. De­zember 1900 für die Zulassung zur Verwaltungs­dienstprüfung der Besitz des Nachweises über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-frei- willigen Militärdienst vorgeschrieben ist. Gesuche von

jungen Leuten, die trotz ihrer unzureichenden Schul­bildung in das Verwaltungsfach einzutreten beab­sichtigten, bezw. Gesuche von Angehörigen derselben, um Jnausstchtnahme der Dispensation von der Er­bringung des eben erwähnten Nachweises sind bisher rundweg abgelehnt worden und werden zweifellos auch für die Folge keine Aussicht auf Genehmigung haben. Daß aber ohne die Erstehung der Dienst. Prüfung an eine befriedigende Stellung im Ver- walrungsfach nicht zu denken ist, liegt auf der Hand. Es können deshalb die Angehörigen solcher junger Leute, die nicht im Besitze des Zeugnisses über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-frei- willigen Militärdienst sind, nicht eindringlich genug vor dem Eintritt ihrer Söhne etc. in das Verwaltungs­fach gewarnt werden, wenn sie dieselben nicht einer zweifelhaften Zukunft, die ihnen keine gesicherte Existenz zu bieien vermag, entgegengehen lassen wollen.

Kus StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Tein ach, 20. März. Nach langen Verhand- lungen ist es nunmehr dem Schwarzwaldoerein und dem Verschönerungsverein hier gelungen, durch Ge- ländeankauf einen direkten Weg von der Ruine Zavel- stein nach Teinach zu schaffen, sodaß nunmehr Be- sucher der Ruine ohne wieder rückwärts und durch das Städtchen Zavelstein zu müssen, über den Zwinger und die Schloßwiesen zum sogenannten Zickzackweg sofort nach Teinach gelangen können. Für den Quadratmeter Platz des 1,20 Meter breiten Wegs mußten 2 bezahlt werden. Zum Turmbesuch auf dem Zavelstein werden nunmehr Karten abgegeben. Das Publikum wird gebeten, stets bei der Bezahlung die entsprechende Eintrittskarte zu fordern und diese dann nicht zurückzugeben, sondern mitzunehmen oder zu vernichten. Die Krokus blüte ist schon sehr schön entwickelt und zieht täglich viele Fremde an. Der nächste Sonntag wird Wohl der Höhepunkt der Krokussaison werden.

Zu der Mitteilung aus Karlsruhe, Freudenstadt u. a. O. über die Meteorbewcgung vom Montag den 21. ds. Mts. wird uns noch folgendes aus Schömberg, diess. Oberamts geschrieben: Kurz vor */i9 Uhr gab der Himmel ein stark blitzartiges Wetterleuchten von sich, und gleich konnte man das Meteor von Süden nach Norden in nicht allzurascher Bewegung vor sich gehen sehen, eine schöne Regen- bogenfarbe mit sich führend. Ich und ein Freund Waren Augenzeuge von der Seltenheit, habe schon viele Sterne schießen und fallen sehen, aber ein so bedeutendes Zeichen habe ich doch noch nie gesehen. Es ist von Interesse, zu erfahren, ob noch an meh­reren Orten und weiterhin das seltsame Himmels­zeichen zu sehen war.

Pforzheim. Das Prachtvolle Meteor, das am Abend des 21. gegen viertel 9 Uhr beobachtet wurde, wurde auch hier von mehreren Leuten gesehen. Das Meteor sei ungemein heüleuchtend gewesen, habe in allen Farben geglüht und habe unter Zischen in der Richtung von Ost nach West sich bewegt. Auch von anderwärts kommen die gleichen Nachrichten. So von Maxau, 22. März. Gestern abend gegen viertel 9 Uhr bewegte sich in der Richtung Osten- Westen, ein selten schönes, sehr großes Meteor von ganz ungewöhnlicher Leuchtkraft in nicht allzu großer Höhe, einen stark zischenden Laut von sich gebend über Maxau, um in der Richtung Trifels zu ver- schwinden.

Pforzheim, 24. März. Am Montag vormittag stürzte sich ein 16 jähriges Lehrmädchen aus dem Fenster einer Fabrik im dritten Stock eines Hauses der Weiherstraße aus Furcht vor einer elterlichen Bestrafung. Es hatte sich unerlaubterweise von zu Hause entfernt, und machte, als der Vater in der Fabrik erschien, um nach dem Verbleib seiner Tochter zu forschen, einen Selbstmordversuch, der Dank glück­licher Umstände kaum lebensgefährlich sein wird, da das Mädchen erst auf das Dach einer Remise fiel, von da langsam abglitt und danach auf einen großen Kohlenhaufen ausschlug. Am Mittwoch nachmittag um l'/s Uhr ist in einem Hause am Marktplatz in einer im dritten Stock gelegenen Wäschekammer Feuer ausgebrochen, welches durch die Hausbewohner als­bald wieder gelöscht werden konnte. Von einem 9 Jahre alten Knaben, welcher in der dunklen Kammer nach Schlittschuhen suchte, dabei ein abgebranntes aber noch glühendes Zündhölzchen weggeworfen hatte, soll der Brand verursacht worden sein.

vei-mischies.

Eine juristische Kalendermerkwürdigkeit. ' Nach § 565 des B. G. B. muß bei Grundstücken und Wohnräumen (§ 580) die Kündigung des Met- Verhältnisses mangels einer besonderen vertraglrchen