die Veste Lichtenberg zur Uebergabe. Besonders hervorragenden Anteil hatte er sodann an den Kämpfen vor Paris. Er erwarb sich damals das Eiserne Kreuz 1. Klasse und erhielt am 25. Jahrestage der Tage von Villiers die höchste militärische Auszeichnung Württembergs, das Grotzkreuz des Militärverdicnst. ordens. Nach dem Kriege befehligte er das 13, später, bei Teilung des Regiments in zwei Regimenter, das 29. Feldartillerie-Regiment, erhielt dann die 2. Feldartillerie-Jnspektion und befehligte von 1876 bis 1883, wo er in den Ruhestand trat, die württem- bergische Artilleriebrigade.

Stuttgart, 13. Juli. (Vom Gipserstreik.) Die Meister haben in den letzten Tagen den streikenden Gipsern und Stukkateuren die Antwort zugehen lassen, nicht eher in Verhandlungen einzutreten, bis die Ge- Hilfen die Arbeit wieder ausgenommen haben. Um nun doch eine Vereinbarung zwischen den Meistern und Arbeitern herbeizuführen, beschlossen die Streiken­den, heute die Arbeit wieder aufzunehmen.

Stuttgart, 14. Juli. (Vom Malerstreik.) Die streikenden Malergehilfen haben gestern abend be­schlossen, heute die Arbeit zu den alten Bedingungen wieder aufzunehmen, nachdem die Verhandlungen vor dem Gewerbegericht als Einigungsamt ergebnislos verlaufen sind. 72 Streikende stimmten gegen, 115 für Beilegung des Streiks. Eine größere Anzahl Gehilfen wird von den Meistern nicht mehr eingestellt werden.

Stuttgart, 14. Juli. Von den in der letzten Zeit in Stuttgart proklamierten Streiks sind die meisten ungünstig für die Arbeiter verlaufen. Ihre Forderungen durchgebracht haben nur die Glaser­gehilfen und die Sattler in den Reiseartikelgeschäften, während die Gipser und Stukkateure und die Maler nach mehrwöchentlichem Streit unterlegen sind und die Arbeit zu den alten Bedingungen wieder auf- nahmen. Die Bauschlosser haben nur eine minimale Lohnerhöhung erreicht. Bei sämtlichen Streiks waren die Hauptforderungen: 9*/s ständige Arbeitszeit und Lohnerhöhung.

Freuden st ad t, 10. Juli. Inden letzten Tagen besuchte wieder der frühere Generalforstinspektor von Indien, Dr. W. Schlich, nunmehr Professor der Forstwissenschaft am Polytechnikum zu Coopers Hill (England) mit einer größeren Zahl absolvierter, für den Dienst in den englischen Kolonien, vornehmlich Indien, bestimmter junger Forstmänner die Staats- Waldungen in unser engeren und weiteren Umgeb­ung. Am 8. d. M. wurden die Herren von Ober­förster Kienzle hier und am 9. d. M. von Ober­förster Nördlinger in Pfalzgrafenweiler geführt. Heute sind sie zur Fortsetzung ihrer Studienreise nach Zwieselberg bezw. in den badischen Forstbezirk Wolfach gefahren, um andern Tags noch in der Gegend von Offenburg Mittelwaldungen zu be­sichtigen und dann ihre sechswöchige Reise durch die deutschen Forsten zu beendigen. Am 18. d. M. feiert der alte Johann Georg Kalmbach, genannt der Hansenbaner, in Wörnersberg, hiesigen Ober- awts, seinen 100. Geburtstag. Der Jubilar wird wohl der viertälteste Einwohner von Württem­berg sein und kann sich rühmen, mit Doktor und Apotheker niemals in persönliche Berührung gekommen zu sein. Am 19. d. M. wird im freundlich gelegenen Wörnersberg eine Feier zu Ehren des Geburts- täglers sein, zu der dem Vernehmen nach auch die Schwarzwaldvereine Altensteig und Pfalzgrafenweiler ihre Vertreter entsenden werden.

Freuden stadt, 14. Juli. In Reinerzau fand ein nicht ganz Jahr altes Kind auf seltsame Weise den Tod. Dasselbe, dem Straßenwart Sauer ge- hörig, schlief im Kinderwagen in der Wohnstube, Eine Bruthenne flog durchs offene Fenster in die Stube und setzte sich dem schlafenden Kind so auf den Hals, daß der Erstickungstod eintrat. Die Eltern waren nicht zu Hause und das zur Aussicht be­stimmte Mädchen war auf kurze Zeit abwesend.

Brackenheim, 14. Juli. Gestern mittag bald nach 1 Uhr entlud sich über unserer Stadt ein schreckliches Gewitter. Der Regen fiel wolkenbruchartig, so daß die Straßen in kurzer Zeit reißende Bäche wurden. Leider war der Regen einige Minuten mit Hagelkörnern vermischt, welche an den Gartengewächsen, aber auch in den Weinbergen und Fruchtfeldern einigen Schaden anrichteten.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse.) Bericht vom 13. Juli von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Wiederum hat Amerika die Führung übernommen und im Wochenverlauf die Forderungen für Weizen wesentlich er­höht. Rußland und Argentinien ist nur schwach am Markt. In Rumänien hat der Schnitt begonnen, das Geschäft hat sich indessen noch nicht entwickelt. Tendenz fest und Preise gut be­hauptet. Mehlpreise p. 100 KZ inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 28 ^ 50 bis 29 Nr. 1: 26 50 bis 27

Nr. 2: 25 ^ bis 25 50 ^», Nr. 3 : 23 50

bis 24 Nr. 4: 20 50 «, bis 21

Suppengries 28 50 -l bis 29 Kleie 9 -4L

Slus StaSI» Bezirk unS Umgebung.

Neuenbürg, 12. Juli 1903.

Das 100jährige Geschäftsjubiläum der Sensenfabrik.

II.

Ein Festmahl von rund 320 Gedecken in einem Saal vereinigt konnte die Chronik der Stadt noch nicht verzeichnen; es war dies auch nur möglich in der neuen städtischen Turnhalle, die erstmals die Probe darauf zu bestehen hatte. Die Jubelfirma hatte außer ihren zahlreichen Angestellten, früheren und jetzigen Arbeitern, die Bezirks- und Korporations­beamten, die bürgerlichen Kollegien von Neuenbürg und Gräfenhausen, die Vereinsvorstände und zahl­reiche Freunde zu Tisch geladen. An demselben nahmen auch Teil der von auswärts eingetroffene Verwandtenkreis der FamilieSchmidt".

Nach dem ersten Gang erhob sich Hr. Kommer­zienrat Schmidt, um den Gästen den Willkommgruß zu entbieten und seiner Freude über den schönen Tag Ausdruck zu geben. Der heutige Tag sei nicht nur ein Tag der Freude, ein so seltenes Fest feiern zu können, sondern auch ein Tag großen Dankes für Gottes gnädige Führung den langen Zeitraum hindurch, weiter ein Tag dankbaren Gedenkens aller der Männer, welche unter oft schwierigen Verhältnissen von Gründung des Werks an dessen gedeihlicher Entwicklung mitgearbeitet haben. Dank auch gebühre den Gemeinde- und Staatsbehörden für deren stets wohlwollende Förderung. Die Sensen­fabrik habe von jeher auch darum in einem guten Rufe gestanden, weil alle ihre Angehörigen stets be­strebt gewesen, gute Bürger zu sein und er hoffe, daß alle der Sensenfabrik Zugehörigen auch in Zu­kunft besorgt bleiben möchten, diesen guten Ruf auf­recht zu erhalten. Nur da, wo das Verständnis dafür vorhanden, daß man neben seinen Rechten auch Pflichten gegen seine Nebenmenschen, die Gemeinde und den Staat habe, werde die zum Gedeihen aller Erwerbstätigkeit notwendige Ordnung und Eintracht herrschen. Im Sinne, daß wir alle gute Bürger sein und bleiben wollen, brachte Redner ein 3faches Hoch aus auf unfern Landesherrn, Seine Majestät den König, in das die Festversammlung mit großer Begeisterung einstimmte.

Als zweiter Redner trat Hr. Fabrikdirektor Loos auf. Er warf bei der heutigenGeburtstagsfeier" der Sensenfabrik einen Rückblick auf den Entwicklungs­gang des mehr und mehr aufstrebenden Unternehmens und schilderte in bewegten, trefflichen Worten, wie die damaligen Besitzer, in erster Reihe Joh. Chr. Haueisen, der Großvater des Hrn. Kommerzienrat Schmidt schon frühzeitig die Notwendigkeit der Fürsorge für Krankheits- und Sterbefälle erkannten und so mit weitem Blick ihrer Zeit voraus waren, indem sie schon im Jahre 1805 die Gründung derBruderbüchse" veranlaßt haben. Diese wohltätige, besonders auch von dem verstorbenen Hrn. Kommerzienrat Schmidt mit allen Mitteln geförderte Einrichtung hat nun wieder einen sehr erheblichen Zuwachs erfahren durch die großen Jubiläumsgaben des Hrn. Julius Breyer, früheren Teilhabers, und des Hrn. Kommerzienrat Schmidt mit je 10000 -K!, sowie dessen Schwestern, der Frau Sophie Mann, Frau Eugenie Beckh, Frau Präsident v. Storr und Frln. Emma Schmidt mit 2000 -K! Daß die Bruderbüchse ihrem Zweck entsprochen hat, den Verlust des Familienhauptes zu lindern, oder den Lebensabend zu verschönern, mögen nachfolgende Zahlen erläutern: seit der Trennung der Bruderbüchse und der Krankenkasse wurden ver­ausgabt für Invaliden 90 544 Witwen 59 364 Waisen 5543 <^(, Arzt, Apotheke und Sterbegelder für Invaliden, Witwen und Waisen 7586 -/A, dazu von der Krankenkasse für die tätigen Mitglieder und ihre Angehörigen 98000 also in 19 Jahren 261000 ohne die Unfall-, Invaliden- und Alters­renten, wofür die Firma alle Beiträge entrichtet. Ermöglicht war die Förderung derBruderbüchse" durch das unentwegte, niemals getrübte Zusammen­wirken der Arbeiter mit der Firma. Redner gibt der Hoffnung Ausdruck, daß dieses einträchtige Zusammen- gehen bis in ferne Zeiten fortdauern möge, dann wird die nun 100jährige Fabrik ihren Weg vorwärts und in ihren Leistungen niemals rückwärts schreiten. Diesen Weg habe im Laufe seiner mehr als 40jährigen Tätigkeit Hr. Kommerzienrat Schmidt den Mitarbeitern vorgezeichnet, den dieser selbst mit Hingabe und Auf­opferung und allezeit bereitwilligen Herzens gegangen ist. Sein (Redners) Hoch gelte den Chefs, den HH. Kommerzienrat und Arthur Schmidt, die uns das schöne Fest bereitet haben, und den Arbeitern.

Hr. Oberamtmann Kälber brachte alsdann die Glückwünsche zum Jubiläum namens des Bezirks dar, der Sensenfabrik, welcher man nicht nur als schätzbare Steuerkraft, sondern auch dafür zu danken

habe, daß sie schon so lange Jahre her zahlreichen Arbeitern von hier und Umgebung Verdienst gebe. Der gute Ruf der Neuenbürger Sensen fei in aller Welt herumgetragen worden, er bringe sein Hoch aus auf das weitere Gedeihen der Firma Haueisen u. Sohn. In denselben Wünschen gipfelte der Trinkspruch, welchen Hr. Stadtschultheiß Stirn ausbrachte. Die bürgerlichen Kollegien hätten im Hinblick auf die in jeder Hinsicht mustergiltige Leitung der Sensenfabrik und die ausgezeichnete Fürsorge der Fabrikherrn für ihre Arbeiter sich für verpflichtet gehalten, dem Chef des Hauses das Ehrenbürgerrecht der Stadt zu ver- leihen. Es sei der erste Fall, daß die hiesige Stadt­vertretung von dieser Berechtigung.Gebrauch gemacht habe. Der geschäftliche Verkehr zwischen der Fabrik und der Stadt sei im allgemeinen kein reger gewesen; es seien ihm eigentlich nur 3 Fälle von Bedeutung bekannt (Verhandlungen aus Anlaß der Erbauung der oberen Fabrik, Feststellung der Eigentumsrechte und der Unterhaltungslasten am Wässerungsgraben, Versorgung der Fabriken mit Trinkwasfer); sämtliche Angelegenheiten seien, ohne daß erhebliche Differenzen entstanden wären, erledigt worden. Weiter könne er auch feststellen, daß ihm kein Fall bekannt sei, wo Sensenschmiede oder deren Angehörige Unterstützung in Anspruch genommen hätten. Aus naheliegenden Gründen seien die Beziehungen zwischen der Fabrik und der Stadt immer gute gewesen und er hoffe und wünsche, daß dies auch für die Zukunft der Fast sein möge.

In der ihm eigenen ansprechenden Art brachte Hr. Dekan U h l alsdann folgenden Trinkspruch aus:

Das Alter hat etwas Ehrwürdiges, und etwas vom Hauche der Ehrwürdigkeit, die dem Alter eigen ist, umweht auch das hundertjährige Werk, zu dessen Jubelfeier gastlicher Sinn uns hier vereinigt hat. Durch der Väter Unternehmungsgeist begründet, durch deutschen Fleiß und zähe, ausdauernde Arbeit gefördert, vom Segen Gottes behütet, steht dieses Werk heute vor unserem Auge als ein Denkmal ver­gangener Zeiten, als ein Wegweiser zugleich für künftige Geschlechter: In den Tagen erstanden, da Deutschland in seinertiefsten Erniedrigung" war, hat es dem Sturmeswogen der Befreiungskriege in seiner Kindheit zugeschaut, hat es die Wellenschläge großer Zeiten nicht minder wie das sanfte Rieseln von Tagen der geringen Dinge miterlebt, hat es in sich ausgenommen, was der Fortschritt der Zeit Ge- diegenes und Probehaltiges im Flußbett der Geschichte mit sich führte, aber auch von sich abgewehrt, was wohl von ferne scheint, doch in der Nähe trügt, und steht nun da, geprägt mit dem Stempel der Besonnen­heit und Nüchternheit, mit dem Stempel familien- mäßigen Zusammenhalts und kluger, hilfsbereiter Fürsorge für seine Glieder, ein Werk, dem Baume vergleichbar, der seine Zweige weithin dehnt und Nahrung zieht auS alter, gesunder Wurzel. Dem Manne aber, der heute als gastlicher Wirt diese große Familie an seinem Tisch vereinigt, noch ein besonderes Wort des Grußes und des Dankes! Wer weiß, was das Eine WörtleinHerz" in sich faßt, der weiß, was wir alle an diesem Manne gehabt haben und was wir Gott sei Dank! noch an ihm haben. Im Münster zu Konstanz, da steht über einem Wandmonument die Inschrift:I^auäari xroliibos, soä, uo lauäotur ipsum, guoä lauäoni xrolübes, proliidero nou xotos", zu deutsch:Ge­lobt zu werden, verbietest Du uns, aber, daß wir eben das loben, daß Du nicht gelobt sein willst, das vermagst Du nicht zu verbieten." Genau so geht es uns mit unserem Herrn Kommerzienrat. Gelobt sein will er nicht, aber wir können es nicht lassen, seinem schlichten, bescheidenen Sinn, seiner rechtlichen Denkungsart und seinem wohlwollenden, leutseligen Wesen einen schlichten Kranz der Anerkennung zu flechten, und das kann und darf er uns nicht wehren. Im Verein mit seiner verehrten Gemahlin, die Eines Sinnes mit ihm war und die in schwerer Zeit sich erprobt hat als ihres Mannes Halt und Stütze, hat erden Grundsatz hochgehalten:Weniger als sein Bestes zu tun, darf sich kein Edler hier gestatten'" Wir werden ihn und seine Frau Ge­mahlin nie vergessen. Wenn einst in Schwabens Haupt­stadt, wohin ja bald die Reise gehen soll, von Westen her die Lüfte wehen und etwas erzählen nach der Melo­die:Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus", dann werden sie dem teuren Ehepaar auch etwas zuflüstern von unserer Liebe und von unserem dankbaren Gedenken, dennwas der Mensch säet, das wird er ernten!"

Hr. Oberamtspfleger Kübler feierte dieVete­ranen und Invaliden" der Sensenfabrik. Wohl selten sei es einem Werk beschieden, auf eine so ansehnliche Garde alter treuer Mitarbeiter blicken zu können. Solche Anhänglichkeit komme nicht von ohngefähr.