Ohne Furcht und Tadel.

Erzählung von Lucie Adcker.

32^ (Nachdruck verboten.)

In Schloß Falkenwalde herrschte vollkommene Ruhe, aber Maximilian v. Durand hatte von seinem Fenster aus die Bauern kommen sehen.Sei, Gott, in Gnaden mein Erbarmer und, schlagen sie mich tot, meiner alten Mutter ein milder Tröster," betete er still.

Dann trat er mit männlich festem Schritt dem Haufen auf der Rampe seines Schlosses entgegen, die Eingangstür zu der großen Halle hinter sich offen lassend. Dort stand, hinter der Tür versteckt, ein Säbel, er wollte sich nicht wehrlos löten lassen, sondern sterben wie ein Mann, ohne Furcht und Tadel!

Mit scharfem Auge überblickte er den Trupp und atmete erleichtert auf, als er den Dorfschulzen unter den Männern erblickte. Er wird wenigstens ver­suchen, den Mord zu verhindern, dachte er. Ruhig fragte er dann:Was wollt ihr, Leute?"

Graumann wollte sprechen, aber ungestüm stieß ihn der Schmied zur Seite und sprang auf die Rampe, so daß er dicht vor dem Baron stand.Dich zur Rechenschaft ziehen!" rief er, und die scharf- geschliffene Senke blitzte hell in der Frühlingssonne. Fragt!" entgegnete Durand mit eisiger Kälte. Graumann begann in ruhigem, angemessenem Ton seine Erkundigungen, aber wieder unterbrach ihn der Schmied.Wozu alle die Reden!" rief er rauh. Ich will fragen! Und nun gestehe! Wo hast Du den Preußischen Offizier gelassen, der spät am Abend verwundet in Dein Haus kam? Rede!"Ich habe ihn gepflegt, und als (er geheilt war, brachte ihn Kaschle zu einem Verwandten nach Thorn!" ant­wortete Durand stolz.

Laute Rufe ertönten aus der sich unten drängen, den Menge.Das ist nicht wahr!" erklang es.Er hat ihn umgebracht. Wo ist Kaschke? Warum ist er entflohen? Auch er soll uns Rede stehen! Wir werden ihn schon zu finden wissen!" schrie der Pöbel wild durcheinander.

Du lügst, Du Hund!" schrie auch der Schmied und drang wild auf ihn ein. Graumann warf sich dazwischen.Bist Du denn toll, Lauckner? wie kannst Du so mit Herrn v. Durand sprechen!"

Ich lüge nicht!" antwortete nun der Baron, ohne mit einer Wimper zu zucken.Habe ich euch je belogen?"

Der Wütende stutzte einen Augenblick, dann sagte er etwas ruhiger:Nein, das nicht, aber getäuscht hast Du uns immer. Du sagtest nie, was Du in der Stille tatest."

Ich war euch über meine Talen keine Rechen­schaft schuldig."

Wieder rief Petereit von unten:Die Sei- nitzkas, die sonst doch seine Freunde waren, haben es mir selbst gesagt, daß er den Preußen ermordet hat. Der Franzose wurde auf das kostbarste ge­pflegt und der Preuße, der eigene Landsmann erschlagen!"

Der Schmied wurde kreideweiß vor Wut.Jetzt frage ich Dich noch einmal, wo Haft Du den Preußen gelassen? Es hat ihn niemand wieder­gesehen!"

Ich sagte es Dir schon!" entgegnete der Baron ruhig.Kaschke brachte ihn geheilt nach Thorn und Herr v. Brandenstein ist jetzt wieder bei der Armee."

Bei der großen Armee droben, bei den himm­lischen Heerscharen!" schr^ der Schneider mit gellen- dem Lachen.

Aufs neue versuchte Lauckner, auf den Baron einzudringen, Graumann hielt ihn nur mit äußerster Mühe noch zurück, die anderen standen regungslos; cs überfiel sie doch ein Grauen. Lauckner, von dem Schulzen fortgestoßen, stemmte den Stiel seiner Sense auf die Erde, und seine Augen funkelten, wie die eines Panters.Noch eine Frage," sagte er heißer,ehe ich ein Ende mache: ist dieser Herr von Brandenstein, wie Du ihn nennst, wirklich der Offi­zier, der Dir im Duell die Hand abgeschossen hat?"

Das Blut sauste Durand in den Schläfen. Jetzt fühlte er sich verloren! Also auch das hatten sie erfahren; aber zu stolz, um zu lügen, antwortete er fest und männlich:Ja!"

Ein entsetzliches Murmeln drang durch die Menge. Dann allerdings!Hundsfott!" schrie der Schmied mit wutgrollenden Augen,jetzt ge­stehe! An welcher Stelle Deines Parkes hast Du die Leiche verscharrt? Wir wollen ihn wenigstens christlich und mit Ehren begraben, wie Du die Franzosen begräbst!"

Er lebt!" erwiderte Durand, ohne zu zittern, obgleich ihm die scharfe Spitze der Sense, die der Wütende auf seine Brust gesetzt hatte, schon durch die Kleider drang.

Um Gottes Willen, Lauckner!" schrie Grau- mann auf und versuchte, die Todeswaffe zur Seite zu schieben.

Weg da!" schrie der Schmied und stieß den kräftigen Mann zurück, daß er beinahe zur Erde stürzte.Gestehe, oder, bei Gott, ich stoße Dich auf der Stelle nieder!"

Ich habe Dir nichts zu gestehen!"

So sprich Dein letztes Stoßgebetlein. Eins Zwei" Weiter kam er nicht, denn ein Offizicrs- degen sauste von oben herab mit solcher Wucht auf die Sense, daß der Stiel brach, und die gefährliche Waffe im Bogen über die Köpfe der Untenstehenden flog. Gänzlich verblüfft blickte der Schmied erst auf den zerschlagenen Stumpf in seiner Hand und dann in die Höhe; neben dem Baron stand ein stattlicher Offizier in voller Preußischer Uniform, den linken Arm hatte er schützend um den Nacken des Be- drohten gelegt, die Rechte schwang den scharfen Säbel, der die Waffe des Schmiedes zertrümmert hatte. Hinter dem Fremden, den niemand kannte, stand Kaschke, umgeben von bewaffneten preußischen Soldaten.

Durand lehnte müde das Haupt an die Schulter des Freundes.Es war Zeit, daß Du kamst!" murmelte er.

Liebevoll drückte ihn Brandenstein an seine Brust, dann rief er mit weithin schallender Stimme: Dankt Gott, ihr unvernünftigen Menschen, daß er euch durch mein Erscheinen noch zur rechten Zeit daran verhinderte, einen grauenhaften Mord an einem der edelsten Männer im ganzen Lande zu begehen! Ihr klagt den Baron Maximilian v. Durand an, einen heimlichen, schmählichen Mord an einem Preußischen Offizier begangen zu haben, der. schwer verwundet, vor den französischen Reitern bei ihm Schutz suchte. Wohlan! ich, Kurt v. Brandenstein, bin jener Offizier, der verwundet spät abends am Schloßtor von Falkenwalde auf der Dorfstraße lag, und den Baron v. Durand aufnahm, liebevoll Pflegte und in einem geheimen Versteck mit Gefahr des eigenen Lebens vor den französischen Spürhunden verbarg. Ich habe mein Leben nur Max v. Durand zu verdanken, obgleich ich es war, der ihm in jenem unglückseligen Duell die rechte Hand abschoß. Er rächte sich nur durch Wohltaten, die er mir erwies, und sein getreuer Förster Kaschke brachte mich sicher nach Thorn zu meinen Verwandten. Auch ihm danke ich noch öffentlich hier an dieser Stelle. Und" fuhr Herr v. Brandenftein in steigender Er­regung und Begeisterung fort,so wie ich die einzige, linke Hand dieses teuren Mannes an meine Lippen führe, um ihm zu danken, so dankt ihm auch sein König, der jetzt ein Ehrenzeichen für jeden treuen Patrioten geschaffen hat, das eiserne Kreuz, diese Auszeichnung, die nur den Würdigsten zu teil wird. Einer der Ersten und Würdigsten aber bist Du, Maximilian v. Durand, und Dein König schickt Dir hier durch mich das Eiserne Kreuz!"

Mit einigen raschen Griffen befestigte Branden­stein das schlichte Ehrenzeichen auf der Brust des Barons, dann rief er die Soldaten Heran, und diese präsentierten vor Durand das Gewehr, eine Ehren­bezeugung, die ja sonst nur dem Offizier zu teil wird.

Graumann entblößte ehrerbietig das Haupt, die anderen folgten unwillkürlich seinem Beispiel.

Hurra! Der Herr Baron v. Durand!" jubelte Kaschke, während ihm die Freudentränen in den Bart rannen, mit donnerndem Hurra antworteten die Soldaten und stießen klirrend die Gewehrkolben auf dem Steinfußboden der Halle auf.

Und nun," wandte sich Brandenftein, der den noch immer halb betäubten Freund umschlungen hielt, an Kaschke,jetzt zeigt, was euer edler Herr in der Stille für das Vaterland getan hat."

Wie der Blitz verschwand der Förster, die Sol- daten folgten. Im Turm des Schlosses hörte man gleich darauf ein Krachen, wie von Beilhieben , die geheime Tür wurde erbrochen, und die Männer schleppten alle die sorgsam aufgespeicherten Waffen in die Halle herab.

Kaschke warf einen Posten Gewehre, so viel er hatte, tragen können, zu Boden.

Heran!" rief er mit weithin tönender Stimme, wer in den heiligen Kampf für das Vaterland ziehen will, gegen die Franzosen! Diese Waffen schenkt der Baron v. Durand allen braven Kämpfern. Auch die französische Kanone auf dem Schloßhof geht mit, um nun gegen die Franzosen selbst ge­richtet zu werden!"

Redaktion, Druck und Verlag von L. Meeh in Neuenbürg.

Erstaunt drängten sich die Bauern herzu, um den für diese Zeit geradezu unermeßlichen Schatz zu besehen, der Schneider Petereit murmelte einige un­deutliche Worte, drängte sich durch die Menge und verschwand. (Fortsetzung folgt.)

vermischtes.

(Eine interessante Charakteristik der Japaner) findet sich in einem soeben bei Gundert in Calw erschienenen,Japan und das Christentum" betitelten Buch von Pfarrer Munzinger-Zweibrücken, der früher 6 Jahre als Missionar in Japan tätig war. Die Licht- und Schattenseiteu der Japaner treten gerade in neuester Zeit überraschend zu Tage, und wenn nicht alles trügt, so meint der Verfasser, wird die Welt des Abendlandes in der Zukunft mit Japan als einer gewaltigen, geistigen, wirtschaftlichen und Politischen Macht zu rechnen haben. Seit 1889 flr Japan eine konstitutionelle Monarchie mit einer nach preußischem Muster zugeschnittenen Verfassung. So ausgebildet die sozialen und patriotischen Tugenden der Japaner sind, so wenig durchgebildet ist ihr Charakter. Lüge. Verstellung, Unreellität, ein ausge- prägt sanguinisches Temperament, eine sprunghafte, impulsive Art, dabei Eitelkeit, Oberflächlichkeit und Aufgeblasenheit kennzeichnen sie ebenso, wie realistische Anlage, scharfe Sinne, geschickte Hände und sichere Auffassungsgabe. Spielend eignen sie sich mit ihrem vortrefflichen Gedächtnis fremde Sprachen an, aber überall fällt der Mangel an Originalität auf. Scharf, sinnig, aber nicht tiefsinnig ist der Japaner, vor allem in den empirischen Wissenschaften. Für das Aesthetische hat er viel Sinn, die Kunst verbindet sich überall mit dem Handwerk, doch sind die Gegen­stände japanischer Malerei fast ausschließlich aus der Natur, aus Flora und Fauna genommen. Im Jahre 1876 wurden die bis dahin bestehenden Gesetze gegen das Christentum aufgehoben und der Sonntag als Ruhetag für die Beamtenschaft, die Schulen und das Militär eingeführt. Seitdem hat das Christentum in Japan große Fortschritte gemacht. Die Gesamt­zahl der japanischen Christen betrug im Jahr 1902 im ganzen 129 134 Seelen und zwar 55824 römische Katholiken, 46 634 Protestanten und 26 600 griechische Katholiken, 1902 gab es 456 organisierte evangelische Gemeinden, wovon wenigstens 80 finanziell selbständig und von der Mission unabhängig sind. Tokio allein hat gegen 15000 Christen, darunter den Kabinetts­minister Graf Aoki, Mitglied der deutsch-evangel. Ge­meinde, 2 Richter am Reichsgericht, 2 oder 3 Vize­staatsminister, verschiedene Apellatiousräte, 13 Mit­glieder im Reichstag und im Heere etwa 155 Ossi- ziere oder 3°/o des gesamten Offizierkorps. Zwei große Schlachtschiffe stehen unter dem Kommando christlicher Kapitäne. Auf den Universitäten und höheren Regierungsschulen findet man Christen in unverhältnismäßig großer Zahl. Drei Tageszeitungen in Tokio sind von christlichen Männern geleitet, eben­so verschiedene Wohltätigkeils- und Armenanstalten.

(Sichere Rechnung) Ein niedliches Pröbchen vom Humor in der Schule teilt ein rheinisches Blatt mit: In der Schule zu Tiefenbroich wurde in der Rechenstunde der zwölfjährige Försterssohn gefragt: Sag 'mal, wenn auf einem Dache 376 Spatzen sitzen, und der Jäger schießt 22 herunter, wie viel sind dann noch da ?" Der Junge antwortete schlag, fertig:Keine, die anderen fliegen weg."

sDruckfehlerteufel j Se. Exellenz beabsichtigte ein­gehend das neuerbaute Mädchenpensionat fand jedoch an den Gänsen noch manches auszusetzen. Der Beklagte wurde zur Rückgabe des ge­samten, widerrechtlich vorenthaltenen Mobiliars und zur Tragung sämtlicher Kisten verurteilt.

sVorsorglich s Feiteles:Gott, der Maier hat D'r geheißen ä schmutzigen Menschen, was wirst De nun tun?" Jeiteles:Werd' ich erst nehmen ä Bad und ihn dann verklagen, wird ihm nex gelingen der Wahrheitsbeweis!"

Anagramm.

1 2 3 4 5.

bekannt als schöne Stadt im Schweizer-

land.

1234...

ist Dir verwandt.

5214...

erquickend winkt.

3 2 5 1 4 .

Labung bringt.

4512...

im Mittelmeere.

4532...

wird manche genannt.

2145...

ein Frommer, der getötet ward von

Bruderhand.

Auflösung der zweisilbigen Charade in Nr. 43.

^ Meerschaum.

Richtig gelöst von Hilda Meeh in Neuenbürg, Friedrich Kusierer in Schwarzenberg, Gustav Seuser in Obernhausen.