Juni aus den Gesandtschaften selbst auch nicht die kärglichste Nachricht nach außen gelangt ist! Allen diesen aus chinesischen Quellen stammenden Berichten ist auch nicht die geringste Glaub­würdigkeit beizumessen, so lange sie nicht von europäischer Seite bestätigt sind. Unterdessen geht die deutsche Expedition nach China. Daß dies keine leichte Sache ist, wo es uns an Er­fahrungen für überseeische Kriegsunternehmungen so gut wie ganz fehlt, weiß jeder. Aber es muß eben durchgemacht werden. Die Ausführung des Kriegsplanes, als welcher die Einnahme von Peking zu gelten hat, kann natürlich nicht über­stürzt werden. Schon wegen der großen Ent­fernung muß ein verhältnismäßig langsames Tempo eingeschlagen werden. Aber gerade des­halb werden alle Vorbereitungen mit größter Umsicht und Sorgfalt ausgeführt.

Berlin, 11. Juli. Zum diplomatischen Vertreter in China ist der bisherige außer­ordentliche Gesandte in Luxemburg, Dr. Mumm v. Schwarzenstein ausersehen. Derselbe wird schon in den nächsten Tagen nach Ost-Asien sich begeben, begleitet von dem Sekretär Frhr. v. d. Goltz.

Berlin, 11. Juli. Laut Wolffs Tele­graphenbureau telegraphiert der kaiserliche Konsul in Tschifu: Der Gouverneur von Schantung richtete an die fremden Konsuln eine Depesche, wonach laut Nachrichten vom 4. d. M. die Ge­sandten in Peking außer Gefahr und der Auf­stand in der Abnahme begriffen sei. Alle katholischen und evangelischen Missionare in Schantung sind nach Tschifu oder Tsingtau ge­bracht worden.

Berlin, 11. Juli. Nach hier eingelaufenen telegraphischen Meldungen des deutschen Konsuls in Tientsin wurden die dortigen Fremdennieder­lassungen vom 5. bis 8. Juli , von den Chinesen wiederholt beschossen. Am 6. d. M. wurden 2000 Boxer, welche die französische Fremden­niederlassung angegriffen, von den Russen zurück­geschlagen. Am 7. beschossen die Engländer und Japaner die chinesischen Batterien. Hierbei schlug eine chinesische Granate in das Dach des deutschen Konsulats und zündete. Das Feuer wurde gelöscht.

Wilhelmshafen, 11. Juli. Das für China bestimmte Geschwader unter Admiral Geißler hat seine Reise unter den Hurrahrufen einer tausendköpfigen Menschenmenge heute vor­mittag angetreten.

Bergen, 11. Juli. Die kaiserliche Dacht Hohenzollern" mit dem Kaiser an Bord ist Nachmittags hier eingetroffen.

Der deutsche Verein vom Roten Kreuz sucht berufsmäßig ausgebildete Krankenpfleger für den Lazaretdienst in China. Die Pfleger erhalten vollständig freie Verpflegung und Ver­köstigung sowie Tagegelder.

Entsetzliche Grausamkeiten sollen, wie man derM. Allg. Ztg." aus Dokohama meldet, die Chinesen an dem unglücklichen Frhrn. v. Ketteler verübt haben. Nach verzweifelter Gegenwehr sei er, aus mehreren Wunden blutend, vom Pferde gerissen, auf einen freien Platz geschleppt und vis zum Hals in die Erde eingegraben worden. Dann habe man ihm mit glühenden Eisen die Augen ausgestoßen und die Zunge aus dem Halse gerissen. Man sträubt sich, an solche Greuel zu glauben, und die Meldung des Münchener Blattes begegnet denn auch lebhaftem Zweifel, schon aus dem Grund, weil der britische Gesandte, der bekanntlich selbst die Nachricht von der Er­mordung des Freiherrn aus Peking nach Tientsin gemeldet hat, dieser Grausamkeiten keine Er­wähnung thut. Nach den bisherigen Nachrichten wurde Herr v. Ketteler durch 4 Schüsse getötet.

Karlsruhe, 10. Juli. Prinz Max hat AE Aulaß seiner heutigen Vermählung dem ^derbürgermeister Schnetzler eine Gabe von 1000 ^ für die hiesigen Armen gegeben. Prinz Amx hat auch aus Anlaß seiner Vermählung unter Mitwirkung seiner Mutter und seiner Schwester, er Crbprinzessin von Anhalt, in dankbarer Eri­nnerung und zum ehrenden Gedenken an seinen Prinzen Wilhelm, ein Kapital von .0 000 ^ gestiftet, als Grundstock zur Errichtung nes der allgemeinen Benutzung offenen Kranken- Ues in Salem, das den NamenPrinz- «"helm-Krankenhaus" führen soll.

Karlsruhe, 6. Juli. Prinz Max wird mit seiner jungen Frau Samstag, den 14. Juli, vormittags 10 Uhr hier seinen feierlichen Ein­zug halten. Während des Einzuges werden die Glocken der Kirchen geläutet und Salven ab­geschossen. Am Rathaus ist eine Begrüßung des Paares durch den Stadtrat mit einer An­sprache des Oberbürgermeisters Schnetzler vor­gesehen. Am Abend findet im Schloß ein Prunkmahl statt. Sonntag Vormittag 10 Uhr besuchen sämtliche Fürstlichkeiten den Gottesdienst in der Schloßkirche. Nachmittags findet im Residenzschloß ein großes Gartenfest statt. Abends bringen die vereinigten Männergesang­vereine der Residenz den Neuvermählten ein Gesangsständchen. Der Vorstand derLieder­halle" wird eine Ansprache halten. Montag Abend findet im festlich beleuchteten Stadtgarten ein Konzert der Leib-Grenadierkapelle statt, das die Fürstlichkeiten besuchen werden. Dienstag reist das Neuvermählte Paar nach Baden ab, wo ihm ebenfalls ein feierlicher Empfang bereitet wird. Sonntag Vormittag werden die badischen Städte als Hochzeitsgabe 38 Stücke vergoldetes Tafesilber in einer nach Entwürfen des Direktors Götz gearbeiteten, mit Einlegearbeit versehenen Truhe überreichen.

Baden-Baden, 10. Juli. Der Schah von Persien wird, zuverlässiger Nachricht zu­folge, in etwa 14 Tagen dahier eintreffen und sich ungefähr eine Woche dahier aufhalten. Von hier aus begiebt sich der orientalische Herrscher über Dresden und Königsberg nach St. Peters­burg, womit er seine offiziellen Besuche in den Hauptstädten Europas abzustatten beginnt.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Juli. Für württembergische Besucher der Weltausstellung in Paris giebt der in Paris weilende Staatsrat Dr. v. Gaupp be­kannt, daß der Diener des württ. Bureaus auf dem Straßburger Bahnhof in Paris anwesend sein wird bei den Zügen: ab Stuttgart 5.45 abds., an Paris 7.11 mrgs.

1.13 nachts, 1.26 mitt.

5.55 mrgs., 6.05 abds.

Wer bei Ankunft anderer Züge auf dem Pariser Bahnhof abgeholt werden will, hat dies zuvor von Hause aus zeitig auf dem Bureau anzu­melden und bei Abholung dem Diener eine Ge­bühr von 2 Frks. zu entrichten. Letzterer ist erkenntlich durch die AufschriftWürttemberg" an seiner Mütze. Die württ. Besucher der Aus­stellung werden ersucht, Neuigkeiten ihres Faches welche sie auf letzterer auffinden in der Beachtung der Behörden, insbesondere des Landesgewerbe­museums sehr würdig erachten, auf dem württem- bergischen Bureau, rue des Petites Ecuries Nr. 9, 2 Treppen hoch, mündlich oder schrift­lich anzuzeigen. Sicher verdient diese dankens­werte Einrichtung Nachahmung für die anderen Staaten.

Münster, 10. Juli. Die bürgerlichen Kolle­gien haben beschlossen, die Ausarbeitung der Pläne für das zu erstellende Elektrizitätswerk der Gesellschaft Helios in München zu über­tragen. Für Abnahme elektrischer Kraft liegen zahlreiche Anmeldungen vor.

In Heilbronn ist von der Deutschen Partei Fabrikant Peter Bruckmann als Kandidat für die kommenden Landtagswahlen aufgestellt worden. In der Heilbronner Zeitung erklärt nun der Ausschuß der Bolkspartei,daß er an dem bewährten Vertreter der Stadt Heilbronn festhalte und die Volkspartei keinen Anlaß habe, sich mit einer andern Kandidatur zu beschäftigen." Nach demselben Blatt verlautet bestimmt, daß auch Oberbürgermeister Hegelmaier als Kandidat auftreten werde. Auch die sozialdemokratische Partei wird einen Kandidaten aufstellen.

Friedrichshafen, lO.Juli. GrafZeppe- lin gab gestern abend sämtlichen Technikern und Arbeitern der Luftschifffahrtsgesellschaft im Re­staurant Kesenheimer, sowie den beim Probe- Aufstieg mitwirkenden 56 Turnern und Feuer­wehrleuten im Kurhaus ein Nachtessen. Hierbei sprach er den elfteren für ihre bisherige treue Unterstützung seinen Dank aus und betonte, wenn auch durch die defekt gewordene Steuerung das Luftschiff den Zuschauern nicht so vorgeführt

werden konnte, wie es geplant gewesen war, so hoffe er doch mit ihrer ferneren thätigen Mit­hilfe bis zum Herbst sein sich gestecktes Ziel zu erreichen.

Tübingen. (Strafkammer.) Ein Nach­spiel zum Liebenzeller Mordprozeß fand am 3. ds. vor der hies. Strafkammer statt. An­geklagt eines Verbrechens der Verleitung zum Meineid war der Ackerer Joh. Bender aus Gleishorbach bei Bergzabern. Bender ist ein Schwager des Joh. Hoffmann, dessen Tochter, des Löwenwirtin Faas, wegen Ermordung ihres Mannes bekanntlich zum Tode verurteilt worden ist. Der Angeklagte soll im Dez. v. I. und im Jan. d. I. wiederholt die Händlersehefrau Hans in Gleiszellen aufgesucht haben um sie von un­günstigen Aussagen gegen Hoffmann und dessen Tochter abzuhalten. Die Zeugin soll dem Bruder mitgeteilt haben, daß die Marie Faas ihr zu­gestanden habe, daß sie den Mord an ihrem Mann gemeinschaftlich mit ihrem Vater aus­geführt habe und daß Marie Faas dritte Personen aufgefordert habe, den alten Hoffmann, ihren Vater, zu töten. Trotz der für Bender un­günstigen Beweislage konnte sich das Gericht von seiner Schuld nicht voll überzeugen und sprach ihn deshalb frei. Bender wurde sofort aus der Haft entlassen.

Kirchheim u. T., 12. Juli. Auf Antrag der hiesigen Buchdruckergehilfen beschlossen die bürgerlichen Kollegien, anläßlich des 500. Ge­burtstages des Erfinders der Buchdruckerkunst einer neu in den Stadtplan aufzunehmenden Straße den Namen Gutenbergstraße zu geben.

Aalen, 7. Juli. Das Anwesen des Essig­fabrikanten Jul. Mayer wurde heute für Zwecke der hiesigen Bahnhoferweiterung um 166 000 ^ angekauft. Dasselbe umfaßt ein Areal von 75 a, auf welchem sich ein Wohnhaus, ein Fabrik­gebäude mit großem gewölbtem Keller, ein Stall­und Remisengebäude mit Keller und mehrere kleine Remisen befinden.

Ausland.

Tschifu, 11. Juli. Nach demDaily Expreß" haben die Russen 30 000 Mann von Arbin südwestlich von Kirin nach der Eisenbahn­linie zwischen Kirin und Tsitsihar vorgesandt. Südlich dieses Ortes verbrannten die Chinesen fast alle Brücken und führen eine Schreckens­herrschaft in der südlichen Mandschurei ein. Die Chinesen griffen am 4. Juli Tientsin von 75000 Mann und über 100 Geschützen an. Tientsin wurde von 14 000 Mann der vereinigten Truppen verteidigt. Die Russen und die Japaner haben die stärksten Verluste gehabt. Von einer russischen Infanterie-Kompagnie in Stärke von 120 Man« wurden mit Ausnahme von fünf alle getötet oder verwundet. Große Verluste hatte auch das deutsche Contingent. Die Verluste der Engländer betragen 30 Mann. Die Deutschen sandten 250 Kranke und Verwundete, alle von der Ko­lonne des Admirals Seymour, in großen Fluß­booten nach Taku. Sie wurden auf dem Wege dorthin unaufhörlich von Chinesen belästigt. Am 6. erneuerten die Chinesen die Angriffe auf Tientsin mit 2 vierzölligen Batterien. Es gelang der Artillerie der vereinigten Truppen, sie nach 8 ständigem Gefecht zum Schweigen zu bringen.

London, 12. Juli.Daily Telegraph" meldet aus Kanton vom 10. ds.: Am Morgen des 10. fand ein Zusammenstoß zwischendeutschen Truppen und Boxern bei Ki autsch au statt, wobei viele Boxer getötet wurden.

Immer dasselbe Schauspiel: Die Buren, hundertmal besiegt, stehen immer noch im Felde und müssen noch hundertmal besiegt werden, um dann wahrscheinlich erst noch nicht unterworfen zu sein. Einzelne hervorragende Buren von Transvaal und Oranjestaat haben sich ja freilich dem Lord Roberts ergeben. Aber was hilft das, so lange noch Tausende entschlossener Krieger ausharren, unter den unermüdlichen Führern Dewet und Botha und wie sie alle heißen? Die neueste Depesche des Lord Roberts aus Pre­toria vom 10. Juli besagt: Die Streitkräfte Clements und Pagets sind am 7. Juli in Beth­lehem eingetroffen. Da Dewet sich weigerte, sich zu ergeben, nahm ein irländisches Regiment die feindliche Stellung im Sturm und eroberte ein