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Ein triumphierendes Lächeln glitt um ihre vollen Lippen, während mich ein heißer Strahl aus ihren unergründlichen schwarzen Augen traf, sodaß mein Herz im unsagbar süßen Gefühle mächtig aufwogte.

Die langen seidenen Wimpern veschleierten ihre Augen wieder.

Wenn Du mich liebst, Olaf, so verberge die Leiche des Knaben, sprach sie und nimm also Teil an dem, was ich gethan habe. Der Stamm der Eiche ist hohl, wie gemacht für ein geheimes Grab.

Ohne ein Wort zu erwidern, nahm ich die Leiche und schob sie durch eine klaffende Spalte des hohlen Stammes.

Nun bin ich Dein, flüsterte ich und schlang meinen Arm um ihre schlanke Gestalt.

Sie küßte mich mit leidenschaftlicher Zärt­lichkeit, die meine Sinne vollends in Aufruhr brachte.

Sodann verließen wir Arm in Arm den unheimlichen Ort.

Die Sonne war gesunken der Abend­himmel erglänzte aber noch, als seien Ströme Blutes darüber ausgegossen worden.

Der Sturm wurde stärker. Die Aeste und Stämme der Bäume ächzten, stöhnten und knirschten.

Schweigend schritten wir dahin. Es be­schlich mich doch ein leises Grauen bei dem Ge­danken an das tote Kind.

Da blickte mich Feodora heiß an und ver­schwunden war das Grauen. Ich sah in ihr nur noch das schöne Weib, nicht die Mörderin.

Sie brach das Schweigen.

Olaf, wenn Du mich gewinnen willst, mußt Du mich erst von dem Manne befreien, der mich durch das Band der Ehe an sich gefesselt hat. Ich habe das Kind getötet, töte Du ihn!

Ich aniwortete nicht.

Ihre schwarzen Augen hingen unverwandt an meinem Antlitz und bezauberten mich.

Olaf, fuhr sie fort, ich muß mich vor Dir fürchten, weil Du meine Thaten kennst. Du hast dadurch eine Gewalt über mich gewonnen, die mein Herz von Dir stößt. Ich kann Dich nur wieder lieben, wenn ich eine gleiche Macht über Dich erlange. Deshalb mußt Du Willibald töten, Du mußt es! Begreifst Du?"

Da nickte ich und sagte: Ja!

Sie dankte es mir mit einer Flut stür­mischer Küsse.

Ich war wie berauscht. Sie hatte alle Glut der Sinne in mir aufgewühlt, daß ich einem verschmachtenden Wüstenwanderer glich, der, um einen Tropfen Wasser zu gewinnen, vor einem Morde nicht zurückschreckt. Eine wahn­sinnige Leidenschaft hatte mich ergriffen. Wild Pochten alle meine Pulse, wild wogte mein Herz.

Genug, das unvergleichlich schöne Weib war meine Göttin geworden, von der ich alles Glück des Lebens erwartete, eine unermesfene Seligkeit.

Es wußte thatsächlich noch niemand, daß sie mit dem Förster Willibald vermählt worden war, einem Knaben das Leben geschenkt hatte.

Das Kind war bei einer Bäuerin in Pflege gewesen. Feodora hatte es an diesem Tage wieder geholt mit dem Vorsatz, es zu töten.

Wer Feodora eigentlich war, davon hatte die Bäuerin keine Ahnung. Feodora hatte sich ihr gegenüber einen falschen Namen beigelegt.

Ich geleitete Feodora nach Hause, das in einer der schönsten Straßen Malmö s lag und folgte ihrer Einladung zu einer Tasse Thee nur zu gerne.

Als wir nebeneinander hinter dem Thee- tisch saßen, vertraute sie mir ihre geheimsten Pläne an. Es war ein gewagtes Vertrauen, das mich in Erstaunen setzte. Ich hätte ja all' ihre Kreise stören und sie ins Verderben stürzen können. Sie glaubte aber zur Ausführung ihrer Pläne eines Genossen zu bedürfen und diesen in mir gefunden zu haben.

Ich hatte mich ja Plötzlich sterblich in sie verliebt und mich schon bereit erklärt, den Förster Willibald zu töten.

Sie war so liebenswürdig, so verführerisch schön, daß ich vor keinem noch so großen Ver­brechen zurückgeschreckt sein würde, nur um sie als mein Weib zu gewinnen.

vermischtes.

(Ein Jubiläum von Schwäbisch-Hall.) Die alte Reichsstadt Schwäbisch-Hall im württem- bergischen Jagstkreise gedachte am 9. Sept. des Tages, an dem vor 100 Jahren infolge des Lüneviller Friedens württ. schwarze Jäger hier einrückten, eine Okkupation, die am 25. Noo. 1802 durch Leistung des Huldigungseids seitens der Zivilbeamten zur endgiltigen Einverleibung der Stadt in das württ. Gebiet führte. In der Münze der ehemaligen Reichsstadt wurden die ersten Heller (richtiger Häller) geschlagen, ein früher silbernes Geldstück, das neuerdings wieder von Oesterreich bei Einführung der Kronenwährung in Umlauf gebracht worden ist. Aeltere Leser dieses Blattes werden sich er­innern, noch Heller gesehen zu haben; wenigstens prägten vor fünfzig Jahren noch Württemberg, Hessen und Sachsen-Gotha (dieses I V- Heller) Hellerstücke aus. Auch ältere sächsische Heller versuchten zuweilen noch auf den Wert eines Pfennigs Anspruch zu machen, verrieten sich in der Regel aber durch ihre Kleinheit.

Elberfeld, 15. Sept. Die Frage, ob man ein fremdes Kind züchtigen darf, ist bisher wenig geklärt. Ein sächsisches Oberlandesgericht hat die Frage bejaht. Die hiesige Ferienstraf­kammer hat sich aber kürzlich auf den entgegen gesetzten Standpunkt gestellt. Einige Jungen hatten in Velbert häufiger Kletterübungen bis zum Dache eines Aborts des Kaufmanns W. gemacht und dabei das Dach beschädigt. Als W. eines Tages einen zehnjährigen Knaben bei den Kletterübungen abfaßte, verabreichte er ihm eine kräftige Fracht Prügel und wurde deshalb vom Schöffengericht wegen Mißhandlung zu 15 Geldbuße verurteilt. Die Strafkammer verwarf die Berufung mit der Begründung, daß in einem solchen Falle dritten Personen, Lehrer und Er­zieher ausgenommen, ein Züchtigungsrecht nicht zustehe. In einer seiner letzten Sitzungen hat dasselbe Gericht aber den Schlosser B. aus Remscheid, der einen Jungen beim Stehlen von Obst überrascht und deshalb mit einem Stock durchgeprügelt hatte, freigesprochen. Die Straf­kammer war mit dem Schöffengericht der Meinung, daß B. in berechtigter Selbsthilfe gehandelt habe und einestrafbare Mißhandlung daher nicht vorliege.

Berlin, 15. Septbr. DieNordd. Allg. Ztg." bringt folgende Statistik, bei deren Lesen einen ein gelindes Grauen befällt: 1207710V» Bogen Papier sind im Dienste der Stadt Ber­lin im letzten Jahre verschrieben worden, 26 930 mehr als im Vorjahre, lieber diese Bogenzahl ergossen sich, durch die Kanäle von 471 801 Stahlfedern und 225 Federposen geleitet, 2741"/» I Tinte. Um etwa überschüssige Tinte abzulöschen, wurden 68 375 Bogen Löschpapier verwendet.

Merzweiler, 15. Septbr. Eine fast 30jährige Taube besitzt, wie dieHag. Ztg." meldet, ein hiesiger Taubenliebhaber. Diese hoch­betagte Taube ist seit dem Winter 1874, in dem ihr an einem Fuße die Zehen völlig erfroren sind, invalide. Dadurch sind ihre Bewegungen gehemmt und sie konnte seitdem keinen Ausflug ins Freie unternehmen. Dafür führt diese Pa- triarchin unter den Tauben ein stillbeschauliches Dasein in der Zurückgezogenheit und liegt trotz ihres hohen Alters fleißig dem Brutgeschäft ob.

15 Jahre hat das 22 jährige Dienstmädchen Zirkan zu Marienburg eine Haarnadel im Körper gehabt. Sie wurde wegen einer Fistel am Bein, die ihr große Schmerzen verursachte, ins Marienhaus zur Behandlung gebracht. Als der dortige Arzt, der anfangs glaubte, daß eine Knochensplitterung vorlag, noch mit einem zweiten Arzt zur Operation schritt, kam anstatt des Knochens nun eine Haarnadel zum Vorschein, die ganz verrostet herausgezogen wurde. Auf Befragen sagte das Mädchen, daß es im Alter von 7 Jahren eine Haarnadel hinuntergeschluckt, sonst aber nie Schmerzen verspürt habe.

In Ardatowerwürgteeinl5jähriges Kinder­mädchen beide Kinder seiner Dienstherrschaft. Bei der Verhaftung gestand die Mörderin, daß sie schon in der Stadt Melinki, wo sie früher gedient, sich einiger ihr langweilig gewordener Kinder entledigt habe.

(Ein Ort ohne Hunde) wird vom 1. Oktober an die Kolonie Borsigwalde bei Tegel in der Nähe von Berlin sein. Das Abvermieten von Räumen an Schlafburschen und das Halten von Hunden ist nach diesem Termin dort verboten. Ein Gefühl des Neides wird manchen Münchner beschleichen, wenn er diese Notiz ließt.

(Ein Gemütlicher.) Zwei Hitzköpfe kriegen beim Skatspielen Streit, sodaß sie sich gegenseitig eine gewaltige Ohrfeige versetzen.Aber, meine Herren," bemerkt der Dritte mißbilligend, nach, dem sich die Gemüter beruhigt haben,brausen Sie doch nicht gleich so auf ... . jetzt wissen wir wieder nicht, wer Karten giebt!"

(Eine alte Sage.s Reisender:Ist das der Jnselberg?" Schaffner:Ja, mein Herr fast der höchste Berg in Thüringen."Knüpfen sich auch vielleicht Sagen an diesen Berg?« Genug."Können Sie mir eine nennen?" Jawohl. Zwei junge Leute gingen einst auf den Berg und kamen nicht wieder zurück." Ei, was wurde aus ihnen?"Sie sind halt auf der anderen Seite heruntergegangen.«

sEinweihung.s Apotheker (zum neuen Lehr­ling): . . . Und das ist aqua ck68tillata. Das geben wir den Patienten in ganz verzweifelten Fällen wenn wir nämlich ein Rezept absolut nicht lesen können!"

Gedankensplitter.

Willst du stark sein, so gewahre deine Schwächen! Seifenblasen und Luftschlösser spielen in den schönsten Farben; jene verzehrt ein Lusthauch, diese das Leben.

Kopf und Herz sind moralische Zwillinge; sorge da­für, daß keiner verkürzt werde.

Was als nützlich du erkannt,

Thue willig, unverwandt.

Krenzriitsel.

12 Stadt in Böhmen, 1 4 ein / ^ Nagetier, 4 4 Volk in Nordasrika, ^4 2 europäische Hauptstadt, 1 3 ein

2 . 4 heiliges Buch.

Auflösung der zweisilbigen Charade in Nr. 146.

Bildhauer.

Mutmaßliches Wetter am 23. und 24. Septbr,

Bei vorherrschend östlichen Winden und wärmerer Temperatur ist für Dienstag und Mittwoch fortgesetzt trockenes und heiteres Wetter in Aussicht zu nehmen,

Neueste Nachrichten u. Telegramm.

Berlin, 21. Sept. Laut einer Meldung derNordd. Allg. Ztg." ist dem Reichskanzler vom ostasiatischen Verein mit Beziehung auf die Befriedigung der deutschen Entschädigungs­ansprüche aus den chinesischen Wirren ein Dank­schreiben zugegangen, wonach bisher 39 Prozent Schadenersatz gezahlt sind und weitere Teil­zahlungen zum Ende des Jahres in Aussicht stehen. Es heißt dann weiter: Wenn auf diese Weise für die deutschen Kaufleute erreicht wurde, was unter den obwaltenden Umständen erreich­bar ist, so ist es in erster Linie dem wohlwollen­den Verständnis zuzuschreiben, das die Reichs­regierung den Bedürfnissen und Wünschen der beteiligten Kaufmannschaft entgegengebracht hat, sowie der zielbewußten Energie, womit sie diese Wünsche vertreten hat. Die deutsche Kauf­mannschaft empfindet freudigen Stolz über dieses kraftvolle Eintreten ihrer Regierung für die Interessen des deutschen Handels. Sie wird hierin den Ansporn zu immer weiterem Vor­wärtsstreben im friedlichen Wettbewerb mit an­deren Völkern erblicken.

Paderborn, 21. Sept. (Amtliche Meldung.) Gestern nachmittag 5.40 Uhr ist auf dem Eisen­bahnübergang der Chaussee PaderbornLiPP- springe die Equipage des Kaufmanns Konrad Wa- gener aus Lippspringe von einem Personenzug über­fahren worden. Der Kaufmann Albrecht aus Elber­feld wurde sofort getötet. Fräulein Marie Lecke­mann aus Styrum wurde schwer verwundet, Fräulein Auguste Ten-Eisken auS Essen a. d. Ruhr wurde leicht verletzt. Der Kutscher Engel­bert Schmidt aus Lippspringe erlitt unbedeutende Verletzungen. Das Pferd des Einspänners wurde getötet.

Redaktion. Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.