Mehring in seiner BroschüreMeine Rechtfertigung" gegen mich und andere Genossen anwendet." Wenn die Herren, PardonGenossen", sich gegen­seitig mit solcher Jauche begießen, so dürfen die- jenigen sich nicht mehr beklagen, die, außerhalb der Sozialdemokratie stehend, mitunter auch einmal einen Tropfen solchen Oeles zu verspüren haben.

Schweninger über BiSmarck. In einer Festnummer desNeuen Wiener Journals", die zur Feier des zehnjährigen Bestehens dieser Zeitung herausgegeben wurde, findet sich unter anderen Bei­trägen ein Aufsatz Schweningers über Bismarck. Eine Stelle aus diesen Erinnerungen lautet nach dem Berl. Tagebl." folgendermaßen:Als Arzt des Fürsten Bismarck hatte ich oft und oft Gelegenheit, zu sehen, mit welch rührender Liebe das Volk an ihm hing. Nach Tausenden zählen die Briefe von Laien und Personen, die aus nah und fern, häufig auch aus überseeischen Ländern mit wohlgemeinten Rat­schlägen wegen der Behandlung des Fürsten an ihn oder an mich kamen. Von diesen Einsendungen wäre viel zu erzählen, doch will ich nur zwei Fälle ansühren, die den Fürsten herzlich lachen machten. Hoffentlich teilt der Leser die Heiterkeit, trotzdem die Sache nicht sehr appetitlich ist. Der Fürst war an Gelbsucht erkrankt. Die Zeitungen berichteten über die Erkrankung Bismarcks, die Konversations-Lexika wurden ab- geschriebeu, um die Leser über das Wesen der Krankheit zu unterrichten. Von allen Seiten regnete es Vor- schlüge und Ratschläge, wie dem Nebel am besten beizukommen wäre, Ratschläge, die oft gut gemeint waren, deren Befolgung aber, wie man bald sehen Wird, nicht gut empfohlen werden konnte. Ein Bäuerlein empfahl dem Fürsten allen Ernstes, drei lebendige Kleiderläuse zu verzehren, für deren Einsendung, wenn erwünscht, er sich erheischig macht. Dem Manne wurde abgewinkt. Ein anderer schrieb, man solle dem Fürsten, ohne daß er es wisse, wenn er im Schlafe liege, ^tinen lebendigen Aal auf die Leber binden. Der Erfolg würde staunenerregend sein. Der Aal würde die Gelbsucht bekommen, indessen unser allverehrter Herr Fürst Bismarck sehr bald von dem Leiden erlöst sein wird." Der Fürst lachte herzlich auf, als ihm der Brief vorgelesen wurde und meinte, er möchte niemanden raten, ihm einen Aal auf die Leber zu binden. Wie zart und aufmerffam für Bismarcks leibliches Wohl man unter Umständen jenseits der Vogesen sein konnte, bewies ein Vorfall, der uns in nicht geringen Schrecken versetzte. In Marseille herrschte die Cholera. Eines Tages traf ein Paket mit dem Poststempel Marseille in Friedrichsruh ein. Es wurde geöffnet und ein stark beschmutztes Tuch kam zum Vorschein. Man untersuchte es und fand, daß das Tuch vor der Absendung in Cholera­abgängen getaucht worden war. Der feindliche Absender hatte erwartet, auf solche Weise den Fürsten und seine Anhänger zu vernichten. Der Cholera­bazillus sollte vollführen, was die zum Himmel gesandten Stoßgebete nicht vermocht hatten. Als Fürst Bismarck von dieser Sendung erfuhr, nahm er sie gleichfalls launig auf und verlachte uns. weil wir sie eine zeitlang vor ihm geheim gehalten hatten.

Einen dem Prozeß Dippold in gewissem Sinne

ting, als habest Du mit der Mattigkeit zu kämpfen, die ich in mir fühle."

Sie fuhr auf.Wer zwingt Dich denn zu einem regelmäßigen Aufgeben Deiner Nachtruhe," fragte sie kurz und unfreundlich.

Wer?" Ein grenzenloses Erstaunen lag auf seinem Gesicht.Ich dächte, diese Frage hättest Du Dir allein beantworten können. Mein Beruf und mein Pflichtgefühl tun es, und Du tätest gut, Dich als meine künftige Lebensgefährtin mit diesen beiden bekannt zu machen!"

Ist bereits geschehen, mein Lieber! Trotzdem beharre ich auf meiner Ansicht. Jeder ist sich selbst und danach den Leuten, die ihm wert sind, der Nächste. Zuletzt reihen sich die Fremden, die Kranken an, wenn Du Deinen Lebenszweck lediglich in Nachtfahrten und Uebellaunigkeiten am Hellen Tage siehst, dann bedaure ich Deine zukünftige Hälfte, also mich, von Herzen."

Hm," machte er nur und sah sie sarkastisch an^ Ihre Erregung wurde unter seinem spöttischen Blick nur noch größer.

Was habe ich von Dir, von der Zeit unseres Brautstandes, nichts," fuhr sie bitter fort.Habe ich Lust zum Vorlesen, mußt Du den alten Lehmann oder den jungen Müller notgedrungen besuchen, möchte ich tanzen, gibst Du vor, zum Umfallen er- schöpft zu sein, und so geht es weiter."

Herta!" hart und befehlend klang plötzlich seine Stimme in ihren Wortschwall hinein.Ich ver­biete Dir, in solchem Tone mit mir zu sprechen.

psychologisch ähnlichen Fall teilt Max Nordau in seinem BucheEntartung" mit:Im Herbst 1884 starb in einem schweizerischen Gefängnis die Massen­mörderin Marie Jeaneret. Nach einer guten Erziehung hatte sie sich der Krankenpflege gewidmet, nicht im Drang eines wohltätigen Gemütes, sondern zur Be­friedigung einer wahnsinnigen Leidenschaft. Die Schmerzen, das Stöhnen und die Gesichtsverzerrungen der Kranken bereiteten ihr geheime Wohllust. Auf den Knien und mit Tränen bat sie Aerzte, gefährlichen Operationen beiwohnen zu dürfen!, um ihr Gelüste stillen zu können. Der Todeskampf eines Menschen bot ihr den höchsten Genuß. Unter dem Vorwände einer Augenkrankheit hatte sie sich Belladonna und andere Gifte zu verschaffen gewußt, um Menschen zu töten und dem Sterben beizuwohnen. Ihr erstes Opfer war ihre Freundin, andere folgten, ohne daß die Aerzte, denen sie sich als Pflegerin empfahl, Verdacht schöpften, zumal sie die Städte ihres Wirkens häufig wechselte. Ein vereitelter Versuch in Wien führte zur Entdeckung; sie hatte nicht weniger als neun Menschen vergiftet, fühlte aber darüber weder Reue noch Scham. Im Gefängnis war ihr eifrigster Wunsch schwer zu erkranken, um sich an den eigenen Gesichtsverzerrungen im Spiegel weiden zu können." Dieser Fall Jeaneret wird auch von Krafft-Ebing (Lehrbuch der gerichtlichen Psychopathologie) angeführt. Für die Erziehung wichtig sind folgende dem Lehrbuch entnommene Kennzeichnungen solcher seelisch Kranken: Der grausame Schwachsinnige ist raffiniert in seinen Verfolgungen und zwar bewußt Er liebt es, leiden zu sehen. Er schindet einen lebenden Vogel, lacht, wenn er ihn schreien hört und zappeln sieht. Er reißt einem Frosch die Beine aus, sieht einen Augenblick zu, wie er sich quält, dann zermalmt er ihn plötzlich. Der Schwachsinnige ist gegen Menschen ebenso grausam, wie gegen Tiere, selbst in seinen Schmerzen. Er lacht boshaft und spottet über einen Kameraden, der zum Krüppel wird."

Wien, 28. Okt. In Allerheiligen (Untersteiermark) sind drei Personen infolge des Genusses von ver­dorbenem Fleisch, das der Fleischbeschauer zum Genüsse freigegeben hatte, schwer erkrankt. Weitere Erkrank­ungen sind zu erwarten.

Am Ufer eines Bachs beim Dorfe Staro- Garewaja im Kreise Perm am Wcstabhang des Ural haben Bauern abermals Teile des Skeletts eines ungewöhnlich großen Mammuts gefunden.

(Haarernte) findet im Oktober in Frankreich statt. Die Händler beziehen die Märkte und suchen die jungen Mädchen zu bereden, sich von ihren schönen Zöpfen zu trennen. In verschiedenen Distrikten kultivieren die Mädchen ihr Haar derartig, daß sie es alle drei Jahre zur Schnittreife bringen. Das Haar der normannischen Frauen ist weitaus das schönste, in der Bretagne ist es am gröbsten, und in Limoges gibt es das schönste Lockenhaar. Im Norden Frankreichs ist das Haar am wenigsten schön, da es durch die Seeluft gebleicht ist, während es in den Berggegenden dunkel und lockig ist. Bedeutende Abnehmer sind die Amerikaner. Der Haarumsatz Frankreichs beläuft sich alljährlich auf 5 Millionen

Heute ist die Gelegenheit gekommen, wo ich unser zukünftiges Verhältnis klären möchte. Ich habe Dich sehr, sehr lieb; aber ich verbiete mir danach jede Kritik an meinem Tun und Lassen!"

Sie lachte hell auf.Mit welchem Recht, Max?"

Mit dem Recht, das in dem uralten Wort liegt: ,Er soll dein Herr sein' und das Dr. Martin Luther in seiner weisen Milde zu seiner Katarina dahin abschwächte, .ich lasse dir dein Recht un­beschadet meinem Rechte'. Verstehst Du mich, Herta, niemals werde ich mich in Deine häuslichen Angelegenheiten mischen und Du nicht in meinen Beruf, wenn Du mir nicht als helfende Kraft zur Seite stehen willst."

Sie war dunkelrot geworden und entgegnete hart:Noch bin ich Herr meines Willens und meiner Entschlüsse und hoffe, es auch in Zukunft unbeschränkt zu bleiben. Zur Sklavin fehlen mir Geschmack und Veranlagung! Du bist in der Kultur zurück, Max! Wir sind nicht mehr das alte Geschlecht, das dienen und nachgeben will! Wir sind zu Persönlichkeiten geworden, die einen eigenen Willen und ein eigenes Herrendasein durchführen können, das Ihr respektieren müßt."

Soll ich dann vielleicht Dein Sklave sein, Herta?"

Sie zuckt die Achseln. Seine Geduld ist er­schöpft. Die Nerven sind bis aufs äußerste durch das Fehlen der Nachtruhe angegriffen, und sein Herz, das sich so sehr nach dieser Morgenstunde sehnte, wird hart und kalt. Ein gutes Wort aus

Franks. Deutschland liefert alljährlich viele Tonnen blonden Haares.

(Eine EhrenreMng des Schweines.) Wie die sprichwörtlich als dummer Vogel verschriene Gans in Wahrheit einer der allerintelligentesten sein dürfte, ist auch unser Hausschwein völlig mit Unrecht als stupide verrufen. Man braucht sich nur einmal ab­gerichtete Schweine aufmerksam anzusehen, so wird man leicht gewahren, daß es sich bei ihnen keineswegs um bloße Dressur handelt, sondern daß sie stets Initiative und individuelles Eingreifen dabei betätigen. Das Gehirn dieser nützlichen Borstenträger ist hoch entwickelt, ihr Gehör sehr scharf, und ganz hervor­ragend ihr Geruchssinn, weshalb sie sich auch aus­gezeichnet zum Trüffelsuchen eignen. Ein englischer Offizier besaß eine Sau, die mit den Pointern den Boden schnobernd absuchte. Auch wenn sie allein suchte, entwickelte sie ein wunderbares Geruchsvermögen und stellte mehrere male Schnepfen. So berichtet Professor Dr. W. Marshall in der soeben erschienenen 15. Lieferung seines populären PrachtwerksDie Tiere der Erde" (Stuttgart, Deutsche Verlagsanftalt). Alle Illustrationen dieser Tierkunde für jedermann, mehr als 1000 an der Zahl (darunter 25 Farben­drucktafeln), sind ausnahmslos nach photographischen Aufnahmen lebender Tiere hergestellt, wodurch das Wer! völlig eigenartig dasteht.

(Der Affe gar possierlich ist ") DieHag. Z." schreibt: Ein Schüler hat in einem Klassenaufsatz, der das ThemaDer Affe" führte, die folgende« Orthographie- und Stilblüten zuwege gebracht:Der Aff. Der Aff gehört zur Sologie Er kann männche» machen und dud auch danse er dut auch gut gletern er dud auf hohe bäume gradele er dud sich in heiße Länder ärum dreiben wenn er schlaft so dud er schnarchen, er hat Aehnlichkeit mit einem großen Hund. Er frißt Eicheln Buch eggern Graß und Laub. Er kann auch nagen und darum ist er ein Nagedier." Hoffentlich findet der unfreiwillige humoristische Jugendschriftsteller" unter seinen Kameraden nicht allzu viele Nachahmer!

(Ein schönes Wort.) Die Redaktion der Berliner Lustigen Blätter hat vor einiger Zeit ein humori­stisches Preisausschreiben für die beste Verdeutschung des WortesLikörautomat" erlassen. Den ersten Preis erhielt der VorschlagGeistreicher". Weiter wurden für preiswürdig befunden:Stummer Bu­diker",Schnapserchen",Likaut" undSchnapskuh". Eine nicht preisgekrönte, dafür aber um so niedlichere Verdeutschunglautet:.Br an ntweinvon selb stöhne- bedienungn achein Wurfeinesgeldstücksverkaufs­vorrichtung."

fJm Warenhaus.j Dame:Entschuldigen Sie, ich habe vorgestern diesen Hering hier gekauft könnte ich ihn vielleicht gegen sechs Briefbogen Um­tauschen?"(Fl. Bl.)

Mutmaßliches Wetter am 30. und 31. Oktober.

Bei tagsüber ziemlich milder Temperatur wird das morgens neblige, tagsüber aber trockene und größtenteils heitere Wetter auch am Freitag und Samstag noch an­dauern.

Hertas Munde hätte ihm das Vergessen und Ver­zeihen der lieblosen Aeußerungen gegeben, aber dies Wort, auf das er im stillen immer noch hoffte, blieb ungesagt. Ein anderes kam an seiner Stelle und tat ihm noch weher, als die vorhergehenden.

(Schluß folgt.)

(Eine originelle Zeitung) erscheint seit einigen Tagen in Paris. Das ganze Blatt ist auf eine Ansichtskarte gedruckt und enthält außer der Illu­stration zu einem Tagesereignis Nachrichten aus den Gebieten der Politik, der Wissenschaft, der Kunst und der Gesellschaft alles natürlich in konden­sierter Form; die erste Nummer diesesLa Carte- Journal" betitelten und von A. Desboutin heraus­gegebenen Blättchens bringt ein Bild aus Massenets OperHerodiade", einen Kammerbericht in vier Zeilen, Mitteilungen aus Heer und Marine in 26 Worten, Nachrichten aus der Welt und aus dem Gerichtssaal in drei Sätzen. Die längste schrift­stellerische Gabe hat der Theaterrezensent beigesteuert, der eine Kritik von neun Zeilen gibt und gleichfalls vonHerodiade" zu erzählen weiß. So wird dem Leser die Tagesgcschichte in Pillenform ein- gegeben. Ob er sie so besser verdauen wird, muß die Zukunft lehren.

fRenommisterei.j Erster Reisender:Ich lege mir sicherheitshalber immer des Nachts mein Porte­monnaie unters Kopfkissen." Zweiter Reisender: Das kann ich leider nicht, ich kann nicht so hoch schlafen."