Kukryatterrder Teil.

Ein Dämon.

Kriminal-Novelle von Ernst v. Waldow.

(Schluß.)

Eine Stunde später schritten Eugenik und Katharine Arm in Arm durch die schattigen Laubgänge des Gartens. Die Blumen dufteten so lieblich, die Luft war so mild, so warm, die Sonnenstrahlen so belebend. O ja, dieses Da­heim bot doch der Reize viele, es war ein süßes Gefühl, sich des Lebens, der Liebe zu freuen und in der Mattigkeit, die dann und wann noch Katharinens Körper und Geist lähmend befiel, sah die hoffnungsvolle Eugenie nur ein Zeichen der überstandenen Leiden. Sie begleitete die Freundin in eine schattige Wein­laube, hier lehnte Katharine das müde Köpfchen an Eugeniens Schulter und plauderte, die düsteren Bilder verbannend, mit der teilnehmen­den Freundin von Glück und Liebe von Willfried.

Und da trat der Gegenstand dieses süßen Geplauders auch schon vor die beiden lieblichen Mädchen, die errötend aufblickten, als in dem Eingänge der Weinlaube Willfried Plötzlich vor ihnen stand.

Mit einem freudigen Ausruf flog Katha­rine in die Arme des geliebten Mannes, der sie innig an seine Brust schloß.

Lange hielten sich die Glücklichen, Wieder­vereinten stumm umschlungen, und Eugenie, Wohl fühlend, daß in solchen Momenten der Dritte nur ein überflüssiger Zuschauer sei, ver­ließ still die Laube, das Liebespaar gewahrte es nicht einmal.

Erst viel später suchte Willfried Eugenie im Zimmer auf, wohin sie sich zurückgezogen; sie gewahrte jetzt, daß er bleich und angegriffen aussah. Er flüsterte ihr eilig zu, daß Marie Wallenberg sich vergiftet habe und mit dem Tode ringe und daß man diese Nachricht Katharinen vorläufig verschweigen möge, damit nicht zu viel des Schrecklichen auf sie eindringe; am Nachmittag werde die Rätin Sternan, Eu­geniens Mutter, eintreffen und bei den Mädchen in Döbling bleiben bis bis alles vorüber sei und Katharine zurückkehren könne.

Die Gerichtsrätin hatte sich freudig dazu bereit erklärt. Man wollte auch den Rat von ärztlichen Kapazitäten über den Krankheits- zustand des jungen Mädchens einholen, denn die Untersuchung des Restes der Flüssigkeit, welcher sich noch in dem Fläschchen befand, mit dessen Inhalt Marie sich vergiftet, hatte zur Evidenz bewiesen, daß darin Bilsenkraut ent­halten gewesen. Und zwar war Doktor Wilt der Ansicht, daß die Verbrecherin mit teuflischem Raffinement die giftigen Säfte, verschieden zu­bereitet, ihren Opfern eingeflößt habe. Sicher­lich war Katharinens Mutter schon ein Opfer desselben Frevels geworden.

Schaudernd haben wir alle erkannt," schloß Willfried,welcher Mittel sich dieses entsetzliche Weib bedient hat, um Katharinens Gesundheit zu zerstören und in deren Hirn jenes Fieber zu erzeugen, das uns allen als Irrsinn erscheinen mußte. Daher die uns allen rätselhaften Krampfanfälle des Herrn von Wallenberg, die sich nur dann etwas hoben, wenn der Kranke zufällig gerade ein Glas Limonade genossen, die er sehr gern zu trinken pflegte. Um kein Aussehen zu erregen und eine Untersuchung zu vermeiden, tötete dieses unselige Weib ihre Opfer langsam und weidete sich noch an ihren Qualen."

Möge Gott ihr vergeben; ich weiß nicht, ob ich es könnte, wenn Katharine diesem Frevel erlegen," erwiderte Eugenie schaudernd;aber," fuhr sie nachdenkend fort,warum haßte sie dieses Mädchen, das ihr doch gar nicht im Wege stand. Denn wenn Herr von Wallenberg starb, erhielt sie ja ohnehin dessen bedeutendes Vermögen, während Katharines Erbteil an ent­fernte Verwandte gefallen wäre so wenigstens hat man mir gesagt."

Willfried zuckte die Achseln und schwieg, er hatte alles berichtet, was ihm bekannt ge­worden, und nur eins verschwiegen: daß man

auf der Brust der Sterbenden ein Bildnis ge­funden sein Bild! Dieser Umstand war geeignet, die dunklen Rätsel jener schuldigen Menschenseele zu lösen und die Motive des schauervollen Verbrechens klar zu legen.

Es stand für alle, welche in die Ange­legenheit eingeweiht waren, fest, daß Adelheid, Wallenbergs erste Gattin, gleichfalls ein Opfer der höllischen Künste Mariens geworden. Die arme Gesellschafterin, Marie Stobelli, hatte nicht gezögert, das Leben ihrer Freundin langsam und qualvoll erlöschen zu lassen, um für sich ein sorgenfreies Dasein zu erringen.

Eugeniens Blicke ruhten forschend auf dem jungen Manne, seine Antwort erwartend, doch Willfried zuckte nur die Achseln und sagte aus­weichend:Wer vermag die letzten Gründe, das Geheimnis einer solchen verlorenen Seele zu erforschen! Dieses Weib war ein böser Dämon, welche Motive immer sie bei ihren frevlen Thaten geleitet haben mögen."

Sie haben Recht, Herr Sellentin," er­widerte Eugenie lebhaft,diese Bezeichnung paßt am besten für die Giftmischerin es ist der Name, den sie der schuldlosen Katharine gegeben."

-i-

Nur für kurze Zeit kehrte die Tochter nach Hause in die Arme des leidenden Vaters zurück, um, sobald sich seine Gesundheit einigermaßen gekrät'tigt, vereint mit ihm den Schauplatz so düsterer Ereignisse zu verlassen. Vorher hatte man in aller Stille die Leiche Maries von Wallenberg aus der Behausung getragen, um die Selbstmörderin an der Friedhofsmauer zu begraben.

Tief erschütternd war das Wiedersehen zwischen Vater und Tochter. Wallenbergs dem Tode fast schon verfallenes Leben schien solchen aufregenden Scenen nicht gewachsen, auch Katharine war immer noch sehr leidend, deshalb ward mit großer Eile der Plan einer Ueber- siedelung durchgeführt. Den Herbst verlebten Vater und Kind in der kräftigen Luft der Tiroler Berge, den Winter im sonnigen Italien, während Willfried inzwischen in Wien mit großem Eifer seinen Studien oblag, sollte er doch nach deren Beendigung sein liebes Bräut- chen heimführen.

Als die Wanderer endlich wiederkehrten, um sich in der schönen Kaiserstadt an der Donau niederzulassen, blühten die Rosen der Gesundheit auf Käthchens Wangen und der neugebackene Herr Doktor wird hoffentlich nicht viel mehr an seiner jungen Frau zu kurieren haben. Doch auch Leopold von Wallenberg erlebte noch das Glück seiner Kinder und konnte sich dessen freuen. Freilich vermochte er es nicht, die furchtbaren Eindrücke jener Schreckenszeit gänzlich zu verwinden, obgleich er nie wieder davon sprach. Nur einmal noch, nach Jahren, als er sein Ende herannahen fühlte, sprach er Maries Namen gegen seinen Schwiegersohn aus und eine Bitte knüpfte sich daran. Um diesen Wunsch zu erfüllen, begab Doktor Willfried Sellentin sich nach K. Dort hatte sich manches verändert. Das Wallenberg'sche Haus war vom Gerichtsrat Sternau, der damit betraut worden war, an einen vorurteilsfreien Deutsch- Amerikaner verkauft worden, Eugenie hatte das Vaterhaus verlassen und lebte als die Gattin eines Beamten in K. und Doktor Will hatte seine Praxis einem jungen Kollegen übergeben.

Der Sommertag neigte sich seinem Ende zu, als Willfried den Friedhof betrat, um mit Hilfe des Totengräbers die Stelle aufzusuchen, um die Selbstmörderin vor Jahren begraben. Wallenberg hatte nämlich gewünscht, daß ein einfaches Kreuz jenes verlassene Grab schmücken solle.

Endlich blieb der Totengräber an der zer­fallenen Kirchhofmauer stehen und wies auf einen wüsten Fleck, den Gras und häßliches Gestrüpp überwucherte. Willfried wandte sich schaudernd ab, das Auge des Arztes hatte schnell die Giftpflanze erkannt, die hier so üppig gedieh es war Bilsenkraut, dessen Blüten der einzige Schmuck dieses öden Grabhügels waren, unter dem derDämon" ruhte.

Ende.

vermischtes.

Freiburg i. Br. Hier ist ein Mann besonderer Art in den letzten Tagen gestorben- ein im Jahre 1819 geborener Holzmacher, der auf geologisch-mineralogischem Gebiete vorteilhaft thätig gewesen ist, Dominik Graß, war ursprüng­lich Kübler, wie sein Vater, durchzog Frankreich und die Schweiz, wurde später Steindrucker und Kartenzeichner, um nach 9 Jahren den Beruf des Holzmachers zu ergreifen. Er wurde aber Holzmacher, um jede freie Minute seiner geliebten Naturwissenschaft zuwenden zu können, und auf diesem Gebiete hatte er es zu einer selbst von Gelehrten anerkannten Stellung gebracht, so daß wie in der Freiburger Presse gesagt wird selbst Professoren der Hochschulen seine Erfahr- ung nicht verschmähten.

Wegen einer Ohrfeige stürzte sich in Mann­heim die 18 jährige Tochter des Steindruckers Petzold vom 4. Stockwerk auf die Straße. Ihre Mutter hatte sie wegen ihrer Unbotmäßigkeit zur Rede gestellt und ihr dabei eine Ohrfeige versetzt, was die Tochter so in Aufregung brachte daß sie durch das offene Fenster hinabsprang! Das Mädchen wurde mit schweren Arm- und Beinbrüchen aufgehoben und ins Allgemeine Krankenhaus verbracht.

Bei einer Versteigerung in London Wurde kürzlich ein Gemälde für 1000 Guineen oder 21000 ^ verkauft. Das Gemälde stellt Madame du Barry, die Favorite des französischen Königs Louis XV., dar.

sKaltblütig.j Herr (einen Diener über­raschend, wie er eine Weinflasche leert):Wart) ich werde Dir helfen!" Diener:Nix mehr drin, gnäd'ger Herr!"

Mutmaßliches Wetter am 15. und 16. April.

(Nachdruck verboten.)

Ueber fast ganz Großbritannien, ganz Frankreich, Holland, Nordwestdeutschland, dem ganzen Rhein-, Main- unv.Donaugebiet steht das Barometer unter Mittel. An der unteren Loire, über der Normandie und Mittelengland zeigt sich noch je eine Depression von 755 wm. Andererseits behauptet sich über Skan­dinavien und der nördlichen Hälfte von Rußland noch immer ein kräftiger Hochdruck mit einem Maximum von 775 ww über Mittelskandinavien, Sildsinnland und Livland. Die rasche Wärmezunahme verursacht übrigens auch über der Schweiz und den östlichen Teilen Süd- dcutschlands bereits gewitterige Lufteinsenkungen, die aber nur kurze Störungen bringen können. Im übrigen wird sich am Dienstag und Mittwoch das vorwiegend trockene und auch mehrfach heitere Frühlingsweiter noch erhalten.

Kk>ik-e Nachrichten«. Tclcgrmm. ^

Brüssel, 14. April. Der gestrige Sonn- tag ist ruhig verlaufen. -

Cuenca (Spanien), 14. April. Nach dem - gestrigen Gottesdienst in der Kathedrale stürzte j der Turm desselben ein. 3 unmittelbar an­schließende Häußer sowie ein Teil der Kreuz­gänge wurden durch die niederstürzendeu Massen er­drückt. Unter den Trümmern wurden mehrere Personen lebend hervorgezogen. Man nimmt an, daß sich noch weitere Personen darunter befinden.

London, 13. April. DemObserver" zufolge, wird das Kabinett heute voraussichtlich wieder zu einer Sitzung zusammentreten.

London, 14. April. Chamberlain erschien gestern auf dem Colonialamt, was er seit dem ersten Tage des Krieges nicht mehr gethan hat. Wie der Hofbericht meldet, wurde Chamberlain gestern vom König in Audienz empfangen.

Pretoria, 12. April. (Reutermeldung.) Schalk Burger, Louis Botha, Lukas Meyer, i Delarey, Steijn und Dewet trafen hier mittelst 2er Sonderzüge von Klerkesdorp kommend ein.

In dem einen Sonderzug befanden sich die Dele­gierten von Transvaal, in dem andern diejenigen vom Oranjefreistaat. Den Delegierten beider Staaten wurden je gesonderte Wohnungen an­gewiesen.

Buenos-Aires, 13. April. Die argen­tinische Regierung hat das von der Firma Creusot gemachte Angebot für den Bau eines Hafens in Rosario angenommen. Die Kosten werden sich auf 53 Millionen Franks belaufen.

Redaktion, Druck und Berlag von C. Meeh in Neuenbürg