krankhafter Störung der Geistesthätigkeit, durch welche seine freie Willensbestimmung aufgehoben gewesen wäre, aber er sei behaftet mit einer solchen Schwächung der Geisteskräfte, daß durch diese seine freie Willensbestimmung sehr erheblich herabgesetzt gewesen sei. Die Geschworenen be­jahten die Schuldfrage, billigten aber mildernde Umstände zu und empfahlen den Ruff, der zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde, der Gnade des Königs.Die Strafkammer verhandelte am 20. ds. u. a. folgende Fälle: Gegen den früheren Gerichtsvollzieher Wilhelm Götz in Schömberg wurde schon im Juni 1901 Unter­suchung eingeleitet wegen Unterschlagung im Amt und Untreue. Götz wurde am 10. Juli 1901 in Untersuchungshaft genommen und am 29. Nov. aus derselben wieder entlassen. Nunmehr be­schloß die Strafkammer, ihn außer Verfolgung zu setzen, denn bei der Verworrenheit der inbetracht kommenden Verhältnisse und der Unzuverlässig­keit mancher Zeugen, reichte das Material zur Anklage nicht aus. Der ledige Taglöhner Johannes Mayer von Albershausen, Oberamts Göppingen, ein vielfach vorbestrafter arbeitsscheuer Mensch, übernachtete am 14. Juli in der Wirt­schaft zumWaldhorn" in Herrenalb. Er kam nach seiner Behauptung aus Versehen in die unverschlossene Knechtskammer und entwendete dort eine an der Wand hängende, dem Dienst­knecht Weidelich gehörige silberne Taschenuhr samt Kette im Werte von 29 Mit dieser Beute begab sich Mayer nach Baden-Baden und verkaufte die Uhr dort an einen Friseur um 7 Mark. In Anbetracht seiner raschen Rückfällig­keit erhielt Mayer wegen einfachen Diebstahls im Rückfall eine Gefängnisstrafe von 3Mo­naten zuerkannt. Ferner verurteilte die Straf­kammer den ehemaligen Bauratsschreiberei­gehilfen in Reutlingen, Hermann Haug, welcher, als seine Thaten ruchbar wurden, vor kurzem nach Amerika sich einschiffen wollte und von Hamburg aus bei Gericht in einem Schreiben in humoristischer Weise Europa Valet sagte, aber vor seiner Einschiffung noch aufgegriffen wurde wegen mehrfacher Unterschlagung im Amte, Be­trügereien und Diebstahl zu einer Gefängnis­strafe von 1 Jahr und 10 Tagen.

Meister- und Gesellenkurse werden in den Monaten Oktober und November von der Zentral­stelle für Gewerbe und Handel veranstaltet und zwar vorerst für Schuhmacher im Maßnehmen, Musterschneiden, Herrichten von Leisten rc. Zu­gelassen werden zu den Kursen Handwerksmeister und ältere Gesellen, namentlich solche, welche sich selbständig zu machen im Begriffe find. Soweit möglich werden für Meister und Gesellen je be­sondere Kurse eingerichtet. Minderbemittelten Teilnehmern an den Kursen kann aus Mitteln der Zentralstelle zur Bestreitung der Kosten der Reise und des Aufenthalts ein innerhalb der vor­handenen Etatsmittel zu bemessender Beitrag ge­währt werden. Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel ist geneigt, soweit die vorhandenen Etatsmittel ausreichen, im Laufe des kommenden Winters auch noch für andere Gewerbezweige Ausbildungskurse zu veranstalten.

Heilbronn, 22. Sept. Eine gestern nach­mittag im hiesigen Schießhaus abgehaltene, sehr zahlreich besuchte Versammlung von Mitgliedern des Bundes der Landwirte aus dem Oberamts­bezirk Heilbronn beschloß einstimmig, dem Ober­bürgermeister Hegelmaier die Kandidatur für die Landtagsabgeordneten-Ersatzwahl im Bezirk Heilbronn anzutragen. Hegelmaier weilt zur Zeit in Berlin.

Tübingen. Eine Frau, die erst kürzlich in der Tübinger Universitätsklinik eine schwere Operation durchgemacht hatte, wurde auf dem Wege von Tübingen nach Unterjesingen von einem Handwerksburschen überfallen, mißhandelt und zu Boden geworfen. Als der Unhold die Frau zu vergewaltigen suchte, schrie sie um Hilfe, worauf der Angreifer sich davon machte. Nach letzterem wird eifrig gefahndet.

Tübingen. 23. Sept. Der freche Geselle, welcher dieser Tage auf der Straße zwischen hier und Unterjesingen eine Frau in unsittlicher Absicht überfiel und mißhandelte, ist in der

Person des 19 jährigen vorbestraften, vor 10 Tagen aus dem Rottenburger Gefängnis ent­lassenen Taglöhners Christian Eipper von Alt- dorf O.A. Böblingen ermittelt worden. Als der Bursche verhaftet werden sollte, floh er, stellte

sich jedoch später selbst dem Stationskommandanten.

Der Cannstatter Polizei gelang es, den gefährlichen Einbrecher Mittelmaier von Amberg mit einerDame", die in seiner Begleitung war, in der Nähe von Wangen zu verhaften.

Laichingen, 22. Sept. Die Genoffenschaft zur Erbauung einer Windmühle, zur Zeit 213 Mitglieder zählend, welche Zahl täglich zunimmt, war kürzlich im Gasthof zumOchsen" hier bei­sammen, um den Rechenschaftsbericht über den Stand und die Kosten des im Rohbau fertigen Gebäudes entgegenzunehmen. Die Ausgaben für das wirklich imposante und sehr solid eingerichtete Gebäude, das seinen Erbauern alle Ehre macht, belaufen sich bis jetzt auf 56 200 worunter der Betrag für den durch Deutz zu liefernden Gasmotor (25pferdig, fix und fertig aufgestellt) mit 1000 ^ bereits gerechnet ist, wie auch die Kosten der Wasserleitung mit 1500 Das Gebäude selbst ist 9 in hoch und ganz massiv. Die Höhe des Gestells, auf welcher das Rad zu stehen kommt, soll 23 in, das Windrad selbst im Umfang 12 in betragen.

Dürrmenz-Mühlacker, 22. Sept. Ein auswärtiger Radfahrer benützte vor ca. 2 Wochen in Mühlacker einen Gehweg und fuhr dabei eine Frau um, die durch den Fall eine Gehirn­erschütterung erlitt und jetzt noch krank darnieder liegt. Vergangene Woche wurde in die Sakristei der hiesigen Kirche einzubrechen versucht und dabei die Thüre und ein Fenster beschädigt. Der Verdacht der Thäterschaft lenkte sich auf einen 12 jährigen Schulknaben, der die That bereits eingestanden hat.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse.s Berückt vom 22. Sept. von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Im Getreidegeschäft ist keine Veränderung eingetreten. An den amerikanischen Märkten war Weizen kleinen Schwankungen unterworfen. Der Wochenschlutz war dagegen gut erholt und Forderungen ziemlich höher gehalten. Für effektive Ware besteht hier fortgesetzt gute Frage, Preise behauptet. Mehlpreise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 28 SO ^ bis 29 ^ «l, Nr. 1: 26 50 bis 27

Nr. 2: 25 ^ bis 25 SO . Nr. 3:

23 50 ^ bis 24 Nr. 4: 20 ^ SO ^ bis

21 ^4 -r. Suppengries 28 so bis 29

Kleie 9 -k

Obstpreiszettcl.

Stuttgart, 22. Sept. I Mostobstmarkt.s Auf

dem Nordbahnhof Stuttgart wurden heule zugesührt: 7 Wagen aus der Schweiz, Preis 620640 per 10000 Kilo bahnamtliches Gewicht, 1 Wagen aus Preußen, 2 Wagen aus Italien, Preis 700 ««, zus. 10 Wagenladungen zu ca. 10 000 Kilogr. Mostäpscl. Kleinverkauf 3.40 bis 3.70 per Ztr.

Ausland.

Der französische Ministerpräsident Co mb es hielt am Sonntag in dem Orte Matha, De­partement Charente Jnforieure, eine große Rede. In derselben verteidigte er zunächst nochmals das Vorgehen seiner Regierung gegen die Kongre­gationen, streifte dann im Allgemeinen die aus­wärtige Politik und kam hierbei auch auf den Pelletan-Zwischenfall zu sprechen. Combes charakterisierte die vom Marineminister Pelletan auf Corsika und in Biserta gehaltenen Reden

freilich nannte er keine Namen als rednerische Improvisationen, die in der warmen Stimmung eines Bankets ergangen seien und protestierte namens des Gesamtkabinets gegen die Ausbeutung der Pelletan'schen Reden durch die Gegner der Regierung. Weiter betonte Combes, daß in Angelegenheiten der inneren Politik Frankreichs nur der Ministerpräsident, in solchen seiner auswärtigen Politik nur der Minister des Aeußeren im Namen der Regierung sprechen könne, woran er die Erklärung anreihte, die heutige radikale Regierung in Frankreich habe noch bis zur Stunde nichts an ihrem von allem Anfang an bekannt gegebenen gesamten poli­tischem Programm geändert. Zuletzt Pries der Ministerpräsident die republikanische Regierungs­form als die einzige, welche Frankreich das Heil bringen könne. Nach diesen Auslassungen des Ministerpräsidenten scheint es beinahe, als ob

Herr Pelletan seine kürzlichen rednerischen Ent. gleisungen keineswegs mit dem Verlust seines Portefeuilles werde zu büßen haben.

Paris, 23. Sept. Der Deputierte Cochin erklärt im Journal des Depats, daß er infolge der Rede des Ministerpräsidenten auf die von ihm beabsichtigte Interpellation über die Reden Pelletans und Andres verzichte.

Christiania, 23. Sept. Der deutsche Kaiser hat an den neulich heimgekehrten Nordpolforscher Kapitän Sverdrup folgendes Telegramm gerichtet: Aus vollem Seemannsherzen einen freudigen Gruß, Glück und Willkommen zur Heimkehr. Ich Preise Gott mit Ihnen, der Sie, das Schiff und die tapfere Mannschaft zu den Ihrigen zu­rückgeführt hat. Wilhelm I. II.

Haag, 23. Sept. General Dewet erhielt gestern die Nachricht von dem Tode seines 13. jährigen Sohnes in Südafrika, nahm aber trotz- dem an einer Besprechung mit den anderen Generalen heute vormittag teil.

New-Uork, 22. Sept. Präsident Roosevelt hielt gestern in Cincinnati eine Rede über die Trusts, in welcher er sich wiederum als Gegner derselben bekannte. Der Präsident erklärte die Einschränk­ung der Trusts durch Gesetze für notwendig.

New-Aork, 22. Sept. Nach einem Tele­gramm aus St. Vincent erfolgte aus dem Soufriere eine neue Eruption mit Donnergetöse, jedoch ohne Lava.

Im venezuelanischen Bürgerkriege rückt die Entscheidung heran. Präsident Castro traf an der Spitze von 3600 Mann in Valencia ein und vereinigte sich dort mit General Garrido, welcher 2500 Mann befehligt, dann marschierte diese Streitmacht nach Tocuyto ab, um die Insurgenten unter Mendoza anzugreifen.

Bozen, 21. Sept. Die Leiche des seit dem 7. Juli vermißten Amtmanns Cloß von Heiden­heim wurde von Bergführern in den Wänden der Pala di San Martino gefunden und wird nach San Martino di Castrozza gebracht werden,

Saragossa, 23. Sept. Vier Räuber hielten in der Nähe von Calatayud einen Personenzug an. Die Reisenden zwangen sie jedoch zur sofortigen Flucht; einer der Räuber wurde verhaftet.

Vermischtes.

Zabern, 19. Septbr. Die Leiden eines Fremdenlegionärs hatte so recht ein gewisser Fritz Müller von hier kennen gelernt. Nach Beendigung der harten Dienstzeit in der Legion war er stellen- und mittellos und entschloß sich daher, nach Transvaal zu gehen. Hier wurde er ver­wundet und kampfunfähig. Nach Friedensschluß Wurde er nach Marseille befördert. Körperlich gebrochen und aller Mittel entblößt, marschierte er zu Fuß bis nach Paris, wo ihn kürzlich mit­leidige Seelen, die ihn in der Frühe in beklagens­wertem Zustande aufgefunden hatten, aufnahmen und stärkten. Jetzt verrichtet er Kellnerdienste in Paris.

Mühlhausen, 21. Sept. Ein 80 jähriger Greis versuchte vorgestern hier seinem Leben ein Ende zu machen. Am Geländer der Jllbrücke bei der Militärbadeanstalt wollte er sich erhängen, das Seil riß jedoch und der Lebensmüde stürzte ins Wasser. Ein in der Nähe arbeitender Ackers­knecht sah den im Wasser Treibenden und brachte ihn ans Land. Der Retter ist ein 72 jähriger Greis.

Donaueschingen, 20. Sept. Ein Unter­offizier des Artillerieregiments 76 verlor an einem der letzten Manövertage auf dem Wege von Pfohren nach Hüfingen eine Brieftasche, deren Wertinhalt im Betrage von 11000 einem Offizier seines Regiments gehörte. Ein junges Mädchen fand das Wertstück, lieferte es ab und erhielt eine Belohnung von 20 ^ Diesen ge­ringen Finderlohn teilte die Brave noch mit einem Kinde, das beim Auffinden der 11000 Mark zugegen war.

sDie Sparsame.) Junge Frau:Nun sollst du mir noch einmal sagen, daß ich verschwen­derisch bin, Männchen! Heute habe ich von den Heringen das Salz abgethan und es zum Salzen der Fleischbrühe verbraucht!"

LM" Mit einer Beilage. "ML

Redaktion, Druck und Vertag von C. Meeh in Neuenbürg.