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Von einem bedeutenden Brandunglück wurde die Uhrenfabrik zu Lenzkirch betroffen. Ein Gebäude, in dem gegen hundert Arbeiter beschäftigt waren, brannte nieder. Der Ge,amt­schaden wird auf 200 000 beziffert. Glück­licherweise konnte das vordere Hauptgebäude gerettet werden, sonst wäre der Schaden ein unberechenbarer gewesen und hätte Hunderte von Arbeitern auf Monate hinaus der Beschäftigung und des Verdienstes beraubt. Die Uhrenfabrik Lenzkirch beteiligt sich in hervorragender Weise an der Pariser Weltausstellung. Am Tage vor dem Brande waren die zur Ausstellung bestimmten Gegenstände, eine größere Zahl Prächtiger Uhren und feinst ausgearbeiteter offener Werke, nach Paris abgegaugen.

In der nächsten Zeit wird zwischen Stutt­gart und Straßburg eine unmittelbare Telephonverbindung hergestellt werden. Nach Fertigstellung derselben ist in Aussicht genommen, den Sprechverkehr zwischen den sämtlichen Tele­phonanstalten in Württemberg und des Elsasses zuzulassen.

Weileri. Elf., 10. Mai. Die Reben haben sich noch nie so schön gezeigt wie in diesem Jahr. Man ist zur Zeit mit dem Hacken derselben be­schäftigt. Die Traggerten sind mit Sämlingen überladen; die Stimmung des Winzers ist eine sehr gute. Das Weingeschäft steht ganz still, seit Wochen sind keine Käufe mehr abgeschlossen worden. Vorräte sind immer noch vorhanden. Angesichts der guten Weinaussichten wären die Eigner zum Herabgehen im Preis geneigt. Man bietet Wein an zu 29 ^ Pro Hektoliter.

Württemberg.

Stuttgart, 11. Mai. Kammer der Ab­geordneten. Präsident Payer eröffnet die 114. Sitzung um Uhr. Die Kammer fährt in der gestrigen Tagesordnung fort. Vizepräsident v. Kiene bekämpft die gestrigen Aeußerungen Hennings, der sich von seinem Parteifreund Konrad Haußmann über konstitutionelle Forder­ungen belehren lassen sollte. Die Regierung werde gerade aus konstitutionellen Gründen den Rat Hennings sicher nicht befolgen. Der Vorwurf Haußmanns wegen Verzögerung der Steuerreform wäre von diesem besser seiner eigenen Fraktion gemacht worden anstatt den Privilegierten. Wenn des Redners Antrag angenommen werde, so sei damit bloß die Erwartung ausgesprochen worden, daß die Regierung die gewünschte Vorlage im Rahmen der Steuerreform einbriuge. Kloß wolle mit der ganzen Sozialdemokratie den Mittelstand in das Proletariat herabziehen, was Redner ein­gehend beweist. Die Warenhäuser sind mit eine Ursache des Rückgangs des Mittelstandes, des­wegen müssen wir jetzt eingreifen. Frhr. von Gaisberg habe keinen richtigen Begriff von der Notwehr. Der Aba. von Maulbronn habe gestern einen Gedanken verallgemeinert, der in dieser Ausdehnung nur in einzelnen Fällen zu­treffe. Das Gesetz sei kein Ausnahmegesetz, son­dern die berechtigte Folgerung aus den wirt­schaftlichen Verhältnissen. Frhr. v. Hermau meint, die Konkurrenz des Kleinbetriebs gegen den Großbetrieb könne nicht durchgeführt werden, der gegenwärtige wirtschaftliche Prozeß könne weder umgewandelt noch aufgehalten werden. Man sollte erst die Wirkung eines ähnlichen Gesetzes in Preußen abwarten. Käs hält die vorliegende Frage für Württemberg mehr für theoretisch als praktisch. Eine Umsatzsteuer sei verfehlt; denn sie wolle dem Großkaufmann ver­bieten, seine Ware billiger abzugeben, wodurch auch die Konsumvereine geschädigt werden. Würt­temberg müsse sich der modernen Produktions­weise anschließen, sonst bleibe es in seiner Ent- wicklung zurück. Die Vernichtung so vieler Existenzen durch die Warenhäuser sei eine Fabel. Redner wird gegen alle Anträge stimmen. Rem- bold erwidert, Käs stehe vollständig auf dem uberal-manchesterlichen Standpunkt (sehr richtig!) und habe sich wegen der Sonntagsruhe auf dem ».and nicht recht umgesehen. Aus dem Lande wolle niemand die Sonntagsruhe wieder auf- geben. (?!) Daß Warenhäuser humane Muster- elnrichtungen' seien, wie Kloß behauptet habe, sei mcht richtig. Redner verliest einen Passus aus einer Rede Roerens über die Umsatzsteuer, wo­

durch die Behauptungen des Abg. für Backnang vollständig widerlegt, werden. Der Abg. für Maulbronn habe bereits geschildert, wie schlecht in den Warenhäuser die Angestellten behandelt und bezahlt werden. Das Großkapital dürfe kecklich stärker besteuert werden. Hier handle es sich auch durchaus nicht um ein Ausnahmegesetz, wie Minister v. Pischek glaube. Wenn die Waren­häuser die Umsatzsteuer teilweise aus ihre Ange­stellten abladen würden, so verdienten sie er­drosselt zu werden. Der Finanzminister führt aus: Heute scheint ein gemäßigterer Wind zu wehen, während es gestern fast ausgesehen habe, als ob die Regierung noch diesem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen sollte. Der Abg. Schrempf habe gestern verlangt, der Staat solle zum Schutz der Kleinbetriebe die Großbetriebe erdrosseln. Der Antrag auf Berücksichtigung gehe zu weit, die vorliegenden Petitionen möchten den Be­sitzern der Warenhäuser über ffz des Gesamt­jahresreinertrags abnehmen. Er könne sich auf eine progressive Umsatzsteuer nicht sestlegeu und müsse erst abwarten wie diese Frage im preußi­schen Landtag behandelt werde. Schrempf widerlegt eine Reihe von Einwendungen seiner Vorredner. Die Gewerbefreiheit wolle er nicht aufheben, aber zur Raubtierfreiheit dürfe sie nicht werden, dagegen müsse man Schutzmaßregeln treffen. Mit Sympathien allein sei dem Mittel­stand nicht geholfen. Die Anschauungen des Abg. Kloß seien abgrundtief von den Ansichten des ganzen Hauses verschieden, was Redner des näheren darlegt. Kloß erblicke in den Waren­häusern die Ideale von kapitalistischen Unter­nehmungen, obgleich bekannt sei, daß gerade dort Hungerlöhne bezahlt werden. Man dürfe keines­wegs dulden, daß die Kleinen von den Großen gefressen werden, wie die Häringe von den Wali­sischen. Noch könne sich der Mittelstand auf­raffen durch Organisationen zu denen wir schon jetzt auf dem besten Wege sind. Die Waren­häuser hätten kein Vaterland im eigentlichen Sinne, sondern seien international. Württem­berg brauche kein Zufluchtsort für sie zu werden. Frhr. v. Herman gehöre mit seinen Anschauungen in die Nähe deS Abg. Kloß. Es liege durch­aus nicht im Interesse der Konsumenten, daß im Warenhaus Herrenkraoatten um 1 ff' und Hand­schuhe um 5 ff verkauft werden. Wenn Käs seine Anschauungen als oberflächlich bezeichnet habe, so sei das eben eine Grobheit, die dessen allgemeiner Lebenshaltung entspreche. (Heiterkeit.) Den Vorwurf des Finanzministers, als ob er die Erdrosselung der Großbetriebe verlangt hätte, weist Redner nachdrücklich zurück. Henning be­streitet, daß er auf einem manchesterlichen Stand­punkt stehe. Bei der Steuerreform sollen die Warenhäuser stark herangezogen werden. Die ganze Frage sei noch nicht spruchreif. Redner Polemisiert gegen Schrempf, der die Großindustrie um 100 Jahre zurückentwickeln wolle. Dr. Hieb er rechtfertigt die Stellungnahme der deut­schen Partei für den Antrag Kiene. Man brauche sich ja nicht auf allen Punkten der Petition festzulegen. Wenn er die Frage gestern nach ihren Gründen für und gegen untersucht habe, so habe er dies gethan, um die Sache vom wissenschaftlichen Standpunkt aus zu beleuchten. Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird ange­nommen. Der Antrag Kiene u. Gen. vereinigt 37 Stimmen für und 37 gegen sich. Der Präsi­dent giebt den Stichentscheid mitNein", so daß der Antrag abgelehnt ist. Der Antrag der Kommission wird darauf angenommen. Die Abgg. der Volkspartei haben ihre Abstimmung motiviert. Die Petitionen werden für erledigt erklärt.

Stuttgart, 12. Mai. Die Marine- Ausstellung erhielt heute nachmittag nach 4 Uhr den Besuch des Königs und der Königin. Der Zufall gab dem Besuch eine besondere Bedeut­ung. Seit den ersten Tagen der Ausstellung in Breslau ist über Dresden, Dortmund und Darmstadt auf den Ausstellungskarten die Zahl der Besucher fortlaufend numeriert worden. In Stuttgart wurde mit 279265 begonnen. Heute nachmittag kam nun, gerade zur Zeit des Be­suchs des Königspaars, die 300000. Karte an die Reihe, die nun der Königin übergeben worden ist. Der König hat die Karte 300 001 erhalten. Der vom Kaiser angeregte Gedanke, die Bedeut­

ung der Flotte in einer Marine-Ausstellung dm Landbewohnern darzulegen, hat sich auf's Beste bewährt. Seine Majestät der König hat die Ausstellung schon zum vierten Mal besucht.

Friedrichshafen, 13. Mai. Heutemorgen 8.50 stieg der internationale Luftballon des Ober­rheinischen Luftschiffervereins mit 10 Herren, worunter Professor Hergesell aus Straßburg bei dem Zeppelinschen Ballonplatze in Manzell auf; der Ballon wurde mit Wasserstoffgas mittelst Schläuche aus den Flaschen gefüllt. Nachdem 3 Probeballons aufgelassen, welche eine nordöst­liche Richtung nahmen, erfolgte auch der Auflaß des Ballons, welcher ebenfalls in gleicher Richtung in einer Höhe von 800 Mtr. nach 5 Minuten in den Wolken schon dem Auge verschwand. Der Aufstieg ging ruhig und rasch vor sich und wurde den Insassen von einer großen Zuschauermenge, worunter Graf Zeppelin und verschiedene Herr­schaften, begeistertes Hurrah nachgerufen.

Rottweil, 13. Mai. Der Buchbinder Alber von Schömberg, welcher gestern mittag 1 Uhr per Zweirad die Steige am Höllenstein in rasendem Tempo herunterfuhr, begegnete bei der Neckarbrücke in der Au einem Mühlewagen. Beim Ausweichen wurde er, da er die Trottoir- Einfassungssteine streifte, mit solcher Wucht ab- und an einen Kastanienbaum geworfen, daß ihm der Schädel vollständig eingedrückt wurde und er tot vom Platze getragen werden mußte.

Hall, 11. Mai. In seiner letzten Plenar­versammlung hat der hiesige Musikverein den Beschluß gefaßt, das Liederfest des Schwäbischen Sängerbundes im nächsten Jahre in hiesiger Stadt abzuhalten.

In Schwenningen ist dieser Tage in Anwesenheit des Prinzen Herrmann zu Sachsen- Weimar eine für 60 Schüler berechnete neue Fachschule für Uhrmacherei, Feinmechanik und Elektrotechnik eröffnet worden. Beiträge der Ge­meinde, Fabrikanten und des Staates ermög­lichten die Gründung dieser Schule.

Aus Oberstadion, OA. Ehingen, wird demSchwäb. Merk." geschrieben: Der im Jahre 1854 als Domherr in Augsburg gestorbene Jugendschriftsteller Christoph v. Schmid, »Ver­fasser viel gelesener Erzählungen waltete 11 Jahre hier als Pfarrer, wo er auch eine Reihe seiner schönsten Erzählungen schrieb. Es soll nun dem­selben hier ein einfaches würdiges Denkmal in der schönen Kirche oder am Pfarrhaus errichtet werden.

Ausland.

An der Wiener Universität fanden Studenten-Unruhen statt. Während eines Zu­sammenstoßes zwischen deutsch-nationalen und klerikalen Studenten der Universität wurden mehrere Studenten von der Polizei verhaftet. Der Rektor erließ ein allgemeines Verbot des Farbentragens und untersagte jede Vereins- thätigkeit in den Universitäts-Räumen, sowie den Aufenthalt auf den Stiegen und den Seiten­gängen sowie in der Vorhalle.

Lord Rosebery hielt bei einem Bankett des Glasgow-Universitätsklubs in London eine Rede, in welcher er ausführte, Großbritannien habe viel von Deutschland zu lernen in seiner außerordentlichen Industrie und außerordentlichen Konzentration und der besonnenen Art und Weise, mit der Deutschland im Vergleiche zu England seine Regierung unterstützt.

Bom südafrikanische« Kriegsschauplatz.

Wie durch ein Londoner Privat-Telegramm gemeldet wird, haben die Buren, bevor sie die Stellungen am Zandflusse, einem nördlich von Winburg fließenden Nebenflüsse des Vetflusfes räumten, der englischen Kavallerie noch schwere Verluste beigebracht. Schon die halb versteckte Stelle in Lord Roberts Depesche:Unsere Ver­luste sind, wie ich hoffe, nicht groß," deutete auf ernstere Kämpfe hin. Der Bericht lautete: Die Verbündeten schlugen am 8. Mai die Ka­vallerie-Division Hutton bei Virginakopje, ihr schwere Verluste beibringend. Sie hatten Hutton umgangen und im Rücken angegriffen. Sie sprengten darauf alle Bahnübergänge u. Brücken und zogen erst ab, nachdem sie unter den Augen des Roberts'schen Heeres ihr gesamtes Bahn-