301

Kronen Schweden und Frankreich, nur um de» (aller-' dinas scheinbaren) Aufforderungen des Herzogs, die Festung an die Kaiserlichen abzugeben, (ebensalls scheinbaren) Ungehorsam entgegensetzen zu können. Widerhold handelte hierbei entschieden richtig, die Handlungsweise des Herzogs dagegen, der verlegen­achselzuckend dem Kaiser sagen konnte:Ich gebe Euch den Hohentwiel, aber der Widerhold gehorcht mir nicht," war doch etwas macchiavellistisch.

Nach dem Friedensschluß ernannte der Herzog den tapfern Widerhold zum Herrn von Neidlingen und Randeck, gab ihm den Titel eines Oberkommandanten des Hohentwiel ein Neffe oder Vetter wurde Kommandant der Festung, und verlieh ihm die Be­stellung als Obervogt von Kirchheim u. T. Hier wirkte der ehemalige Soldat noch 17 Jahre als tüchtiger Verwaltungsbeamter. Er hinterließ keine Kinder. Sein Andenken lebt heute noch in Kirchheim u. T. fort, dank der vielen und reichen Stiftungen, die er gemacht. Letztere Stadt wird auch am 20. April d. I. eine größere Festfeier zu Ehren Widerholds veran- stalten. Auf seinem Grabmal in Kirchheim stehen die den ganzen Mann charakterisierenden Worte:

Der Kommandant von Hohentwiel,

Fest wie sein Fels, der niemals fiel,

Des Fürsten Schild, des Feindes Tort,

Der Künste Freund, der Armen Hort,

Ein Bürger, Held und Christ wie Gold,

So schläft hier Konrad Widerhold.

Widerhold ist eine durchaus originelle Erscheinung. Er war ein Soldat durch und durch und dabei ein gar frommer Herr, der auf dem Hohentwiel eine große Kirche erbaute, wozu er die Glocken aus andern Kirchen raubte. Im Brandschatzen und Geld­eintreiben war er überhaupt Virtuose und es ist bemerkenswert, daß er sich auf dem Hohentwiel ein Vermögen erwarb. Neben den Kontributionen waren die Lösegelder für Gefangene und selbst für Leichen ein recht einträgliches Geschäft.

Die ruhmreiche Geschichte des Hohentwiel hat mit dem Abgang Widerholds 1650 ihr Ende erreicht. Viktor Scheffel's RomanEkkehard" hat ihn wohl mit poetischem Duft umkleidet und gefühlvolle jüngere und Lttere Damen stehen mit Rührung an der Stelle, wo die schöne Praxedis den St. Galler Mönch, den blond­lockigen Ekkehard küßte, als er in Nacht und Nebel flüchten mußte, aber sonst kleben der Geschichte des Hohentwiels unerfreuliche Dinge an.

Kirchheim u. T., 20. April. (Wider­hold.Feier.) Der Hruptfestiag wurde durch Choralvlasen und Trommelschlag angekündigt. Um 8 Uhr hielten sämtliche Schulanstalten eine Schulfeier) überall bildete der Held von Hohent­wiel den Gegenstand der Belehrung. Die Schüler wurden durch eine Festgabe, in einem Festblalt und einer Bretzel bestehend, erfreut. Um 10 Uhr wurden die Festgäste am Bahnhof abgeholt. Die Stipendiaten sind nicht in der allgemein erwarteten Zahl eingetroffen, dagegen war die Familie Wwerhold durch Freiherr» v. Barnbüler und dessen Gattin, ged. v. Wider­hold, vertreten. Um 11 Uhr nahm die Feier im Bereinshaus, das dis zum letzten Platz gefüllt war, ihren Anfang. Die ganze Ver­sammlung sang die 2 ersten Verse des Luther- liebes. Hierauf sprach Dekan Kapff in ein- gehender, geistreicher Weise über Widerhold, über seine wunderbaren Thalen mit dem kleinen Häuflein seiner Truppen, über die steten Siege, die er, einem Gustav Adolf gleich, über seine Feinde errang, über die ausgezeichnete Zucht unter seinen Truppen, denen Plünderung und Schädigung friedlicher Bürger nie erlaubt war. Sein Friedenswerk ist gleich hoch stehend. In der Stadt Kirchheim trifft man überall seine Segensspuren, deswegen weist auch unser Jahr- hundert bereits 2 Gedenkfeiern auf, die ihm gewidmet waren. Ais 2. Redner trat Prof. Dr. Schanzenbach aus Stuttgart auf. Prof. Hirzcl aus Urach sprach für die Stipendiaten und theologischen Seminarier. Er gab inte­ressante Mitteilungen aus der Stiflungsurkunde und betonte, welchen Segen der Mann gestiftet hat, der seit seinem Tode etwa 400 theologischen Und 100 weltlichen Stipendiaten das Studium erleichterte. Im Sinne aller brachte Redner deren Dank. Die große Versammlung zog zum Miderhold Denkmal, wo zwei Verse des Liedes ttNun danket alle Gott" gesungen wurden, inzwischen war es l'/r Uhr geworden, und die um Festmahl teilnehmenden Herren und Damen egaben sich ins Hotel zur Post. Eine Reihe uon trefflichen Trinksprüchen würzte das Mahl, «ne >;udiläums.Feier wird nachhaltige Früchte

N Stuttgart. 21. vierdemarktlotterie.

April. Ziehung der I: ein Pferd haben

gewonnen die Nummern: 100434, 4412, 34810, 98658, 33517, 52822. 2488, 101676,94126. 73894. 102985. 58530. 11786,64616, 9344, 54966, 95038, 73592. 60413, 55755. 29223. 14575, 7670. 56301. 75316. 5000 Nr. 2480. 2000 Nr. 13533. 1000 «« Nr.

21361. Je 500 die Nrn. 39891, 62703. 16680, 64853. 3 je 100 die Nrn. 103693, 62978. 80655, 22105.99375, 87636, 87962. 96633. 51521 und 13298.

Ausland.

Der spanisch.amerikanische Krieg erlebt bis zu seinem wirklichen Ausbruch, der freilich jetzt nicht mehr lange auf sich warten lassen wird, ganz merkwürdige Zwischenfälle. Die Repräsentantenkammer und der Senat in Washington konnten sich nämlich nicht weiter darüber einigen, ob auch neben allen anderen Schritten der Präsident Mac Kinley die Re- publik Kuba von vorn herein anerkennen solle. Die Mehrheit des amerikanischen Senats ver­langt dies, aber damit wäre den Bereinigten Staaten der Weg zur förmlichen Annektierung Kubas verlegt gewesen. Schließlich ist die Kom- Mission der beiden Häuser des amerikanischen Parlaments doch noch zu der Einigung gelangt, daß man den Satz, betr. die Anerkennung der Republik Kuba weglasss, und so dem Präsidenten Mac Kinley, der gegen eine Anerkennung der Republik Kuba gleichfalls sich ausgesprochen hatte, weil zur Zeit auf der Insel noch keine Regierung vorhanden sei, welche ein geordnetes Staatswesen leiten könnte, recht gab. Die Spanier scheinen es nicht zu wagen, ihrerseits den förmlichen Krieg zu erklären und so ziehen die Amerikaner die ganze Geschichte noch absicht- lich einige Zeit hin. um ihre Kriegsvvrbereitungen zu vollenden. Wenn der Krieg zum Ausbruch gelangt und die Spanier größere Schlappen er- leiden, so werden sie natürlich alsbald von Kuba abziehen, gleichzeitig aber auch ihren Bankerott erklären müssen und bei einem spanischen Staats­bankerott wird namentlich das französische Natinal- Bermögen einen ungeheuren Verlust erleiden. Gerade aus diesem Grund ist auch Frankreich fortgesetzt auf das eifrigste bemüht, Kuba für die Spanier zu erhallen. Auch die Engländer fürchten für ihre nordamerikanischen Besitzungen eine große Gefahr, falls die Amerikaner ohne weiteres Kuba wegnehmen dürfen. So könnte es möglicherweise dahin kommen, wie beim japanisch-chinesischen Krieg, daß der Sieger die Früchte seines Sieges doch nicht einheimsen dars.

Amerika sowohl als Spanien treffen in fieberhafter Eile Vorbereitungen für den Krieg, die sich durch große Ankäufe von Schiffen kundgiebt. Sehr bemerkt wurde in Liverpool, daß ein Frachtdampfer unmittelbar vor der Abfahrt für New-Iark 5000 Gewehre,

10 Maxim-Geschütze, 50 Kruppsche Schnellfeuer- Kanonen, 200 Tonnen Munition eiligst an Bord nahm.

Washington, 20. April. Präsident Mac Kinley Unterzeichnete heute Vormittag

11 Uhr 20 Minuten die Resolution des Kongresses. Die in dem Ultimatum Spanien zur Beant­wortung gestellte Frist läuft bis Samstag Miller- nacht ab. Eine Abschrift des Ultimatums wurde dem spanischen Gesandten überreicht, der darauf seine Pässe verlangte.

Madrid, 21. April. Telegramme aus Havanna berichten, daß überall große Begeister- ung unter der Bevölkerung gegen die Aankees herrsche. Das Betreten der Insel werde nicht so leicht sein wie die Amerikaner glaubten. Abgesehen von dem regulären Heere seien 83000 Freiwillige entschlossen, das Land zu verteidigen. Ueber die Bewegungen der spanischen Kriegs­schiffe wird völliges Stillschweigen bewahrt. Man glaubt, der erste Zusammenstoß werde an einer Stelle erfolgen, wo er am wenigsten er­wartet werde.

Paris, 19. April. Derscheintote Alkoholiker" auf dem Friedhof von Mont- martre ist nun wirklich tot. Diese Erkenntnis hat man unter Zuhilfenahme der Röntgenstrahlen genommen. Dr. de Bourgade hat den Körper durchleuchtet und ein Bild der inneren Organe aufnehmen können Herz, Aorta, Zwerchfell,

Brusthöhle, alles befindet sich in starrster Un­beweglichkeit. Der Gegensatz dieses Bildes mit dem Bilde eines wirklich lebenden Körpers fällt sofort in die Augen. Der alte Zecher kann also nun als wirklich tot wieder der Erde über­geben werden.

Für Kiautschou - Auswander» ungslustige macht die Direktion des Nord­deutschen Lloyd bekannt, daß bis auf weiteres nur solchen Personen das Landen in Kiautschou mittelst ihrer Schiffe gestattet wird, die in amt­licher Eigenschaft dorthin entsendet sind. Privat- Personen werden vorläufig nach Kiautschou nicht befördert.

Nach einem bei dem Reichsmarineamt ein­getroffenen Telegramm ist der zum Gouverneur von Kiautschou ernannte Kapitän z. S. Rosenthal dort eingetroffen und hat die Ge­schäfte übernommen.

Das amtliche Organ der japanischen Re­gierung meldet, daß Japan von der letzten 4'/,prozentigen chinesischen Anleihe zwei Millionen Pfund Sterling übernimmt.

Hlnterhattender Teil.

Das Rätsel in Marmor.

Original-Novelle von Gustav Höcker.

(6. Fortsetzung)

Eines Abends lehnte er mit dem heißen Gesichte im offenen Fenster, wie er allabendlich that, in der Hoffnung, die Töne der Pedalharfe wieder zu hören, welche seit jenem Gespräch mit Friederiken nicht wieder erklungen waren. Auch heute blieb es stumm und still und die Stelle» wo sich die Fenster von Friederikens Zimmer befanden, lag in tiefer Finsternis. Plötzlich je­doch verbreitete sich über den Garten eia blut­roter Schein; hell und deutlich trat der Seiten­bau aus der tiefschwarzen Nacht hervor und au Friederikens Fenster erblickte Wolfgang die Ge­stalt eines Mannes; zugleich ergoß sich das feurige Licht über zwei herrliche, schimmernde Arme, welche aus dem offenen Fenster sich gegen den Mann ausstreckten, wie in stummer Be­schwörung, die Flucht zu ergreifen und dann im Zimmer verschwanden, dessen Fenster sich ge­räuschlos schloß. Die Mannesgestalt huschte davon und schien sich dem Eisengitter zuwenden zu wollen, welches den Garten des Geheimrats von Rabelings Hof trennte. Ja der zunehmen­den Helle jedoch, welche von einer jetzt deutlich erkennbaren, nicht weit entfernten Feuersdrunst herrührte, mochte der Flüchtling Wolfgang's ansichtig geworden sein. Er kehrte um und wollte den Weg nach dem Vordergebäude nehmen, wahrscheinlich um dort aus dem Bereich des verräterischen Feuerscheins zu entkommen. Aber auch von dieser Seite war er bemerkt worden, denn Wolfgang hörte eine lärmende Stimme und sah gleich darauf den nächtlichen Eindring­ling zurückkehren und in raschem Laufe dem Hintergründe des Gartens zuellen, wo ihm das Entkommen über die Mauer ein Leichtes war, wenn er einen der dicht vor derselben stehenden Bäume erkletterte. Eine Weile noch ließ sich nebenan im Hause des Geheimrats das Geräusch von Stimmen vernehmen, dann wurde es still. Wolfgang blickte mit finsterem Antlitz noch lange in die riesige, von den Aufrührern entzündete Brandfackel, unter welcher, wie er später erfuhr, das Opernhaus in Trümmer und Asche sank.

Sich in den wilden Kampf zu stürzen und den Tod für die Freiheit zu sterben, erschien Wolfgang als der beste Abschluß seines von grellen Widersprüchen zerrissenen Daseins. Er kehrte in das Haus des Vetters zurück, aus dem er mit dessen Doppelbüchse bald verschwunden war.

Am nächsten Tag wünschte den Geheimrat ein junger Mann zu sprechen, der sich Trimborn nannte. Er wurde vorgelassen.

Ich habe Ihnen eine unerfreuliche Mit­teilung zu machen, Herr Geheimrat", begann der Besucher.Ich weiß, daß Ihre Fräulein Tochter seit Kurzem mit einem Herrn Ritter aus Leipzig verlobt tst. Ja Ihrer hervorragenden Staats» dienerstellung kann es Ihnen unmöglich ange­nehm sein, daß Ihr künftiger Schwiegersohn thätigen Anteil am Aufstande nimmt. Ich habe ihn mit meinen eigenen Augen auf der Barrikade