Neuenbürg, 12. Juli. Bon Niebelsbach, Gräfenhausen und Obernhausen hört man einstimmig, daß die Traubenblüte bei dem sonnigen Wetter der letzten 10 Tage in günstiger Weise verlaufen ist. Es zeigte sich erfreulicherweise, daß sich die Reben meist gut erholt haben. Wenn fortan noch gute Witterung einen schönen Nachsommer bringt, so ist noch ein befriedigender Herbst zu erwarten.
Aus Gechingen, 8. Juli erhält das „C. W." folg. Eingesandt: Durch die Bemühungen des für seinen Bezirk so rastlos thätigen Herrn Regierungsrat Voelter in Calw, kommt nun die Korrektion der Straße von Gechingen nach Deufringen zu stände, wozu übrigens auch die Herren Regierungsrat Gambs in Böblingen und Oberbaurat Leibbrand das Ihrige beige- tragen haben. Ein Hindernis bildeten zwei Scheunen in Deufringen, doch für die heutige Technik gibt es keine Hindernisse mehr; davon konnten sich die am Donnerstag den 4. und Montag den 7. Juli massenhaft herbeigeströmten Zuschauer überzeugen. Die Doppelscheune des Müllers Winter mußte gehoben, diejenige von Gemeinderat Breitling zurückgeschoben werden. Nachdem die Anrüstungen, die Sicherheits- und Gleitoorrichtungen hergestellt waren, wurde die Hebung der Doppelscheune samt den darin be- findlichen Futtervorräten, um 1,20 Meter in dem kurzen Zeitraum von nur 3 Stunden ruhig und tadellos mit leichter Mühe vollzogen. Die nächste Scheune mußte wegen Erbreiterung der Ortsstraße um 1,20 Meter zurückgeschoben werden, nachdem die Vorarbeiten fertig gestellt waren, ist die Schiebung spielend, ruhig und tadellos in 1 Stunde vollzogen worden ohne jeglichen .Nachteil für das Gebäude. Die dazu verwendeten patentierten Maschinen sind Erfindung von Herrn Werkmeister Rückgauer aus Stuttgart, welcher auch die Ausführung der Arbeiten Persönlich, unter Assistenz seines Mitarbeiters Werkführer Kornacker leitete. Diese neueste Erfindung geht ohne Zweifel einer großen Zukunft entgegen.
Nagold, 6. Juli. Wie weit die Haftpflicht unter Umständen ausgedehntwerden kann, zeigtnach- stehender Fall, der sich jüngst im Oberamt Saulgau zutrug. EinFuhrwerkbesitzer. der einen Reisendenzu führen hatte, verwickelte sich mit der Geisel in den Zweigen eines überhängenden Baumes. Das Ende traf bei den Bemühungen, dieselbe wieder frei zu machen, unglücklicherweise das Auge des Reisenden und verletzte es schwer. Derselbe klagte mit Erfolg auf Schadenersatz in der Höhe von 5000 ^ Da aber der Fuhrmann hiezu nicht im Stande war, so wurde der Eigentümer des überhängenden Baumes für in erster Linie haftpflichtig erklärt und zur Bezahlung der Summe verurteilt. Eine neue Mahnung, den Ueberhang an Straßen vorschriftsmäßig zu entfernen. Daß dieses für den Baum bekömmlicher ist vor Beginn der Vegetationszeit, als während oder nach der Blüte, wie bisweilen noch geschieht, ist selbstverständlich.
Pforzheim, 11. Juli. Vorgestern wurde von einem Fasserlehrling die Leiche eines etwa 4 Monate alten Kindes aus der Enz geschifft. Ein Verbrechen scheint nicht vorzuliegen.
Calw, 9. Juli. Der heutige Biehmarkt war nur schwach befahren. Es waren zugeführt 27 Pferde und 351 Stück Rindvieh. Der Handel gestaltete sich infolgedessen auch recht flau; verkauft wurden 170 Stück. Für Ochsen wurde bezahlt von 750—790 ^ pro Paar, für Kühe 270—380 ^ Auf dem Schweinemarkt waren zugeführt 46 Körbe Milchschweine und 133 Stück Läufer. Preis für elftere 28—42 pr. Paar für letztere 48—100
Bern eck, 9. Juli. Der gestrige Markt war zwar mit Vieh gut befahren, doch ging der Handel nicht besonders lebhaft vor sich. Am besten war der Umsatz in fetten Ochsen, die zu guten Preisen von Händlern aufgekauft wurden, in allen übrigen Viehgattungen wurde nur vereinzelt gehandelt. Teuer waren die Schweine, von denen übrigens nicht besonders viel zugeführt waren. Milchschweine galten 28—38 -/A Läufer bis 80 ^ das Paar.
Neuenbürg, 12. Juli. Auf den heutigen Schweinemarkt wurden 100 Stück Milchschweine zugeführt und das Paar zu 24—38 verkauft.
Neuenbürg, 12. Juli. Heute erste Zufuhr von Kartoffeln aus der Gegend von Rastatt. Preis Pfundweise 7—8 f.
Deutsches Weich.
Der ruhige Fortgang der Arbeiten der Zolltarifkommission droht abermals durch eine unerquickliche Zuspitzung der häuslichen Verhältnisse in derselben gestört zu werden. Wenigstens war in den letzten Tagen stark die Rede davon, die Freiheit der Rede in der Kommission einzuschränken, um die „Dauerreden" der sozialdemokratischen Kommissionsmitglieder künftig unmöglich zu machen. Angeblich soll sich die Kommissionsmehrheit mit einem solchen Plane tragen, der also eine Abänderung der Geschäftsordnung der Kommission bedingen würde; indessen ist noch nichts bestimmteres über dies behauptete Projekt zu erfahren. Jedenfalls würde ein etwaiges Vorgehen der Kommissionsmehrheit in dem gedachten Sinne immerhin sein bedenkliches haben, auch wenn man die Verschleppungstaktik der Sozialdemokraten noch so entschieden verurteilt. Am Dienstag begann die Kommission die Erörterung des Abschnittes: Leder und Leder- Waren, Kürschnerwaren, Waren aus Därmen, und setzte dieselbe am Mittwoch fort; die behandelten einzelnen Positionen wurden meistens nach der Regierungsvorlage genehmigt.
Bonn. Der deutsche Kronprinz fiel am Mittwoch bei einer Spazierfahrt durch Sturz des Pferdes aus seinem Wagen, blieb aber glücklicherweise unverletzt.
München, 11. Juli. Dem königlichen Staatsminister Dr. v. Landmann wurde aus „Gesundheitsrücksichten" bis auf weiteres Urlaub bewilligt und Staatsrat v. Schraut mit der Führung der Geschäfte des Kultusministeriums beauftragt. — Die Entscheidung über den Urlaub des Kultusministers, dem zweifellos der Rücktritt nachfolgt, fiel in der gestrigen Audienz beim Regenten, nach welcher man den Kultusminister v. Landmann in gedrückter Stimmung die Residenz verlassen sah. Einstweilen scheint, daß v Landmann, der sich offenbar gekränkt fühlt, eine anderweitige Stellung nicht übernimmt.
München, 11. Juli. König Christian von Dänemark, der gestern abend hier eintraf, empfing die Nachricht von dem Tode seiner Schwester, der Herzogin-Witwe' von Anhalt Bernburg, in Alexisbad im Harz, auf dem hies. Bahnhof. Voraussichtlich wird der König nunmehr seinen Reiseplan ändern und sich von hier nach Ballenstedt im Harz begeben
Der neue Karlsruher Rheinhafen zwischen dem Rhein und dem Westbahnhof von Karlsruhe ist zwar erst am 28. Mai 1902 durch den Großherzog von Baden eröffnet worden, indessen liegt seine Inbetriebnahme schon etwa ein Jahr vor jener Zeit; sie fiel in den Anfang Mai 1901. Freilich war damals noch kein Krahn fertig, die Gleisanlagen waren teilweise noch nicht befahrbar und bedeckte Lagerräume noch nicht vorhanden. Solche waren erst vom 1. Juli ab benutzbar; erst am 15. Juli waren alle 6 Krahne in Betrieb, und die „Kohlenhochbahn" — dem Kohlenverkehr soll der Hafen besonders dienen! — wurde erst Mitte August fertig. Es ist unter solchen Umständen nicht schlecht gerechnet, wenn man die Monate Mai bis Anfang Dezember als volle Hälfte eines Betriebsjahres — solches ist etwa auf 10 Monate zu veranschlagen — rechnet. Nun, in diesem ersten „halben" Betriebsjahr sind in dem neuen Hafen 128747 Tonnen Güter umgeschlagen worden. Die Betriebs-Einnahmen haben 76136 die Betriebs-Ausgaben 49972 Mark, der Betriebs-Ueberschuß also 26164 ^ ergeben. Darnach ist also so gut wie sicher anzunehmen, daß in wenigen Jahren sich das gesamte städtische Anlagekapital des Hafens — mit den Kosten auch der jetzt erst begonnenen Hochbauten 3,85 Millionen Mark — genügend rentieren wird. Wichtiger noch sind die Fracht-Ersparnisse, die die Benutzung des Karlsruher Hafens (an Stelle des bisherigen Hafens bei Maxau und des Mannheim-Rheinau-Hafens) für Karlsruhe und seine engere und weitere Umgebung erzielen läßt. Sie belaufen sich nach den Berechnungen der zur Eröffnungsfeier erschienenen, höchst gediegenen Festschrift allein für Getreide auf 31500
Mark, für Kohlen aber auf nicht weniger als 82 000 ^ Letztere Ersparnis macht die Gegend südlich und südöstlich von Karlsruhe in Bezug auf industrielle Betriebe konkurenzfähiger und verbilligt auch den Bezug der Haushaltskohle. Dies ist zwar von Gegnern der Wasserstraßen s. Zt. bestritten, aber durch die Ausführungen der Frankfurter Handelskammer so unwiderleglich ziffernmäßig bewiesen, daß der Widerspruch sich seitdem nicht mehr an die Oeffentlichkeit wagt.
Zu Mitgliedern des Versicherungsbeirates beim Reichsaufsichtsamt für Privat- verstcherungswesen sind mehrere Sachverständige des Versicherungswesens auf die Dauer von je 5 Jahren vom 1. Juli ab ernannt worden. Es befinden sich unter ihnen z. B. Dr. Bischofs, Direktor der Versicherungsbank „Teutonia" in Leipzig, v. Uebel, Direktor der Preußischen Hagelversicherungsgesellschaft in Berlin, Thiele, Direktor der Kölnischen Feuerversicherungsgesellschaft „Colonia" zu Köln und noch andere Herren.
Straßburg, 10. Juni. Bei der gestrigen Bürgermeisterwahl wurde Back einstimmig wieder- gewählt.
Der durch den großen Brand in Ober- öwisheim entstandene Schaden wird auf 60 bis 70000 geschätzt. Seine Kgl. Hoheit der Großherzog und Ihre Kgl. Hoheit die Groß- herzogin haben sich telegraphisch nach dem Brandunglück erkundigt und sprachen ihre Herz- lichste Teilnahme aus.
Mainz, 10. Juli. In Alzey wurde ein 15jähriges Kindermädchen verhaftet, weil es ein ihm anvertrautes 1 lähriges Kind mit Salzsäure zu töten versuchte.
Ein Engländer über unsere Flotte. Ein Korrespondent der „Daily Mail" hat neulich die Erlaubnis erhalten, an Bord eines deutschen Kriegsschiffes Studien über die deutsche Flotte anzustellen. In dem Berichte heißt es: Die deutsche Flotte ist eine getreue, wenn auch keine knechtische Nachahmung der englischen. In einigen Punkten, in Verpflegung und Geschützen, ist sie uns voraus. Der Geist in beiden Flotten ist derselbe: Diensterfüllung des Dienstes wegen, ohne Aussicht auf Belohnung, ist die Losung für den englischen Marine-Offizier und ebenso für den deutschen. Vom Prinzen Heinrich bis zum jüngsten Leutnannt ist jeder Offizier scharf wie Senf (!)... Prinz Heinrich ist dem Publikum mehr als Prinz, weniger als Seemann bekannt; er ist aber in erster Linie Seemann und erst in zweiter Linie Prinz. Er ist hart wie Eisen, wettergebräunt, und seine ehrlichen Augen, die blau sind wie Kruppscher Stahl, verraten den Mann. Er ist zäh wie eine Peitschenschnur und ein wahrer Mann. Hieße er Schmidt und hätte er seine hohe Stellung ohne Hilfe erklommen, so könnten seine Offiziere keine größere Hochachtung vor seinen außerordentlichen Fähigkeiten haben als fie heute für des Kaisers Bruder hegen. Er ist mehr auf See gewesen, als irgend ein anderer Offizier seiner Stellung in der deutschen Marine. Er arbeitet härter als ein Mensch, der für seinen Lebensunterhalt arbeiten muß. Die Besichtigung deutscher Kriegsschiffe ist kein Spaß. Sie nimmt 6 bis 8 Tage in Anspruch. Nicht die geringste Kleinigkeit wird übersehen. In allen deutschen Dienstzweigen herrscht Vollkommenheit. ;Die Kommandeure der deutschen Marine sind Leute von Fähigkeit, und aus diesem Grunde allein werden sie gewählt. Vor wenigen Monaten gab der Kaiser seinem Bruder den Auftrag, daß er sich mit der Frage des Köhlens der Schiffe beschäftigen solle. Heute kohlt die deutsche Flotte so gut, ja vielleicht besser als die englische. „Kaiser Wilhelm II." nahm in Kiel Kohlen ein, während ich an Bord war. Die Durchschnitts- Leistung war 283 Tons pro Stunde. Ich glaube, diese Leistung ist einmal von dem „Majestic," dem Flaggschiff des Admirals Wilson, übertroffen worden, zeigt aber, welche Fortschritte die deutsche Flotte in ihrer Leistungsfähigkeit macht. Was aber Prinz Heinrich in dieser Beziehung leistete, das leistet er auch in Bezug auf Geschütze, Drill, Manöver u. s. w.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.