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Telefon Nr. 4.
DerEnzthäler.
Anzeiger für das Einthal und Umgebung.
Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Neuenbürg.
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Neuenbürg, Freitag den 20. März 1903.
61. Jahrgang.
Rundschau.
Der Kaiser hat dem König von Sachsen am Dienstag in Dresden einen Besuch abgestattet. Die sächsische Presse widmete dem Kaiser herzliche Begrüßungsartikel. Die „Dresdener Nachr." schrieben ii. a.: Es war dem Kaiser ein Herzensbedürfnis, den König Georg noch vor dessen Abreise nach dem Süden persönlich aufzusuchen und ihm so einen deutlichen Beweis des aufrichtigen Mitempfindens zu geben, das den Träger der Kaiserkrone gegenüber den Bitternissen beseelt, von denen der König in seiner Familie heimgesucht worden ist. König Georg wird von dieser kaiserlichen Aufmerksamkeit auf das Angenehmste berührt worden sein; ist sie doch nicht bloß ein Ausfluß der streng loyalen bundesfürstlichen Gesinnung des Kaisers, sondern sie bekundet gleichzeitig ein hohes Maß von freundschaftlichen persönlichen Gefühlen für den sächsischen Monarchen. Der kaiserliche Besuch beruht ganz auf der freien, eigenen Entschließung, die Kaiser Wilhelm II. so oft in den verschiedensten Lagen und Umständen mit feinsinnigem verständnisvollem Takte das Richtige treffen läßt.
Berlin. Der elsaß-lothringische Landesausschuß hat eine Resolution gefaßt, in der er die Anerkennung des Reichslandes als eines selbständigen Bundesstaats mit unabhängiger innerer Verwaltung und besonderer Vertretung im Bundesrat, zunächst für die Beratung der elsaß-lothringischen Landesangelegenheiten, fordert. Wie wir erfahren, ist in hiesigen maßgebenden Kreisen das Vertrauen zu der Reichstreue der Elsaß-Lothringer in stetem Wachsen begriffen. Man wird ihren Wünschen vermutlich bis zu einem gewissen Grad entgegenzukommen suchen. Eine besondere Vertretung des Reichslandes im Bundesrat würde aber den Widerspruch der meisten übrigen Staaten herausfordern. Ob der Kaiser dort Landesherr bleibt, oder ob man sich etwa den Fall denkt, daß Elsaß-Lothringen ein besonderes Großherzogtum unter einem seiner Söhne wird — in jedem Falle würden die zwei oder drei Stimmen im Bundesrat, die das Reichsland nach seiner Größe zu beanspruchen hätte, als Zuwachs der preußischen Stimmen angesehen werden, und hieran müssen die Wünsche unserer neuen Reichsgenossen leider scheitern.
Das Vermögen der Stiftsoberin von Heusler. Wie aus München berichtet wird, hat die wegen
Falsch es Geld.
II) Novelle von K. v. Lippe. sNachdr. Verb.)
Mein Kollege nickte bestätigend; er sah freundlich, wie erfreut über die erhaltene Auskunft, einige Minuten still vor sich hin.
Herrn van Habermeister schien dies Schweigen nicht zu gefallen, höflich, aber doch sehr energisch fragte er:
„Und darf ich nun wissen, weshalb Sie meinen Freund, den Herrn Vikomte, und mich hierher geführt haben und welchen Zweck es hat, uns mit solchen Fragen zu behelligen?"
Wie in Verlegenheit kraute mein Kollege sich das Ohr; nach einer Pause sagte er gleichsam entschuldigend:
„Ja schaun s, meine Herren, das ist eine verteufelt dumme Geschichte. — Aus Petersburg hat man uns versichert, daß Sie gefälschte russische Banknoten ausgeben, und da habe ich als Kriminalbeamter doch die Verpflichtung, mit Ihnen darüber zu sprechen, und da ich Ihnen das doch so nicht auf den Kopf hin sagen wollte, fing ich an zu fragen, — nun wie man es eben macht, wenn man nicht gleich so mit einer bösen Geschichte jemand entgegen- kommen rnöcht'."
„Ich, — wir sollen falsche Banknoten ausgegeben haben?" fragte van Habermeister mit dem Ausdruck des ehrlichsten Erstaunens, während der Vikomte verächtlich lächelnd seinen Kopf wiegte.
des Vergiftungsversuchs auf die Minna Wagner verurteilte Vorsteherin des Maximilianstistes Elise von Heusler 20000 ^ auf der städtischen Sparkasse in München stehen. Bisher galt die Oberin bekanntlich als mittellos. Auch der Minister des Innern hat sie in einer halbamtlichen Erklärung als gänzlich unbemittelt hingestellt. Bei der Wichtigkeit, die dieser Umstand für die Verfechtung der zivil- rechtlichen Ansprüche der Minna Wagner hat, ist jedenfalls eine amtliche Aufklärung zu erwarten. Prinzessin Ludwig Ferdinand ließ der in Feuchtwangen wohnenden Mutter der Minna Wagner aus ihrer Privatschatulle eine größere Summe überweisen.
Die Kupferpreise sind durch den amerikanischen Kupferring seit Neujahr um 240 in die Höhe getrieben worden. Die Mansfeld sche Kupferschiefer bauende Gewerkschaft läßt infolge der Steigerung der Kupferpreise im April freiwillig eine allgemein? Lohnerhöhung für ihre Arbeiter eintreten.
Dortmund, 17. März. Das hiesige Schwurgericht verurteilte den Lagarbeiter Schultz, der als Aufschlitzer in hiesiger Gegend Frauen überfiel und durch Messerstiche schwer verletzte, zu fünf Jahren Zuchthaus.
Leipzig, 17. März. Gestern wurde hier beim Verausgaben eines falschen Zweimarkstückes ein 17 Jahre alter Realschüler angehalten und der Polizei übergeben. Das hoffnungsvolle industriöse Bürschchen hatte die Falsifikate selbst angefertigt. In seiner Wohnung fand man noch eine ganze Anzahl falschen Geldes und wohlvcrborge» die zur Herstellung nötigen Materialien und Werkzeuge, eia ganzes Arsenal.
Mannheim, 18. März. Eine wahre Ueber- raschung ergab die Eröffnung der Submission auf die Maler- und Tüncher-Arbeiten am Posterweiterungsbau in Mannheim. Das Höchstangebot betrug 30880 ^ Das Niederstangebot dagegen belief sich auf sage und schreibe 7134 also eine Differenz von 23 726 ./il!
Aus dem Elsaß. Die Bevölkerung des Münster- thales atmet wieder frei aus, seit man die Räuberbande, die feit Wochen die hoch gelegenen Hütten ausraubte und selbst bis in das Thal herabkam, sicher hinter Schloß und Riegel weiß. Die Einzelheiten des Treibens der verwegenen Kerle hören sich an wie Indianer- oder Schinöerhannesgeschichten; sie sind
„Ja, meine Herren, es ist leider so — es thut mir leid, daß Sie auch gerade in Wien die Unannehmlichkeit treffen muß," erwiderte mein Kollege bedauernd, „aber es läßt sich an der Sach nix ändern. — Wissen s, Sie glauben nicht, was die Russen für tolle Geschichten machen und wie viel Aerger und Verdrießlichkeiten sie uns bereiten."
„Aber was soll denn nun werden?" fragte der Vikomte. „Sie können uns doch nicht auf solchen unhaltbaren Verdacht hin —" der Herr zögerte einen Augenblick, als würde es ihm schwer, seinen Gedanken Ausdruck zu geben — „verhaften wollen?"
„Pah! — Thorheit! sekundierte der Herr van Habermeister.
„Ja, das sagen Sie so leicht hin, und die ganze Sache ist doch für Sie gar nicht leicht; es ist eine verteufelt böse Angelegenheit," bemerkte der Kommissar, vor sich hinblickend.
„Aber wir können uns doch legitimieren; Sie müssen einen Paß, der mich als Bürger der Ver. Staaten bezeichnet, respektieren," sagte van Habermeister sehr bestimmt.
„Unsere Gesandten würden sich für uns verwenden, sie müssen uns gegen solche Ungerechtigkeit schützen, sie würden ihren ganzen Einfluß anwenden, um die Ausführung eines solchen Angriffes auf die persönliche Freiheit eines amerikanischen Bürgers und eines Franzosen abzuwehren," setzte der Vikomte mit Stolz hinzu.
„Die Legitimation, daß Sie amerikanischer Bürger und Franzose sind," sagte mein Kollege nach einer
aber wahr. Da bandenmäßiger Diebstahl und Einbruch besonders streng bestraft wird, so werden die Betreffenden vom Münsterthal Wohl auf längere Zeit ferngehalten werden. Zur Aburteilung vor dem deutschen Gericht kommen zunächst nur Nikolaus Buhl und Martin Bräsch; beide suchen die Hauptschuld auf die in Gerardmer festgesetzten Genossen abzuwälzen, die später, nachdem sie von den französischen Gerichten abgeurteilt sein werden, hierher zur Auslieferung kommen.
Mülhausen, 18. März. Ein brennendes Automobil fuhr dieser Tage die Straße entlang, welche von Thann nach Mülhausen führt. Ein Mann machte die Reisegesellschaft auf ihre gefährliche Lage aufmerksam. Diese hätten die schreckliche Gefahr, in der sie sich befanden. Wohl noch einige Zeit nicht gemerkt. Mit totenbleichen Gesichtern entstiegen die Damen und Herren dem Automobil. Das stattliche Fahrzeug verbrannte sodann vollständig auf offener Straße, während die Vergnügungsreisenden, ,welche aus Mülhausen waren, sich mit der Eisenbahn nach ihrer Heimat begeben mußten.
London, 18. März. Wie der „Morningpost" aus Pretoria gemeldet wird, hat sich dort eine nationalistische Afrikander-Partei gebildet, welche eine Verzweigung über ganz Südafrika organisiert.
WürltLMbcrg.
Stuttgart, 17. März. Bei der heutigen fortgesetzten Beratung des Hauptfinanzetats für 1903 04 nahm zunächst der Finanzminister v. Zeyer das Wort, um den Etat zu verteidigen und darzulegen, daß die Regierung sich bei seiner Aufstellung der größten Sparsamkeit befleißigt und nach einer möglichsten Vereinfachung der Verwaltung gestrebt habe. Was die Höhe der Einnahmeposten anbelangt, so konnte der Minister, insbesondere bei den Eisenbahnen günstigere Verhältnisse konstatieren, als dies bei Aufstellung des Etats der Fall war, und eine Verringerung des Defizits für 1903 von 2fie auf 1 Million in Aussicht stellen. Der Minister kam dann auf das Reichsdefizit von 118 Millionen zn sprechen, von denen 24 Millionen durch die Matri- kularbeiträge gedeckt werden sollen, und erklärte, daß die Regierung im Bundesrat mit Erfolg auf eine Vermeidung unnötiger Reichsausgaben hingewirkt habe. Er teilte auch mit, daß zur Zeit zwischen den
Pause, „schau ns, das wäre schon ganz hübsch, wenn's nicht ein solches Kapitalverbrechen wäre, dessen Sie verdächtig sind, aber hier kann Ihnen keine Legitimation, kein Gesandter was nützen, ich werd' Sie verhaften müssen."
„Und wie lange denken Sie sich, daß unsere Hast währen wird?" fragte der Vikomte fast höhnend.
„Das läßt sich schwer bestimmen," war die aus- weichende Antwort, die aber durch das begleitende Achselzucken sehr beredt war.
„Sie können uns aber doch nicht Wochen in Haft behalten wollen?" gab der Vikomte entrüstet zurück.
„Wochen!" wiederholte mein Kollege, sein Auge fest auf den Vikomte richtend; und wie über eine naive Aeußerung eines Kindes lächelnd, setzte er hinzu: „Sie reden von Wochen?"
„Nun ja, ich sagte Wochen!" erwiderte der Vikomte.
„Ich seh', Sie sind nicht mit dem Gange der Sache vertraut," erwiderte mein Kollege, „ich werde es Ihnen aber sagen," setzte er wohlwollend hinzu, „Passen's aber die Herren recht genau auf. Sehen s, morgen bericht' ich nach Petersburg, daß ich zwei Herren hier in Haft genommen habe, auf die das erhaltene Signalement der Fälscher genau paßt. Dann wird nun wohl, so nehme ich an, ein Beamter von dort hergeschickt werden, der Sie als die Gesuchten zu rekognoszieren hat." Das Gesicht des Herrn van Habermeister war um einen Schein bleicher geworden, während die Augen des Vikomte auch eine Sekunde unruhig aufleuchteten. „Wenn dann der Beamte erklärt, Sie wären nicht die Gesuchten, es