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Gutshof nach dem Park und dann nach dem Herrenhause hin. Langsam wie träumend schritt er jetzt unter den Ulmen auf dem Wege weiter, der bei dem Giebel des Herrenhauses, dann bei der Front desselben vorbeiführte und dann neben einer hohen, sehr langen Mauer hinlief. Als er am Ende desselben ankam, war der Park hier, nach dem Felde hin, ohne Einfriedigung. Albrecht war augenscheinlich unschlüssig, ob er den Park betreten sollte, aber eine dort angebrachte Warnungstafel bestimmte ihn, es zu unterlassen; er wanderte nun den nach dem Dorfe Marien­thal führenden Weg.

Etwa eine Viertelstunde hinter demselben lag eine Schmiede, der Schmied stand unter der Thür seiner Werkstatt, als Albrecht vorübergehen wollte, er trat an den Meister heran, um ein Glas Wasser bittend.

Das Wasser ist schlecht," gab dieser freund­lich zur Antwort,aber ein gutes Glas Bier kann ich Ihnen bringen, wenn Sie es von mir annehmen wollen."

Und ehe Albrecht noch eine Antwort gegeben, war der Meister schon in das Haus gegangen, ans dem er bald mit zwei Krügen schäumenden Bieres zurückkehrte.

Bitte kommen Sie nach der Laube," sagte er zu dem Maler, während er einen kleinen Steig betrat,und ruhen Sie dort aus."

Albrecht war gefolgt und saß nun mit dem Meister im Schatten einer hart an der Straße liegenden Rüsterlaube.

Sie sind wohl aus der Residenz?" fragte der Letztere.

Wie Sie es nehmen wollen, ja auch nein," erwiderte Albrecht,die längste Zeit des Jahres bin ich dort, sonst nun Sie wissen wohl, wir Maler treiben unS überall herum. Sie sind nicht aus dieser Gegend," fuhr der Maler fort, ich meine, wenigstens Ihrem Dialekt nach zu urteilen, sind Sie?"

Aus dem Mansfeld'schen, ergänzte der Meister.

Ein biederes, gewecktes Völkchen, bemerkte Albrecht.

Wenn es nur halb hier so wär," erwiderte der Schmied, offen und ehrlich sind ja hier die Menschen, namentlich auf dem Lande, aber maul­faul und erschrecklich abergläubisch."

Sie scherzen wohl, es ist ja nicht denkbar, daß sich hier noch Ammenmärchen erhalten sollten, daß die Leute hier so dumm sein sollten."

Und doch ist es so, wie ich sage, aber dies gilt nicht blos von dem gewöhnlichen Manne, Sie finden den Aberglauben selbst bei gebildeten Leuten. Bin ich doch unter Bezeichnung der kluge Schmied" bekannt, und daß ich nur ein Tier anzusehen brauche, um es gesund zu machen.

Das ist ja nicht zu glauben," sagte Albrecht, Sie sind also demnach ein Hexenmeister," setzte er lachend hinzu.

Ja, unglaublich ist es, aber doch wahr," erwiderte der Meister," und ich werde Ihnen gleich einen Beweis dafür geben. Der Baron von der Brücken auf Marienthal ist seit einigen Wochen tot," der Schmied hielt inne, er sah fragend zu Albrecht hin.

Ich weiß," gab dieser verständnisvoll zur Antwort.

Nun, das Pferd, welches der Baron an jenem Tag zum letzten Male geritten hatte, sollte verkauft werden, es war aber unmöglich, denn das sonst so fromme Tier ließ sich von Niemand besteigen, ja auch nicht putzen. Statt nun einen Tierarzt oder mich zu Rate zu ziehen, da ich ja manche glückliche Kur gemacht habe, wird mir vor einigen Tagen das Pferd zugeführt, mit der Aufforderung, dasselbe zu besprechen, es sei be­hext."

Ach Sie scherzen," erwiderte der Maler, und was fehlte dem Pferde," fügte er hinzu.

Sehen Sie, so ist derHektor" behext worden," sagte der Meister, indem er eine dünne Stopfnadel hervorzog und auf den Tisch legte, ich fand das Ding unter dem Fell der rechten Weiche des Tieres."

Ueberlassen Sie mir die Nadel, ich habe solche Kuriositäten gern," sagte der Maler,ich will dann auch bei Gelegenheit meinen Freunden die Nadel zeigen und damit den Beweis geben,

daß eben so üppig, wie hier das Getreide wächst, auch der Aberglaube wuchert."

Meinetwegen," erwiderte der Meister, während Albrecht die Nadel in sein Notizbuch legte,nehmen Sie das Ding mit, für mich hat es keinen Wert."

Und wie denken Sie sich, daß die Nadel in die Weiche des Pferdes gekommen sein kann?" fragte Albrecht.

Jedenfalls ein Kunststück von einem Roß­kamm, der erfahren haben mag, daß das Pferd verkauft werden sollte und den Preis dadurch herabzndrücken hoffte."

Sie werden Recht haben," stimmte der Maler bei und gedankenvoll setzte er nach einer kleinen Pause hinzu:der Aberglaube ist doch eine furchtbare Giftpflanze, die schwer auszu­rotten ist, ich habe schon manches Unheil kennen gelernt, welches sie angerichtet hat."

Guten Tag! Wer es so haben kann," wurde der Maler von der Straße her unter­brochen.

Der Meister sah nach dort, auch Albrecht blickte nach dem Wege, ein Postbote stand da, er hatte die Mütze abgenommen und trocknete sich die Stirn.

Wenn das Ihr größter Wunsch ist, lieber Kromer, der kann bald erfüllt werden," erwiderte der Meister,kommen Sie nur herein, ich hole inzwischen Bier und trinken Sie aus," wandte er sich zu Albrecht,ich bringe für uns auch gleich frisch gefüllte Krüge."

Ja, eigentlich müßte ich erst nach dem Gute, ich habe an den Herrn v. Doskor einen Brief als expresser Bote zu bringen," erwiderte der Postbote, ein Schreiben aus seiner Mütze nehmend,aber ich denke, auf die paar Minuten wird es nicht ankommen," setzte er hinzu, schon über das niedrige Gehege steigend und auf die Laube zukommend, an deren Eingang er stehen blieb.

Wollen Sie nicht neben mir hier Platz nehmen?" fragte Albrecht.

Wenn Sie es mir erlauben," gab der Bote zur Antwort, sich niedersetzend und den Brief, den er in der Hand hatte, vor sich auf den Tisch legend.

Der Schmied kam, er setzte zuerst dem Maler, dann dem Postboten und endlich seinen Krug hin und hierbei kam es, daß ein Tropfen nieder auf das Schreiben fiel. Eilig nahm der Schmied den Brief und trocknete die braune Flüssigkeit auf, dann hielt er dasselbe so, daß die Sonnenstrahlen auf dasselbe fielen.

Der Schaden wird bald repariert sein," sagte der Schmied, den Brief Prüfend betrachtend, ob derselbe schon trocken sei. Aber er mußte noch etwas bemerkt haben, was ihn in Erstaunen setzte, denn der Maler nahm deutlich auf dem Gesicht des Meisters ein Ueberraschtsein, begleitet von einem fast unmerklichen Kopfichütteln, wahr. Das, was dem Schmied dies Erstaunen abnötigte, mußte ganz außergewöhnlich sein, denn der bis dahin so gesprächige Mann war plötzlich ein­silbig geworden, er schien bei sich eine für ihn nicht unwichtige Sache zu überlegen.

Der Postbote hatte seinen Krug geleert, er stand auf und langte nach d.em Briefe.

Geben Sie her, Meister, ich behalte den Brief in der Hand, bis ich nach dem Gute komme, ist er sicher trocken."

Der Schmied sah nochmals, ehe er den Brief abgab, auf die Adresse, er schien eine Frage an den Boten zu haben, aber er drängte die­selbe zurück.

Der Postbote dankte und ging, der Meister sah ihm schweigend nach, er war wohl noch nicht sich einig über das, was er wahrgenommen. Nach einer langen Pause wandte er sich Albrecht zu.

(Fortsetzung folgt).

Um Schmiedeisen besonders weich zu machen, wie solches z. B. bei den Kunstschlosser- Arbeiten namentlich in Betracht kommt, empfiehlt eine englische Fachzeitschrift folgendes Verfahren. Das Eisen wird zur Dunkelrotglut erhitzt und darauf in Schmierseife abgcschreckt, worauf man dasselbe nochmals auf die gleiche Temperatur erhitzt, und es darauf, in Kalkpulver eingebettet,

langsam erkalten läßt. Das Eisen soll dadurch eine ganz bedeutende Weichheit erhalten.

(Sehr richtig.! Dame:Aber trotz all Ihrer Klagen müssen Sie doch zugeben, daß mein Sohn einen offenen Kopf hat!" Hauslehrer:Leider, leider, ja: was bei dem einen Ohr hineingeht', geht bei dem andern hinaus!"

Rudolf Falb hat den heurigen Monat Mai im ganzen als trocken bezeichnet, mit Aus­nahme vereinzelter Regen in den ersten und letzten Tagen. Für die nächste Zeit lautet diese Prognose: 7.-13. Mai: Es wird sehr trocken. (!?) 14.20. Mai: Die Temperatur geht unter die normale zurück. Der 14. ist ein kritischer Termin III. Ordnung. Etwa drei Tage nachher nehmen die Niederschläge etwas zu. Es wird ausgebreitet regnerisch. 21.25. Mai: Die Temperatur geht sehr zurück. Nur vereinzelt treten stärkere Regen ein. Im Hochgebirge Ist starker Schneefall wahr­scheinlich.

Mutmaßliches Wetter am 11. und 12. Mai.

«Nachdruck verboten.:

Der. neue Hochdruck aus dem Nordwesten wandert von Mittelnorwegen aus nach Finnland, wo die don,ge schwache Depression aufgelöst wird. Der Hochdruck breitet sich aber auch von Norddeutschland südostwärls aus, sodaß der über Süd-, Mittel- und Nordwestdeutsch, land liegende vorletzte Luftwirbel unter gleichzeitiger Abflachung nach dem nördlichen Oesterreich wandert, während der letzte, am südlichen Ausgang des irischen und Aermelkanals aufgetretene Luftwirbel nach dem biskayischen Golfe gedrängt wird. Für Freitag und Samstag ist demgemäß noch vorwiegend bewölktes, aber nur zu vereinzelten Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.

Am 12. und 13. Mai.

In Schottland und ganz Norwegen ist der Hoch­druck aus 765 mm gestiegen und sucht sich zunächst mit dem über Spanien und Südwestfrankreich liegenden Hochdruck zu vereinigen. Der letzte Luftwirbel ist mit 750 mm von Rordholland und Norddeutschland nach Galizien gewandert und hat in Wechselwirkung mit dem Hochdruck im Norden und Nordwesten bei uns westliche Winde mit naßkalter Temperatur hervorgerufen. Für Samstag und Sonntag ist nur noch zeitweilig bewölktes und fast ausnahmslos trockenes Wetter in Aussicht zu nehmen.

Telegramme.

Metz, 10. Mai. Der Kaiser und die Kaiserin langten um 9 Uhr mittels Sonderzugs beim Wärterhaus Tournebride an, wo sie zu Pferde stiegen und zum Uebungsplatz Frescaty ritten. Daselbst erwartete sie der Statthalter Fürst zu Hohenlohe-Langenburg und der kom­mandierende General Graf v. Haeseler. Der Kaiser ließ zunächst die drei Bataillone seines Regiments, des Königs-Infanterieregiments Nr. 45, einzeln vorexerzieren; hieran schloß sich dann eine Gefechtsübung des ganzen Regiments im Feuer. Mittlerweile waren die übrigen Truppen der Garnison von Metz auf den Platz gerückt und hatten zum Parademarsch Aufstellung genommen. Es herrscht das schönste Wetter.

Koblenz, 10. Mai. Die Torpedoboots­division, welche Neuwied angelaufen war, passierte heute vormittag die hiesige Stadt. Das Divisions­boot, welches in Neuwied geblieben war, folgte nach. Dasselbe geht hier nachmittags vor Anker.

Lourenco-Marquez, 10. Mai. Nach Daily Mail" verlautet hier aus guter Quelle, daß der Sitz der Regierung des Oranjefreistaates bereits nach Heilbronn verlegt worden sei.

Lourenco-Marquez, 10. Mai. Die hies. Zollbehörden verweigern den Durchlaß von Getreide, Fleisch und Kleidung, die für Transvaal bestimmt sind, da sie Kriegskontrebande seien.

Prätoria, 10. Mai. (Reutermeldung mtlich.) Die Engländer nahmen am Sonntag Fourtecurtreams in Besitz. Die Beschießung war eine so heftige, daß die Bundestruppen zum Rückzug gezwungen wurden, welche in guter Ordnung bewerkstelligt wurde. Präsident Krüger erhielt ein Telegramm von einer Bürgerin, worin dieselbe anfrägt, ob die Zeit für die Bildung eines Frauenkorps nicht gekommen sei; sie sei bereit, in einer Truppe freiwilliger Frauen zur Verteidigung der Unabhängigkeit des Landes die Waffen zu ergreifen.

Mit einer Beilage der Firma M. Lchueider in Pforzheim, Taschenfahrplan giltig vom l. Mai ab,

Redaktion, Druck und Verlag von L. Meeh in Neuenbürg.