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Wahl anzunehmen. In der Bürgerschaft sind nun infolge dessen schon verschiedene Namen genannt worden, welche als Kandidaten in Aus­sicht genommen seien. Neuerdings wird mehr fach davon gesprochen, daß Verlagsbuchhändler Karl Engelhorn mit einer Kandidatur betraut werden solle. Seitens der sozialdemokratischen Partei wird Landtagsabgeordneter Gemeinderat Kloß wieder als Kandidat aufgestellt werden.

Reichstagspräsenz Beidernament- lichen Abstimmung über § 1 der Flottenvorlage waren von den württembergischen Abgeordneten 8 anwesend und zwar stimmten mit Ja: Braun. Gröber, Hofmann und Rembold; mit Nein: Augst, Ehni, Galler und Kercher; krank ist Siegle, beurlaubt Hähnle, Haußmann und Payer; ohne Entschuldigung fehlten: Haag, Hartmann, Schnaidt und Speiser.

Zu den zwei weiteren Aufführungen des Lutherfestspiels ist noch eine dritte gekommen, am FrcitAg Abend 7 Uhr. Es finden also außer den sechs ursprünglichen Vorstellungen noch solche statt an den drei aufeinanderfolgenden Tagen Donnerstag, Freitag und Samstag dieser Woche.

Stuttgart, 26. März. Das alte Pa- trizieihaus von Bankier Fedcrer, Büchienstr 21, Ecke der Rotcstraße wurde für 350000 ^ an Restaurateur Koppenhöfer zum Petersburgerhof verkauft.

Tübingen, 26. März. (Schwurgericht.) Wegen betrüglichen Bankrotts hatte sich im 6. Fall zu verantworten der verheiratete Dreher K Th. B. von Altensteig. Er hat am 11. Nov. 1897 seine Zahlungen eingestellt, und am 19. Nov. wurde das Konkursverfahren gegen ihn eröffnet; bei der stattgefundenen Vermögens aufnahme hat er nun einen neuen Anzug, eine Taschenuhr und verschiedene Waren seines Ge­schäfts im Gesamtwert von ca. 160 «E nicht angegeben, um nach dem Konkurs noch etwas für sich und seine 4 Kinder zu haben. Da hienach die Absicht der Gläubiger-Benachteiligung zugegeben war, so sollte Schuldigerklärung er­folgen; da aber die Frage nach mildernden Umständen ebenfalls bejaht wurde, so wurde nur aus eine Gefängnisstrafe von 4 Monaten erkannt, wovon jedoch 2'/rMonateUntersuchungs- Haft abgehen.

Herrenberg, 28. März. Einen Leichen­kondukt, wie er heute sich durch unsere Straßen bewegte, hat die hiesige Stadt noch selten ge sehen. Aber nicht leicht stand auch ein junger Mann, wie der Redakteur desGäubote". Theod. Braun in so allgemeiner Liebe und Achtung, und die Teilnahme an seinem frühen Hinscheiden erfüllte alle Schichten der B -völkerung. Auch am Grabe selbst kam die Verehrung des Toten durch die Rede des Geistlichen, Dekan Hohboch, durch einen Nachruf von seiten des hiesigen und Böblinger Turnvereins und durch Vorübergang des Liederkranzes und der Feuer­wehr mit Ehrenzeichen an der letzten Ruhestätte des Toten zum Ausdruck.

Vor dem Reichsgericht kam am 24. März die Revision des Ephorus Aug. Palm von Maulbronn, welcher bekanntlich vom Land- gerächt Heilbronn wegen Unterschlagung zu 5 Monaten Gefängnis .verurteilt wurde, zur Verhandlung. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Wildhagen, suchte den Nachweis zn erbringen, daß der Angeklagte nicht in rechtswidriger Absich' gehandelt habe und daß derselbe nur das Opfer seines allzuwenig ausgebildcten Geschäftssinnes geworden sei. Der Reichsanwalt hielt die Fest stellungen nicht in allen Punkten für einwandfrei und beantragte die Aufhebung des Urteils bezüglich der Amtsunterschlagang. Das Reichs­gericht teilte jedoch diese Bedenken nicht und erkannte auf Verwerfung der Revision. Palm muß nunmehr seine Strafe verbüßen.

Stuttgart. fLandesproduktenbörse. Bericht Vom 28. März von dem Vorstand Fritz Kreglinger. s Im Getrerdegeschäft herrschte feste Tendenz, auch die Offerte von Amerika für prompte Abladung in Weizen blieben gleich hoch, abschon die Börsennotierung in Newyork abgeschwächt war. Rußland offeriert wenig Md direkte Offerte von Laplata liegen nicht vor, über­haupt glaubt man, daß die Ernte in Argentinien überschätzt wurde. Die Lager in Weizen sind klein, auch die Mühlen sind mit Vorräten schwach versehen,

weshalb Weizen schlanken Absatz findet. Es ist rätsel­haft, daß trotz alledem di; Mehlpreise auf dem niederen Standpunkt bleiben und die Mühlen mit Verlust arbeiten. Die Landmärkte zeigen keine Aenderung. Mehlpreise per 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 34 bis 35 L, Nr. 1: 32 ^

bis 33 -4L Nr. 2: 30 50 bis 31 -4L 50

Nr. 3: 29 ^ bis 29 50 Nr. 4: 25 -4L

bis 25 -4L 50 Suppengries 34 -4L ^ bis 35 «4L 50 Kleie 8 ^

Bern, 28. März. In der letzten Nacht war starker Schneefall, besonders in der Westschweiz. In Lausanne lag der Schnee 50 Centimeter hoch. Der schwere, nasse Schnee verursachtedieUnterbrechungzahlreicherTelephon- und Telegraphenlinien. Der Simplon ist unpassierbar. Dort fiel 2 Meter neuer Schnee über den alten, der 1 Meter hoch liegt. In Bärisa sind Reisende eingeschneit.

Rouen. 27. März. Aus der ganzen Gegend wurde gestern starker Nordsturm mit Schnee fall gemeldet. Der Schnee fiel die ganze Nacht in großen und dichten Flocken. Von der Küste meldete man starke Hochfluten.

Brest. 27. März. Der Sturm hielt gestern unter starkem Schneefall hier an. Es erscheint nicht unmöglich, daß die Schiffsmanöver wegen des Unwetters eingestellt werden.

Nancy. 27. März. Der Schnee, der gestern hier während eines heftigen Sturmes fiel, bedeckte in Höhe von 20 Centimeter den Boden.

SaintJohns, Neufundland, 28. März. Der RobbenfischdampferGreenland" ist gestern hier eingetroffen und hatte 25 Leichen der Be­satzung an Bord. Die Leichen von weiteren 23 mußten zurückgelassen werden, die übrigen sind fast erfroren. Am 21. d. M. war die 54 Mann zählende Besatzung ausgesandt worden, um auf dem Eisfelde Robben zu jagen, wurde aber von einem Schneesturm überrascht, der das Eis aus­einander trieb. Nur sechs Mann konnten sich retten.

Mitten in den Aufregungen des Konflikts mit Nordamerika wegen der Kubaangelegen­heit sind in Spanien die Neuwahlen zur Deputiertenkammer vollzogen worden. Abschließ- ende Resultate liegen zwar noch nicht vor, doch gilt bereits jetzt eine große Mehrheit für das liberale Ministerium Sagasta als gesichert, und zwar wird dieselbe auf etwa 330 Stimmen ge­schätzt. Aus Kuba sind in den letzten Tagen fortwährend Siegesnachrichten in Madrid ringe- gangen, infolge dessen man in der spanischen Hauptstadt die Lage auf Kuba als sehr gebessert erachtet, doch bleibt noch abzuwarlen, ob sich dieser Optimismus rechtfertigen wird. Von den Philippinen wird eine neue Verschwörung gegen die spanische Herrschaft gemeldet; in einem Hause zu Manila überraschte die Gendarmerie 80 Bewaffnete, welche angeblich einen Handstreich auf die Spanier planten, es kam zu einem Kampfe, in welchem 10 der Verschworenen getötet worden sein sollen. Auch von Porto Rico sind be­unruhigende Nachrichten eingegangen; es sollen auf dieser spanischen Insel ernste Zwistigkeiten zwischen den verschiedenen Bevölkerungsklassen ausgebrochen sein. Wie eineStandard"-Meld­ung aus Madrid besagt, weist die spanische Antwort auf die jüngste vom amerika­nischen Gesandten Woodford überreichte Note auf die Zugeständnisse hin, welche spanischerseits Nordamerika gemacht worden seien unß hebt die hiebei ausgesprochene Bereitwilligkeit Spaniens, die Angelegenheit derMäine"-Katastrophe einem Schiedsgericht zu unterbreiten, hervor. Doch er- klärt dann die Antwort, Spanien sei jetzt an der Grenze seiner Zugeständnisse, soweit dieselben mit seiner Ehre und Würde ver­einbar seien, angelangt, Eingriffe in seine sou­veränen Rechte in Westindien werde es nicht ge­statten. Die Situation ist demnach hochkritisch geworden, wenn demgegenüber aus New-Aork gemeldet wird, die eine unbefangene Meinung gegenden Amerikaner hofften noch immer auf Erhaltung des Friedens, so will das nicht viel vesagen, zumal anderweitige New Anker M- ungen versichern, daß die Bereinigten Staaten geradezu fi verhaft rüsten.

Aus Peking liegt jetzt in London die telegraphische Meldung vor, daß China, wie längst nicht anders zu erwarten war, sämtliche russische Forderungen angenommen hat. Die Zugeständnisse sind folgende: 1. die Be>> Pachtung Port Arthurs auf 25 Jahre als be- festigten Marinestützpunktes, 2. die Verpachtung von Talienwan als offenen Hafen und zugleich als Endstation für die mandschurische Eisenbahn auf eine ähnlich lange Zeit und mit dem Recht der Befestigung, 3. das Recht für Rußland, eine Eisenbahn von Petuna (im Zentrum der Mand­schurei) nach Talienwan und Port Arthur unter denselben Bedingungen wie bei der mandschurischen Bahn zu bauen.

Peking, 28. März. DieTimes" meldet von hier, die Vereinbarung mit Rußland ist gestern unterzeichnet worden, nachdem die kaiserliche Zustimmung bereits im voraus erteilt war. Die chinesische Garnison sei aus Port Arthur und Talienwan zurückgezogen worden und russische Truppen seien gelandet, lieber den beiden Plätzen wehe nun die russische Flagge.

Aus Amerika. 24. März. In der letzten Nacht wurde ein Zug der Süd-Pacific- bahn nahe Goschen von Verbrechern an­gehalten. Sie erbeuteten etwa 300000 Dollars und ergriffen alsdann die Flucht.

Vermischtes.

Lebende Pferde und mechanische Pferdekräfte.

Das Königlich statistische Landesamt ver- öffentlicht in seinen Mitteilungen unter obiger Ueberschrift einen interessanten Ueberblick, welchem wir kurz folgendes entnehmen. Pferde besaß Württemberg im Jahre 1840 99038 Stück, Maultiere, Maulesel, Esel 692 St., Pferde im Jahre 1895 99276 S:. Die Maulesel re waren schon im Jahre 1892 bis auf 72 Stück ver­schwunden. Die einzig erheblich in Betracht kommenden mechanischen Kräfte waren noch vor 50 Jahren die Wasserkräfte. 1861 wurden 33öö Anstalten und 4842 laufende Werke mit zu­sammen 37443 benützten und 10656 unbenützten Wasserpferdekräften gezahlt. Nach den Handels­und Gewerbekammerberichten war vom Jahre 1848 ab in Württemberg 1 Dampfmotor mit 12 Pferdekräften in Benützung. Später aber: 1840 2 mit 37 Pferdestärken, 1850 20 mit 237, 1862 280 mit 2423, 1872 686 mit 9145. 1890 1781 mit 39053, 1895 1959 mit 52919 Pferdestärken. Zu bemerken ist hierbei, daß die Ziffern von 1895 nicht die Zahl der Motoren, sondern die Zahl der Gewerbebetriebe, in denen Motoren verwendet werden, bedeuten. Die Pferdestärken im nicht gewerblichen Betriebe waren 1890 auf 751 beziffert und dürsten 1895 mindestens 1000 betragen. Hierbei sind die Lokomotiven der Eisenbahnen nicht gerechnet. Jyre Zahl betrug 1868 207 Der neueste Stand ist 449 Lokomotiven der Vollspur- und 6 der Schmalspurbahn. Diese 455 Lokomotiven stellen ungefähr 248 150 Pferdekräfte dar. Der Schluß- Vergleich zwischen lebenden Pferden und toten

Pferdestärken ist folgender:

1840 1895

Lebende Pferde 99038 99296

Benützte Wasserkräfte ca. 40000 52355

Dampfkräfte 37

u. im Gewerbe 52919

d. sonstige ca. 1000

o. Lokomotiven ca. 248150 Gas, Bezin, Petroleumotore 3344

Elektrizität _ 2500

Summa 139075 459564

Die lebenden Pferde sind demnach an Zahl im Laufe von 55 Jahren gleich geblieben, die mech­anischen Pferdekräfte dagegen haben sich ver- neunfacht. Die lebenden Pferde haben vor 55 Jahren noch über ^/» des ganzen nicht mensch- lichen Kräftebestandes gebildet, 1895 sind sie auf */r herabgesunken.

(Militaria). Unteroffizier:Leute, müßt Ihr mal gegen den Feind, dann schlagt drein, daß im Vergleich zu Euren Bravourstücken die ganze bisherige Weltgeschichte als ein Kaffee­klatsch erscheint!"

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.