lichen Karussells ansichtig geworden, schwang sich eine Anzahl junger Burschen mit turnerischer Gewandtheit während der Bewegung auf dasselbe. Der Besitzer des Karussells verbot sich das natürlich. Nachdem sie zwei Touren mitgefahren waren, ohne an ein Zahlen zu denken, machte der Karussellbesitzer Anstalten, sein Besitztum von den ungebetenen Gästen zu befreien. Diese gingen nun auf denselben los, holten Baumstützen, schlugen auf Karussell und Besitzer ein, alles, was nicht niet- und nagelfest war, zertrümmernd. Biergläser, Stühle und alles Mögliche wurden als Wurfgeschoß benutzt und gegen das Karussell ^schleudert, so daß die darin befindlichen Kinder m größter Lebensgefahr schwebten. Der Karussell­besitzer gab mittelst Revolver 6 blinde Schüsse ab; ihm wurde durch den Wurf eines Bierglases der Backen durchschnitten und durch den Schlag mit einer Baumstütze erhielt er eine schwere Wunde am Kopf. Die Polizei, die telephonisch requiriert wurde, konnte erst Ruhe und Ordnung schaffen. Das Karussell ist übel zugcrichtet und der Schaden des Wirts ist auch nicht unbedeutend

Crailsheim, 28. Aug. Bei der heute vorgenommeuen Stadtschultheißenwahl ist Ratsschreiber Hugo Sachs mit 396 Stimmen gewählt worden. Der Mitbewerber, der noch zur Wahl stand, Bau- und Waisengerichtsschreiber Steinmayer von Reutlingen, erhielt 162 Stimmen. Am letzten Samstag war Schultheiß Nietzer von Obersontheim von seiner Bewerbung zurück­getreten. Nach langem Schwanken und nach vielem Zureden von beteiligter Seite hat Gerichts­schreiber Schütz von Ellwangen am Sonntag Abend denselben Schritt gethan.

Backnang, 29. August. Am Samstag abend wurde hier der 45 jährige verheiratete Gerbereibesitzer Gotthilf Breuninger wegen Ver­dachts des Mords an der Bertha Baumann verhaftet. Später wurde derselbe jedoch frei- gelassen, gestern abermals verhaftet und zum 2. Mal wieder freigelassen; gestern abend aber wurde er zum 3. Mal festgenommen und befindet sich seither noch in Haft. Derselbe ist ein Nach­bar der Ermordeten. Der Staatsanwalt ist heute von Stuttgart hier eingetroffen; doch hat, wie verlautet, die Untersuchung bis jetzt uoch zu keinem Resultat geführt.

Stenograhhisches. In Eßlingen a. N. tagt vom 2.4. September der III. Württemb. Stenotachygraphentag. Samstag abends 8 Uhr im Rittersaal Vortrag überDie Ziele der stenotachygraphischen Bewegung," Referent: Herr Bernhard Fehrecke, Mannheim. Sonntag von 10 Uhr ab Wettschreiben in 7 Abteilungen bis zu 250 Silben in der Minute; anschließend hieran: Verbandsverhandlungen. Abends Fest­bankett im Kugel'schen Festsaal. Montags Aus­flug. Dem Württ. Stenotachygraphenverband, gegründet 6. Januar 1897, gehören zur Zeit 22 Vereine mit 800 Mitgliedern an.

Hall, 24. Aug. Ein Gegenstück zu den bekannten hiesigen Siedensrenten bildet die vor etwa 11 Jahren von dem Stadtschultheißen a. D. Helber ins Leben gerufene sogen.Millionen­stiftung", die von den bürgerl. Kollegien neuer­dings in Verwaltung genommen wurde und deren Stiftungsurkunde den einzelnen Stiftern 100 Personen mit einer Einlage von je 1

egenwärtig eingehändigt wird. Das Kapital ist ei der Oberamtssparkasse hier auf den Namen der Stadtpflege verzinslich angelegt, und sollen die Zinsen, wenn es dereinst zu 2 Mill. Mark angewachsen sein wird, je hälftig der Stadt zur nutzbringenden Verwendung für den Gemeinde­haushalt und den Nachkommen der Stifter nach Stammesteilen zufallen. Bei Zinseszins würden diese 2 Millionen in einigen hundert Jahren (z. B. bei 4 Proz. in etwa 300 Jahren) er­reicht sein.

Ausland.

Paris, 28. Aug. Die Regierung erwägt die Frage der Einberufung des Staatsgerichts­hofs, welcher die kürzlich verhafteten Urheber des Komplotts gegen die Sicherheit des Staates aburteilen soll. Wahrscheinlich wird das Einbe­rufungsdekret in einer der nächsten Sitzungen des Ministerrats unterzeichnet werben.

Paris, 29. Aug. Das Petit Bleu meldet aus Rennes, daß die Generale Mercier, Gonse und Roget die Verantwortung für alle Unge- hörigkeiten in der Dreyfus-Angelegenheit auf Boisdeffre und Saussier abwälzen wollen. Das Gerücht erregt großes Aufsehen.

Rennes, 29. Aug. Je näher der Tag der Entscheidung heranrückt, wird die Frage, ob ein Freispruch erfolgen wird oder nicht, immer lebhafter erörtert. Nach der neuesten Lesart soll das Kriegsgericht mit einem salomonischen Urteil Vorgehen und Dreyfus wegen des Bor- deraus freisprechen und ihn wegen einfacher Disziplinarvergehen, wie sträfliche Neugierde im Dienste, durch die kompetente Instanz verurteilen lassen. Die gestrige Sitzung war im ganzen be­langlos.

Wermischtes.

Pforzheim. Von der Treue eines Hundes wird demPf. St.Tgbl." nachstehendes mitgeteilt: Kürzlich starb ein hiesiger Wirt und mit dem Tage des Todes fraß der Schnauzer des Verstorbenen nichts mehr und winselte den ganzen Tag. Als der Leichenzug sich in Be­wegung setzte, gesellte sich auch der Hund dazu, wie der Sarg in die Erde versenkt wurde, wollte der Hund in das offene Grab nachspringen und war nur mit Gewalt von dem Grab seines Herrn wegzubringen.

Frankfurt a. M., 28. Aug. Von der hiesigen Goethefeier berichtet dieFranks. Ztg". ein hübsches Scherzwort. Als sich gestern Abend auf dem Paulsplatz die Abordnungen immer zahlreicher einfanden, sagte ein biederer Zuschauer:Was e Wirtschaft um den Geede! Mer sollt' meine, es wär' der Stoltze!" Stoltze ist bekanntlich der Name des volkstüm­lichen Frankfurter Lokaldichters, von dem das geflügelte Wort stammt:Wie kann nor e Mensch nit von Frankfurt sin!"

(Neues Bürgerl. Gesetzbuch.) Wer damit umgeht, sein Haus zu verkaufen, ist leicht geneigt es mit notwendig gewordenen Ausbesserungen nicht so genau zu nehmen, um die Kosten zu sparen. Das neue Bürgerliche Gesetzbuch für das deutsche Reich, das von Neujahr ab gilt, enthält aber in § 936, Absatz 2, eine Bestimmung, die so denkenden Hausbesitzern recht gefährlich werden kann und deshalb Beachtung verdient. Nach dieser Bestimmung ist nämlich derjenige, der sein Grundstück an einen Anderen verkauft, für den Schaden verantwortlich, der dadurch entsteht, daß durch Einsturz des Gebäudes (Dach­schiefern, Simsen und dergl.), ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt wird, wenn der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhaften Bauens oder mangelhafter Unter­haltung ist. Die Verantwortlichkeit dauert ein Jahr von der Uebergabe des Grundstückes an den neuen Besitzer. Nur wenn der frühere Be­sitzer Nachweisen kann, daß er während seines Besitzes die gehörige Sorgfalt beobachtet hat, kann er sich von der Verantwortung frei machen.

Die Firma Siemens u. Halske macht in Kiel Versuche mit Telegraphie ohne Draht. Einer der Postdampfer nach Korsör, der neue DampferPrinz Sigismund" von der Firma Satori und Berger, ist zur Aufnahme und zur Abgabe von Telegrammen eingerichtet, die an einer ebenso ausgerüsteten Station im Fischer­dorf Laboe an der Südecke der Hafeneinfahrt gegeben und empfangen werden. Bis zu 18 Seemeilen sind Depeschen richtig abgelesen wor­den. Jetzt ist noch ein Versuchsmast mit Apparat in Bülk an der Nordecke der Hafeneinfahrt, etwa 3ffi Seemeilen von Laboe entfernt, hinzu­gekommen. Die gleichen Versuche sind in unserer Marine zwischen Kriegsschiffen, Landstationen und Feuerschiffen mit gutem Erfolge vorgenom­men worden.

Deutsche Erben gesucht. Im Besitze eines Barvermögens von 18000 Doll. (75 000 -/A) ist zu Chicago Anfangs Aug. d. I. der Silber­schmied Mathias Clessing gestorben, der etwa 79 Jahre alt wurde und aus Deutschland stammt.

Da der Alte seit Jahren völlig als Einsiedler lebte, weiß Niemand, woher er kam und pU seine Angehörigen sind. Ein junger Mann der sich Max Clessing nannte, wurde mit seinen! Ansprüchen abgewiesen, da er sich nicht legiti­mieren konnte. Die wahrscheinlich in Deutsch­land lebenden Verwandten sollten sich bald melden.

Ueber den Obsthandel Oesterreich- Ungarns wird berichtet: Die Obstausfuhr der Monarchie hat sich im ersten Senrester dieses Jahres gegenüber dem Vorjahre mehr als ver­doppelt; sie umfaßte nämlich rund 72 000 Meter­zentner im Werte von 1 Million Gulden gegen im Vorjahre 30 000 Meterzentner und 400000 Gulden. Im ersten Halbjahre 1897 wurden 34000 Meterzentner im Werte von 500000 Gulden exportiert. Die Steigerung des Exports entfällt hauptsächlich auf frisches Obst, dessen Ausfuhr um 21000 Meterzentner im Werte von 300000 Gulden stieg. Es ist bemerkenswert, daß hievon 421 Meterzentner nach Schweden- Norwegen gingen, der weitaus größte Teil frei­lich wurde in Deutschland plaziert. Die Aus­fuhr getrockneter Pflaumen hat um 22000 Meter­zentner im Werte von 360 000 Gulden zugenom- i men. Anderes getrocknetes Obst wurden 5000 Meterzentner, davon nach überseeischen Ländern 725 Meterzentner exportiert. Die Obsteinfuhr ist gleichzeitig um 37000 Meterzentner im Werte von ca. 100 000 Gulden zurückgegangen, dabei ist die Einfuhr getrockneter Pflaumen ,um 1800, jene von gekochtem Obstmus um 4000 Meter­zentner gestiegen. Für das zweite Semester dieses Jahres freilich sind die Chancen für die Gestalt­ung unseres Obstexpvrts keineswegs ^günstige, da unsere diesjährige Ernte in fast allen für den Export geeigneten Sorten einen Ausfall er­geben hat.

Aus der Schweiz, 28. Aug. Ein netter Schnitzer, schreibt dieNeue Zürcher Zeitung", ist dem literarischen Klub einer deutschschweizer­ischen Stadt unfern des Zürichsees begegnet ! In der Ausschreibung für seine Goetheveran­staltung heißt es wörtlich:Festkommers zur s hundertfünfzigsten Wiederkehr des Geburtstages > von Johann Wolfgang Goethe, geboren am 28. August 1749, unter gefälliger Mitwirkung hiesiger literarischer und musikalischer Kräfte. ^

Chicago, 29. August. Ein aus Stahl ' hergestelltes, seiner Vollendung entgegengehendes Gebäude in der hiesigen City, das zur Abhaltung großer Versammlungen bestimmt war, ist gestern eingestürzt. Im Innern befanden sich zahlreiche Menschen. Zwölf entsetzlich verstümmelte Leichen wurden aus den Trümmern hervorgezogen; eine Anzahl von Menschen soll verletzt sein.

Auflösung der Aufgabe in Nr. 131:

1870.

Richtig gelöst von K. Neuweiler in Dennach.

Mutmaßliches Wetter am 30. Aug. bis 1. Seht.

«Nachdruck verboten.)

Der letzte Lustwirbel ist von der oberen Nordsee nach Südskandinavien gewanderr, aber durch einen von Norden hervorgedrungenen Hochdruck nach den russischen Ostseeprovinzen verdrängt und dort nahezu ausgelöst worden. In Süddeutschland und der Schweiz zeigen sich tiefe Gewitterwirbel, welche auch schon zu einzelnen Gewittern geführt haben. Für Mittwoch und Donners­tag ist neben zeitweiliger Aufheiterung noch immer mehrfach gewitterhaft bewölktes und zu kurzen Störungen geneigtes Wetter zu erwarten.

Am 31. Aug. und 1. Sept.

Der Hochdruck über Skandinavien zieht sich wieder nordwärts zurück, weil von Westen her ein Luftwirbel in Irland und Westsrankreich eingetroffen ist und unterstützt von den gewitterigen Lufteinsenkungen m Süddeutschland rasch ostwärts vorschreitet. Demgemäß ist für Donnerstag und Freitag mehrfach bewölktes und auch zu vereinzelten Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.

BestellllWil «Ils lieil,Hi>zMn"

für den Monat September wollen bei den Poststellen und Postboten ge­macht werden. In Neuenbürg abonniert man in der Geschäftsstelle d. Bl.

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von E. Meeb iu Neuenbürg.