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Teilstrecke in das Staatseigentum im allgemeinen für geboten, so daß wohl bis zum nächsten Land­tag weitere Vorschläge der Großh. Regierung in dieser Angelegenheit erwartet werden dürfen.

Cassel, 9. Mai. Das Wasser der Fulda steigt weiter. Aus den verschiedensten Teilen des Regierungsbezirks treffen Berichte über andauernde Regengüsse und dadurch verursachte Ueberschwemmungen und Verheerungen ein.

Wörishofen, 9. Mai. Heute Nachmittag erschoß ein Billenbcsitzer aus Unvorsichtigkeit seinen besten Freund, den Gemeindekassier Rauch, mit dem Jagdgewehr.

Auf dem auf der Werft von Schichau in Danzig für denNorddeutschen Lloyd" im Bau befindlichen neuen SchnelldampferKaiser Friedrich", der binnen Kurzem zur Ablieferung gelangen soll, wird jetzt eine fieberhafte Thätigkeit entwickelt. Ueber 1500 Mann, darunter alle Arten von Handwerkern sind auf dem Schiffe beschäftigt, in dem äußeren und inneren Ausbau die letzte Hand anzvlegen. Soweit sich schon jetzt ein Ueberblick gewinnen läßt, wird der DampferKaiser Friedrich" eines der schönsten Schiffe der Gegenwart, der bald berufen sein dürfte, in Gemeinschaft mit seinem größeren Vorgänger, dem DampferKaiser Wilhelm der Große", die Führung im nordatlantischen Schnelldampferverkehr zu übernehmen. Impo­nierend wirkt auch die Maschinenanlage des Schiffes. Die beiden Hauptmaschincn bestehen aus zwei vierfachen Expansionsmaschinen mit je 5 Cylindern von 1100, 1650, 2370 und zwei von 2330 mm Durchmesser. Die Maschinen werden zusammen eine Kraft von 26 000 Pferde­stärken entwickeln, bei einem Kohlenverbrauch von etwa 440 Tonnen. Die Cylinder sind auf der freitragenden Grundplatte durch stählerne Säulen montiert. Die Grundplatte von jeder Maschine besitzt ein Gewicht von 78 000 KZ;- das Gewicht eines Satzes Cylinder für die einzelne Maschine beträgt 16 500 kg. Die Anker und Kettenausrüstuug des Schiffes besteht aus vier schweren Bugankern, 1 Heckanker und einen Warpanker ; an Ketten sind vorgesehen: 1540 Meter von 74 mm Stärke und 135 Meter von 50 mm. Jedes Glied der 74 mm Kette ist 450 mm lang und 36 kg schwer.

Suspension der Getreidezölle.

In der letzten Sitzung der abgelaufenen Reichstagssession war von der sozialdemokratischen Fraktion eine Interpellation eingebracht worden, ob die verbündeten Regierungen angesichts der ungewöhnlich hohen Getreidepreise eine zeitweilige Aufhebung der Getrcidezölle beabsichtigen. Man wollte Wahlpolitik machen und wieder einmal Reden zum Fenster hinaus halten. Das war natürlich der Kern der Sache.

Gleich der erste Redner der Sozialdemokratie, der Abgeordnete Schippel, der die Interpellation begründete, ging mit dem schwersten Geschütze vor. Er nannte die Regierungbelastet mit den Ketten der Sammlungs-Politik" und wurde nicht müde, Angriffspfeile gegen diekapitalistische Großbourgeosie", dieagrarische Fronde" und dieJämmerlinge an der Spitze des Bürgertums" zu entsenden. Auch ließ er es sich nicht nehmen, die Schreckgespenster der Beseitigung des allgemeinen Wahlrechts und des Koalitionsrechtes von neuem an die Wand zu malen. Die Behandlung des eigentlichen Themas machte er sich insofern äußerst leicht, als er ohne Spur eines Beweises ungewöhnlichen Notstand" als thatsächlich vor­handen voraussetzte. In Wirklichkeit trifft die außergewöhnliche Preissteigerung wohl für Weizen, keineswegs aber für Roggen zu. Der Roggenpreis überschreitet vielmehr zur Zeit kaum den für einen lohnenden Anbau überhaupt erforderlichen Betrag.

Auch sonst waren die Ausführungen des sozialdemokratischen Fraktionsredners reich an schiefen Behauptungen und Unrichtigkeiten aller Art. Der Hinweis auf die zeitweilige Aufhebung der Getreidezölle in Spanien und in Frankreich erscheint schon deshalb wenig beweiskräftig, weil die Weizenzölle in jenen Ländern bedeutend höher sind als bei uns. Ist doch der Doppelzentner Weizen in Spanien mit 8,50 in Deutschland

nur mit 3,50 «-L belastet. Bei Berechnung der Belastung des Getreidekonsums einer Arbeiter­familie durch den Zoll gieng der sozialdemo­kratische Redner natürlich wieder von der falschen Voraussetzung aus, als komme der Zoll für den Inlandspreis voll zur Geltung. Thatsächlich ist dies aber in der ganzen hinter uns liegenden Schutzzollperiode nur höchst vereinzelt der Fall gewesen. Endlich erscheint auch die Behauptung, daß auch ohne den spanisch-amerikanischen Krieg die Getreideverteuerung eingetreten sein würde, da der vorhandene Vorrat dem Bedarf nicht entspreche, als durchaus irrig.

Staatssekretär von Thielmann stellte dem­gegenüber fest, daß über das Vorhandensein aus­reichender Bestände kein Zweifel bestehen könne, und daß nur durch die Kriegspanik in den Ge­treide-Transporten eine Stockung eingetreten sei. für welche die Gründe sicherlich bald in Wegfall kommen würden. Die Preissteigerung sei des­halb umso mehr als eine vorübergehende zu be­trachten, als allgemein eine gute Ernte in Aus­sicht stehe. Im Namen der verbündeten Re­gierungen wies er es entschieden zurück, bei jeder erheblichen Steigerung des Getrcidepreises sofort die Herabsetzung oder Auihebung des Zolles zu verlangen, während man bei einem starken Sinken des Getreidepreises von einer entsprechenden Er- Höhung des Zolles nichts wissen wolle. Sollte übrigens, was durchaus nicht anzunehmen sei. ein wirklicher Notstand eintreten. so behielten sich die verbündeten Regierungen ihre Maßnahmen vor. Dieser Standpunkt fand bei der großen Mehrheit des Hauses rückhaltlose Billigung.

Die drohenden Tiraden, mit denen die So­zialdemokratie und ihre Mitläufer Wahlangst zu verbreiten suchen, sowie die fanatischen Ausfälle gegen dieBrotverteurer" haben demnach auf Regierung und Volksvertretung keinen Eindruck - zu machen vermocht. Der krampfhafte Versuch, noch in letzter Stunde die parlamentarische Bühne zu wirkungsvoller Wahlpolitik zu benutzen, ist als gänzlich gescheitert zu betrachten.

Württemberg.

Witrttembergischer Landtag.

213. Sitzung.

Stuttgart, 10. Mai. Tagesordnung: Petitionen. Vor Eintritt in die Tagesordnung wird ein Kgl. Handschreiben, enthaltend den Dank des Königs und der Königin auf die Gratulation des Hauses zur Verlobung der Prinzessin Olga, verlesen. Alsdann wird in die Tagesordnung eingetreten. Es werden in 1 ständiger Sitzung 9 Petitionen beraten, über welche nach den Anträgen der einzelnen Kom­missionen zur Tagesordnung übcrgegangen wurde. Nächste Sitzung Mittwoch Vormittag 9 Uhr. T.-O.: 1. Beratung des Initiativ­antrags des Zentrums.

Stuttgart, 9. Mai. In der Liederhalle fand gestern eine Vertrauensmänner­versammlung der deutschen Partei statt, die von ungefähr 170 Mitgliedern aus 50 Orten des Landes (darunter auch aus Calw, Nagold, Neuenbürg) beschickt war. Von Abge- ordneten waren Aldinger, Geß und Sachs an­wesend. Um 10 Uhr fand eine Sitzung des Weiteren Landesausschusses statt, in der u. a. die, satzungsmäßige Konstituierung vorgenommen wurde. In der Ansprache, mit der der Vor­sitzende Dr. Schall die Hauptversammlung er- öffnete» gedachte dieser zunächst mit warmem Danke des bisherigen Reichstagsabgeordneten G. Siegle, dem leider seine Gesundheits- Verhältnisse die Wiederannahme eines Mandats nicht gestatten. Der Redner warf sodann einen Rückblick auf die Thätigkeit des nun verab­schiedeten Reichstags, mit dem man die Erfahr- ung gemacht, daß er sich im Laufe seiner 5jähr. Dauer immer besser eingearbeitet hat. Obwohl die Fortschritte, die dieser Reichstag erzielt hat, mit wechselnden Mehrheiten zu Stande kamen, so bedeuten sie doch im großen und ganzen einen Sieg der mittleren Linie, die wir einzuhalten uns bestreben. In negativer Beziehung hat die nationaüiberale Partei es verhindert, daß die reaktionären Bestrebungen bei der Umsturzvor-

läge etwas ausrichten konnten. Mit Genug, thuung konnte der Redner auf die Thatsache Hinweisen, daß das Parteiprogramm von I8gz in so vielen Punkten erfüllt oder der Erfüllung näher gebracht worden ist. Eingehend wandte sich der Redner sodann noch dem Berufe der Partei zu, in den Jntereffenkämpfen der Gegen- wart eine unparteiische, vermittelnde, obfikü» urteilende Haltung zu bewahren. Der Partei- sckretär, Prof. Mezger, leitete die Besprech. ungen über die Lage in den einzelnen Wahl- kreisen mit Bezug auf die bevorstehende Reichs, tagswahl ein mit der Darlegung einiger all- gemeiner Gesichtspunkte bezüglich der Stellung zu den anderen Parteien und zum Bund der Landwirte. Die Vorbereitungen seitens der Partei sind überall lebhaft im Gang, wenn sie auch nicht überall zu einem völligen spruchreifen Abschluß gediehen sind. Weitere Kandidaturen, außer den bereits bekannt gewordenen, werden wohl bald veröffentlicht werden können. Her- vorgehoben sei, daß Vertreter des VII. Bezirks den entschiedenen Willen kundgaben, an der von den zwei Versammlungen in Calw und Nagold aus dem freien Entschluß des Bezirks heraus aufgestellten Kandidatur Hieber sestzuhalten. Was den Bund der Landwirte anbelangt, jo konnte der Vorsitzende die Ansicht der Versamm­lung dahin zusammenfaffen, daß die D. Partei selbstverständlich bereit ist, die Landwirtschaft zu unterstützen, soweit sie es irgendwie mit dem Gemeinwohl als vereinbar ansehen kann, daß sie sich aber bezüglich der Gestaltung der künf. tigen Handelspolitik freie Hand und Prüfung des einzelnen konkreten Falls Vorbehalten müsse. Das freundschaftliche Zusammenhalten mit dem Bunde hängt im übrigen nicht bloß von ihr ab, sondern auch vom Bunde, und ^ daß dessen Vorgehen in einzelnen Kreisen an Rücksicht zu wünschen übrig gelassen habe, sei nicht zu be­streiten. Um 3 Uhr schloß der Vorsitzende die Versammlung mit dem Dank für die ausdauernde Mitwirkung. Wir wollen eintreten in den Wahl­kampf mit dem festen Entschluß, unser Schild blank und unsere Ideale hoch zu halten und aus dem Kampf siegreich, jedenfalls aber mit unbefleckter Ehre hervorzugehen. (N. d. W. Ms;.)

Heilbronn, 9. Mai. Gestern Nach­mittag fand aus den Bezirken des 3. Reichstags­wahlkreises eine Bertrauensmännerverfammlung von etwa 80 Mitgliedern des Bundes der Landwirte im Gasthof zum Falken statt, um über die Aufstellung eines Kandidaten Beschluß zu fassen. Das einstimmige Ergebnis war, daß Oberbürger­meister Hegelmaier ersucht wurde, das Mandat anzunehmen. Wie die Neck. Ztg. hört, wird Hegelmaier eine zusagende Antwort erreilen.

Stuttgart, 7. Mai. Die Ausführung des Zeppelinschen Luftschiffes soll, wie dieBarmer Zeitung" berichtet, nunmehr endgiltig gesichert sein. Am 9. Mai d. I. wird in Stutt­gart die Gründung einer AktiengesellschaftGesell­schaft zur Förderung der Luftschiffahrt" stattfinden, die auf der Grundlage eines bereits gezeichneten Grundkapitals von 800 000 ^ zunächst die Ver­wirklichung des Zeppelinschen Projektes in die Hand nehmen wird. Die verhältnismäßig gün­stigen Ergebnisse, welche die Versuche mit dem Schwarzschen Aluminiumschiff auf dem Tempel­hofer Felde bei Berlin bei der königlichen Luft- schifferabteilung im November vorigen Jahres zeitigten, haben dem Plan des Grasen v. Zeppelm zur wesentlichen Förderung gedient. Ein Aufruf, der einerseits auf diese Ergebnisse, anderseits auf die gegenüber dem Schwarzschen Luftschiff nicht zu verkennenden Vorzüge des Zeppelinschen Entwurfs hinwies, hatte zur Folge, daß eme Anzahl hervorragender deutscher Industrieller für das Unternehmen interessirt wurde und dem Plan einer für dasselbe zu gründenden Aktien­gesellschaft beitrat. Das erste Zeppelinsche Luft­fahrzeug wird sobald wie möglich gebaut werden, die ersten Vesuchsfahrten sollen auf dem Boden­see und, um ganz gefahrlos zu bleiben, m mäßiger Höhe über dem Wasserspiegel stattfinden.

Fortsetzung in der Beilage.

Redaktion, Druck und Serlag von C. Meeh in Neuenbürg.

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