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Der «nztäler.

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

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Fernsprecher Nr. 4.

S8

Neuenbürg, Freitag den 26. Juni 1903.

61. Jahrgang.

RunSschau.

Kiel, 25. Juni. Bei gutem Segelwind aus Nordosten fand heute mittag 12 Uhr die erste Wett­fahrt der Sonderklassenyacht des kaiserl. Jachtklubs und des Regattavereins statt.

Für die Stichwahlen rechnet derVorwärts" mit zwölf sicheren Siegen aus eigener Kraft der sozialdemokratischen Partei. Dreißig weitere Mandate hofft die Sozialdemokratie mit Hilfe freisinniger Wähler zu erobern. Das wären im ganzen 42 zu den schon errungenen 56. Vielleicht hat derVorwärts" aber zu optimistisch gerechnet!

Sozialdemokratische Lüge. DieNord- deutsche Allgemeine Zeitung" schreibt:Durch die Zeitungen geht die Mitteilung, daß ein Flugblatt der sozialdemokratischen Organisation der Eisenbahn- Angestellten unter Hinweis auf eine Aeußerung des Herrn Ministers Budde die Eisenbahn-Bediensteten aufgefordert habe, sozialdemokratisch zu wählen. Es handelt sich um die vom Herrn Minister am 24. Febr. ds. Js. im Abgeordnetenhause gegenüber dem Ab­geordneten Krieger gebrauchte Wendung:Ich protestiere dagegen, daß ich irgendwie jemandem seine Stimm-Abgabe bei den Wahlen vorschreiben möchte; die Bediensteten können wählen wie sie wollen, auch Sozialdemokraten, dagegen habe ich gar nichts." Der Vorwärts" hatte kurz vor der Wahl der Wieder­gabe dieser Worte die Aufforderung an die Eisenbahn- Bediensteten vorausgeschickt: Wählt sozialdemokratisch, Budde will es!" Es lag in diesem Falle eine jener bewußten Entstellungen der Wahrheit vor, mit denen derVorwärts" unausgesetzt operiert. Aus dem ganzen Zusammenhänge, in dem der Minister die angeführten Worte gebraucht hat, ist ersichtlich, daß es ihm lediglich darauf ankam, in schärfster Form auszusprechen, daß ihm jede Beeinflussung der Stimm- Abgabe seitens seiner Untergebenen durchaus fern liege. Daß General Budde die Sozialdemokratie und ihre Bestrebungen verurteilt und demnach die Wahl von Sozialdemokraten nicht wünschen kann, geht aus derselben Rede vom 24. Februar mit aller Deutlichkeit hervor, in deren weiterm Verlaufe General Budde die Sozialdemokraten als Umsturzpartei bezeichnet. Dieser Sachverhalt ist demVorwärts" sicherlich genau bekannt, er hat sich aber dadurch nicht abhalten lassen, auch in diesem Falle die Wahrheit auf den Kopf zu stellen. Im übrigen ist, wie wir hören, unmittelbar nach dem Täuschungsversuche desVor­wärts" an sämtliche Eisenbahn-Direktionen die tele­graphische Weisung ergangen, der vomVorwärts" beliebten Ausdeutung der Aeußerung des Ministers in geeigneter Weise entgegenzutreten.

Die erste elektrische Vollbahn in Deutsch­land. Seit einiger Zeit findet zwischen Berlin und Lichterfelde ein regelmäßiger Verkehr vermittelst eines elektrischen Eisenbahnzuges statt. Der elegante Wagenzug ohne Lokomotive und Dampfgeräusch er­regt auf seinen Fahrten stets ein gewisses Aufsehen; die Motore funktionieren tadellos und die Fahrgäste äußern vielfach ihre Anerkennung über die Vorzüge des elektrischen Betriebes, die sich namentlich durch schnelles Anfahren und Halten, ruhige Fahrt und erheblich geringeres Zuggeräusch angenehm bemerkbar machen. Die Tatsache, daß eine elektrische Vollbahn in Betrieb gesetzt ist, bezeichnet einen der bemerkens­wertesten Abschnitte in der Entwickelung des Ver­kehrswesens; denn bei Vollbahnen sind erheblich größere Anforderungen zu erfüllen, als dies bei Straßen- und Nebenbahnen der Fall ist. Der von 2 elektrischen Motorwagen, von denen der eine vorn zieht, während der andere hinten schiebt, betriebene Zug ist in dem ganzen elektrischen Bahnwesen neu. DaS Fehlen der mit Schornstein versehenen dampfen­den und pfeifenden Lokomotive vor dem in Fahrt befindlichen elektrischen Zuge verleiht demselben ein eigentümliches Aussehen. Der Zug ist jetzt mehrere

j Wochen im Betriebe, ohne daß sich irgend welche Bedenken ergeben hätten. Man darf darum hoffen, daß mit dem Versuchsbetrieb die Grundlage gegeben ist, auf der zur Einführung der elektrischen Beförder­ung auf Vollbahnen in größerem Umfange vorge­gangen werden kann.

Die Eisenwerke Gaggenau machen schlechte Ge- schäfte. Im Vorjahre hatten sie 69167 ^ Verlust und auch im jetzt ablaufenden Geschäftsjahr können sie keine Dividende zahlen.

Der jüngst in Achern abgehaltene Bezirkstag des Bezirksvereins Baden-Pfalz im deutschen Fleischer­verband hat einstimmig seine Zustimmung zu der von den reichsländischen Metzgervereinen und Metzger­innungen beschlossenen Petition an den Bundesrat erklärt, in der die Zulassung des Aufblasens von Kälbern und Hämmeln gewünscht wird. Die Petition ist damit begründet, daß das Aufblasen nichts weiter bezwecke als eine Verschönerung und größere Halt­barkeit der Ware.

Aus Baden, 22. Juni. In der Schwarzwälder Jndustriehalle zu Baden-Baden ist zur Zeit eine große Merkwürdigkeit zu sehen in Gestalt einer astronomischen Uhr, die das Sonnensystem, den Wechsel der Zeiten und Zeitrechnung in einer Wohl nicht mehr übertroffenen Vollständigkeit darstellt. Das Werk besteht aus 2200 Teilen mit 142 Rädern und ist mit einem Glockenspiel verbunden, das zwölf Melo­dien wieder gibt. Der Verfertiger der Uhr, ein ein­facher Landmann namens Karl Julius Späth aus Steinmauern bei Rastatt, hat daran neunzehn Jahre lang gearbeitet.

Belgrad, 24. Juni. Um 10 Uhr verkündete Kanonendonner, daß der neue König den serbischen Boden betreten hat. Bei der Einfahrt des Hofzuges stimmte die Musik die Nationalhymne an. Alle Anwesenden brachen in stürmische endlose Ziviorufe aus. Nach der Einfahrt des Zuges wurde der König von der Regierung und der Gemeindevertretung begrüßt. Beim Ausgang des Bahnhofs wurde der König von einer Abordnung Belgrader Damen be­grüßt, während das Volk neuerdings in brausende Ziviorufe ausbrach. Nachmittags machte der König mit dem Obersten Wasitsch eine Rundfahrt durch die Stadt. Der König wurde überall lebhaft begrüßt.

Belgrad, 25. Juni. Die Stadt war gestern abend festlich beleuchtet. Um 9^/s traf der von Studenten und Landleuten gebildete Fackelzug vor dem Konak ein. Eine Kavallerieabteilung eröffnete denselben. Nachdem der Zug gehalten hatte, erschien der König umgeben von den Ministern auf dem Balkon, von stürmischen Ziviorufen begrüßt. Nach­dem mehrere Lieder vorgetragen waren, verlas der König eine Rede, worin er ausführte, er werde ge­mäß den Traditionen der Karageorgiewitsch, gestützt auf 45jährige im Ausland gesammelte Erfahrungen, trachten, dem Volke zu geben, was es benötige. Der König schloß mit einem Hoch auf das serbische Volk, das mit begeisterten Ziviorufen erwidert wurde.

In beiden Häusern des englischen Parla­ments dauert der Kampf um Chamberlains zoll- politische Absichten fort. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Chamberlain nicht nur im Oberhaus, wo die große Mehrheit gegen ihn ist, sondern auch im Unter­haus in dessen jetziger Zusammensetzung kein Glück haben wird. Chamberlain verlegt deshalb seine Agitation in die öffentlichen Reden, die er im Land herum da und dort hält. Er will offenbar Vorbe- reitungen treffen zu einer Auflösung des Unterhauses und zu Neuwahlen, von denen er eine sichere Mehr­heit erhofft.

Wien, 25. Juni. Nach Meldungen der Abend­blätter aus Karlsbad hat sich in einem der vor- nehmsten Hotels dort heute morgen ein blutiges Liebesdrama abgespielt. Ein aus Stuttgart dort zugereister Leutnant der Reserve des württembergi- schen Dragonerregiments Nr. 26, Gutsbesitzer in der I

j Pfalz, verwundete die jugendliche Tochter eines Kommerzienrates aus Stuttgart mit einem Revolver­schuß und tötete sich dann selbst. Der Vater des Mädchens, das lungenleidend ist, war mit ihr vor 14 Tagen hier eingetroffen. Der Täter, der erst heute früh dort ankam, hatte die Bekanntschaft der jungen Dame vor 4 Jahren gemacht. Es heißt, daß die Eltern wegen der Krankheit des Mädchens die Zustimmung zur ehelichen Verbindung nicht geben wollten. Die junge Dame ist sehr schwer verletzt war aber noch bei Bewußtsein und konnte dev Her­gang des furchtbaren Ereignisses noch selbst erzählen.

Belgrad, 23. Juni. Gestern ging ein Wolkeu- bruch über das Dorf Zenom bei Knjazevac nieder. 54 Häuser stürzten ein; 38 Personen verloren das Leben. Der Schaden wird auf eine Mill. Dinars geschätzt.

Graslitz (Böhmen), 24. Juni. Während eines gestern in Libenberg abgehaltenen Schulfestes stürzte das Podium ein, auf welchem sich die Lehrer und eine zahlreiche Kindersängerschar befanden. Dieselben wurden unter den Trümmern begraben. Eine große Anzahl von Kindern erlitten schwere Verletzungen, meist Arm- und Beinbrüche.

Württemberg.

Die württ. Kammer der Abgeordneten hat die Etatsberatung fortgesetzt und zunächst den Etat des Kultusministeriums erledigt, dann kam das Finanzministerium an die Reihe, wobei abermals verschiedene Abstriche vorgenommen wurden. Schlimmer als das waren die Vorwürfe, die der Herr Finanz­minister dafür bekam, daß er einesteils eine Reihe von Expeditorenstellen in seinem Departement unbe­setzt ließ, so daß ältere Finanzbeamte teilweise einen geringeren Gehalt beziehen als jüngere, und daß er seit einer Reihe von Jahren entgegen einer klaren Vorschrift der Verfassung alle Posten in seinem Departement ohne vorherigen öffentlichen Bewerber­aufruf unter der Hand besetzt habe. Bei allen Par­teien der Kammer zeigt sich eine merkwürdige Ver­stimmung gegen den Herrn Finanzminister, weshalb sich auch niemand zu seiner Verteidigung erhob. Ziemlich eingehende und lebhafte Debatten verursacht in der laufenden Woche die Beratung des Verkehrs­departements. Gleich bei deren Beginn wurde her­vorgehoben, daß beide Häuser des Landtags mit der Regierung darin einig seien, daß die Selbständigkeit der württ. Eisenbahnen gewahrt werden müsse.

Steuerveranlagung in Württemberg. Nach einer vorliegenden Statistik über die Steuerveranlag­ungen pro 1902/03 steht hinsichtlich des Stadtschadens Stuttgart mit 2,20 ^ Pro 1 Staatssteuer an der Spitze der größeren Städte Württembergs. Es folgen Heilbronn mit 2,06, Göppingen uud Cannstatt mit.2,05, Eßlingen mit 1,96, Reutlingen mit 1,80, Tübingen mit 1,74, Gmünd mit 1,47, Ulm mit 1,27 Mark Staatssteuer; den geringsten Satz hat Ludwigs­burg mit 1,14 ^ aufzuweisen. Den höchsten Amts­schaden hat die Stadt Gmünd 48 ^ auf 1 Staatssteuer zu tragen. Es folgen Ludwigsburg mit 41, Eßlingen mit 36, Tübingen mit 33, Cannstatt mit 32, Göppingen mit 31 usw Ulm und Heilbronn erheben je nur 11 Amtsschadenumlage auf 1 ^ Staatssteuer. Ju Stuttgart wird ein Amtsschaden nicht umgelegt. Rechnet man den Stadt- und Amts­schaden zusammen, so steht Cannstatt mit 2,37 ^ auf 1 ^ Staatssteuer als höchstbesteuerte Stadt an der Spitze der größeren Städte Württembergs; es folgt unmittelbar hierauf Göppingen mit 2,36, Eßlingen mit 2,32, Stuttgart (ohne Amtsschaden) mit 2,20, Heilbronn mit 2,17, Tübingen mit 2,07, Reutlingen mit 2,05, Gmünd mit 1,95 auf 1 Staatssteuer. Am besten stellt sich Ulm, das Stadt- und Amtsschaden zusammen in Höhe von 1,38 ^ Pro 1 ^ Staatssteuer erhebt.

Stuttgart, 24. Juni. Dem Armeemuseum ist vom König eine Sammlung vonwürtt. Uniform-