Wehrdienstehrenzeichens spätestens bis 8. Jan.
k. I. hieher vorzulegen.
Calw, den 27. Dez. 1901.
K. Oberamt.
Amtm. Münz, ges. Stv.
Bekanntmachung.
Diejenigen im Jahre 1882 geborenen jungen Leute, welche im Besitze gültiger (Schul-) Zeugnisse über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst sich befinden und die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst erwerben wollen, werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Gesuche um Erteilung des Berechtigungsscheines zum einjährig-freiwilligen Dienst spätestens bis zum 1. Februar 1902 unter Beifügung der in § 89 Ziff. 4 lir. a—v bezw. Ziffer 5 lit a der der deutschen Wehrordnung vom 22. Nov. 1888 vorgeschriebenen Papiere bei der K. Württ. Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige in Lu-Wigsburg (Adresse: Kanzlei der K. Kreisregierung) einzureichen sind. Formulare zu den Einwilligungserklärungen der Eltern und Vormünder können vom Oberamt bezogen werden.
Calw, 31. Dez. 1901.
K. Oberamt.
Voelter.
Sum neuen Jahre 1902.
Nun ist das Licht herabgebrannt Und bald die letzte Glut verglommen.
Du scheidend Jahr! Reich mir die Hand Zum Abschied wie einst zum Willkommen.
Zur Stunde, wo dich nur ein Hauch Noch trennt von des Vergessens Welten,
Will ich nicht nach der Menge Brauch Dich ob versagter Wünsche schelten!
Du hast enttäuscht und hast beglückt —
Auf manchem Antlitz stand's zu lesen.
Tu schufest Qual, und hast entzückt.
Bist Dämon hier, dort Gott gewesen.
Und manch' ein selbstgeschmiedet Glück,
Manch' selbstverschuldet herbes Leiden Führt auf dein Walten sich zurück . . .
Tu gehst und lächelst still zu beiden!
Es spricht dein Lächeln, mild und weich: Die Zeiten wie ihr Mund sind erzen Und bleiben sich auf Erden gleich,
Unstät nur sind die Menschenherzen!
Euch lockt die Liebe, lockt das Gold,
Der Lorbeer, der Euch nicht beschießen — Wenn Ihr die Zeiten ändern wollt,
Schafft in die Herzen Euch erst Frieden!. ..
Zwölf Schläge Hallen dumpf vom Thurm .. . Ein neues Jahr kommt froh geschritten.
Und wieder schwillt der alte Sturm Von stolzem Hoffen, kühnen Bitten;
Ich aber heb' den Becher still,
Indes die Flut der Wünsche regnet,
Und grüße dich: Wie Gott es will —
Was du auch bringest, sei gesegnet!
Noch pulst in mir der Lebensmut,
Noch Winken neuen Lenzes Wopyen,
Noch blinkt im Glas der Traube Blut,
Noch hat kein Gram mich so umsponnen.
Daß nicht ein reiner KinderWck,
Ein zärtlich Lächeln mich beDite —
Gieb Jedem für solch stillesWlück Zwölf Monde, Neujahr, deiß-Geleite!...
_ Aljarn Römer.
Tagesueuigkeiter^
Altensteig, 26. Dez. Wie- schon seit alter Zeit es üblich ist, wurde auch diesmal am heiligen Abend von den hiesigen Schulknaben ein großer Fackelzug den die Stadt im Süden in halbkreisförmigem Bogen umschließenden Hällesberg entlang in Szene gesetzt. Der Fackelzug und die frohen Weihnachtslieder aus frischen Knabenkehlen verfehlten nicht auf Alt und Jung ihren Eindruck zu machen. Seit 10 Jahren hat sich auch die hübsche Sitte in Eb Hausen eingebürgert. (Schw. M.)
Tübingen, 27. Dez. Professor Dr. v. Lorey, der frühere Rektor der Universität, ist heute vormittag plötzlich gestorben. Lorey wollte heute früh mit seinem Sohne zur Jagd, als er plötzlich von Unwohlsein befallen, wieder zurückkehren mußte. Er wurde in die medizinische Klinik verbracht, wo er infolge eines Herzschlags verstarb.
Tübingen, 27. Dez. Am 2. Feiertage stürzte in einem Zustand geistiger Gestörtheit die 38jährige ledige Karoline Schmid sich von der 3 Stock hoch gelegenen Wohnung ihres Bruders in der Ammergasse herab auf die Straße. Die ärztliche Untersuchung ergab, daß die Unglückliche, die seit geraumer Zeit leidend ist, beide Beine und die Wirbelsäule gebrochen hat.
Reutlingen, 24. Dez. (Landw. Berufsgenossenschaft.) Im Rathaussaale fand gestern die Genossenschaftsversammlung der land- wirtschaftl. Berufsgenossenschaft für den Schwarzwaldkreis unter dem Vorsitz des Regierungsrat Stamer statt. Der Geschäftsbericht für das Jahr 1900 wurde vorgetragen. Nach demselben belaufen sich die Ausgaben auf 385 330 21 A die Einnahmen aus 450511 07 A Die Verwaltungs
kosten im engeren Sinne belaufen sich auf 11535 01 A die Arztkosten auf 17383 ^ 90 A die Kosten für Umlegung und den Einzug der Beträge auf 14503 06 A die Portokosten auf 3845
65 A Von den gefaßten Beschlüssen seien hervorgehoben die Genehmigung des vorgeschlagenen Etats für die Jahre 1902 und 1903. Es belaufen sich nach demselben die Ausgaben ohne die Entschädigungsbeträge pro 1902 auf 72 757 ^., pro 1903 auf 76250 Weiter wurde der auf Grund des Reichsgesetzes vom 30. Juni 1900 aufgestellte Statutenentwurf der Genossenschaft, nachdem er vom Vorsitzenden eingehend erläutert worden war, angenommen. Aus der Mitte der Versammlung wurde darauf hingewiesen, daß vielfach Simulationen
bei Rentnern Vorkommen und der Wunsch ausgesprochen, es sollten deshalb unvermutete Revisionen derselben durch einen unabhängigen Oberarzt vorgenommen werden. Hierauf bemerkte der Vorsitzende, es hätten schon seit 2 Jahren solche Revisionen stattgefunden und es seien hierdurch günstige Resultate für die Genossenschaft erzielt worden. Im Jahre 1902 werden sämtliche Rentner in 12 Gemeinden des Kreises durch einen Oberarzt untersucht werden. Auch werden künftighin alljährlich die Rentner einer Anzahl von Gemeinden durch Oberärzte untersucht werden. Der Vorsitzende teilt ferner mit, daß die Ursachen der größeren Belastung des Schwarzwaldkreises gegenüber den andern Kreisen des Landes in den bei uns vorwiegend herrschenden Kleinbetrieben, bei welchen bekanntlich mehr Unfälle Vorkommen als bei Großbetrieben, und dem kleineren Steuerkapital des Schwarzwaldkreises, auf welches die Kosten umgelegt werden, zu suchen seien. Eingehend wurden die Gründe für und gegen das Orts- und Bezirkssystem der Vertrauensmänner erörtert. Man einigte sich dahin, weitere Erfahrungen mit dem seit 2 V- Jahren im Schwarzwaldkreis eingeführten Ortssystcm abzuwarten, bevor zum früheren Bezirkssystem wieder übergegangen oder ein gemischtes System eingeführt werde. Schließlich wurden die Gehälter der Beamten der Genossenschaft den heutigen Lebensver- hältnissen entsprechend festgesetzt.
Eßlingen, 26. Dez. In der Nacht vom 25. auf den 26. Dez. wurde auf der Maille der Sohn des Bäckers Ziegler von einigen jungen Leuten so mit Messerstichen traktiert, daß derselbe Wohl nicht mit dem Leben davon kommen wird. Die Thäter sitzen hinter Schloß und Riegel.
Göppingen, 27. Dez. Die Folgen des Zusammenbruchs des Dompert'schen Geschäftes machen sich bereits fühlbar. Die am Samstag über zwei Gruibinger Besitzer verhängten Konkursverfahren sind mit diesem Zusammenbruch in Verbindung zu bringen. Domperts Befinden ist immer noch kritisch; bisher konnte die Kugel aus dem Kopfe nicht entfernt werden. In Richtigstellung anderer falscher Nachrichten sei nachträglich bemerkt, daß Dompert nur einen Schuß auf sich abgegeben hat. (Göpp. Wochbl.)
Schopfheim, 27. Dez. Auf eigenartige Weise verunglückte hier das Ijähr. Kind des Blechner- gesellen Jost. Dasselbe war in einem unbewachten Augenblick ans dem Kinderwägelchen gefallen und blieb dabei mit dem Hemdchen so hängen, daß es stranguliert wurde. Als die Mutter nach einiger Zeit nach dem Kinde sah, war dasselbe bereits erstickt.
Berlin, 27. Dez. Ein Opfer der jüngsten Eisenbahn-Katastrophe, der Kaufmann Max Jako b- sohn, wurde gestern unter äußerst zahlreicher Beteiligung beerdigt. Mit einem Gebet für den bei dem Unglück schwer verwundeten Bruder des Verstorbenen endete die Feier,
17. Kapitel.
Verschwunden.
Als Lord Culwarren am andern Morgen hohläugig und mit verstörtem Gesicht am Frühstückstisch erschien und seiner Mutier über das Vorgefallene berichtete, kannte die Entrüstung der Lady in Betreff Miß Paget's keine Grenzen.
„In meinem ganzen Leben habe ich so etwas nicht gehört!" rief sie ärgerlich. „Eine ehrbare Frau, die mitten in der Nacht durch die Straßen einer fremden Stadt läuft, um sich in die Streitigkeiten jener Leute zu mischen! Wie konnte sie überhaupt ohne meine Erlaubnis fortgehen? Sie muß von Sinnen sein. Hat sie nicht gesagt, wann sie zurückkommen wird?"
„Nein, — jedenfalls nicht, so lange Antony's Leben in Gefahr schwebt. Es kann Wochen lang dauern und bis dahin wird sie ihn nicht verlassen."
„Wie kann sie so etwas thun!" zürnte die Gräfin. „Sie weiß doch, daß ich nicht ohne sie fertig werden kann. Fünfzehn Jahre habe ich mich ganz auf sie verlassen und nun läuft sie davon, ohne mich zu fragen. Welch' absurde Idee, diesen Menschen zu pflegen, der nicht einmal verwandt mit uns ist."
„Aber bis vor drei Monaten hielten wir ihn doch dafür," warf Lily, die tieferschreckt und voll Angst dem Berichte Philipp's zugehört, jetzt plötzlich ein und sich an ihren Vetter wendend, sagte sie bittend: „Nicht wahr. Du sagst Miß Paget, wie dankbar ich ihr bin und wie gern ich ihr helfen möchte, den armen Tony zu pflegen."
„Was soll diese Rederei bedeuten, Lily!" unterbrach ihre Tante sie in strengem Ton.
„Sie bedeutet, daß ich Antony liebe," erwiderte das junge Mädchen mit fester Stimme, „und daß ich mich als seine Braut betrachte. Als Du gestern in Abruzzio warst, kam er zu mir; mir wechselten unsere Ringe und erneuerten gegen-
- -- ,
seitig das Gelöbnis, einander treu zu bleiben. Nun gebe ich ihn sicher niemals wieder auf."
„Das klingt ja sehr erbaulich!" fiel die Lady spöttisch ein. „Ich bin mit großen Unkosten hierhergekommen, um meine Nichte und meine Gesellschafterin zu zerstreuen und sie lohnen es mir, indem sie es mit jenem Menschen halten, den ich aus meinem Hause weisen mußte. Wahrhaftig, eine Warnung für Jeden, seinen Nächsten gefällig zu sein!" — Und plötzlich den sarkastischen Ton wechselnd, fuhr sie in steigender Erregung fort: „Aber ich werde das nicht länger dulden. Noch heute reise ich nach England zurück, — keine Macht der Erde soll mich hier festhalten."
Damit erhob sie sich und rauschte aus dem Zimmer, während die arme Lily, außer sich über diese Ankündigung, in Thränen ausbrach.
„O Philipp," schluchzte sie, „laß die Tante jetzt nicht abreisen! Ueberrede sie, noch ein paar Tage zu bleiben, bis wir wissen, wie es Tony geht. Wenn er — vielleicht — sterben sollte, ohne daß ich ihn noch einmal gesehen hätte, ich glaube, das Herz würde mir brechen."
„Liebst Du ihn denn wirklich so sehr?" fragte der Graf in gedrücktem Ton.
„Mehr als mein Leben!" war die rasche Antwort des Mädchens.
„Nun, ich will sehen, was ich thun kann, aber ich fürchte, daß es nutzlos ist."
Er hatte Recht, so nachgiebig seine Mutter sich sonst auch allen seinen Wünschen gegenüber zeigte, diesmal blieb sie bei ihrem Entschluß und ließ sich durch kein Bitten des Sohnes umstimmen.
„Dann laß mich hier bleiben, um nach Antony und Miß Paget zu sehen," sagte Philipp schließlich, als er einsah, daß er nichts ausrichten konnte.
(Fortsetzung folgt.)