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Botschaft
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insere Abonnenten, mit d Jung vergönnt sein recht viele frohe Tage
Beilage m Ue. 202 des Gnzthalees.
Neuenbürg, Mittwoch den 24. Dezember 1902.
Attgermanische Weihnachtsfeier.
Weihnachtsskizzc von A. K. i. W.
Weihnachten, das schönste Fest des ganzen Jahres, voll Tannenduft und Lichterglanz, inmitten der trüben Winterszeit, reich an Gaben und Freude, steht wieder vor der Thür. Weihnachten ist ein urdeutsches Fest; ja es war das bedeutendste der Feste unserer heidnischen Ahnen und wurde von ihnen schon, wenn auch in anderer Weise gefeiert. Und wir haben gar keinen Grund, uns mit frömmelnder Ziererei dieser Verbindung des christlichen Weihnachtsfestes mit dem Julfest der alten Deutschen zu schämen. Der heutige Name des Festes erinnert nicht nur an die dem Julfest vorangehende Nacht, die vUinott (Weihnacht) hieß, sondern überhaupt an die hohe Bedeutung jener Festzeit mit den bekannten zwölf Nächten (xo eviüeu nabten d. h. an den heiligen Nächten). Das altgermanische Mittwinterfest oder Julfest wurde zu Ehren der Wiedergeburt der Sonne gefeiert. Wir finden darin die innigen Beziehungen der indogermanischen Volksstämme zur Sonne und ihrer Verehrung wieder und zwar um so ausgeprägter und mächtiger, je kälter die neue Heimat war, die sie gefunden. Wo sollte auch der Mensch die Wende der Leben spendenden Sonne mit größerem Jubel begrüßen, als in dem in Eis und Schnee starrenden Norden mit seinen kurzen Tagen und den so langen, sternhellen Nächten? Zu dieser Zeit nämlich stiegen die alten Götter aus Walhalla auf die Erde hernieder, um ihre feierlichen Umzüge zu halten und die Opfer der Sterblichen entgegen zu nehmen.
Nach dem Glauben unserer heidnischen Ahnen ritt der Gründer des Julfestes, Allvater Odin, durch die Welt, ihm zur Seite die Göttermutter Frigga. Ihnen folgte der leuchtende Njordr, der hammerschwingende Thor und die leuchtende Perachta, die segnende und strafende Göttin des Ackerbaus. Wir alle wissen aus unserer Jugend, wie man uns vor Weihnachten fein, artig und brav sein hieß, weil das „Christkindle" an den Häusern vorbeigehe und nachsehe, ob die Kinder eine Gabe verdienen. Das ist niemand anders als die altdeutsche Göttin Berchta, die Kinderfreundin, die den fleißigen Kindern ihre Gaben zum Fenster hineinreicht, während ihr Begleiter Ruprechtden ungehorsamen mit Sack und Rutedroht.
Den Hauptanteil an dem Fest der Wintersonnenwende hatte natürlich Freyr, der Sonnengott, der auf goldborstigem Eber einherreitet, dem Symbol des strahlenden Sonnenkörpers. Bon seiner Verehrung hat das Julfest seinen Namen, denn Jul, altnordisch M, bedeutet das Rad, das Sinnbild der Sonne. Seine Gunst ist den Menschen sehr vonnöten; denn er verleiht der Erde und ihren Geschöpfen Wachstum und Fruchtbarkeit, spendet Regen und Sonnenschein ; er schützt den Frieden und will, daß sein Fest am häuslichen Herde gefeiert werde. Deshalb konnte die Feier seines Festes auch so leicht durch das christliche Weihnachtsfest verdrängt werden, das bei uns so recht eine Familienfeier ist mit seinem Weihnachtsbaum, der, urdeutsch, an die heiligen Bäume der Germanen erinnert und wie Freyr mit Schätzen beladen seinen Segen herunterzuschütteln scheint. Das Fest begann am 14. Dezember mit einer Vorfeier von 3 Tagen und dauerte bis zum 6. Januar. Alle Arbeit ruhte, und jung und alt überließ sich der Lust und Freude. Ueberall ertönte der Festjubel und auf den Bergen rings umher brannten Freudenfeuer. Das germanische Gastrecht zeigte sich in jenen festlichen Tagen aufs schönste; selbst Feinden stand das Haus zur Versöhnung offen. Die zur Feier aufbewahrten Juleber wurden geschlachtet, Brote in Eberform gebacken. Unter Opfern und Schmausereien verlief so die dreitägige Vorfeier. —
Schon die Nacht vor den eigentlichen Festtagen, bü-Miiott. (Schlachtnacht), auch vibuott (Weih- oder heilige Nacht) genannt, wurde feier
lich begangen. In derselben schlachtete der König den gewaltigen Juleber und weihte ihn Freyr. Wenn dessen Blut auf den geweihten Stein floß, legte der Lehnsmann die Hände auf die Rückenborsten des Tieres und schwur dem Könige neue Treue. Hierauf zog das Volk hinaus zur Opfcr- stätte im heiligen Hain, wo in dem Augenblick, da die Sonne sich erhob, ein Eber geschlachtet wurde. Der Priester im Weißen Hemd, das Greisenhaar mit grünem Eichenkranz geschmückt, nahm die Handlung vor. Außer dem Eber wurden dem Sonnengott zu Ehren auch die ihm heiligen Rosse, die in den heiligen Hainen auf öffentliche Kosten gehalten wurden, geschlachtet. Das Blut wurde aufgefangen und das umstehende Volk damit besprengt, aus den Eingeweiden die Zukunft erkundet. Das Haupt, sowie die edleren Teile des Tieres wurden auf dem Altar verbrannt. Das Fleisch des Ebers wurde gemeinsam verzehrt und das in Eberform gebackene Julbrot dazu gegessen. Was Waffen tragen konnte, saß zusammen beim schäumenden Ael oder Met. Ungeheure Trinkhörner machten die Runde unter Trinksprüchen zu Ehren der Götter und gegenseitigen Glück- und Segenswünschen. Im Angesicht des Sonnengottes gelobten sie bei dem begeisternden Becher Bragis, des Gottes der Dichtkunst, daß sie der Väter wert sein und vor der Wiederkehr des Julfestes eine Heldenthat vollbringen wollen, würdig, im Liede besungen zu werden.
In trüben Kriegszeiten nahm das Julfest ein schauerliches Gepräge an, weil Gefangene, Sklaven und Verbrecher als Menschenopfer geschlachtet wurden.
Neben der öffentlichen Feier ging die häus- liche Feier her, wobei das Familienoberhaupt als Priester den Eber schlachtete. Essen, Trinken, Spiele wechselten hiebei miteinander ab. Bekannte und Verwandte beschenkten sich dabei mit Festgeschenken, mit Kleidungsstücken, Backwerk und Spielzeug Solche Geschenke wurden übrigens auch in Rom an den Saturnalien (17. Dezember) gegeben. Man beschenkte sich dort gegenseitig mit allerlei Geschenken, besonders mit Wachskerzen und kleinen Tonfiguren, wie sie Kinder als Spielzeug gebrauchten, und wir können den Nachhall dieser Sitte in unserer christlichen Weihnachtsbescheerung nicht verkennen. In Lappland besteht heute noch die Sitte, dem Julvolke d. i. den Luftgeistern am Weihnachtstage von jedem Gericht etwas vor die Fenster zu stellen; in Schlesien wird an Weihnachten auch den Engeln der Tisch gedeckt. In den skandinavischen Ländern, aber auch in Mecklenburg und Pommern werden die Weihnachtsgeschenke mit dem Ruf „Julklapp" nach vorherigem heftigen Klopfen an die Thüre ins Zimmer geworfen. Dort erinnern auch das Jullicht, der Juleber oder Jul- bock, die Julgrütze, die Julkeule u. a. an das Heidentum. In England wird in dieser Festzeit ein gewaltiger Holzklotz, der Dulelog, ins Feuer gelegt und auch die schon den Druiden heilige Mistel aufgehangeu, unter der dann die Männer jedes weibliche Wesen küssen dürfen.
Mit Einführung des Christentums waren dessen Sendboten eifrig bemüht, die altheidnische Julfeier mit dem christlichen Weihnachtsfeste in Einklang zu bringen und zwar durch Verlegung der Zeit auf 10 Tage später und durch innere Umgestaltung der Feier selbst, die aber erst nach Jahrhunderten ihren heutigen christlichen Cha-
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Vnterh altend er Teil.
„Schweigt, ihr ernsten Glocken, schweiget!"
Eine Weihnachtsgeschichte.
Aber mit übermenschlicher Energie bekämpfte ich meine Schwäche; ich wollte, ich mußte das verhängnisvolle Schreiben zu Ende lesen, ich mußte Gewißheit haben, ob ich, vor einigen Minuten noch die glücklichste Gattin und Mutter,
jetzt das elendeste Weib unter Gottes unendlichem Himmel sei. Und jetzt zünde die Lampe an: das sei dein Weihnachtsbaum, du armes vaterloses Wesen, an welchem du mein Geschenk, den letzten Brief deines unglücklichen Vaters, erhalten sollst. Du selbst sollst den Brief lesen, denn ich wie eine heilige Reliquie aufbewahrt habe, und dann erst wirst du ermessen können, was ich gelitten, und dann erst wirft du verstehen, warum dein Leben nicht so lichtvoll und fröhlich war, wie das anderer Kinder."
Die beiden waren aufgestanden und während die Tochter die mit einem grünen Schirme versehene Lamve anzündete, entnahm die Mutter einer alten Kommode ein eisernes Kästchen, das sie mit einem Schlüssel, den sie stets an ihrem Halse trug, öffnete und nahm aus diesem ein Stück vergilbtes Papier heraus, welches sie der Tochter reichte und sprach mit feierlicher Stimme: „Nimm an das Angebinde deiner unglücklichen Mutter! Mögest du nie vergessen, daß nur du mich an diese Erde gefesselt hast, und laß es mich nie bereuen, daß ich um deinetwillen dieses unselige unnütze Leben erhalten habe! Und nun ließ den Brief laut vor!"
Sie nahmen ihre Plätze wieder ein. Die Tochter entfaltete das Papier und während die Mutter das gefurchte Antlitz in ihren Händen barg, las sie:
Meine heißgeliebte Marie!
„Wenn du diese Zeilen liest, hat ein tückischer Blitzstrahl, der aus dem heitersten Himmel herniederfuhr, unser schönes eheliches Glück bereits zerstört und in ein Meer von Wirrnissen gestürzt, deren Ende nicht abzusehen ist.
„Ein Freund, auf den ich große Stücke hielt, hat mein grenzenloses Vertrauen mißbraucht und mich mit einem Schlage zum Bettler gemacht! Gestern noch einer der Reichsten der Stadt, besitze ich heute nicht einmal so viel, um unserem süßen Kinde selbst den armseligen Christbaum zu kaufen. Ich kann aber das Elend nicht mit ansehen, an das Euch mein blindes Vertrauen zu einem Elenden gebracht hat, und habe mich sofort an die Verfolgung des Räubers meines Glückes gemacht. Möge es ein gütiges Geschick wollen, daß ich ihn erreiche und ihm seinen Raub abjage, denn du siehst mich nur als reicher Mann wieder, oder nie mehr. Unser armes Kind überlasse ich vertrauensvoll Deinem Schutze und bin überzeugt, daß du sie erziehen wirst, wie es immer mein Ideal gewesen. Und nun, einziggeliebtes Weib, lebe Wohl nnd, wenn es im Ratschlüsse der göttlichen Vorsehung beschlossen ist — für immer. Bleibe stark und erhalte dich unserem Kinde und verzeihe den ungeheuren Schmerz, den Dir verursachen muß
Dein bis über das Grab hinaus getreuer
Eduard."
Eine tiefe Stille trat ein, als der Brief zu Ende war, nur unterbrochen von dem heftigen Weinen der beiden Frauen, denn auch oie Tochter, die nach dem Lesen des Briefes das ganze furchtbare Elend der Mutter erkannte, konnte sich der Thränen nicht erwehren und ein Meer von Liebe strahlte aus den Blicken, mit denen sie die hoffnungslos sich ihrem neu geweckten Schmerze hingebende Mutter anschaute, bei dem Gedanken, mit welcher alles verleugnenden Zärtlichkeit diese ärmste aller Frauen ihr ahnungsloses Kind die vielen Jahre hindurch geleitet und vor jedem Schmerze bewahrt hatte.
„Und weiter hast du nichts von dem unglücklichen Vater gehört? fragte sie, als sie sich ein wenig gefaßt hatte.
„Nichts!" stieß diese, immer noch schluchzend, hervor. „Dieser Brief ist das letzte Lebenszeichen, das ich von meinem Gatten erhielt.
„Nachdem ich den Brief gelesen und mein grenzenloses Elend erkannt hatte, war ich eine Zeit lang wie gelähmt. Mein armer Kopf konnte diese plötzliche, so furchtbare Veränderung der Verhältnisse nicht fassen und ich hielt dies
iner Beilage.