kommission erhielt den Auftrag, innerhalb des Ausstellungsraumes einen Kaiserpavillon zu erbauen, wo das Zarenpaar während der Besichtigung der Ausstellung rasten könnte.
Wie aus Paris mitgeteilt wird, hat im royalistischen Lager die Dreyfussache einen tiefen Zwiespalt hervorgerufen. Das jüngste Manifest des Herzogs von Orleans erregte große Un- Zufriedenheit. Die aktionslustige Jugend hatte erwartet, der Herzog werde diese Gelegenheit besser auszunutzen verstehen. Diese Differenz verursachte eine Sprengung des royalistischen Klubs und den Rücktritt des langjährigen Pariser Parteileiters Dufeuille.
In Spanien vermehrt sich der Wider- spruch nicht nur der Kaufleute ohne Unterschied der Parteistellung, sondern der Bevölkerung überhaupt gegen die den Kubanern gewährten Konzessionen. General Weyler hat nun schon in mehreren Ansprachen die Nachgiebigkeit des neuen spanischen Kabinets getadelt und die Thatsachen geben ihm insofern recht, als die Aufständischen durch keine Konzessionen zum Niederlegen der Waffen bestimmt werden können.
Aus Spanien. Während bei uns zu Lande milde Lüfte wehen. Sonnenstrahlen leuchten, Mücken schwirren. Blumen blühen und die Bauarbeiten überhaupt nicht abgebrochen zu werden brauchten, halber Winter im heißen Spanien seine volle Herrschaft entfaltet. Auf der Strecke nach Leon ist seit etwa 8 Tagen der Eisenbahnverkehr durch Schneeverwehungen unterbrochen. Auf der Linie von Rabla nach Valma- seda (Bilbao) liegt ein Personenzug unter dem Schnee begraben. Als die Reisenden sahen, daß die Schnermaffen die Höhe der Wagenfenster erreichten, verließen sie den Zug und arbeiteten sich, von der Gendarmerie unterstützt, nach dem 7 Kilometer entfernten Rosas durch, wo sie in kläglichem Zustand eintrafen. Eine Lokomotive, die dem Zuge zu Hilfe gesandt wurde, blieb ebenfalls im Schnee stecken. In Viktoria, Avila, Soria und Palencia schneit es. In Madrid fiel das Thermometer auf 3 Grad unter Null, und selbst an der sich durch mildes Klima aus- zeichnenden Ostköste fror es.
AnLeryattender Teil.
Die Nacht vor der Hochzeit.
Kriminal-Novellette nach dem Englischen von W i l h e l m T h a l.
(Nachdruck verboten.)
(Schluß.)
Verot nahm die Zigarre und versuchte sie auzuzünden, doch der entsetzliche Duft, der ihr entströmte, veranlaßte ihn, sie fallen zu lassen.
„Das riecht ja entsetzlich," murmelte er, „ich kann es nicht ertragen."
„Wie kann man nur so weibisch sein?" bemerkte Borderet und nahm die zur Erde gefallene Zigarre wieder auf, die er seinem Gaste einhändigte. „Rauchen Sie sie nur, es ist ja der letzte Abend, den wir zusammen zubringen."
Wieder versuchte der Pariser, die Zigarre anzuzünden» doch es war ihm unmöglich und er warf sie fort, nachdem er ihren unerträglichen Geruch eingeatmet.
„Haha." lachte Borderet, „Sie haben weniger Mut, als ich glaubte; ja, ja, Ihr Pariser seid, wie ich schon oft .gesagt, ein degeneriertes Geschlecht."
Verot war aufgesprungen und sah letzt seinem Wirte fest in's Gesicht.
„Diese Zigarre war vergiftet, rief er mit starker Stimme.
„O gewiß nicht," eutgegnete Borderet, blieb stehen und hob sie auf, um sie zur Nase zu führen.
„Das ist aber seltsam." rief er aus, „was hat das nur zu bedeuten?"
Die beiden Männer sahen einander forschend in's Auge, und langsam, aber deutlich klärte sich die ganze Situation auf. Der E>ne merkte, daß sein schändlicher Plan entdeckt worden, der Andere wußte, daß der Tod in jeder Ecke dieses alten Gebäudes auf ihn lauerte. Verot sprach zuerst und fragte in hartem trockenem Tone:
„Wie wollen wir die Sache zum Austrag bringen?"
Borderet lachte ironisch auf, zuckte die Achseln und bemerkte dann mit halbem Gähnen:
„Ich glaube, das Beste, sie zum Austrag zu bringen, ist. wirgehen zu Bett und schlafen aus."
„Schurke, elender Mörder!" rief Verot, zum ersten Male seiner Entrüstung Worte leihend. „Sie werden mir Rede stehen."
„O, gewiß, wenn Sie wünschen," entgcgnete Borderet ruhig, „mein Fechtsaal ist nur einen Schritt von hier entfernt; folgen Sie mir, wenn Sie sich nicht fürchten."
Verot folgte ihm, doch nicht ohne ein seltsames Gefühl der Unsicherheit. Es war ihm, als lauerte eine Verräterei bei jedem Schritt, den sie durch zwei bis drei dunkle Räume gingen, bis sie in ein kleines kahles Zimmer ohne Fenster traten.
„Sehen Sie her," sagte Borderet, an einer der Wände stehen bleibend, „das steht nicht wie eine Thür aus, was?" Er drückte auf einen verborgenen Knopf und öffnete eine Art Fensterladen , welcher in ein anderes, zellenartiges Gemach führte, in das ihm Verot folgte. Sie blieben stehen und sahen einander in's Auge, während der Schein einer kleinen Lampe, die Borderet trug, auf ihre totblaffen Gesichter siel.
„Wir können unfern kleinen Zwist hier zum Austrag bringen, ohne befürchten zu müssen, von Jemandem unterbrochen zu werden. Einer meiner Verwandten, der den Sklavenhandel betrieb, pflegte hier die gestohlenen Sklaven unterzubringen, bis sich ihm eine Gelegenheit bot. sie außer Landes zu führen. Niemand außer mir hat von der Existenz dieses Zimmers eine Ahnung."
Er lächelte cynisch, schraubte die Lampe in die Höhe und betrachtete die kahlen Wände. ! Dann schlug er sich vor den Kopf und sagte:
„Mein Gott, ich habe ja die Rapiere vergessen, halten Sie bitte die Lampe einen Augenblick."
Halb mechanisch nahm Verot die Lampe entgegen, doch als er dies that, fiel ihm der Blick auf, mit dem Borderet ihn anstarrte.
„Sie fürchten sich doch wohl nicht, einen Augenblick hier stehen zu bleiben, während ich die Rapiere hole?" Er betonte das Wort Furcht ganz besonders und Verot fühlte, wie ihm das Blut zu Kopfe stieg.
„Sie werden bald Gelegenheit haben, sich von meinem Mut zu überführen," entgcgnete er, „doch wenn Sie die Waffen holen, rhäten Sie besser, die Lampe mitzunehmen; ich brauche sie hier nicht."
„Es ist kein angenehmes Wartezimmer," spöttelte Borderet und ließ sein Auge über die kleine Zelle schweifen. Er rauchte noch immer seine Zigarre und die blauen Ringe stiegen langsam in die feuchte Lust. Dann trat er mehrere Schritte zurück.
„Holen Sie die Rapiere, Herr!" versetzte Verot. Borderet ging noch einen Schritt weiter und legte dann mit gehässigem Blick seine Hand auf den schweren Fensterladen.
„Sie befehlen, doch ich werde mir Zeit lassen, Ihrem Befehle zu gehorchen," entgcgnete er mit mühsam verhaltener Erregung; „wie würde es Ihnen gefallen, in diesem kleinen Boudoir zu warten, bis Ihre Braut Sie abholl? "
Wie ein Blitz schoß Verot die Bedeutung dieser Worte durch den Sinn; schon bewegte sich die Thür langsam. So entsetzlich war der Gedanke, daß der starke Pariser für einen Augenblick wie gelähmt dastand.
„Gute Nacht für immer, Augustin Verot!" sagte Borderet, „mögen Ihre Träume recht sanft sein "
Noch immer bewegte sich die Thür langsam, die in Wirklichkeit nur ein Teil der Mauer war, die sich in ihren Angeln drehte.
Verot ließ die Lampe fallen, welche krachend auf den Sleinfliesen zerbrach und dort mit seltsamem, phantastischen Lichte weiterbrannte. In demselben Augenblick mochte der Pariser mit einem heiseren Schrei einen wilden Satz, bevor er noch von der sich schließenden Thür eingesperrt werden konnte. Wenige Sekunden später wurde ein Körper aufgehoben und fort geschleudert; derselbe fiel gespenstisch in die Mitte der Zelle und blieb bewegungslos neben
der fast ersterbenden Lampe liegen; dann flog die Thür mit dumpfem Knalle zu.
Keuchend und atemlos stand Verot einige Augenblicke vor der Zelle, dann stürzte er, wie von Furien gejagt, aus dem Hause.
Mehrere Wochen später aber, als Verot mit seiner jungen Frau bereits die Rückreise nach Frankreich angetreten, meldeten die Zeitungen von New Orleans, daß der reiche Creole Borveret seit einiger Zeit spurlos verschwunden wäre.
(Wie viele Sprachen es giebt.) Nach den neuesten Aufstellungen eines französischen Geographen existieren in der ganzen Welt nicht weniger als etwa 5000 Dialekte und 860 gänz- lich von einander abweichende Sprachen. Auf Europa rechnet der Gelehrte 89 verschiedene Sprachen, auf Afrika 114, auf Asien 123, auf Amerika 417 und die übrigen 177 Sprachen aui Ozeanien, unter welcher Bezeichnung die große Anzahl größerer und kleinerer Inseln zwischen dem indischen Tiefland und Südamerika zu verstehen sind. Merkwürdig ist es» daß von mehreren kleinen Inseln in der Südsee, die durchaus nicht entfernt von einander liegen, auf jeder eine besondere Sprache gesprochen wird, so daß die Bewohner, falls sie in Verbindung mit einander treten, nur durch Geberden sich verständigen können.
(Entfernung von Fettflecken aus Filzhüten.) Man nehme 4 Eßlöffel voll Salmiakgeist. 4 Eßlöffel voll starken Weingeist und 1 Eßlöffel voll Salz, schüttle das Ganze in einem Glase tüchtig durcheinander und wende es mit einem Schwamme oder wollenen Läppchen an. Mit dieser Flüssigkeit kann man alte Fett- und Oel- flecke rc. ausmachen. Flecke von Harz und Theer müssen erst durch een wenig Butter erweicht werden.
(Nobel.) „Ist der Bankier Goldmann, der sechs Töchter hat. schön eingerichtet?" „Das will ich meinen! Große Wohnung — eigene Verlobungszimmer."
Telegramme.
Kiel, 16. Dez. Kurz nach 8 Uhr früh verließ der Kreuzer „Gefion" den Hafen unter den Salutschüssen und den Hurrahrufen der Mannschaften sämtlicher Kriegsschiffe, um dir Fahrt durch den Kanal anzutreten. Der Kreuzer „Deutschland", der dem Schlosse gegenüber ankerte, hißte, sobald der Kaiser das Schiff betreten hatte, die Kaiserstandarte, bald darauf die Kciegsflazge; die übrigen Kriegsschiffe setzten bei der Flaggenparade Toppflaggen. Langsam setzte sich „Deutschland" in Bewegung. Auf der Kommandobrücke standen der Kaiser, Prinz Heinrich und die Söhne des Kaisers. Vom Fenster des Schlosses sah die Prinzessin Heinrich mit ihren Söhnen der Abfahrt zu.
Rendsburg, 16. Dezbr. Um 5 Uhr verließ der Kaiser den Kreuzer „Deutschland" nach herzlicher Verabschiedung vom Prinzen Heinrich. — Um 230 Uhr nachmittags traf Generaloberst Graf Waldersee hier ein. Die Landungsstelle und die große Kanalbrücke sind mit Fahnen geschmückt.
Kiel, 16. Dez. Die erste Panzerdivision unter dem Kommando des Vizeadmirals Thomsen ist heute durch den Kaiser- WilhelM'Kanal nach Wilhelmshaven in See gegangen.
Friedrichsruh, 16. Dez. Um 7 Uhr 15 Minuten ist derKaiser in Begleitung des Prinzen Adalbert mittels Sonderzuges hier eingelroffen. Graf Rantzau begrüßte den Kaiser namens des Fürsten Bismarck, da diesem sein Gesundheitszustand nicht erlaubte, zum Empfange des Kaisers am Bahnhofe zu erscheinen. Unter den Hurrahrufen des Publikums begaben sich sodann der Kaiser und Prinz Adalbert, beide in Marineuniform, in Begleitung des Gefolges nach dem Schlosse. Fackeln tragende Bahnbedienstete und Feuerwehrleute bildeten längs des Weges Spalier. Die Abfahrt deS Kaisers wird voraussichtlich um 8,30 Uhr erfolgen.
Redaktion, Druck und Verlag von L. Meeh in Reuenbürg.