Regierung ebensogut treue Bürger zu sein, wie sie solche der allen Regierung gewesen seien.

Der frühere Burenoberst Lynch, ein geborener Irländer und inzwischen auch zum Mitglied des Unterhauses in Irland gewählt, ist beim Betreten des Landes verhaftet und inzwischen wegen Hoch­verrats zum Tode verurteilt nun aber zu Zuchthaus­strafe begnadigt worden. Lynch hatte behauptet, vor seinem Eintritt in die Burenarmee habe er seinen Austritt aus dem englischen Unterthanenverband der betr. Behörde schriftlich mitgeteilt.

In Schweizer Blättern sollen Annoncen erschienen sein, wodurch das Komite des englischen Kolonialamts Schweizermädchen für 150 bis 200 Stellen in Süd­afrika sucht. DerSt. James-Gazette" zufolge erklärt das Kolonialamt, daß solche Annoncen nur von unbefugter Seite ausgegangen sein könnten, da der britische Frauenauswanderungs-Verein, welcher allein in Verbindung mit Lord Milner die Einwanderung englischer Mädchen in Südafrika leitet, keine Bewerb­ungen von Ausländerinnen annimmt.

Newyork, 28. Jan. In der Nähe von New- york ist ein mit 100 Kilometer Geschwindigkeit fahren­der Schnellzug mit einem Lokalzug zusammen- gestoßen. 30 Personen sind tot, 60 schwer, 100 leicht verwundet.

Fuesen (Ver. Staaten, Arizona), 28. Jan. Bei einem Eyenbahnzusammenstoß, 15 Meilen südlich von hier, wurden 8 Personen getötet und 17 verletzt.

Basel, 28. Jan. Die Thonwarenfabrik in All- schwil bei Basel, die 300 Arbeiter beschäftigte, ist durch Feuer gänzlich vernichtet worden. Der Schaden wird auf 2 Millionen Franken angegeben.

Württemberg.

Stuttgart, 29. Jan. Die Kammer der Abgeordneten nahm heute nachmittag ihre Be­ratungen wieder auf und erledigte in nicht ganz einstündiger Sitzung verschiedene Eingaben im Sinne der Anträge der Petitionskommission. Vor Eintritt in die Tagesordnung gedachte Präsident Payer des verstorbenen Abgeordneten Rath - Münsingen und vereidigte den an die Stelle des zum Oberhof­prediger ernannten Prälaten Schwartzkopf getretenen Prälaten Wunderlich-Heilbronn.

Stuttgart, 28. Januar. Bald nachdem der Vorwärts" seine Angriffe gegen Krupp erhoben hatte, wurde, wie man sich erinnert, in die Anschuldigungen sittenwidrigen Verhaltens der Name des auf der Insel Capri begüterten deutschen Malers Allers hinein­gezogen und gegen diesen thatsächlich auch Haftbefehl, bezw. da sein Aufenthalt zur Zeit nicht zu ermitteln war, Steckbrief erlassen. Jetzt hat, wie die Blätter melden, der Rechtsbeistand von Allers aus Neapel an dessen hiesige Verwandte die Nachricht gelangen lassen, daß der Haftbefehl zurückgenommen und das Verfahren eingestellt sei.

Stuttgart, 29. Jan. Der Gemeinderat stimmte in seiner heutigen Sitzung der Errichtung städtischer Apotheken im Prinzip in namentlicher Abstimmung mit 15 gegen 7 Stimmen zu. Es soll an die K. Staatsregierung die Bitte gerichtet werden, zunächst eine Apotheke für die Stadt zu konzessionieren.

Stuttgart, 27. Jan. Der hiesige Gerichtsnotar Mayer ist wegen Verbrechens wider die Sittlichkeit flüchtig. Die Voruntersuchung ist gegen ihn eingeleitet. Gerüchte von Unterschlagungen von Klientengeldern sind bis jetzt nicht bestätigt.

Vor etwa -°/t Jahren wurde der württcmbergische Postwagen zwischen Röthenbach und Jsny aus­geraubt, ohne daß der Thäter bis heute entdeckt wurde. Für den entstandenen Schaden von 10000 muß nun nach Urteil des Landgerichts Ravensburg der damalige Posthalter Jmmler in Jsny aufkommen.

Vom Boden see, 27. Januar. Weitbekannt ist Ermatingen am Bodensee durch den Fischhandel; werden doch seine Seeforellen selbst in Paris feil- geboten und fehlen zur Winterszeit die geräucherten Gangfische weder in Stuttgart noch in Genf auf den Biertischen. Eine große Fischbrutanstalt sorgt für stetige Neubevölkerung des Sees; vor nicht gar langer Zeit wurden 3195000 junge Silberfelchen, l 737000 Gangfischchen und 220000 Aeschen im See ansgesetzt.

Ein alkoholfreies Soldatenheim befindet sich in der nächsten Nähe des württembergischen Truppen­übungsplatzes bei Münsingen. Es wurde mit einem Aufwand von 70000 von dem Süddeutschen Jünglingsbund errichtet, der sich die Aufgabe gestellt hat, zur sittlichen und religiösen Pflege der erwachsenen männlichen Jugend innerhalb seines Gebietes kräftig beizutragen. Eine reichliche Auswahl von einfachen Speisen und Getränken - alkoholhaltige ausgenommen steht in vorzüglicher Qualität und zu billigen Preisen zur Verfügung, außerdem gut ausgestaltete Lese- und Schreibezimmer für Mannschaften und Chargierte ohne Trinkzwang. Bereits im Eröffnungs­jahre fanden sich in dem schönen Heim durchschnittlich 300 Besucher täglich ein, am Sonntag oft über 1000. Im letzten Jahre hat sich der Besuch noch erheblich gesteigert. Die Räumlichkeiten haben sich oft als unzureichend erwiesen, was namentlich von dem Zimmer für Chargierte (30 Sitzplätze) und von dem Lese­zimmer (35 Sitzplätze) gilt. Die Einjährig-Freiwilligen verkehren mit Vorliebe im Haus. Die militärischen Behörden lassen es dem jungen Unternehmen gegen­über an Interesse und Aufmunterung nicht fehlen. Sein konfessioneller Charakter tritt nur in der Form kurzer Abendandachten für freiwillige Besucher hervr. Der Wirtshausbesuch hat sich bei den Mannschaften seit Errichtung des Heinis entschieden vermindert. Auffällig ist, wie ruhig und geordnet es im Soldaten­heim zugeht, selbst wenn alles vollgepfropft ist. Und daß man seinen Dienst leichter und frischer versteht, wenn man am Abend vorher alkoholfrei gelebt hat, das wird Wohl schon so manchem Besucher klar geworden sein.

Bestellungen

auf den

n z t H cr l' e r"

für Februar und März 19V3

nehmen noch alle Postanstalten und Postboten entgegen. In Neuenbürg abonniert man bei der Expedition.

Slus StaSt» Bezirk unS Umgebung.

Neuenbürg, 28. Januar.

Die gestern Abend in den vollbesetzten Räumen . bei K. Pfrommer abgehaltene Kaiserfeier wurde von Stadtschultheiß Stirn mit einer Begrüßungs­ansprache und durch den allgemeinen Gesang der Wacht am Rhein" eröffnet. Nach einem weiteren schönen Vaterlandslied des Turnergesangvereins hatte der Festredner, Stadtvikar Müller, das Wort zu folgender, patriotische Begeisterung erweckenden Rede:

Man muß sich fragen, ob es am Platz ist, Kaisers Geburtstag zu feiern in einer Zeit, da verschieden­artigste Vertreter des deutschen Volkes an bekannter Stelle ungünstige Urteile über den Kaiser abgegeben haben; gewiß in der Absicht und Ueberzeugung, damit der Stimmung des Volkes Ausdruck zu ver­leihen. Wenn die Stimmung thatsächlich so-ist, ist es dann nicht eine bloße Formalität, Kaisers Ge­burtstag festlich zu begehen? Ich glaube trotz jenen Stimmen gibl's deutsche Männer, denen es ein Be­dürfnis ist, an diesem Tag zu einer Feier sich zu vereinigen. Nicht, weit sie nichtnach oben anstoßen", oder nach höyereu Stellungen streben wollen; nicht, weil sie zu feig sind, ihre lleberzeug- ung frei und offen zu bekennen, sondern weil sie deutsch denken und fühlen im Grund ihres Herzens. Ich hoffe, zu diesen gehören wir auch. Darum möchten auch wir doch wenigstens einmal im Jahr mit Gleichgesinnten uns zusammenfinden, um unseren Gefühlen Ausdruck zu geben und uns zugleich fester zusammenzuschließen. Und der Geburtstag des Kaisers ist dazu besonders geeignet. Handelt es sich doch da nicht blos um die Huldigung vor einer ganz be­stimmten Persönlichkeit, sondern auch um die dankbare und verständnisvolle Würdigung des deutschen Kaiser­tums überhaupt, das den Schlußstein bildet am Bau der deutschen Einheit und ohne das die Einheit und Größe des deutschen Volkes unmöglich ist für alle Zukunft. Ein Blick m die deutsche Geschichte des vorigen Jahrhunderts zeigt uns, wie deutsche Ein­heit und deutsches Kaisertum notwendig zu- sam menge hören, wie man sich deutsche Einheit ohne deutsches Kaisertum nicht denken konnte, schon in den Jahren 183050. Wohl war die Idee des Kaisertums noch unklar fast bei allen, welche die Einheit des deutschen Vaterlandes damals anftrebten, aber sie war da; so bei jenem tüchtigen Schwaben Paul Pfitzer, der zum ersten Mal im Jahr 1832 in einer Schrift den Zusammenschluß Deutschlands unter Preußens Führung betont; so auch bei jenem Par­lament, das im Jahre 1848 ff. in Frankfurt tagte, das Freiheit und Einheit des deutschen Volkes herzuftellen hoffte und dem preußischen König Friedrich Wilhelm I V. sogar die Kaiserkrone andot. Daß damals Einheit und Kaisertum nicht zustande kam, ist begreiflich. Denn wenn einmal, so galt in dieser Sache das Wort Paul Pfitzers:Zum Vollbringen eines großen und guten Werkes gehört nicht allein der Wille, sondern auch die Macht". Fürst Bismarck hat das klar gesehen und darnach gehandelt. Aber er hat auch das andere klar gesehen, was ebenfalls Paul Pfitzer aussprach:Wo ist denn

zurückwies! Ec interessiert sich für Sie und wird Ihnen gewiß helfen können, irgend etwas anzufangen, wenn Sie wieder gesund sind!"

Rudi schwieg und wechselte einmal über das andere die Farbe.

Mögen Sie heute gar nicht essen, Herr Keller?"

Sie schob ihm den Teller zu.

Er murmelte ein Dankeswort und nahm noch ein Butterbrot. Dann raffte er seinen Mut zusammen.

Frau Morton, ich habe Sie schon immer fragen wollen: damals, als ich in ihr Haus kam, hat man mir meine Kleider fortgenommen; hat vielleicht Herr Morton einige Gegenstände für mich in Verwahrung genommen?"

Jetzt war auch die junge Frau dunkelrot geworden.

Ja," sagte sie nach einigem Zögern und ohne ihren Gast anzusehen,mein Mann hat den Revolver an sich genommen und in seinen Schreibtisch ver­schlossen!"

D Eine Pause folgte diesen Worten.

Dann sagte Frau Morton leise:Herr Keller, ich kann mir noch immer gar nicht denken, daß Sie so schreckliche Absichten hatten, nicht wahr Sie dachten nicht im Ernst daran sich das Leben zu nehmen?"

Rudi senkte den Kopf und schwieg.

Also wirklich!" sagte sie mit einem tiefen Atemzuge.

Er sah scheu zu ihr auf. Waren das Thränen in ihren Augen?

Frau Morton," sagte er mit stockender Summe, verachten Sie mich nicht zu sehr! Sie wissen nicht, wie einem zu Mut ist, der alles verloren hat, was dem Leben Wert verleiht, der nur Ekel empfindet vor sich selbst!"

Er bedeckte das Gesicht mit beiden Händen.

Ich verachte Sie gewiß nicht!" entgegnete die junge Frau sanft.Ich bedauere Sie nur so sehr. Dachten Sie denn gar nicht an Gott, Herr Keller! Gar nicht an Ihre unsterbliche Seele?"

Er saß regungslos da! Sollte, durfte er ihr sagen, daß er längst nicht mehr an einen Gott glaubte? Nein, sie würde vor ihm zurückschaudern, die kleine, reizende Frau, und das, das konnte Rudi nicht er­tragen! Es fiel ihm ja schwer genug, immer ruhig und kühl ihr gegenüber zu sein, ihr, die er so ab­göttisch verehrte, bei deren Schritt schon sein Herz so stürmisch klopfte.

Der arme Rudi, er hatte schon häufig geglaubt, verliebt zu sein in seinem an Wechselfällen reichen Leben, er hatte auch mancherlei auf dem Gewissen, was ihn in Gegenwart dieser Frau schamrot machte. Und jetzt zum erstenmal war sein Herz wirklich ge­troffen! Jetzt, wo eine unübersteigbare Kluft lag zwischen ihr und ihm.

Frau Morton hatte sich erhoben.

Sie armer Mensch," sagte sie und reichte ihm die Hand,ich will für Sie beten, daß Gott Ihnen wieder Lebensmut gibt!"

Rudi umklammerte ihre Hand wie ein Ertrinken­

der. Dann preßte er seine Lippen darauf, in heißer,

stürmischer Glut.

Die junge Frau war ganz blaß geworden.

Was thun Sie, Herr Keller, lassen Sie meine Hund los!" sagte sie in völlig verändertem Ton. Augenblicklich!" setzte sie streng hinzu, als er nicht sogleich gehorchte.

Da ließ er ihre Hand fahren.

Verzeihen Sie! O verzeihen Sie!" sagte er fast schluchzend.

Sie halte schon das Zimmer verlassen.

Verzweifelt blickte er ihr nach. Er hatte sie be- leidigt, sie, seine Wohlthäterin!

War er denn von allen guten Geistern verlassen gewesen? Nun ging sie zu ihrem Mann und er- zählte ihm alles. Ja, was denn eigentlich? Er hatte ja kein Wort gesagt. Durfte er dieser »Heiligen' nicht die Hand küssen? Lächerlich war es. Sein ganzer Trotz und Menschenhaß bäumte sich empor. Es war ja Unsinn, diese Sache tragisch zu nehmen. Nun,, in Zukunft würde er sich hüten! Frau Morton konnte ganz ruhig sein!

Und jetzt, in den nächsten Tagen wollte der Vater der Frau Morton ihn besuchen, jener alte Prediger, von dem sie ihm erzählt hatte, daß er ein so lieber, herrlicher Mann sei. Natürlich sollte der ihn bekehren. Diese guten Leute machten ja gewiß ein Ge­werbe daraus, jeden, den sie in ihre Fänge bekamen, zu »be­kehren'! Rudi hatte sich nachgerade in eine Entrüstung hineinphilosophiert, welche er selber edel und ge­rechtfertigt genannt haben würde. (Forts, folgt.)