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Massen, welche in das Hans geschleudert wurden, dem Haus noch größeren Schaden als bis jetzt ersichtlich zugefügt haben.

Pforzheim, 3. Juli. Um 1t Uhr gestern früh stürzte der verheiratete Dachdecker Göhlerd, wohl infolge des vorher niedergegangenen Regens, vom Dachstuhl eines Neubaus in der Zerrenner- straßc vom 3. Stock herab und erltitt schwere Verletzungen. Er wurde in das Krankenhaus verbracht; an seinem Aufkommen wird gezweifelt.

Ettlingen, 1. Juli. Tot aufgefunden wurde gestern morgen im städtischen Holzhofe der im hiesigen Schlachthause beschäftigte Tag­löhner Joseph Boch. Man hatte es mit einem Selbstmordkandidaten zu thun, welcher unter seltenen Umständen aus dem Leben schied, indem er eine Schlachtmaske mit Patronen verwendete. Um die Entladung herbeizuführen, mußte er mit einem Glipfel auf den Stift des Instrumentes schlagen. Den Hammer selbst hielt seine Hand im Tode noch krampfhaft umspannt.

Deutsches Weich

Die Reichsdruckerei hat am 1. Juli ihr SV jähriges Jubiläum gefeiert. Sie beschäftigt jetzt ein Geschäftspersonal von 1800 Köpfen. Im letzten Jahre hat sie hergestellt: 5 Will. Stück Reichspapiergeld, 12 Millionen Stück Wertpapiere, 21,5 Millionen Bogen Postfrei­marken zu 100 Stück, 299 Millionen gestempelte Postkarten, 45 Millionen gestempelte Post­anweisungen, 4,6 Millionen Bogen Versicherungs­marlen zu 100 Stück, 25 000 Bogen Sparmarken zu 100 Stück und 31000 Streifen Sparmarken zu 10 Stück. Die Menge der von der Reichs­druckerei jährlich zu liefernden gewöhnlichen Druck­sachen beläuft sich auf rund 200 Mill. Bogen.

Am 15. Juli 1410 wurde bei Tannenberg das Heer der Deutschritter von den vereinigten Polen und Littauern geschlagen. Die Wiederkehr dieses Sieges über die Deutschen denn in m der Phantasie der polnischen Patrioten hat sich die Schlacht bei Tannenberg in einen ver­nichtenden Sieg der Polen über das gesamte Deutschtum verwandelt wollen die Polen in diesem Jahre besonders feiern. Die Warschauer Natioualliga und Galizische Geheimbünde fordern dazu auf. Sie erklären es geradezu als gewiß, daß ein zweites Tannenberg auch jetzt die Deutschen vernichten kann und wird. Man kann daran ermessen, wie sehr der polnische Machtdünkel gewachsen ist und wie diese Leute den festen Boden der Wirklichkeit unter sich verlieren; die Anhängerschaft jener revolutionärgesinnten pol­nischen Kreise wächst von Tag zu Tag. Es ist erfreulich, daß bei solcher Lage der Dinge pol­nischen Demonstrationen mit aller Energie ent­gegen getreten wird. In Posen ist nach der großen politischen Protestversammlung auch die geplante polnische Gewerkschaftsversammlunng verboten worden, ebenso wurden die geplanten Sommer-Ausflüge verschiedener Vereine in Stadt und Provinz Posen sämtlich durch die Polzei verboten.

Berlin. DemLokal-Anzeiger" wird aus Elbling telegraphiert: In der Schule der Ort­schaft Zuschken, Kreis Berent, die ausschließlich Polnische Bevölkerung hat, überfielen während des Unterrichts auf das Signal eines Schülers die ganze Schuljugend den Lehrer mit Stöcken, der stch nach Kräften wehren mußte, um den Angriff der Schüler abzuschlagen.

Großer Moorbrand. Das große El- berger Moor bei Osnabrück ist auf einer Fläche von 8001000 Morgen in Brand geraten. Alle Löschversuche sind vergeblich. Die benach­barten herzoglich Arenberg'schen Forsten sind bedroht.

Rothenburg o. T., 1. Juli. Der Ver­fasser des historischen FestspielsDer Meister­trunk", Glasermeister Hörber, begeht heute seinen 76. Geburtstag. Aus diesem Anlaß wurde an dessen Geburtshaus vom Festspielausschuß eine Marmorgedenktafel angebracht.

Württemberg.

Stuttgart, 2. Juli. Die gestern abge­brochene Beratung über die Grund-, Gebäude- Und Gewerbesteuer wurde in der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten bei Art. V fortgesetzt. Eine längere Debatte ent­

stand über die Befristung des Gesetzes. Dieselbe wurde schließlich unter Ablehnung eines Antrags Schickhardt-Betz, der auf 3 Jahre ging, ent­sprechend einem Antrag des Frhrn. v. Ow auf 5 Jahre festgesetzt. Die Frage des Steuersatzes und der Abzugsfähigkeit der Kataster führte ebenfalls zu einer lebhaften Debatte. Der Kommissionsantrag ging dahin, daß für die Grund-, Gebäude-, Gewerbe- und Kapitalsteuer ein einheitlicher Steuersatz durch das Finanzgesetz zu bestimmen und diesem Steuersatz zu unter­stellen ist, bei der Grund- und Gefällsteuer das Kataster der Waldungen sowie das Gefällkataster ohne Abzug, das Kataster der Weinberge mit einem Abzug von 40°/», das übrige Grundkataster mit einem Abzug von 20°/», bei der Gewerbe­steuer wie in dem Entwurf der Regierung. Hähnle und Genossen beantragten: bei der Ge­werbesteuer das Gewerbekataster der Gewerbe­treibenden, welche zu versteuern haben: ein Steuerkapital bis zu 1000 mit einem Abzug von 60°/». ein Steuerkapital von 1001 ^ bis 5000 -/ki einschließlich mit einem Abzug von 50°/». und ein Steuerkapital von über 5000 ^ mit einem Abzug von 40°/». Die Vertreter der Landwirtschaft (Maier-Rottweil, Sommer, Keßler) traten für die Kommissionsanträge, die volks­parteilichen Vertreter der Industrie (Hähnle, Betz, Binz) für den Antrag Hähnle ein. Rem- bold-Aalen wandte sich mit Schärfe gegen den Antrag Hähnle, ebenso eine Reihe anderer Redner. Nach weiterer ermüdender Debatte wurde der Antrag Hähnle in namentlicher Abstimmung mit 55 gegen 10 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung abgelehnt, der Kommissionsantrag angenommen. Die Gesamtabstimmung über das Gesetz wurde ausgesetzt. Nächste Sitzung morgen vormittag 9 Uhr. Tagesordnung: Kommunal st euer. Schluß l/-2 Uhr.

Stuttgart, 3. Juli. Die Kammer der Abgeordneten genehmigte heute in der Schluß- abstimmung mit sämtlichen abgegebenen 73 Stimmen den Kapitalsteuerentwurf und mit 62 gegen 12 Stimmen den Gesetzentwurf betr. die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer. Die Kammer begann sodann die Beratung des Ge setzentwurfs betr. die Besteuerungsrechte der Gemeinden und Amtskörperschaften. Bericht­erstatter war der Abg. Röder. Eine längere Debatte entstand darüber, ob die Strafanstalten zur Gewerbesteuer herangezogen werden dürfen. Es lag hiezu ein Antrag Gröber und Gen. vor, der dahin ging, diese Frage zu bejahen. Der Antrag wurde von Schach, Förftner, Maier- Rottweil, Gröber und v. Geß warm unterstützt, vom Minister des Innern v. Pischek und von Haußmann-Balingen bekämpft. Schließlich wurde dieser Antrag in namentlicher Abstimmung mit 38 gegen 31 Stimmen abgelehnt. Locher wünsche, daß die Heranziehung der Bodenseedampfschiffahrt zur Gemeindesteuerpflicht beibehalten werde; Rembold-Gmünd sprach für die Gemeindesteuer­pflicht der Irrenanstalten. Locher stellte einen Antrag, der von Hang und von Kiene unterstützt wurde. Der Minister des Innern von Pischek wandte sich dagegen, während von Kiene und Berichterstatter Röder den Antrag unterstützten. Nach weiterer Debatte wurde der Antrag Locher abgelehnt. Rembold-Gmünd stellte den Antrag, das Recht, zeitliche Steuerbefreiung zu gewähren, in der Weise zu regeln, daß als Maximum der zu gewährenden Steuerbefreiung statt20 Jahre" 10 Jahre" gesetzt werde. Dieser Antrag wurde angenommen. Bei derBauplatzsteuer" wurde die Beratung abgebrochen. Die nächste Sitzung findet am Samstag statt.

Stuttgart, 3. Juli. Dem Vernehmen des Schw. Merk, nach ist am 2. Juli Mini­sterialrat Dr. v. Geyer als Nachfolger des ver­storbenen Dr. Oskar von Wächter zum Vor­stand der württ. Privatfeuerversicherungsgesell- schast gewählt worden. Ministerialrat v. Geyer wird die Wahl annehmen und sein neues Amt dem Vernehmen nach demnächst antreten.

Tübingen, 3. Juli. Ein Bankkrach mit den unangenehmsten Folgen hält hier die Ge­müter seit gestern abend in Aufregung. Das altrennomierte Bank- und Kolonialgeschäft Wilh. Bräuning am Marktplatz hier hat nicht bloß seinen Konkurs angemeldet, sondern dessen In­

haber. Kaufmann Eugen Bräuning, ist wegen Unterschlagung ihm anvertrauter Depots in Haft genommen worden. Mißglückte Spekulationen (Differenzgeschäfte) sollen den Anlaß zu dem selbst für die eingeweihteren hiesigen Geschäfts­kreise überraschend gekommenen Ruin gegeben haben. So viel bis zur Stunde fest steht, scheint eine größere Zahl hiesiger Familien, hauptsäch­lich kleine Leute, durch den Zusammenbruch, bezw. durch den Verlust ihrer Depots in Mitleidenschaft gezogen. In allen Kreisen der hiesigen Bürger­schaft herrscht deshalb große Aufregung. Nach anderen Nachrichten soll es sich bei den Depots um den Betrag von 240000 -/A handeln. Die Passiven sollen sich auf '/2 Million belaufen, denen nur etwa 50000 -/A Aktiven gegenüber­stehen. Bräuning hat sich gestern abend dem Gericht selbst gestellt und wurde sofort in Haft behalten. Wie die Tübinger Kronik hört, betragen die Passiva etwa 700000 Ver­anlaßt ist der Zusammenbruch durch anhaltende verfehlte Spekulationen auf dem Zuckermarkt an der Hamburger und Pariser Börse. Als der Inhaber der Firma durch seine mißlungenen Spekulationen sein eigenes beträchtliches Ver- mögen verloren hatte, suchte er sich damit zu halten, daß er die ihm anvertrauten Depots angriff. Auch damit hatte er kein Glück, sie fielen gleichfalls dem gefräßigen Moloch zum Opfer. Die Familie that alles um die Kata­strophe abzuwenden, sie scheute kein Opfer; manche Glieder derselben gaben ihre eigenen beträchtlichen Mittel her, um die Firma zn retten. Allein die Höhe der Verlustsumme ging schließlich auch über ihr Können. So mußten sie stch schweren Herzens ins Unvermeidliche fügen. (S. M.)

Heilbronn, 2. Juli. Das Schwurgericht verurteilte den ehemaligen Oberamtssparkassier Lober von Backnang wegen erschwerter Unter­schlagung im Amt und anderer strafbarer Hand­lungen zu einer Gesamtstrafe von 7 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust.

Ulm, 2. Juli. Die Landesversammlung des Vereins württ. Körperschaftsbeamten findet in diesem Jahr am 25. Juli hier statt.

Freuden st ad t. Am Sonntag Abend wurde das neuerbaute Kurtheater unter gutem Besuch mit der KomödieFlachsmann als Erzieher" eröffnet. Das Theater wurde durch das Ent­gegenkommen der städtischen Leitung und des Verschönerungsvereins (Prof. Bauder aus Stutt­gart) in der kurzen Zeit von einigen Monaten geschaffen. Es steht am denkbar schönsten Platz, mitten in den städtischen Anlagen, und bietet Raum für ca. 400 Zuschauer.

.Schramberg, 1. Juli. Nach demSchw. Boten" ist gemäß Art. 13 des Verwaltungs­ediktes von ultramontaner Seite nunmehr gegen die Ungültigkeitserklärung der hiesigen Stadt­schultheißenwahl Rechtsbeschwerde erhoben, über welche der Verwaltungsgerichtshof zu entschei­den hat.

Schramberg, 3. Juli. Nach einer Mitt­teilung des Kgl. Oberamtes ist lt. Schwarzw. Volksfr. die hiesige Stadtschultheißenwahl auf unbestimmte Zeit verschoben worden. In der gestrigen Sitzung erhielten 74 Personen das Ge­meinde-Bürgerrecht. Dieser Tage fand die Verlobung der Gräfin Elisabeth v. Bissingen- Nippenburg mit Konrad Frhr. v. Stotzingen, Leutnant im 1. Garde-Ulanen-Regiment, (Pots­dam), statt. Der Bräutigam ist der jüngste Bruder des Abtes von Maria-Laach.

Vaihingen a. E., 2. Juli. Die Galler- sche Buchdruckerei und Buchhandlung mit der Redaktion derLandpost" ist seit dem 1. Juli an M. Bartholomä, bisher kaufmännisch-tech­nischer Leiter derBadischen Landeszeitung" in Karlsruhe, übergegangen. Der seitherige Besitzer und Redakteur derLandpost", Fritz Holzinger, der sich in der verhältnismäßig kurzen Zeit seines Vaihinger Aufenthalts großer Beliebtheit erfreut hatte, mußte sich aus Gesundheitsrücksichten von dem Geschäfte zurückziehen.

Weinsberg, 2. Juli. (Weinmarkt.) Der hiesige Gemeinderat hat beschlossen, am Mitt­woch den 9. Juli einen Weinmarkt auf dem