lich auf vollendete Notzucht in ideeller Konkurrenz mit einem Verbrechen gegen ß 176, 3 und sodann auf Mord in zwei Fällen. Der Vertreter der Anklage, Oberstaatsanwalt Fetzer, begründete in eingehendem Plaidoyer die Bejahung sämtlicher Schnldfragen. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Göhrnm, sah sich angesichts der Sachlage außer stand, vom juristischen Standpunkt aus irgend etwas zur Abwendung des Todesurteils vorzubringen, er konnte nur im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und auf sein rückhaltloses Geständnis die Geschworenen bitten, sie möchten seinen dem Tode verfallenen Klienten der Gnade des Königs empfehlen. Die Anklagebehörde trat jedoch diesem Anträge entgegen, weil derselbe bei einem so schweren Fall einer höheren Instanz überlassen bleiben müsse. Die Geschworenen (Obmann: Fabrikant Gänßlen-Metzingen) beschränkten sich denn auch auf die Bejahung der vier Schuldfragen, woraus der Angeklagte zweimal zum Tode, zu zehn Jahren Zuchthaus, zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und in die Kosten des Verfahrens verurteilt wurde. Ebenso ruhig, wie gleichgiltig und gelassen, ebenso kaltblütig, wie er sich in seinem bisherigen Benehmen zeigte, nahm Stcinacher sein Todes urteil auf. Nach eigener Wahrnehmung des Berichterstatters war von besonderer Erregung, Von Angst und Pein, von Ergriffensein oder von Reue nichts zu sehen; — ein psychologisches Rätsel! (Den Urteilssprnch haben wir alsbald nach der Verkündigung telephonisch und unfern Lesern mittelst Extrablatts noch abends mitge- teilt.) Das Urteil wird überall mit Genng- thuung ausgenommen worden sein, wie die unmenschliche That am 3'1. Juli ds. Js. überall gerechte Entrüstung hervorgerufen hat. Ob das Todesurteil an dem Verbrecher vollstreckt werden wird, dies zu erfahren, dürste Wohl nicht allzulange auf sich warten lassen. Als Vertreter des Justizministeriums, welches Sr. Maj. dem König eingehenden Bericht über die heurige Verhandlung zu erstatten hat, fungierte Landrichter Röcker. — Mit der heutigen Verhandlung und Verurteilung zu Tübingen endete zugleich auch die diesmalige überaus arbeitsreiche Schwurgerichtssitzung.
Deutsches Aeich.
Das Kaiserpaar beendete seinen Aufenthalt in dem waldstillen Schlosse Hubertusstock bereits am Abend des 9. Oktober — einen Tag eher als ursprünglich beabsichtigt war — und traf alsdann am Vormittag des 10. Okt. in Homburg v. d. H. ein. Am Donnerstag vormittag wohnten die Majestäten nebst dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Preußen, der feierlichen Grundsteinlegung zum Reichslimesmuseum auf der Saalburg bei Homburg v. d. H. bei.
Der Oktober zieht immer weiter ins Land, noch aber herrscht völlige Ungewißheit über den Zeitpunkt für den Zusammentritt des Reichstages, welche Frage sich allmählich zu einer Art politischer Herbstseeschlange ausgestaltet. Zwar hieß es, daß das Preußische Staatsministerium sich in seiner am 9. Oktober abgehaltenen mehrstündigen Sitzung u. A. auch mit dieser Angelegenheit beschäftigt und hierbei einen bestimmten Termin für die Einberufung des Reichstages bereits ins Auge gefaßt habe, das ist indessen wohl nur die Phantasieleistung irgend eines Reporters gewesen. Denn neuerdings wird versichert, das Staatsministerium habe in der gedachten Sitzung blos Disciplinarsachen erledigt und daneben noch Maßnahmen im Interesse der Stärkung des Deutschtums in der Provinz Posen erörtert, demnach kann das Rätselspiel wegen des Beginnes der neuen Reichstagssession ruhig weitergehen.
In Berlin wurden am Dienstag sechs sozialdemokratische Versammlungen abgehalteu, in welchen zu dem Beschlüsse des jüngsten Parteitages in Mainz betreffs der obligatorischen Teilnahme der „Genossen" in Preußen an den nächsten Landtagswahlen Stellung genommen werden sollte. In sämtlichen Versammlungen sprachen sich die Redner ausnahmslos mißbilligend über diesen Beschluß des Mainzer Parteitages aus; indessen hielt man es nicht für angebracht,
gegen den offiziellen Beschluß des Mainzer Parteitages wegen Beteiligung an den künftigen preußischen Landtagswahlen entschieden Front zu machen.
Der in Baden-Baden versammelt gewesene engere Ausschuß der natioalliberaleu Partei Badens hat sich mit großer Mehrheit für die bedingungslose Einführung des direkten Wahlrechtes bei den badischen Landtagswahlen ausgesprochen.
Am 1. Dezember findet die allgemeine Volkszählung im deutschen Reiche statt; sechs Wochen vorher, am 15. Oktober, wird ihr eine interessante Sonderzählung vorangeheu, eine Zählung aller Krebskranken in Deutschland. Anlaß zu dieser Sammelforschuug bot die Thatsache, daß nach vielfacher ärztlicher Beobachtung die Zahl der Krebserkrankungen in neuerer Zeit beträchtlich zugenommen hat.
Berlin, 11. Okt. Wie die „Verl. Neuest. Nachrichten" hören, entschloß sich Fürst Herbert Bismarck, die vollständige Sammlung der Briefe Bismarcks an seine Gemahlin aus dem Jahre 1847 bis 1892 der Öffentlichkeit zu übergeben. Sie sollen bis Weihnachten bei Cotta erscheinen.
Zur Führung des Doktortitels in Preußen ist kürzlich auf eine Frage ein Bescheid von grundsätzlicher Bedeutung erteilt worden. In Preußen ist durch Kabinets-Ordre vom 7. April 1897 die Führung eines im Auslande erworbenen Doktortitels von der Genehmigung des Kultusministers abhängig gemacht. Ein Tierarzt richtete nun an das preußische Kultusministerium die Frage, ob er im Falle seiner Promotion in Bern die Genehmigung erwarten könne. Er erhielt darauf den Bescheid, daß ihm die Genehmigung zur Führung eines ausländischen tierärztlichen Doktortitels in Preußen nicht in Aussicht gestellt werden könnte.
Baden-Baden, 3. Oktbr. Das vor kurzem vom städtischen Kurkomite veranstaltete Wohlthätigkeitsfest zugunsten des deutschen Hilfsvereins für Ostasien hat einen Reinertrag von 11494 ergeben. Nach Feststellung betragen die umlagepflichtigeu Kapitalrentensteuerkapitalien für 1900 im ganzen 866 010,20 Mk. Sie haben gegenüber dem Stande vom Jahre 1899 um über 3-st't Millionen Mark zugenommen, eine Zunahme, die hauptsächlich dem Zuzug kapitalkräftiger Familien zuzuschreiben ist.
Vom Bodensee, 8. Okt. Auf der Insel Reichenau, dem schönen idyllischen Eilande im Untersee hat man neuestens entdeckt, daß gleich der Kirche St. Georg in Oberzell auch die Pfarrkirche zu Niederzell alte Wandgemälde aus früh romanischer Zeit birgt. Die kunsthistorische Bedeutung des Fundes beleuchtet d'e eine Thatsache, daß eine der anfgedeckten Fracken in ihrem Umfang und ihrer guten Erhaltest aus dieser Zeit für ganz Deutschland einzig Dasteht. In Verbindung mit den Fresken von Sr. Georg in Oberzell ergiebt sich nun der interessante Einblick in die Entwicklung der Reichenauer Malerschule. Gegen 10 bedeutende Einzelgemälde, welche die Tünche barg, wurden entdeckt.
München, 11. Okt. Der 70jährige Hofrat Cordes und seine 66jährige Gattin haben sich mit Cyankali vergiftet. Das Motiv war nach der „Allg. Ztg." ein körperliches Leiden.
In Heddernau explodierte bei dem Bäckermeister Baumann ein Acetylengas-Apparat. Herrn Baumann wurde der Schädel zerschmettert.
Württemberg.
Gerabronn, 11. Okt. Dem seitherigen Landtagsabgeordneten Fr. Haußmann ist die Kandidatur aufs neue angetragen worden. Haußmann hat dieselbe angenommen, nachdem sein Versuch, eine Persönlichkeit aus dem Bezirk dafür zu gewinnen, nicht gelungen ist.
Aalen, 11. Oktober. Beicher heutigen Stadtschultheißenwahl wurde sehr stark abgestimmt. Von 1063 Wahlberechtigten machten 990 von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Kranke und gebrechliche Wähler wurden an die Wahlurne geführt und getragen. Ratschreiber Maier von hier erhielt 594, Schultheiß Uhlmann von Unterrombach 395 St.
Ulm, 12. Oktbr. Schwurgericht. In der Verhandlung gegen den Lustmörder Andrä von
Söflingen hielt der Staatsanwalt die Anklage auf Mord aufrecht. Der Verteidiger Plaidierte auf qualifizierten Totschlag und beantragte lebenslängliches Zuchthaus. Die Geschworenen bejahten die Frage auf Mord und das Schwurgericht erkannte auf Todesstrafe.
Tübingen. Als am Mittwoch der Schuhmacher Pfitzeumaier in den Verhandlungssaal der Strafkammer geführt worden war, griff ^ plötzlich nach dem vor dem Gerichtstisch stehenden Stuhl, um sich damit auf die Landjäger zu stürzen. Vier Manu waren notwendig, um den Manu, der sich wie rasend gebärdete, zu überwältigen. Als man dann in die Verhandlungen eintrat, verweigerte der Angeklagte zunächst jede Antwort, sing dann aber plötzlich aufs neue zu toben an, so daß er zweimal abgeführt werden mußte. Pfitzenmctier erhielt schließlich wegen Meuterei eine Gefängnisstrafe von einem Jahr vier Monaten.
Weinpreiszettel vom I1./12. Oktober.
- iPceise pro 3 Hektoliter.)
Kleingartach. Mehrere Käufe zu 92. 94 . gz und 105 „L Noch viel feil. Käufer erwünscht. — Stockheim. Beschaffenheit über Erwarten gut. Verschiedene Käufe zu 115, 1-18 und 120 .4L Käufer er- wünscht. — Besigheim. Käufe zu 110—140 UL ^ Freudenthal. Käufe zu 96-110 UL — Kirch. heim a. N. Preise II5-I25 UL Käufer erwünscht we,l großer Vorrat au Ausstichwemen. — Lausfen a. N. Preise 100—150 .4L — Auenstein. Käufe von 100—125 4L — Großbottwar. Preis 110—130 4 L Harzbergausstich 140 UL Manches verstellt. — Helfem derg. Beschaffenheit bei sorgfältiger Auslese sehr aut Preise von 105 bis Ii2 ^ Käufer erwünscht'
— Hos und Lembach. Käufe zu 128—130 Käufer erwünscht. — Winzerhausen. Verkauf lebhaft zu 95 UL Noch viel Vorrat. — Beutelsbach. Menge schlägt vor. Vieles verstellt, noch kein fester Kauf. - Schnaith. Beschaffenheit sehr gm. Mehrere Käufe zu 134, 135, 140 rX — Horrheim. Preise etwas gesunken. Heute verkauft zu 110. 115, 118. 120 <
Noch ziemlich Vorrat. Käufer eingeladen. — Eschenau.
Die allgemeine Weinlese beginnt nächste Woche. Schon ziemlich verkauft zu 100—105 ,,/L — Löwenstein. Käufe zu 110 ^1L — Großheppach. Käufe zu 131 und 133 Güte vorzüglich. Käufer erwünscht. , Kleinheppach. 1 Kauf zu 180 4«. — Eßlingen. Menge schlägt vor. Bereits ist vieles verstellt. 1 Kauf zu 200 „<L Gewichi 85—90 Grad nach Oechsle. — Willsbach. Beschaffenheit sehr aut. Käufe zu 110 bis 120 , o
Ausland.
Taku, 9. Okt. Gra f Waldersee wird am Samstag nach Peking abreisen. Die Deutschen !
warteten Verstärkungen in Tientsin ab. Dann !
erst sollen weitere Maßnahmen getroffen werden. i
Die deutsche Telegraphen-Verbindung zwischen Tientsin und Peking ist hergestellt. i
Shanghai, 1.2. Oktbr. Die „Morning i
Post" meldet von vorgestern: Dis Unruhen im !
Innern dauern noch immer fort. Man versichert, die Aufständischen in Setschwan seien !
mehrere tausend Mann stark. Der Aufruhr in !
Kwantung sei noch nicht niedergeworfen. s
vermischtes.
Neue I) - Wagen werden gegenwärtig her- s gestellt. Bei diesen befinden sich auch an den Längsseiten Thüren, um den Reisenden in Notfällen einen direkten und schnellen Ausgang zu , ermöglichen. Die neuen Thüren werden durch Plomben gesperrt, sind nur von innen zu öffnen und sollen nicht dem gewöhnlichen Verkehre ; dienen. Die jetzt in Gebrauch befindlichen V-Wagen sollen allmählich ebenfalls die neue . Einrichtung erhalten. !
Mutmaßliches Wetter am 14. u. 15. Okt.
i Nachdruck verboten.»
lieber Mittel- und Nordskandinaoien liegt noch ein Luftwirbel von 745 mm, über dem südlichen Irland und Cornwallis einerseits, Belgien. Mitteldeutschland und der nördlichen Hälfte von Oesterreich-Ungarn andererseits und endlich an der unteren Donau noch ;e ein Hochdruck'von 765 mm. lieber Spanien und Südfrankceich zeigt sich eine schwache Depression von wenig unter Mittel. Letzterer verursacht bei uns ziemlich kühle Temperatur. Für Samstag und Sonntag steht morgens vielfach nebliges, tagsüber trockenes und fast ausnahmslos heiteres Wetter in Aussicht.
Mit einer Beilage
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.