Der EnztälLN
Anzeiger für das Enztal und Umgebung.
Amtsblatt iür Sen OberamtsbLzirk Nsuenbürg.
Neuenbürg, Freitag den 25. März 1904.
Erscheint
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RunSschau.
Der Kaiser hat das Seine getan, daß die Militärkapellen den Zivilmusikern keine „Schleuderkonkurrenz" machen. Die Militärkapellen sind angewiesen worden, sich an den Mindesttarif der Zivilmusiker zu Hallen.
In der Entfestigungsfrage von Mainz gab Kaiser Wilhelm aus Gibraltar, vom 18. März datierend, folgende Entscheidung: „Es werden aufgelassen die Stadtumwallung vom Kastell mit den Lünetten Frankfurt und Wiesbaden, sowie die Nordwestfront von Mainz, von dem unteren Rheinanschluß bis zum Mombacher Tor." Anläßlich dieser Nachricht tragen die städtischen Gebäude Flaggenschmuck.
Neapel, 24. März. Der Dampfer des Nordd. Lloyd „König Albert" mit dem deutschen Kaiser an Bord ist heute morgen unt 9^4 Uhr hier eingetroffen, begrüßt von dem Salut des hier ankernden italienischen Geschwaders und dem Hurra der Mannschaften.
Berlin, 24. März Die Kaiserin empfing mittags im Beisein des Generalobersten Hahnke die nach Südwestafrika gehenden Offiziere und Sanitätsoffiziere.
Berlin, 23. März. Eine Extranummer des Kolonialblattes bringt einen ausführlichen Bericht des kaiserlichen Gouverneurs in Windhuk vom 20. Jan. und 8 . Febr. über die Entstehung und den Verlauf des Hereroaufstandes.
Berlin, 23. März. Der amtliche Gouvernementsbericht vom 29. Januar des Stellvertreters des Gouverneurs neigt der Ansicht zu, daß der Aufstand auf die seit längerem unter den Hereros herrschende Gährung zurückzuführen sei, die größtenteils durch das vielfach gewalttätige Auftreten der Wanderhändler beim Eintreiben von Forderungen hervorgerufen wurde. Die Ermordungen geschahen zum Teil mit viehischer Grausamkeit unter Verstümmelung der Leichname. Am 25. Januar fingen die Hereros einen Fußboten des Gouvernements mit einem Telegramm an die Kolonialabteilung über die damalige Lage ab.
Prinz Heinrich von Preußen hat sich an die Spitze eines Zweig-Hilfskomitees für Südwestafrika gestellt, welches in Kiel gebildet wurde. Weitere Zweigkomitees sind angesichts der Notwendigkeit schneller Hilfeleistung in der Bildung begriffen.
Berlin. 24. März. Das Zentralhilfskomitee für die deutschen Ansiedler in Südwestafrika erhielt nachstehendes Antworttelegramm: „80000 ^ auf die Bezirksämter verteilt; weiterer Bedarf liegt vor. Leutwein." Das Kommitee war in der Lage, weitere 20000 -/A für die Ansiedler und deren Hinterbliebene telegraphisch zu überweisen.
An den 21 Universitäten des Deutschen Reiches sind im laufenden Wintersemester 36901 Studierende immatrikuliert, gegen 37 536 im letzten Sommersemester und 36 226 im Winter 1902/1903.
Den badischen Staatsbahnen brachte der Februar im Personenverkehr 211,210 ^ mehr als Februar 1903, beim Güterverkehr sogar 297,040 Mark mehr.
Der sozialdemokratische Versuch, den 1 Mai als Weltfeiertag der Arbeiter oder vielmehr der Sozialdemokratie der bürgerlichen Gesellschaft aufzuzwingen, ist trotz aller Großsprechereien und Anstrengungen der „Genossen" längst als verunglückt erwiesen. Schon seit Jahren ist die Parole unbedingter Arbeitseinstellung dahin abgeschwächt worden, daß nur dort nicht gearbeitet werden solle, wo das ohne Kämpfe und schlimme Folgen möglich sei. In diesem Jahre wollen die Berliner „Genossen" die Maifeier ausfallen lassen, weil der 1. Mai auf einen Sonntag fällt. Man würde wohl trotz des Sonntags ganz gern eine Feier veranstalten, aber man fürchtet offenbar, daß die Sache „nicht mehr ziehe" und daß man sich durch eine zu geringe Beteiligung blamieren
werde. Vielleicht entschließt man sich, den 1. Mai j auf den 1. April zu verlegen. >
Frankfurt a. M, 22 . März. Zur Vermehrung s der Feuersicherheit des Opernhauses beantragt jetzt der Magistrat außer baulichen Veränderungen die Einführung der elektrischen Beleuchtung, was 400000 kostet.
Frankfurt. Montag früh bei Tagesanbruch wurden Bruno Groß und Friedrich Stafforst ans Grab von Hermann Lichten st ein gebracht und zwar einzeln. Jeder wurde von 3 Kriminalbeamten geleitet. Vielleicht erwartete man weitere Geständnisse. Die beiden sollen aber keine Spur von Erregung gezeigt haben, namentlich Groß, dessen Willenskraft immer noch nicht gebrochen ist. Er setzt sein Leugnungssystem fort, um sich so viel als möglich zu entlasten.
Biebrich. 22. März. In der Nacht auf Montag entstand an einer Straßenecke ein Zusammenstoß zwischen Zivil- und Militärpersonen, bei welchem einem Sergeanten das Seitengewehr entrissen und ihm damit so schwere Kopfwunden beigebracht wurden, daß er Aufnahme im Garnisonslazarett finden mußte.
Karlsruhe, 22. März. Das dem badischen Frauenverein gehörige Kindersoolbad in Dürrheim wird am 16. Mai eröffnet werden.
Achern, 22 . März Der Bürgerausschuß beschloß einstimmig die Erbauung einer neuen Realschule im Anschlag von 168000 an der eben- falls neu anzulegenden Kaiser Wilhelmstraße. Weiter wurde ein Anbau an das Volksschulgebäude im Anschlag von 54000 genehmigt.
Landau (Pfalz), 21 . März. Bor der hiesigen Strafkammer spielte sich heute wieder ein großer Weinfälscherprozeß ab. Angeklagt waren wegen Weinfälschung der Weinhündler Max Emanuel Runkel, dessen Sohn Abraham genannt Arthur Runkel, Kaufmann, ferner wegen Beihilfe Kaufmann August Wider, Inhaber der Firma Georg Martin, und Kaufmann Sigmund Weiß. Das Urteil lautete, dem „Land. Anz." zufolge, gegen Runkel sen. auf 14 Tage Gefängnis und 3000 -/L. Geldstrafe oder weitere 300 Tage Gefängnis, gegen Wider auf 3000 Geldstrafe oder 300 Tage Gefängnis, gegen Runkel jun und Weiß auf Freisprechung.
Zeinheim (Kr. Zabern), 23. März. Auch hier wurde vorgestern Abend kurz nach 7 ^/s Uhr ein Meteor bemerkt, welches sich in nordöstlicher Richtung fortbewegte. Es erleuchtete bei seinem langsamen Hingang über unseren Ort einen Teil der Kirche tageshell. Auffallend war der etwa zwei Meter lange Schweif des Meteors, an dessen Erscheinen man hier, wie das ja immer noch auf dem Lande üblich ist, sofort allerlei Vermutungen über Kriege, Unglücksfälle, Ernteausfall u. s. w. knüpfte.
Aus Kurhessen, 23. März. Ein Meteor von wunderbar herrlicher Farbe und hervorragender Leuchtkraft ist Montag abend nach 8 Uhr in einer großen Anzahl Orte in Hessen-Nassau von Spaziergängern beobachtet worden. Es flog unter lautem Zischgeräusch von Osten nach Westen, hatte einen langen Schweif und hinterließ einen rötlich-grünen Schein. Das Meteor glich einem großen Feuerball, hatte unregelmäßige Form und war etwa 10—12 Sekunden sichtbar. Die seltene Naturerscheinung wurde in Kassel, Frankfurt a. M., Marburg, Fulda, Ems und an anderen Orten gesehen.
Samstag nachts wurde im Uhrengeschäft Holler in Dresden eingebrochen und für 8000 Ware gestohlen. Die Täter sind unbekannt.
Bei München wurden in einem Nebenbache der Isar die Leichen zweier Mädchen im Alter von etwa 10—II Jahren gefunden. Die Leichen waren gut gekleidet; sie zeigen keinerlei Verletzungen. Ob ein Verbrechen oder ein Unalücksfall vorlieat, ist noch nicht bekannt.
Paris, 23. März. Die Strafkammer des Kassationshofs hat gestern in der Revisionsangelegen.
dir 5§os?a!tsnr Zeit: od. deren Raum 10^; beiAuskunfterteilung durch die Erped. 12 Reklamen die 3gesp. Zeile 25-f.
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Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adresse: „Lnztäler, Neuenbürg".
63. Jahrgang.
heit des Driyfusprozesses als ersten Zeugen den General Gonse über die von Oberst Henry gefälschten Rechnungen vernommen, durch die die dem früheren spanischen Militärattache Valcarlos gezahlten Beträge verheimlicht werden sollten. Gonse, dessen Verhör von 1 — 6^2 Uhr dauerte, erklärte u. a, daß er eine richtige Rechnungslegung für die aus dem geheimen Fonds verausgabten Beträge nicht aufstellen könne.
Aus der Schweiz. Infolge der Störungen der geschäftlichen Beziehungen mit Rußland wurden in den Maschinen- und Eisenfabriken in Uzwyl zahlreiche Arbeiterentlassungen vorgenommen.
Drontheim, 23. März. Bei Oexnees ist bei dem heutigen Sturm ein Boot untergegangen. Die aus 25 Mann bestehende Besatzung ertrank. Ein Haus, worin sich 3 Personen befanden, wurde ins Meer geschleudert. Die Insassen ertranken. Durch Schneesturm wurde ein Haus, in dem sich mehrere Kinder befanden, zertrümmert. Ein Kind wurde getötet, die anderen kamen mit dem Leben davon.
Der russisch-japanische Krieg.
Petersburg, 23. März. Wie der Zeitung „Rossia" telegraphiert wird, vollzieht sich der Ueber» gang der Truppen über den Baikalsee in bester Ordnung. Das für Ostasien nötige rollende Material wird vollständig über den Baikal geschafft. Die letzte Lokomotive ist gestern auf das jenseitige Ufer befördert worden. Der Verkehrsminister, der bisher alles Persönlich geleitet hat, wird von dort in den nächsten Tagen abreisen.
Die Kaiserin von Rußland soll für die im fernen Osten stehenden Soldaten eine Osterüberraschung in Aussicht genommen haben: nämlich für jeden eine Blechbüchse, in der sich außer einigen Delikatessen, Cigaretten und ein vollständiges Näh- zeug befinden. — Kaiser Nikolaus von Rußland selbst soll, wie das Bureau Reuter aus angeblich zuverlässiger Quelle erfährt, die Absicht haben, sich im Monat August auf den Kriegsschauplatz zu begeben.
Die japanische Regierung hat bei der Faßfabrik Klein in Schiltigheim-Straßburg 50000 eichene Pulverfäßchen bestellt. Wenn diese Fäßchen binnen Monatsfrist hergestellt sind, so werden die Fäßchen floßarlig zusammengebaut. Dieses Floß wird dann von der Rheinschleuße aus rheinabwärts geführt und fährt bis nach Rotterdam. Dort werden die Fäßchen in einen Ozeandampfer geladen, welcher sie an ihren Bestimmungsort bringt.
Württemberg.
Die Kommission der Kammer der Abge» ordneten ist nun mit einem Hauptteil des Gemeindeverwaltungsreformentwurfs fertig. Nun soll auch die Reform der Bezirksverwaltung' an die Reihe kommen, die wiederum eine große Anzahl von Sitz- ungen erfordern wird. Was wir schon vor geraumer Zeit an dieser Stelle ausgcführt haben, daß es immer unwahrscheinlicher werde, daß die württem- belgische Ständeversammlung in diesem Frühjahr einberufen wird, ist nunmehr auch von anderer Seite behauptet, von dritter dagegen wieder etwas an- gezweifelt worden.
Stuttgart, 22 . März. Bezirksordnungs- kommission. Art. 8 handelt von der Prüfung der Gemeinde- und Stiftungsrechnungen. Diese wird hier ausgeschaltet und die Regelung der Gemeinde- ordnung überlassen. Nach Ausscheidung dieser Frage lautet Art. 8 nur noch : Zur Besorgung der Kanzleigeschäfte wird dem Oberamt die nötige Zahl von Kanzleibeamten beigegebcn. Der Berichterstatter will einen Art. 8 g. einschalten, der lautet: „Die Ein- richtung und Erhaltung der Bezirksgefängnisse, sowie der Verpflegung der Gefangenen liegt dem Staat ob," wogegen auch die vom Oberamt erkannten Geldstrafen in die Staatskasse fließen. Dieser Vorschlag wird als Art. 11 u angenommen. Infolge davon gehen die Oberamtsgefängnisse, welche seither