495
erwartete. Erst bald nach Vs4 Uhr nachmittags erfolgte die Ankunft im neuen Hafen bei Straßburg. Gegen r/i7 Uhr wurde die Heimfahrt angetreten, die außerordentlich rasch von statten ging, so daß schon gegen ^lO Uhr im Karlsruher Rheinhafen gelandet wurde. Es war eine köstliche, genußreiche, gesunde Fahrt bei dem herrlichen Wetter, bei der vorzüglichen Verpflegung, die allgemein gerühmt wurde.
Nürnberg, 1. Juli. Montag Abend zwischen 6 und 7 Uhr gingen über einen Teil des Frankenwaldes schwere Gewitter nieder. In dem Städtchen Schauenstein wurden durch Blitzschlag 29 Scheunen, sowie ein Wohnhaus eingeäschert.
Es giebt dieses Jahr nicht überall Kirschen. Am Kaiser st uhl aber ist die Ernte befriedigend. Für Frühkirschen bezahlen auswärtige Händler das Pfund bis zu 18 Am 26. Juni beförderte die Kaiserstuhlbahn von den Stationen Endingen bis Achkarren 2309 Körbe Kirschen. Königschaffhausen z. B. lieferte allein an diesem Tage 1001 Körbe und Rothweil 765. Rechnet man 25 Pfd. per Korb und 15 ^ für das Pfd., so ergeben sich für einen Tag rund 8659 ^ Die Kirschen gehen in die Schweiz, nach Hamburg und Berlin.
Württemberg.
Seine Majestät der König hat den Frhrn. Hans Ulrich v. Gaisberg auf Helfenberg, O.Ä. Marbach, zum Hofkammerrat und Mitglied des Hofkammerkollegiums ernannt.
Stuttgart, 1. Juli. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten stand der Gesetzentwurf betr. die Kapitalsteuer. Dieser Entwurf wurde sehr rasch mit nur ganz wenigen redaktionellen Aenderungen angenommen. Berichterstatter war Prälat v. Sand- verger. Bei dem Gesetzentwurf betr. die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer entstand eine Generaldebatte über die Frage, ob nicht sofort eine allgemeine, eventuell progressive Vermögenssteuer hätte eingeführt werden sollen. Die volksparteilichen Abgeordneten Haußmann-Balingen, Binz und Hähnle sprachen sich für die sofortige Einführung einer Vermögenssteuer gleichzeitig mit der Einkommensteuer aus; Finanzminister v. Zeyer machte die Gründe geltend, warum das nicht möglich sei. Die weiteren Redner v. Geh, Röder, Haug, Gröber, Rembold-Aalen stellten sich auf den Standpunkt, daß eine gleichzeitige Einführung nicht möglich sei, daß aber der jetzige Zustand nur ein Provisorium sein solle. Keil sprach sich für gleichzeitige Einführung der Vermögenssteuer mit der Einkommenssteuer aus. Die Art. I—III wurden hierauf nach den Kvmmissionsbeschlüssen angenommen. Zu Art. IV.; erklärte Schickhardt, seinen bekannten Antrag betr. Einführung einer Betriebskapitalsteuer nicht mehr einbringen zu wollen. Heber die Mängel des Gewerbesteuersystems verbreiteten sich Binz und Hähnle, denen Finanzminister von Zeyer entgegnete. Haußmann-Balingen bemängelte das Einschätzungsverfahren. Finanzrat Dr. Pistorius nahm die Praxis der Steuerbehörden gegenüber den An- griffen Haußmanns in Schutz. Nach weiterer Debatte wurde die Weiterverhandlung auf Morgen vertagt.
Das Regierungsblatt Nr. 20 vom 30. Juni enthält eine K. Verordnung, betr. eine Gebührenordnung für die Gemeindegerichte. — Eine Verfügung des Justizministeriums, betr. den Strafvollzug gegen jugendliche Personen männlichen Geschlechts. Anlage: Hausordnung für die Abteilung der jugendlichen Gefangenen an dem Landesgefängnis in Rottenburg. — Eine Verfügung des Justizministeriums, betr. die Mitteilung von Strafnachrichten an die Peruanische Regierung. — Eine Bekanntmachung der Ministerien des Innern und des Kriegswesens, betr. die Ermächtigung zur Ausstellung ärztlicher Zeugnisse für militärpflichtige Deutsche in Argentinien, Uruguay oder Paraguay. — Eine Verfügung der Ministerien des Innern und der Finanzen, betr. die Ausübung der Fischerei.
Stuttgart, 26. Juni. Eine dankenswerte Neuerung wird binnen kurzem seitens der württem- bergischen Postverwaltung zunächst versuchsweise am Stuttgarter Hauptpostamt eingeführt werden — ein Postmarkenautomat. Wie oft hat man
zu Zeiten, wo die Postschalter geschlossen sind, noch irgend einen Brief aufzugeben, aber die Postmarke fehlt, dann ist man auf die Gefälligkeit von nahen oder entfernteren Nachbarn angewiesen, falls diese überhaupt zufällig Marken im Besitz haben. Der neue von Ingenieur Abel erfundene Automat, giebt bei Einwurf einer 10 Pfennig-Münze eine gleichwertige Marke in der Weise ab, daß nach Einwurf des Geldstückes ein Hebel gezogen wird, alsbald erscheint die Marke sichtbar unter Glas, welches beiseite geschoben werden muß, worauf man die Marke abreißen kann. So lange das Glas auf die Seite geschoben ist, ist der übrige Apparat gesperrt, so daß also nur die eine Marke abgerissen werden kann, ohne daß es möglich ist, weitere Marken nachzuziehen. Ist die Markenrolle ausverkauft, so läutet der Automat selbstthätig und dann ist auch der Einwurf von Geldstücken gesperrt, so daß das Publikum nicht zu Schaden kommen kann. Es giebt auch Doppelautomaten, die 10 und 5 Pfennig-Marken verkaufen.
Die Medaille der König Karl-Jubiläums- stistung für tüchtige Arbeiter und Bedienstete, welche in einem und demselben Geschäft bezw. Betrieb langjährige treue und ersprießliche Dienste geleistet haben, wurde durch Entschluß Seiner Majestät des Königs vom 25. Juni an 151 Bewerber, von denen 129 in gewerblichen und 22 in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt sind, verliehen. Darunter sind 7 mit 50 und mehr Dienstzahren und zwar Jos. Danner, Meister in der Waffenfabrik Oberndorf (55 Dienstjahr), Jak. Fahrner, Säger in der Erlen- sägemühlegesellschaft Klosterreichenbach (54), Joh. Georg Schwab, Maschinenmeister beim Schwäb. Merkur (54), Christ. Kallfaß, Säger in der Heselbacher Sägmühlegesellschaft (52), Friedrich Pfeiffer, Faktor in der Laupp'schen Buchdruckerei, Tübingen (52), David Brüstle, Büchsenmacher in der Waffenfabrik Oberndorf (50), Ant. Braig, Knecht bei Gutsbesitzer Gustav Hafner, Dornstadt (50). Weiter ist die Jubiläumsmedaille verliehen worden im Oberamtsbezirk Neuenbürg an : Matth. Fuchs, Meister bei Krauth und Co. in Höfen; Jos. Jak. Gäckle, Säger das.; Joh. Friedr. Knöller, Seiler das.; Wilhelm David Knöller, Säger das.; Wilhelm Friedr. Mettler, Säger das.; Jak. Wolfinger Sensenschmied und Friedrich König, Sensenschmied bei Haueisen und Sohn in Neuenbürg. — Die Mittel der König-Karl-Jubiläumsausstellung sollen in nachstehender Weise verwendet werden: 5861 ^ zum Besten der Landwirte, welche in diesem Jahre Ueberschwemmungs- und Gewitterschaden oder durch Hagelschlag Schaden an Gebäuden, Weinbergen und Obftbäumen erleiden, woneben ein weiterer Betrag von 3000 ^ dem zur Verwendung für etwaige außerordentliche, durch Gewitterschäden verursachte Notstände bei der Stiftung vorbehaltenen Fonds überwiesen wird. Außerdem werden Beiträge zur Unterstützung bestehender oder Einführung neuer Hausindu- striezweige in armen Gemeinden des Landes im Gesamtbetrag von 890 ^ gewährt, ferner Reisestipendien im Gesamtbetrag von 2800 an den Verein für Arbeiterkolonien in Württemberg 2000 Beiträge für Einrichtungen zur Förderung des Kleingewerbes im Gesamtbetrag von 9260
Das Tübinger Schwurgericht verurteilte den Dienstknecht Rebstock von Gültstein wegen des im Laden der Krämerin Hailer in Gültstein verübten schweren Raubmordversuchs zu 3 Jahren Zuchthaus.
Urach. Die 59. Jahresversammlung des württemb. Hauptvereins der Gustav-Adolf- Stiftung findet dahier am Dienstag den 15. und Mittwoch den 16. Juli d. I. statt. Alle Freunde des Gustav-Adolf-Vereins und der evang. Diaspora sind herzlich und dringend zu der Versammlung eingeladen.
Honau, 30. Juni, Der Mitbesitzer und Redakteur des „Generalanzeiger" in Reutlingen, Spöhrer, stürzte gestern Abend 7 Uhr von der Ruine des alten Lichtenftein ab. Er zerschmetterte sich die Gliedmaßen und trug so schwere innere Verletzungen davon, daß er kurze Zeit darauf starb.
Für das Grazer Sängerbundesfest haben sich 655 (nicht 800) schwäbische Sänger gemeldet. Den Festzug werden 45 Fahnen schwäbischer Gesangvereine mit verherrlichen. Die Ehre, die Hohenstaufenfahne des Schwäbischen Sängerbundes zu führen, ist den Eßlinger Sängern zugefallen. Der angemeldete Einzelvortrag deS Schwäbischen Sängerbundes ist in das Programm der Festkonzerte in Graz ausgenommen worden.
Oberstadion, 1. Jul. Letzten Donnerstag fiel in dem benachbarten Munderkingen Schultheiß Geisinger rücklings von einem bereits beladenen Heuwagen so unglücklich, daß ihm der Halsring abgeschlagen wurde.
Stuttgart. (Landesproduktenbörse.) Bericht vom 30. Juni van dem Vorstand Fritz Kreglinger. Im Wochenverlauf war im Getreidegeschäft ruhige Stimmung, doch ohne Aenderung der bisherigen Preise. Von den Exportländern besteht in Weizen nur schwaches Angebot, indessen bleibt auch der Einkauf auf den nötigen Bedarf beschränkt — Mehlpreise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 29 — bis 29 ^ SO i,, Nr. 1: 27 -4t — bis 27 so Nr. 2 : 25 -« so bis 28 ^ — 4,. Nr. S: 24 ^t — ^ bis 24 50 Nr. 4: 21 ^lt — «l bis
21 SO -s. Suppengries 29 bis 29 ^t SO «I.
Kleie 9 °4t so
Ausland.
London, 30. Juni. Der Krankheitsbericht von heute vormittag lautet: Der König hat gut geschlafen. Der Verband der Wunde hat viel Schmerzen verursacht, aber es ist keinerlei ungünstiges Symptom irgend welcher Art vorhanden.
Die Automobil-Wettfahrt Paris-Wien ist am Sonntag beendigt worden. Erster war Marcel-Renault, der mit seiner Maschine am Sonntag Nachmittag um 2 Uhr 18 Minuten am Ziel in Wien ankam. Zweiter wurde Horwski, dessen Ankunft um 2 Uhr 42 Minuten erfolgte. Im Verlaufe der Wettfahrt ereignete sich eine ganze Reihe von Unfällen.
London, 30. Juni. Die letzten Meldungen aus Indien lassen die Lage als eine äußerst kritische erscheinen. Infolge des Ausbleibens von Regen ist die Ernte größtenteils zerstört. 80 Millionen Einwohner sehen der Hungersnot entgegen.
Präsident Roosevelt Unterzeichnete am Sonntag die Bill über den Jsthmuskanal.
New-Jork, 30. Juni. Der blutigste Zusammenstoß, der seit Langem zwischen Negern und Weißen zu verzeichnen ist, fand gestern auf der South Railway-Linie in der Nähe der Station Langley statt. Eine Anzahl Neger forderte die Weißen, die sich im Zuge befanden, zum Kampfe heraus und griff sie an. Es wurde mit Messern und Revolvern gekämpft, wobei 10 Weiße getötet und eine Anzahl Neger, darunter mehrere lebensgefährlich, verwundet wurden. Als der Zug in Langley hielt, wurde die Polizei herbeigeholt, worauf die Neger die Flucht ergriffen. Zwei schwer verletzte Neger wurden ins Gefängnis abgeführt; als die Menge von dem Attentate hörte, drang sie ins Gefängnis ein, bemächtigte sich der Neger und lynchte sie.
Anteryattender Teil. '
Die Rose in der Geschichte.
Von Ludwig Wald.
(Nachdruck verboten).
Wenn der holde Lenz allmählich seinem Ende entgegengeht, wenn Flieder, Goldregen, Lilien, Hyazinthen, Pfingstrosen und Tulpen verschwinde«, entfaltet die Königin der Blumen, die Rose, ihre strahlenden Blüten. Von ihr singt der Dichter:
„Aus Morgenröte ist ihr Kleid gewoben,
Ein Taugefunkel glänzt als Krone oben.
Stolz steht sie da — und, doch, so wie ich wähne, Von Scham gerötet ob der eignen Schöne!"
Wegen ihres vollendeten Baues, ihrer Farbenpracht und des lieblichen Duftes, der ihren Blüten entströmt, ist sie der erklärte Liebling der Blumenfreunde. Goethe nennt sie das Vollkommenste, was die Natur in unserem Klima hervorgebracht hat. Die Dichter aller Zeiten haben sie besungen und vornehm und gering, arm und reich, jung und alt haben ihr von jeher mit gleicher Liebe und Treue gehuldigt. Und in der That verdient die Rose, die gleich einer strahlend schönen Fürstin in allbeglücken-