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material und ihre Vorräte in Sicherheit gebracht hatten.
Der Vormarsch der Roberts schen Truppen nimmt noch seinen Fortgang, ist aber gleichzeitig bereits in ein langsameres Tempo gefallen und den ersten ernsten Hindemissen begegnet: Das Aufreißen der Eisenbahnlinie und die zerstörten Brücken verhindern das prompte Nachbringen des Trains und die Verproviantierung der Armee, so daß General Roberts in allernächster Zeit schon gezwungen sein wird, Halt zu machen und wiederum zu warten, bis die Brücken repariert find und die Bahnlinie wieder hergestellt ist. Seine Kavallerie-Patrouillen sollen überdies bereits am Zandflusse den Feind „in bedeutender Stärke" getroffen haben, was darauf hindeuten würde, daß die Verbündeten selbst entschlossen sind, jene Hindernisse durch aktiven Widerstand noch zu verstärken.
London, 12. Mai. Chamberlains Rede in Birmingham, besonders seine Erklärung über die unbedingte Notwendigkeit der Einverleibung der Burenstaaten, wird von den Morgenblättern auf der ganzen Linie als klärend und luftreinigend höchst beifällig begrüßt.
Hlnteryattender LoL.
Entlarvt.
Kriminalroman von Friedrich Halt.
^Fortsetzung.!
Langsam ging Albrecht nach H. zu, bald wurde er von einem Gendarm überholt, der achtungsvoll grüßte.
„Vielleicht können Sie mich aus einer Verlegenheit bringen," sagte Albrecht, „können Sie mir Feuer zu einer Zigarre geben?"
„Gewiß," erwiderte der Gendarm, sein Pferd anhaltend, und im nächsten Augenblicke flogen schon die Funken aus Stahl und Stein.
Albrecht hatte aus einem Zigarrenetui sich eine Zigarre genommen; er stand neben dem Gendarm. „So, mein Herr," sagte dieser, „hier ist Feuer," er reichte Albrecht die Zündbüchse hin, in der volle Glut sprühte.
- „Darf ich bitten, inzwischen sich gefälligst zu bedienen?" entgegnete Albrecht, seine Zigarrentasche dem Gendarm gebend.
Die Zigarren brannten und Albrecht schritt neben dem Gendarm hin, der sein Pferd in langsamem Schritt gehen ließ.
„Sie sind wohl schon lange hier in der Gegend?" begann der Maler nach einer Pause.
„Seit zwölf Jahren," gab der Gendarm zur Antwort.
„Und wo stationiert, Herr —"
„Mein Name ist Krause, in Brüssow, eine Meile von hier, dort ist das Landratsamt," war die Antwort.
„Mein Name ist Albrecht, ich bin Landschaftsmaler, Sie können mir vielleicht eine für mich wichtige Auskunft geben: treiben sich in der Nähe Zigeuner umher?"
„Zigeuner?" wiederholte ungläubig der Gendarm. „Was wollen Sie mit dem Gesindel," setzte er lachend hinzu, „ich danke meinem Gott, wenn solcher Heidenstamm aus unserer Gegend fort zieht."
„Will ich Ihnen gerne glauben," entgegnete Albrecht, „aber ich würde mich freuen, wenn ich hier Zigeuner fände. Mir fehlt nämlich zu einem Bilde ein Zigeunerlager, und deshalb wollte ich dies braune Volk haben, um es in ihrem Treiben beobachten zu können."
„Ja, vor etwa zwei Monaten, da hatte sich da unten am Rande des Waldes solche Gesellschaft wieder eingenistet, ein Stamm, der eigentlich streng genommen, in den letzten Jahren diese Gegend hier immer unsicher gemacht hat, vor etwa fünf Wochen da ist die Bande plötzlich aufgebrochen, an einem schönen Morgen war dieselbe verschwunden."
„Ein großer Stamm?" fragte der Maler.
„Es waren siebenzehn Personen."
„Schade, schade, daß die nicht mehr hier sind," sagte Albrecht bedauernd. „Kinder dabei?" setzte er sichtlich zerstreut hinzu.
Der Gendarm lachte, und der Maler schien diese Antwort zu verstehen.
„Sie meinen, ob ich schon Zigeuner ohne eine beträchtliche Zahl Kinder gesehen habe?"
„Ja, so meinte ich," gab treuherzig der Gendarm zurück. Hier waren drei alte Zigeuner, zwei junge Paare und zehn Kinder."
„Wenn ich nun die Gesellschaft zu finden wüßte," sagte Albrecht, „es sollte mir auf eine Reise von zehn Meilen nicht ankommen."
„Da kann ich Ihnen vielleicht dienen," erwiderte der Gendarm, „in einigen Tagen ist in L. Aushebung, da komme ich mit einigen Kameraden zusammen, ich werde mich bei denen erkundigen; sind die Heiden noch hier in der Gegend, so erfahre ich es gewiß und bringe Ihnen dann Nachricht."
„Ich werde mir im Kruge in Steinhagen ein Zimmer mieten, übermorgen denke ich dort schon zu sein, bin ich nicht da, so brauchen Sie keine Nachricht zu hinterlassen, Sie wissen ja, die Leute verstehen doch nicht, um was es sich handelt."
„Albrecht und der Gendarm waren an einen Kreuzweg gekommen.
„Ich muß hier rechts abbiegen," sagte der Letztere.
„Und ich links nach Steinhagen," bemerkte Albrecht, „also vergessen Sie nicht meine Zigeuner," setzte er hinzu, dem Gendarm die Hand zum Abschied reichend.
„Gewiß nicht," entgegnete dieser, „und Sie sollen sobald wie möglich Bescheid haben," versicherte er noch, rasch davon reitend.
Vordem Krugein Steinhagen, einem hübschen sauberen Gebäude, verbreitete eine mächtige Buche kühlen Schatten, und die dort aufgestellten Tische und Bänke luden zur Rast ein.
Der Maler Albrecht nahm hier Platz und bestellte bei dem in der Hausthür erscheinenden Krüger Frühstück und Bier, und bald brachte dieser den gefüllten Krug.
„Nehmen Sie bei mir Platz," sagte Albrecht, „und leisten Sie mir Gesellschaft, und dann habe ich auch mit Ihnen zu sprechen."
Der Krüger sah etwas erstaunt zu seinem Gaste hin und setzte sich Albrecht gegenüber.
„Nun eine Frage, Herr Wirt," begann Albrecht nach einer Panse, „ich bin Landschaftsmaler und will hier in der Nähe von Seinhagen einige Aufnahmen machen, mir könnte der Weg von hier zur Stadt und wieder heraus leicht beschwerlich werden, kann ich für Geld und gute Worte ein Zimmer, vielleicht auf vier Wochen bekommen?"
„Ja, wenn Sie mit einer Giebelstube zufrieden sein wollen," erwiderte der Krüger.
„Also abgemacht," sagte der Maler, „den Preis überlegen Sie mit Ihrem Frauchen, ich werde die Miete zahlen, sowie ich einziehe."
Der Krüger nickte beistimmend.
Ein Mädchen brachte das Frühstück, der Maler begann mit sichtlichem Appetit dasselbe einzunehmen.
„Ich bin da oben bei dem Gute vorübergekommen," begann derselbe nach längerer Zeit, „die Gebäude sind neue, sehr hübsch ausgeführt; wer ist der Baumeister?"
„Herr von Aoskor," war die Antwort.
„Ich habe den Namen heute schon gehört, derselbe klang mir auch da schon so bekannt, und ich möchte jetzt wetten, daß ich mit einem Herrn von Aoskor schon füher in Berührung gekommen bin," entgegnete der Maler, „Herr von Aoskor, Herr von Aoskor," wiederholte er dann, er suchte damit Wohl in seiner Erinnerung, wo nnd in welchen Verhältnissen er einen Herrn mit ähnlichem oder gleichen Namen gekannt habe.
„Es ist ein Verwandter der Baronin," bemerkte der Wirt.
„Wie alt ist der Herr?" fragte der Maler sehr zerstreut.
„Dreißig bis zweiunddrcißig Jahre," war die Antwort, „und groß, sehr kräftig, schwarzes Haar, so recht braune Gesichtsfarbe," sagte der Wirt, er wollte der Erinnerung des Herrn zu Hilfe kommen, der immer noch nachdenkend ihm gegenübersaß.
„Ist der Herr von Aoskor schon lange hier in der Gegend?"
„Nun ja, er kam vor etwa sechs Jahren
mit dem Baron, als die gnädige Frau hier auch eintraf; nach einem halben Jahre reiste er fort und als das Gut zum ersten Male abgebrannt war, da kam er wieder, um den Bau zu leiten und von da ab ist er fast immer hier gewesen."
„Er hat dann auch wohl die späteren Bauten geleitet?" fragte der Maler.
„Jawohl, er hat da jedes Jahr vollauf zu thun gehabt."
„Dort oben habe ich Bauten aus Sandsteinquadern bemerkt," sagte der Maler, „sie müssen wohl sehr alt sein, wissen Sie nicht, woher die stammen?"
„Früher, aber das ist schon lange her, da hat da ein Kloster gestanden," erwiderte der Krüger, und der Herr Prediger meint, das wären die Ueberreste von dem Kloster, auch die Ruine ist aus jener Zeit."
„Bei dem Gute ist ein hübscher Park, das Betreten desselben ist verboten, meine ich, ich habe da eine solche Tafel gesehen," sagte der Maler, „ich hätte gern da drinnen gemalt."
„Die Frau Baronin ist krank," erwiderte der Krüger, „da müssen Sie sich an Herrn von Aoskor wenden."
„Ich danke Ihnen, das werde ich thun," sagte Albrecht aufstehend und seine Zeche bezahlend, „ich werde beim Moor heute entlang gehen, der Weg von hier mag etwas weiter sein, aber es ist kühler dort," setzte er hinzu.
„Da haben Sie recht," bestätigte Krüger, „bleiben Sie aber auf dem Fahrwege, lassen Sie sich nicht darauf ein, einen Fußsteig, der über das Moor führt, zu gehen, selbst wenn derselbe noch so fest aussieht; wer die Wege benutzen will, der muß wenigen wiegen, wie Sie, oder Seiltänzer sein."
„Das bin ich nicht," gab der Maler zur Antwort, und nach freundlichem Gruß schritt er dem Moore zu.
-Fortsetzung folgt).
Mutmaßliches Wetter am 15. und 16. Mai.
l Nachdruck verboten.!
lieber Spanien und dem biskayischen Golfs zeigt sich nunmehr eine schwache Depression von wenig unter Mittel. Der letzte Lustwirbel ist über dem nördlichen und inneren Rußland auf nahezu 760 inm ausgeglichen. Ueber ganz Mitteleuropa, ebenso aber auch über Italien und der Balkanhalbinsel zeigt sich ein mäßiger Hochdruck mit einem Maximum dorr 765 mm über Schottland und der oberen Nordsee. Demgemäß ist für Dienstag und Mittwoch bei ziemlich milder Temperatur trockenes und auch mehrfach ausgeheitertes Wetter in Aussicht zu nehmen.
Telegramme.
Kurzei, 13. Mai. Der Kaiser verlieh bei der gestrigen Besichtigung der neuen Befestigungswerke' in Gorgimont denselben dm Namen „Feste Kronprinz". Heute vormittag besuchten der Kaiser und die Kaiserin den Gottesdienst in der hiesigen Kirche. Sodann besichtigte der Kaiser den Kriegerverein von Kürzel, welcher vor der Kirche mit Fahne Aufstellung genommen hatte und ließ sich Zeichnungen von 5 Denkmälern zeigen, welche der Verein auf Kriegergräbern in der Umgegend errichtet hat. Später besuchten der Kaiser und die Kaiserin das Augusta- Viktoria-Stift und traten alsdann die Rückfahrt nach Schloß Urville an.
Paris, 14. Mai. Bei den Munizipalratsstichwahlen in Paris wurden gewählt 19 Nationalisten und 11 Republikaner verschiedener Schattierungen, Sozialisten, Revolutionäre re. Der bisherige Munizipalratspräsident Lucipia unterlag dem Sekretär der Patriotenliga, Dausset.
Kronstadt, 14. Mai. (Reutermeldung.) Ein Feldkornet übergab Roberts die Stadt; Roberts zog nachmittags ein. Die Buren zogen nach dem Vaalfluß, wo sie sich verschanzen.
London, 14. Mai. Reutermeldung aus Thabanchu: Nachdem man erfahren, daß das Burenkommando auf dem Crinoline-Hügel 15 Meilen nördlich von Brabant lagert, wurde gestern von größeren britischen Truppenabteilungen mit Geschützen eine Rekognoszierung unternommen. Die Buren hatten die Position bereits verlassen. Nach einer Mitteilung der Eingeborenen zogen sich die Buren in der Richtung nach den Magnallingbergen zurück.
Redaktion. Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.