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vor Begierde, sich mit Ihnen zu messen. — Sie aber wichen ihm stets aus, und seitdem hat er keinen anderen Wunsch, als den, mit Ihnen Pharao zu spielen und zu gewinnen!"
„Was bringt Ihnen das für einen Gewinn, wenn er Sieger bleibt?"
„Den höchsten, den ich erträumen kann!" erwiderte der Russe. „Meine — Freiheit!"
„Sie sprechen in Rätseln," unterbrach ihn M. Rayly. „Ich verstehe kein Wort von dem, was Sie seit einer halben Stunde mir erzählen."
„Das Dorf an der Oka, aus dem ich stamme, zählt nur fünfzig Feuerstellen und ist deshalb der kleinste Besitz des Grafen Woronzoff, der ihn, wenn nicht — meine Leibeigenschaft dabei im Spiele wäre, gern verkaufen wird. — Es soll den — Einsatz bilden, um den Sie mit ihm sich im Pharao messen!" —
„Jetzt erst verstehe ich Sie!" rief der Engländer. „Ich soll Ihrem Herrn beim Spiel das kleine Dorf abgewinnen, das dann — Ihr Eigentum wiro. —"
„Nein!" sagte Sverkof Feodorowitsch. — „Ein Leibeigener kann in Rußland nicht Grundbesitzer sein und sich nicht selbst — den Freiheitsbrief ausstellen. — Das bleibt, sobald Sie meinen Heimatsort im Spiel gewonnen haben, Ihnen Vorbehalten!"
„Seitdem ich in Moskau wohne, hat mir Fortuna den Rücken gekehrt. — Ich habe Unglück gehabt und mein Vermögen verspielt! — Dasselbe Schicksal würde das Ihrige haben, wenn Sie es mir — leichtsinnig anvertrauen," erwiderte der Engländer.
„Ich habe den festen Glauben, das Glück wird, wenn Sie nicht um des Geldes, sondern einer edlen That wegen die Karten in die Hand nehmen, wieder zu Ihnen zurückkehren!" rief der Russe. „Und in dieser Ueberzeugung beschwöre ich Sie: Spielen Sie um mein — Schicksal! Sobald Sie das kleine Besitztum gewonnen haben, wohin ich als Leibeigener gehöre, werden Sie mir, als neuer Grundherr, den — Freiheitsbrief schreiben!" — Das ist die Gefälligkeit, die Wohlthat, die ich von Ihnen begehre. — Mein Dank, wenn ich durch Sie die Freiheit erlange, wird keine Grenzen kennen!"
„Ich bin heute durch die großen Spielverluste ein — armer Mann!" unterbrach ihn M- Rayly.
„Sie haben unbeschränkten Kredit. — Spielen Sie so hoch, wie es Ihnen beliebt. — Richten Sie mich zu Grunde. — Ich will selbst den Verlust von Millionen nicht beklagen. — Das Leben ohne meine heißgeliebte Eudoxia wäre mir zur Qual!"
M. Rayly willigte ein, um die — Freiheit des Russen, der ihm sympathisch war, zu spielen, Und zerriß, nachdem ihn jener verlassen hatte, den Abschiedsbrief an die Mutter.
„Das Schicksal will, daß ich weiter lebe," sagte er zu sich, die tausend Rubel wieder in die Börse steckend. „Es sei. Wenn ich das Spiel gegen den Grafen Woronzoff verliere, greife ich wieder zur Pistole!"
Am Abend dieses Tages erschien Sverkof Feodorowitsch noch einmal bei ihm und übergab ein mit fünfzig Hundertrubelscheinen gefülltes Portefeuille, worauf M. Rayly den adeligen Klub besuchte.
Er fand dort den Grafen Woronzoff am grünen Tisch sitzend. Sie verabredeten nach kurzer Vorstellung und Begrüßung eine Partie Pharao, in der dieser die Bank hielt.
Der Graf, dem die Freude, der Gegner des glücklichsten Spielers zu sein, aus Augen und Gesicht leuchtete, pointierte anfangs mit großem Erfolg. Jede erste Karte, die bekanntlich für den Bankhalter spielt, gewann, und bald hatte M. Rayly vierzig Hundertrubelscheine verloren.
Woronzoff jubelte im stillen und lud während einer Pause den Engländer zum Souper ein, wo er, ein Glas Champagnerwein nach dem anderen leerend, sich wie einer gebärdete, der am Ziel seiner brennendsten Wünsche steht.
Nach dem Abendessen drängte er M. Rayly, den trotz des großen Verlustes und vielen Wein
genusses seine Ruhe nicht verließ, zum Weiterspielen. — Jetzt wendete sich, wie das Volk zu sagen liebt, das Blatt, denn von diesem Augenblick an gewann stets die zweite Karte. — Der Graf verlor nicht allein alles Geld, das er bei sich trug, sondern auch Uhr, Kette und die mit Brillanten besetzten Ringe.
Er wollte, vom Spielteufel gepackt, das Glück zwingen, die ihm wieder einzukehren, verdoppelte die Einsätze und geriet in eine fieberhafte Stimmung.
Ein paar weiße Blätter aus seiner Brieftasche reißend, schrieb er — Anweisungen an sein Bankhaus.
„Lassen Sie das!" rief M. Rayly. „Ich habe Lust, in Rußland mir einen kleinen Besitz zu erwerben. Sie als der Herr von ein paar hundert Ortschaften können mir helfen, diese Marotte zu befriedigen. Welches ist das kleinste Dorf in Ihrem Dominium?"
Woronzoff nannte jenes'an der Oka, die Heimat des Sverkof Feodorowitsch.
„Ich setze — hunderttausend Rubel — dagegen!" sagte der Engländer.
„Angenommen!" schrie Woronzoff. „Das Dorf Krisnow bildet meinen Einsatz!"
Er zog vom Spiel Karten die obersten zwei ab und legte sie offen auf den Tisch; M. Rayly besetzte die links liegende zweite mit einem Häuflein Rubelscheinen. Der Graf — schlug eine frische Karte auf; es war ein König. Dieselbe Figur, die der Engländer besetzt hatte. —
Woronzoff stieß einen wüsten Fluch aus, denn das Dorf war verspielt!
„Ich biete Revanche!" rief er.
„Ich danke und lehne ab," erwiderte M. Rayly gelassen, auf seine Uhr sehend. „Es ist zwei Uhr morgens. Das bleibt seit Jahren die Stunde, wo ich zu Bett gehe."
Sich erhebend und die gewonnenen Rubelscheine einsteckend verließ er den Klub, während sein Partner, wütend über sein Mißgeschick, bis zum Tagesanbruch weiter zechte und, sobald er in seinen Palast zurückgekehrt war, dem Intendanten den Auftrag gab, eine Urkunde auszustellen, durch die das an der Oka gelegene Dorf Krisnow mit „allen Seelen" in den Besitz des M. Rayly überging.
Als dieser nach kurzem Schlaf erwachte, überreichte ihm derselbe Intendant, der seit einer Stunde im Vorzimmer gewartet hatte, das — von Woronzoff Unterzeichnete Schriftstück. —
Der Engländer lud kurz darauf den Bankier Sverkof Feodorowitsch, der bereits den für ihn glücklichen Ausgang des Spieles erfahren hatte, zum Dejeuner ein; während desselben erschien ein Notar, den M. Rayly rufen ließ, und verfaßte eine zweite Urkunde, in welcher der Engländer — Fräulein Eudoxia Wassilewsky zur Besitzerin seines Gutes an der Oka einsetzte.
„Sie sollen — Ihre Freiheit aus der Hand Ihrer Braut empfangen!" sagte er zu Sverkof Feodorowitsch, der sprachlos vor Glück ihm zu Füßen fiel und Thränen der Freude vergoß.—
Ein paar Stunden später erschien ein Bote des Bankhauses in der Wohnung des M. Rayly und übergab ihm ein Portefeuille; dasselbe enthielt einen Zettel: „Dem edlen Mann, dem ich meine Freiheit verdanke! und daneben liegend eine — Million in Rubelscheinen! —
Am andern Morgen verließ M. Rayly die Stadt Moskau für immer und reiste nach London zu seiner — Mutter!
„Ich bleibe immer bei Dir," sagte er, nachdem sich beide zärtlich begrüßt hatten. „Mein Verhängnis traf anders ein, als ich dachte. Ich habe in einer einzigen Nacht eine — Million gewonnen!" —
Aus Württemberg, 3. Jan. Aus dem dienstlichen Wirken des kürzlich verstorbenen Generalfeldmarschalls Grafen v. Blumenthal erzählt der „Schw. Merk." folgende Anekdote: Der Generalfeldmarschall war als Armeeinspekteur nach Württemberg gekommen und besichtigte das Tübinger Bataillon. Einem Hauptmann, der ihm empfohlen war, gedachte der Feldmarschall seine Aufmerksamkeit damit zu erweisen, daß er sich nach den persönlichen Verhältnissen
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der Mannschaft seiner Kompagnie erkundigte. Er trat vor das erste Glied und fragte den Flügelmann: „Wie heißen Sie?" „Mayer. „Zweiter Mann, wie heißen Sie?" „Mayer." Exzellenz schüttelt das Haupt. „Dritter Mann, und wie heißen Sie? „Mayer." „Das ist aber doch zum Lachen! Vierter Mann, wie heißen Sie?,, „Lachenmayer." Vom letztgenannten wird hinzugcsetzt, daß er jetzt in Württemberg Geistlicher sei.
Der Januar im Bolksmunde.
„Wenn die Tage langen, kommt der Winter gegangen," heißt's im Volke; der erste Monat des Jahres, der Januar, welcher seinen Namen nach dem römischen Gotte Janus führen soll, bringt das wachsende Tageslicht, aber auch den Winter. Wie groß die Zunahme der Tageslänge sein soll, spricht das Verslein aus:
Am Weihnachtstag wächst der Tag,
Soweit die Mücken gähnen mag;
Am neuen Jahrestag wächst der Tag,
So weit der Haushahn schreien mag;
Am Dreikönigstag wächst der Tag,
Soweit das Hirschlein springen mag.
Ein starker, frostfester Januar ist des Landmanns Freude:
Januar muß vor Kälte knacken,
Wenn die Ernte gut soll sacken.
Jst's aber wilde draußen, und gehen statt der Schneewirbel Regenströme vom Himmel nieder, so „kratzt die Katze dem Wmter die Äugen aus." Dann heißt's mit Recht:
Im Januar viel Regen, wenig Schnee,
Thnt Bergen, Thälcrn und Bäumen weh, Wächst Gras im Januar,
Jst's im Sommer in Gefahr.
Ist der Januar naß,
Bleibt leer das Faß.
Der Landmann sieht in dem Januar den Monat, in welchem er ausruhen und über die Arbeiten des neuen Jahres Nachdenken kann. Bei diesem Ausschauen und Hoffen aus den kommenden Lenz ist er frohen Mutes, um so mehr, als auch in der Natur die ersten Zeichen des Werdens sich bemerkbar machen. Am 20, Januar ist Fabianstag. da heißt es:
Fabian Sebastian
Läßt den Saft in die Bäume gähn.
Einer der Hauplwettertage ist der Binccnztag (22. Januar). Von ihm sagt der Bolksmund:
Vincenz Sonnenschein
Verheißt viel Korn und Wein.
Ihm schließt sich der 25. Januar (Pauli Bekehrungj würdig an:
Pauli Bekehr
Kommt der Winter wieder her.
Wenn Pauli Bekehr viel Nebel fällt,
Der Tod gern Ernte im Lande hält.
An diesem Tage kommt der Bär aus seiner Höhle hervor und wenn die Sonne scheint und er seinen Schatten erblickt, so kehrt er in die Höhle zurück und legt sich auf die andere Seite, d. h. der Winter wird noch lange dauern. An Pauli Bekehrungstage wenden die jungen Mädchen an manchen Orten allerlei Liebes- Orakel an, um ihren Zukünftigen zu erspähen.
Mutmaßliches Wetter am 8. und 9. Jan.
^Nachdruck verboten.
In Mittel- und Unteritalien liegt eine neue Depression von wenig unter Mittel, welche bei uns umsomehr scharfe Kälte hervorruft, als das Maximum des Hochdrucks im Nordosten auf 780 mm gestiegen ist. Der im atlantischen Ozean in der Entw cklung begriffene Lustwirbel kann noch immer nicht gegen Irland heran» kommen, ruft aber dort ziemlich kräftige Winde hervor. Am Dienstag und Mittwoch wird sich demgemäß das morgens teilweise neblige, im übrigen ober trockene und heitere Frostwetter noch fortseyen.
Telegramme.
Rom, 6. Jan. In der vergangenen Nacht ist zum erstenmal nach mehreren Jahren Schnee gefallen. Die Stadt und die Umgegend sind in eine Weiße Decke gehüllt. Große Menschenmengen begaben sich nach dem Monte Pincio, um das ungewöhnliche, großartige Schauspiel zu bewundern. Auch aus den Provinzen wird Schneefall in fast ganz Italien gemeldet, selbst aus dem Süden.
Rom, 6. Jan. In der Nacht vom Freitag auf Samstag sind aus einem Eisenbahnzug der Linie Rom-Turin eine Anzahl Wertpackete gestohlen worden. Es verlautet, die Zahl der gestohlenen Wertbriefe belaufe sich auf gegen 100. Dieselben waren in 5 Säcken enthalten, von denen drei aus New-Iork kamen und je einer aus Paris und London. Man nimmt an, daß der Wert 200 000 Lire betrug.
Lissabon, 6. Januar. (Reutermeldung). Neue nach Lourenzo Margues bestimmte Trup- Penverstärkungen sind heute abgegangen.
Anzeiger uv
Nr. 6.
Erscheint Montag, Mitt»
Viertels, 4 l.35, monatlich s
Erlaß an die Ke
ortsüblichen Ho
Nachdem infolge di hältnisse eine nicht unerh angezeigt, eine Prüfung ui Taglohns gewöhnlicher l Giltigkeitsperiode dieser ^ werden daher unter Hinw Versicherungsgesetzes und 1892 (Reg. Bl. S. 502) Anträge zu stellen.
Für jeden Gemein 4 Lohnsätze festgestellt wc Jahren, für weibliche Pe unter 16 Jahren und fv solche Bezirke, in denen d (jugendlichen) gewöhnliche zuweisen, je nachdem es f oder um Kinder unter 14 beide Kategorien zulässig, weiblichen Personen zu r ausgeschlossen.
Bei der Festsetzung zu legen, welche Arbeiten technische Fertigkeiten nichl Es scheiden dabei also in aus. Arbeiter, die in ein Verhältnis zu einem bestiir Tagearbeiter in der Rege in Betracht kommenden Lok
Der Lohn von Lchl gewöhnlichen Tagearbeiter linge, die für junge Lev sich das nur auf die Anv Feststellung derselben.
Die Feststellung erfo gewöhnlichen Tagearbeiter Arbeitstag gewährt zu we lohn in den einzelnen Ja wirklichen Tagesverdienste 300 zu teilen. Dem in k von Naturalbezügen (Beki soweit solche dem gewöhn!
Lediglich Vorübergel ordentliche Ereignisse sind berücksichtigen.
Auch können die ii welche vielfach für beschr leisiungen in arbeitslosen , die Festsetzung des ortsü sicherungsgesetzes bilden.
Schließlich wird beni sämtliche Gemeinden des 8 liche Personen über 16 Jl 16 Jahren, 1 20 f
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läßt man mit der nächsten kapitalien behufs Eröffn» Betriebsunternehmer zugeh Datums in Spalte 7 von bescheinigen und von der § Den 7. Januar 190