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Abs. 2 der Steuerreform eingehen, woran er von dem Präsidenten verhindert wird. Frhr. von Gemmingen protestiert gleichfalls gegen die Vorwürfe Haußmanns gegen die Privilegierten. Man schreitet zur Abstimmung. Der Antrag Geß-Schnaidt wird abgelehnt, der Kommissionsantrag mit 74 gegen 7 Stimmen angenommen, der 1. Zusatzantrag Rembold-Hähnle abgelehnt, der 2. Zusatzantrag Rembold angenommen.
Stuttgart, 9. Mai. Kammer der Abgeordneten. Präsident Payer eröffnet die 112. Sitzung um 9'/4 Uhr. Das Umgeldgesctz wird in der Schlußabstimmung mit 77 Stimmen (allen abgegebenen) angenommen. Es folgt der Antrag Deutler und Gröber betr. die Einführung einer auf Freiwilligkeit gegründeten Viehversicherung mit Staatsunterstützung. Dentler begründet seinen Antrag und erläutert zunächst ausführlich Bedürfnis, Zweck und Bedeutung der Viehversicherung. Die Landwirte sollen vor Schädigungen durch Umstehen oder Notschlachtungen von Vieh und namentlich vor wucherischen Händen geschützt werden. Durch Zusammenfassung aller Ortsvereine zu einem größeren Verband sei die Bersicherungslast für den einzelnen leichter zu tragen. Die Viehversicherung bewirke auch eine Verbesserung der Viehschläge und eine Wertvermehrung der in Zucht- und Nutzvieh steckenden großen Kapitalien. Das Ideal einer Viehversicherung wäre freilich ein absoluter Zwang, weil die Leistungsfähigkeit des Vereins mit der Zahl seiner Mitglieder wächst, aber wenn auch bei ansteckenden Seuchenkrankheiten eme Zwangsvcrsicherung angezeigt erscheine, so sei doch für nicht ansteckende Krankheiten eine solche nicht zu empfehlen. Der angestrebte Zentralverband habe den Zweck, daß ein Teil des Schades aus eine größere Anzahl von Schultern verteilt werde, wodurch die Ortsvereine leistungsfähig und die Schwankungen der jährlichen Beiträge verringert würden. Die Mehversicherungsvereine sollen demgemäß neben der Freiwilligkeit auch auf Gegenseitigkeit beruhen. Bei Schadensfällen soll der Ortsverein die eine Hälfte bezahlen, die andere Hälfte der Landesverband, dem auch die vom Staat zu gewährenden Zuschüsse zufalleu. Schock (Vp.) tritt ebenfalls entschieden für die Viehversicherung ein, aber nach bayerischem Muster würde die Versicherung für uns zu teuer. Redner wird deshalb wie seine Partei für den Antrag Dentler- Gröber stimmen, ohne sich an die Worte „nach bayerischem Vorgang" zu binden. Spieß ist gegen eine freiwillige Viehversicherung nach bayerischem Muster, womit weder den großen noch den kleinen Viehbesitzern geholfen wäre. Ueber- dies sei die Entschädigungsfrage bei Maul- und Klauenseuche in Württemberg geregelt, in Bayern aber nicht. In Bayern und Baden sei die Beteiligung an der Viehversicherung sehr gering. Würde man bei uns die Versicherung hinrichten, so würden viele kranke Tiere in Württemberg eingesührt. Redner ist auch gegen eine Zwangsversicherung. Der Landmann habe schon so viele Versicherungen. Redner stellt mit Schock und anderen Abgeordneten den Antrag, die Staatsregierung zu ersuchen, jährlich ungefähr 40- bis 50 000 den Ortsvereinen, die sich freiwillig versichern, ihre eigene Verwaltung haben und sich gegenseitig kontrollieren, Beiträge zu leisten. Schach hat einige Bedenken gegen den Antrag Dentler-Gröber, wird aber gleichwohl für denselben stimmen, ebenso Abg. Weidle. Minister v. Pischek hat gegen den Kommissionsantrag nichts einzuwenden, hegt aber Bedenken, ob die die von der Kommission vorgeschlagene Versicherung die gewünschten Erfolge haben werde. Eine Zwangsversicherung sei nicht zu empfehlen, obgleich für sie manche gewichtige Gründe sprechen. Ein Anschluß an die Reichsversicherung, wie sie der Abg. Schach angeregt habe, würde eine Zwangsversicherung voraussetzen. In Württemberg würden die Prämien höher werden als in Bayern, so rate er auf die Sache zu verzichten. ^ Württemberg bestehe eine Entschädigung für Maul- und Klauenseuche, in Bayern aber nicht. Em Staatsbeitrag für die einzelnen Ortsvereine würde zur Folge haben, daß doch eine Landesanstalt errichtet werden müßte. Die Regierung werde die Frage auf das eingehendste erwägen.
SchremPf: Die bäuerliche Bevölkerung sei gegen eine Zwangsversicherung. Am besten würde man eine Versicherung gegen Geldmangel einführen. (Heiterkeit). Die OrtSvereine in Württemberg, namentlich diejenigen, welche Naturalwirtschaft eingeführt haben, hätten sich bis jetzt bewährt. Ein Zusammenschluß der Vereine sei zu empfehlen, weil nur dann ein Staatsbeitrag gewährt werden könnte. Unsere Bauern leiden am meisten unter der sogenannten Garantie, welche geändert oder beseitigt werden sollte. Redner unterstützt den Kommissionsantrag, ebenso Berroth, welcher das Verfahren bei dem in seinem Orte seit 1869 bestehenden Vichversicher- ungsverein schildert. Schlachtvieh sollte nicht reingenommen werden. Minister v. Pischek giebt noch einiges statistisches Material. Bantleon hält die Frage noch nicht für spruchreif; man sollte zuerst Ortsvereine gründen und ausgestalten. Redner wird daher für den Antrag Spieß stimmen. Der Kommissionsantrag wird mit 38 gegen 36 Stimmen abgelehnt. Der Antrag Schock-Spieß u. Gen. mit sämtlichen abgegebenen 74 Stimmen angenommen.
Stuttgart, 10. Mai. Heute hat die Abgeordneten-Kammer mit der Beratung der Eingaben über Besteuerung der Warenhäuser begonnen. Berichterstatter Frhr. v. Gaisberg legt den Standpunkt der Kommission dar, die die Eingaben der Regierung zur Erwägung übergeben will. Dagegen ist heute ein Antrag des Zentrums auf „Berücksichtigung" eingelaufen, der in der Kommission im Grundsatz mit 7 gegen 5 Stimmen abgelehnt worden ist.
Stuttgart. Fünf Gewinner von Pferden in der Frühjahrslotterie des Württ. Rennvereins haben es bis jetzt versäumt, ihre Gewinne abzuholen. Wie bekannt gegeben wird, gelangten diese Pferde am Donnerstag 10. seitens des Vereins in der städtischen Reithalle zur öffentlichen Versteigerung.
Tübingen, 8. Mai. Zwischen Entringen und Herrenberg wurde der Postbote Grieb auf seinem Botengänge von einem Handwerksburschen in der Absicht, diesen zu berauben, überfallen. Grieb konnte sich jedoch des Angreifers erwehren, wurde aber verletzt. Der Thäter ist bis jetzt nicht ermittelt.
Leutkirch, lO. Mai. Nachdem die Maulund Klauenseuche in Tirol und Vorarlberg zurückgegangen ist, wird die Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh aus diesen Gebieten in die Oberamtsbezirke Leutkirch, Ravensburg, Tettnang, Waldsee und Wangen unter den früheren Bedingungen wieder gestattet.
Ausland.
Paris, 9. Mai. Das Amtsblatt veröffentlicht heute das Gesetz, durch das die zwischen Deutschland und Frankreich abgeschlossene Ueber- einkunft betreffend den Telephonverkehr genehmigt wird.
Rostock, 6. Mai. Der hiesige hochangesehene Rechtsanwalt Kortuem vergiftete sich in Lugano, die bisher festgeftellten Passiva betragen nahezu 500000
Neapel, 9. Mai. Die Ausbrüche des Vesuvs nehmen in gewaltigem Maße zu. Das Observatorium meldet, daß die seismographischen Instrumente sehr stark erregt sind. Eine gewaltige Rauchsäule schwebt über dem Vesuv. Die Erderschütterungen sind sehr heftig.
Porti ci, 10. Mai. In der vergangenen Nacht waren die Eruptionen im Krater des Vesuv seltener. Der Vulkan wirft nur noch schwach Asche aus. Ein Getöse ist selten vernehmbar. Man betrachtet die Eruptionsthätigkeit als beendet.
Bom südafrikanischen Kriegsschauplatz.
„Viele Hunde sind des Hasen Tod." So mußten denn schließlich auch die Buren der englischen Uebermacht das Feld räumen. Die „ Jagd" aber, von der die Engländer sprachen, ist im Hinblick auf die Beute erfolglos geblieben. Die Burenkommandos, welche die Engländer auf ihrem Jagdzuge nach Osten abfangen wollten, sind entkommen oder haben sich zerstreut. In letzterm Umstande liegt immer noch eine Bedrohung für die englischen Verbindungslinien; denn es werden
sich im Rücken der englischen Heeres-Bewegungen, die nunmehr nordwärts in Fluß gekommen sind, leicht neue Streifkorps bilden können.
Immerhin haben nun aber die Engländer die Freiheit der Bewegung bei Bloemfontein wiedergewonnen, und es hat sich auch herausgestellt, daß die kühnen Streifzüge im Osten eigentlich eine ernste Bedrohung gar nicht in sich schlossen. Daß die Engländer durch die geringe Zahl der Buren in so geschickter Weise getäuscht wurden, zeigt recht deutlich, wie schwierig die Aufklärung in einem Lande ist, in dem die Bevölkerung die Waffen gegen den eingedrungenen Feind erhoben hat. Während die Eroberer schlecht und wohl auch falsch bedient werden, erhält der Feind im eigenen Lande die genauesten Nachrichten über jeoe Bewegung. Es gehörte freilich auch die Umsicht ihres neuen Führers dazu, der mit sicherm Blick rechtzeitig die drohende Gefahr erkannte und den Rückzug von Wepener und anderen Orten anordnete. Botha hat in diesem kurzen, aber bedeutungsvollen Abschnitt viel für die Sache der Buren geleistet und kehrt außerdem mit einer reichen Ernteladung aus dem Korndistrikt zur Hauptarmee, und zwar noch rechtzeitig, zurück.
Gegen die Hauptstellung der Buren bei Kroonstadt richtet sich ja nunmehr der thatsäch- lich beginnende Vormarsch des englischen Heeres unter Lord Roberts. Es hat lange genug gedauert, so lange, daß mittlerweile die Friedens- Gesandtschaft der Buren bereits in Amerika angekommen ist, wo sie nach ihrem Mißerfolge in Europa nun die Vermittlung der Vereinigten Staaten von Nordamerika anrufen will, die sich ja einst in gleicher Weise gegen die englische Bedrückung wehren mußten, wie jetzt die Verbündeten in Südafrika. Es ist die letzte Hoffnung des für seine Freiheit kämpfenden Burenvolkes; an einen entscheidenden Waffen-Erfolg gegenüber der englischen Uebermacht vermag man wohl nicht mehr zu glauben. Stellen sich die Buren im offenen Felde, so werden sie unterliegen und zwar so, daß dann alles vorbei wäre. Sie werden deshalb wohl auch stets rechtzeitig einer entscheidenden Niederlage aus dem Wege gehen. Dabei sind sie befähigt, nach der Natur des Kriegsschauplatzes und vermöge ihrer immer noch beträchtlichen Strcitkräfte den Krieg noch lange hinzuziehen. Die letzten Ereignisse, wenn sie auch schließlich in Summa einen englischen Erfolg im Fortschreiten nach Norden bedeuten, haben doch auch gezeigt, daß die Buren durchaus nicht an Widerstandskraft verloren haben.
Smaldeel, 9. Mai. Nach Berichten von der ganzen Gefechtslinie sind die Buren, wie die „Times" meldet, auf dem Rückzuge begriffen. — Der Oberbefehlshaber der Buren General Botha hat offenbar, da sein rechter Flügel sich zurückzieht, es für nötig befunden, den linken Flügel von Thabanchu zurückzuziehen.
Anlerh artender Heil.
Entlarvt.
Kriminalroman von Friedrich Halt.
(Nachdruck verboten.^ (Fortsetzung.)
Am nächsten Morgen in aller Frühe wanderte Albrecht, sein Skizzenbuch unter dem Arm, ins Freie hinaus, heute den Weg über Steinhagen nach Marienthal einschlagend.
Langsam schlenkerte er jetzt den von alten Ulmen beschatteten Weg, der von Steinhagen nach Marienthal führte, dahin, sein Auge schweifte über die grünen Saaten, über die blumenreichen Raine nach den in der Ferne liegenden, waldbegrenzten Höhenzügen, aber sein Blick ruhte auch auf der nächsten Umgebung, der Bach, der dort aus dem nahen Birkenwäldchen kam, der durch Wiesen sich hinschlängelnde Fußsteig, er entging nicht seinem scharfen Auge, er betrachtete Alles so aufmerksam, als wolle er jede Einzelheit in sich aufnehmen, um aus dem Gesehenen später ein Bild schaffen zu können; jetzt schritt er bei dem Gitter des Gutshofes vorüber, er blieb stehen, wie überrascht von dem, was er sah.
Verstand der Maler Albrecht die Sprache der Bäume? Sein Auge blickte so ernst über den