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Newyork, LI. Aug. Franz Sigel, einer der Führer im badischen Aufstand 1849, General im amerikanischen Bürgerkrieg, ist gestorben.
Leipzig, 24. Aug. Wie die Leipziger Neuesten Nachrichten melden, werden die Burengenerale Dewet und Delarey im September in Berlin eintreffen. Der Burenhilfsbund wird den Generalen beim Eintreffen einen Festabend geben und ihnen einen großen Fonds zu Unterstützungszwecken überreichen.
Berlin, 22. Aug. Bei dem Festmahle, das zu Ehren der Offiziere des deutschen Schulschiffes „Stein" gestern in Dover gegeben wurde, hielt nach einer Meldung des Lokal- anzeigerS der Vicepräsident der Hafenverwaltung, Sir Willian Crundal die Festrede. Er erinnerte an den vorjährigen Besuch des „Stein" und sagte dann u. a., der deutsche Kaiser, ein hochbegabter Herrscher werde nicht weniger vom englischen als vom teutschen Volke verehrt. Diese Bewunderung beruhe auch einigermaßen auf der Verwandtschaft mit dem königlichen Hause von England. Die gefühlvolle Gedenkrede, die der Kaiser kürzlich auf seine Mutter hielt, sei allen Engländern zu Herzen gegangen. Kaiser Wilhelm sei ein Mann von großem vielseitigen Streben, unbeugsamer Thatkraft und von höchsten Idealen beseelt. Sein Losungswort sei: In Allem tüchtig. Er bekunde lebhaftes Interesse für Handel und Industrie, indem er bei jeder Gelegenheit deutschen Handel und deutsches Gewerbe in allen Weltteilen auszudehnen bedacht sei. Er nehme auch lebhaftes Interesse an den Hafenbautcn von Dover, wo der Hamburg-Amerika-Linie Gebäude zur Verfügung gestellt werden sollen. Vor allem aber sei der Kaiser von tiefreligiösen Gefühlen beseelt. Die Rede schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Dann folgte ein Trinkspruch auf die deutsche Marine und das deutsche Heer. Den Toast erwiderte der Kommandant des Schulschiffes Stein. Er sprach die Hoffnung aus, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen England und Deutschland immer fortdauern. Der Marineattache der deutschen Botschaft in London brachte einen Trinkspruch auf die englische Marine und die englische Armee aus.
Berlin, 22. Aug. Nach einer Meldung aus Hamburg drangen heute morgen um 4 Uhr Einbrecher in das in der Eckenförderstraße gelegene Hotel St. Paulihof. Infolge des von Ihnen gemachten Lärms erwachte der dreißigjährige Hausdiener und wurde von den Einbrechern überfallen und durch Messerstiche getötet. Die Mörder konnten unentdeckt entfliehen.
Berlin, 22. August. Der König von Italien wird während seines Aufenthaltes in Berlin nicht nur die hiesige italienische Kolonie, sondern auch die italienische Kolonie von Kopenhagen, welche zu diesem Zwecke eigens nach Berlim kommt, empfangen.
Berlin, 23. Aua. Im Befinden Virchows hat die Besserung leider nicht angehalten. Trotzdem der Appetit des Paiienten als leidlich bezeichnet werden kann, macht sich dennoch ein langsames Schwinden der Kräfte bemerkbar.
Berlin, 23. Aug. Der 68jährige Geheime SanitätSrat vr. Hermann Schlesinger hat
heute früh Selbstmord durch Vergiften begangen. lieber die Beweggründe zu der That hat sich bisher noch nichts ermitteln lassen.
Potsdam, 23. Aug. Heute morgen wurde die verwitwete Frau Justizrat Jßmer in ihrer Hierselbst, Spandauerstraße 17, belegenen Villa e r- mordet aufgefunden. Es ist anzunehmen, daß der Mord in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag verübt worden ist. Vom Thäter fehlt jede Spur. Untersuchung ist sofort eingeleitet worden. Es liegt unzweifelhaft Raubmord vor.
G m u n d e n, 25. Aug. Herzogin Albrecht von Württemberg ist gestern abend 6'/« Uhr verschieden. Wie der „Frankfurter Zeitung" berichtet wird, trat bereits gestern früh Herzschwäche ein. Die Aerzte nahmen Kampfer-Einspritzungen vor, welche den Tod verzögerten. Die Herzogin war bis zum letzten Augenblick bei vollem Bewußtsein und ließ den Gemahl, die Kinder und die ganze Familie ans Sterbebett kommen, wo sie von allen herzlich Abschied nahm. Gefaßt sah die Herzogin dem Tode entgegen. Ihre letzten Worte waren: ich sterbe gern — ich gehe ein zum Herrn. Auf eigenen Wunsch versah der Altmünster Pfarrer die Sterbende mit der letzten Oelung.
Salzburg, 22. Aug. Zwischen Naßfels und Pöggstein ging eine Steinlawine nieder und verschüttete zwei Wagen, die gerade die Straße passierten. Ein junger Mann wurde dadurch getötet, eine Dame aus Gastein schwer verletzt.
Bukarest, 23. August. Das Blatt Ade- verul bringt die sensationelle Meldung, daß das macedonische Konnte die Ermordung des Sultans und falls dies unausführbar, die Ermordung des Großveziers für den 7. September beschlossen habe. Zu diesem Zwecke habe sich ein zwölfgliedriges Konnte gebildet, wovon bereits 6 Mitglieder nach Konstantinopel abgereist sind und die übrigen 6 sich nach Saloniki begeben werden. Zur Ausführung der That sei ein Italiener gedungen, der über Triest nach Konstantinopel reisen werde.
Brüssel, 22. Aug. Zum Empfange des Burengenerals Louis Botha, der gestern abend 7 Uhr eingetroffen ist, wird gemeldet: Sobald der Zug zum Stillstand gekommen war, stürzte sich eine nach Hunderten zählende Menge zum Eisenbahnwagen und riß den General förmlich zum Wagen heraus. Frauen fielen ihm um den Hals und entlockten ihm Thränen der Rührung. Unter dem Rufe: „Es leben die Buren" wurde Botha im Triumph zum Bahnhofausgang getragen. Tausende von Personen hatten vor dem Bahnhof Aufstellung genommen und brachten dem General eine begeisterte Ovation dar. Der General bestieg einen Landauer und fuhr zur Wohnung seiner Gattin, wo ihm ein rührender Empfang zu Teil wurde. Beim Umarmen seiner Kinder brachen alle Anwesende in Thränen aus. Botha wird mehrere Tage hier verweilen.
Paris, 22. Aug. Die Blätter berichten aus Mentone, daß Präsident Krüger dort eine Villa gemietet habe und den Winter dort zuzubringen beabsichtige.
Dublin, 23. Aug. Der Gemeiuderat ron Limerick in Irland hat den Burengeneralen Botha, Dewet und Delarey das Bürgerrecht verliehen.
Vermischtes.
— Auf der Gastwirtsgewerblichen Ausstellung inHamburg wurde der altbekannten Maggi-Gesellschaft Berlin wieder die höchste Auszeichnung (Goldene Medaille) zuerkannt.
— Obsternte-Aussichten in Württemberg im Monat August; mitgeteilt vom Kgl. Statist. LandeSamt:
Die Aussichten auf eine mittlere Obsternte haben sich, wenigstens was die Aepfel betrifft, nicht nur nicht erhalten, sondern sogar etwas gebessert, während in Birnen nur eine geringe Ernte in Aussicht steht. Von im Ganzen 108 eingekommenen Berichten melden in Aepfeln eine voraussichtliche sehr gute Ernte 1 Bericht (Marbach), eine gute bis sehr gute 1 Bericht (Riedlingen), eine gute 16 (Backnang, Vaihingen, Weinsberg-Waldorte, Calw-Oberamtsbezirk, Nagold, Oberndorf, Aalen, Heidenheim-west. Bezirk, Schorndorf, Welzheim, Ehingen, Kirchheim-Thalbezirk, Riedlingen, Saulgau-südlicher Teil, Ulm); eine gute bis mittlere 25, eine mittlere 45, eine mittlere bis geringe 13, eine geringe nur 6, eine geringe bis sehr geringe nur 1 Bericht. In Birnen melden eine voraussichtlich gute Ernte nur 2 Berichte (Cannstatt, Oberndorf), eine gute bis mittlere nur 1 Bericht (Stuttgart- Stadt), eine mittlere oder annähernd mittlere 19 Berichte. Der Stand des WeinstockS hat sich ebenfalls gebessert. Die Weinberge stehen schön und gesund; nur sind die Trauben an den Nachtrieben in der Entwicklung noch etwas zurück; vereinzelt tritt die Blattfallkrankheit und der falsche Mehltau auf. Warme und trockene Witterung wäre für die Weiterentwicklung der Trauben dringend erwünscht. Von den aus 39 Erhebungsbezirken eingekommenen Berichten über den Stand der Weinberge lauten 3 (Stuttgart-Amt, Urach, Ravensburg) auf gut, 2 (Cannstatt, Herrenberg) auf gut bis mittel, 14 (Cannstatt, Eßlingen, Leonberg-östl. Teil, Marbach, Neckarsulm-Neckar- und Kochergebiet, Stuttgart-Stadt, Suttgart-Amt, Vaihingen, Waiblingen, Weinsberg-Thalorte, Urach, Gerabronn, Welzheim, Schorndorf, auf mittel, 8 auf mittel bis gering, 7 auf gering, 5 auf gering bis sehr gering.
LmdmrtMtl. KeMsmn« " .
Bei der Heuer durch die Farrenschaubehörde vorgenommenen Prämierung von Zuchteber« sind folgende Preise erteilt worden:
». No» der Fr. ZcntrMrllr für dir Faudmrlschast an
1. Dongus, Georg, Bauer in Deckenpfronn 30
2. Heldmaier, Michael, Bauer in Stammheim .30 „
3. Dürr, Georg, Bauer in Simmozhei m 20 „
zus. 80
b. vom landwirtschaftlichen Kesirksvrrein an
1. Schmid, Gottlieb, Bauer in Dachtel 10 ^.,
2. Reutter, I., Bauer in Althengstett 10 „
zus. 20
Calw, 23. August 1902.
Vereinssekretär
Fechter.
von Walter Carpenters Nachlaß auftrsten. Gelingt es uns nicht, sie auf dem Dampfer unschädlich zu machen, so muß die Arbeit auf australischem Boden geschehen."
„Bravo, James! So höre ich dich gerne reden. Aber vorhin — beim Teufel! — vorhin hatte ich beinahe Angst, die Sache wäre dir leid geworden, und du wolltest von unserem Usbereinkommen abspringen."
„Nachdem ich bereits zweihundert Pfund Sterling daran gehängt 2 — Gewiß nicht!"
„Das freut mich, James, — das freut mich kannibalisch! Doch sage mir, wie stellst Du Dir die Ausführung der Hauptsache vor? Wie wollen wir's an- fangen, damit unsere Konkurrenten Brisbane nicht erreichen?"
„Schweig! — Habe ich Dir yicht gesagt, daß ich von keinem Programm mehr etwas wissen will? Ich wiederhole: wir müssen die Ereignisse an uns herantreten lassen. Sie allein dürfen unsere Entschlüsse bestimmen. Bietet sich dann eine günstige Gelegenheit, sei es auf dem Meer oder zu Lande, so wird ein Wort, — ein Blick genügen, uns darüber zu verständigen, was geschehen soll. Jetzt nur noch eine Frage: Besteht keine Gefahr, daß . die jungen Leute uns wiedererkennen, wenn wir Wochen lang, auf dem engen Raum des Dampfers beschränkt, neben ihnen leben müssen?"
„Dich kennen sie unter keinen Umständen. Sie haben Dich ja nur einmal während des kurzen Moments gesehen, als wir in des Traubenwirts Kutsche stiegen, um Grünstadel den Rücken zu kehren. Ich jedoch mußte freilich länger mit ihnen verhandeln, weil Erklärungen zu geben waren, wie das Hundevieh, das wir dann dem Herrn Julius wieder schenkten, in unseren Besitz kam. Auch sahen sie mich mehrmals, wie ich bei der Verpackung unserer Reisekoffer mithalf. Dennoch fürchte ich nicht, von ihnen erkannt zu werden. Der Unterschied zwischen einem galonnierten englischen Bedienten und einem australischen Farmer, der sich
in Deutschland in rheinländische Bauernkleider gesteckt hat, ist zu groß, als daß er einen Vergleich zuließe. Zudem trage ich zehntägige Bartstoppeln im Gesicht, die mich so entstellen, daß mir mein eigenes Spiegelbild fremd erscheint. Da nun die jungen Herren ohne Zweifel erster oder zweiter Klaffe fahren und die Kajüte benützen, während wir, als sparsame Bauern, uns im Zwischendeck verkriechen, so dürfen wir nur einigermaßen vorsichtig sein, dann werden wir ihnen ohnehin wenig genug unter die Augen kommen."
„Gerade so wünsche ich es, John! Kommt aber die Notwendigkeit, vor sie hinzutreten, an uns heran, dann — soll es eine kurze Begegnung sein, welcher ein Abschied auf Nimmerwiedersehen folgt. Verstehst Du, was ich damit sagen will?"
„Vollkommen, James!"
„Und kann ich auf Dich zählen?"
„Zu jeder Minute. Weder die Verbrecherkolonie noch der Galgen soll mich abschrecken."
„Gut so. Nun wollen wir wieder zurück nach der Stadt und unserer Herberge. Der Wind bläst so heftig, daß mir Schauer über die Haut laufen, und wenn ich's w'cht besser wüßte, so glaubte ich, bei den Eskimos zu lustwandeln, statt im vielgepriesenen Wunderland Italien."-—
Der an der Quaimauer des inneren Hafens von Brindisi festgelegte Dampfer „Cerberus" war ein stattliches Schiff. Die von der Bora gepeitschten Wogen der stürmisch aufgeregten Adria zerschellten schon an den Dämmen und Molen des Außenhafens zu Schaum und Gischt; sie waren nicht mächtig genug, ihre wcißgekiönten Wellenhäupter durch den langen Pigonatikanal bis an den Kai zu schleudern. Der weißangestrichene Schiffskoloß lag daher, mit starken Tauen befestigt, so ruhig an der Mauer, daß er sich nicht einmal schaukelte.
(Fortsetzung folgt.)