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zurückzuführen ist. erfährt heute eine indirekte Bestätigung dadurch, daß uns aus zuverlässiger Quelle in Darmstadt gemeldet wird, daß am 24. Oktober, also am Tage nach der auffälligen Veröffentlichung der „Karlsruher Zeitung-, auf Befehl des Zaren der russische Hofzug in Darmstadt zu einer Fahrt bereit gestellt und die Lokomotive mehrere Stunden unter Dampf gehalten worden ist, daß aber schließlich die Benutzung des Zuges unterblieben ist. Man wird wohl nicht fchlgehen in der Annahme, daß hier in der That seitens des Darmstädter Hofes sich Einflüsse geltend gemacht haben, welche die bedauerliche Kränkung des badischen Hofes hcrvorgerufen haben.
Darmstadt, 26. Okt. Der „Köln. Ztg." wird von hier gemeldet: In Bezug auf die Karlsruher Veröffentlichung höre ich, daß bereits Schritte geschehen seien, welche jede Verstimmung beseitigen dürften; vielleicht hängt hiermit zusammen, daß der Prinz Adolf von Schaumburg-Lippe heute Vormittag nach Baden- Baden abgereist ist.
Berlin, 25. Okt. Der „Reichsanzeigerschreibt: Der Saaten st and im deutschen Reiche von Mitte Oktober w,ar für jungen Klee und Luzerne 2.2, die vorläufige Ertragsschätzung lautete für Winterweizen 17,20, Sommerweizen 14.60, Wintcrspclt 17,20. Sommerroggen 10.00, Sommergerste 15,60 pro Hektar. In der überwiegenden Anzahl der Berichtbezirke wurde wegen ungünstiger Witterung die Herbstbestellung erst zum kleinen Teil beendet. Vielfach sind die Saaten noch gar nicht aufgelaufen, teils sind sie in der Entwickelung noch zurück. Einzelne Gegenden melden dagegen fertige Bestellung und günstiges Wetter. Ueber Beschädigungen der Saaten durch Ackerschnecken wird aus fast allen Teilen des Reiches geklagt, so daß stellenweise neue Bestellungen nötig werden. Die Ernteerträgnisse zeigen nur geringe Abweichungen von dem Durchschnitt der letzten 4 Jahre. Nur Sommergerste hatte erheblichen Ausfall.
Aus derPsalz, 23. Okt. Wie die wärt- tembergische Generalsynode, so hat heute auch die pfälzische Generalsynode in Speyer einstimmig einen Protest gegen die Canisius Eneyklika angenommen. Der Protest besagt, der „Allgem. Ztg.- zufolge, daß es Pflicht jeder Vertretung protestantischer Interessen sei, in Wahrung der eigenen Ehre und Würde und im Dienst des Friedens solche ungerechtfertigten Angriffe ent- schieden zurückzuweisen. Eingedenk dieser Pflicht erhebt daher die in Speyer, der Stätte der ersten Protestanten, versammelte Generalsynode der unierten Kirche der Pfalz in voller Ueberein- stimmung mit mehreren Kirchenvertretungen Deutschlands einmütig und feierlich Protest gegen die Verunglimpfung protestantischer Lehre. Einig mit der gesamten pfälzischen protestantischen Be- völkerung, welche stets redlich bemüht, mit ihren katholischen Mitbürgern in Frieden zu leben, aber auch nicht gewillt ist. Personen und Ein- richtungen, mit denen sie Dankbarkeit und Pietät verknüpft, grundlos schmähen zu lassen, gibt sie der Ueberzeugung Ausdruck, daß der deutsche Protestantismus allen Lästerungen zum Trotz sich nach wie vor als der reichste und reinste Quell nicht nur der Sittlichkeit und Kultur, sondern auch der Völkerwohlfahrt und desBölker- fnedens erweisen werde.
Hannover, 26. Okt. Bei dem Versuche, für 4000 serbische Amortisableanleihe zu verkaufen, wurde heute im Bankhause S. Katz ein Mitglied einer internationalen Diebesbande verhaftet. Der Mann hatte weitere 100000 gestohlene Wertpapiere bei sich und weigert sich hartnäckig, seinen Namen anzugeben.
München, 23. Okt. Gestern wurden 42 Männer aus dem bayerischen Oberland wegen HaberfeldtreibenS, gehalten in der Nacht vom 24. bis 25. Sept. 1896 in Egmating, zu Gefängnisstrafen von 1 Jahr bis herab zu drei Monaten verurteilt.
Oppenau, 22. Okt. Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, ist in Bad Antogast beim Ab- bruch einer Mauer eine große Summe altes Geld gefunden worden. Dasselbe stammt aus
den früheren Jahrhunderten. Es befindet sich sogar noch viereckiges Geld dabei. Jedenfalls hat der Fund einen großen historischen Wert.
Der Schloß-Brunnen Gerolstein — Schutzmarke „Krone" — wurde auf der Weltausstellung in Brüssel für sein ausgezeichnetes natürliches Mineralwasser mit der „goldenen Medaille" preisgekrönt. — Es ist dies die dritte höchste Auszeichnung (Düssel- darf, Cassel, Brüssel) welche diesem im Jn- und Auslande gleich geschätzten natürlichen Mineralwasser im Lauf einer Woche zu Teil wurde.
Württemberg.
DerKönig von Württemberg hat der Kaiserin einen prächtigen Rappen, der zur Zeit der Manöver deren Wohlgefallen erregt hatte, als Angebinde zu ihrem Gcburtstagsfest übersandt. Das Pferd ist am Samstag, begleitet von einem Stallmeister des Königs, auf der Wildparkstation angelangt und wurde der Kaiserin im inneren Hofe des Neuen Palais vorgeführt. Der Rappe wurde darauf in den Königlichen Marstall eingereiht.
Stuttgart, 24. Oktober. Eine Vertrau e n s m ä nn e r v er sa m m l u n g der deutschen Partei hat heute hier stattgefunden. Gegenstand der Besprechungen bildeten insbesondere die Berfassungsrevision, zu welcher ein Bericht des Landtagsabgeordneten v. Geß vorlag, und der Entwurf eines Orts- Vorstehergesetzes, über welches Landtagsabgeordneter Sachs referierte. Die Bedenken, die man dem „Proporz" von Seiten der deutschen Partei entgegenbringt, wurden wieder offen ausgesprochen; dennoch will man das Werk der Berfassungsrevision nicht an der Frage des Proporz scheitern lassen, wenn 1) das Budgetrecht der zweiten Kammer gewahrt bleibt, 2) wenn der Krone die Ernennung neuer Standesherrn nicht zngestanden wird und 3) wenn die Stichwahlen abgeschafft werden. Eine Resolution in diesem Sinne und unter Berufung auf die bereits früher präzisierte Stellung der Partei zum Proportinalwahlsystem wurde einstimmig angenommen. In Sachen des Ortsvorstehergesetzes wurde der Abschaffung der Lebenslänglichkeit und der Einführung lOjähriger Wahlperioden zugestimmt, zugleich aber wird in der diesbezüglichen Resolution die Forderung gestellt, daß das Gesetz keine rückwirkende Kraft haben solle auf die im Amte befindlichen Ortsvorsteher. Ein gleichfalls angenommener Eventualantrag geht dahin, „daß die wohlerworbenen Rechte der im Amt befindlichen Ortsvorsteher nach allen Seiten und insbesondere für e ne angemessene Entschädigung für wegfallende Nebenbezüge gewahrt bleiben sollen."
Stuttgart, 23. Okt. Die über das diesjährige Volksfest auf den Bahnhöfen Stuttgart und Cannstatt, sowie auf dieser Strecke dienstlich thätig gewesenen Beamten und Bediensteten haben von der K. Gencraldirektion der Staatseisenbahnen anläßlich der außerordentlichen Inanspruchnahme Belohnungen in Beträgen von 5—30 „fL erhalten. Auch die an diesen Tagen auf dem Bahnhof Stuttgart und der Strecke nach Cannstatt hauptsächlich in Anspruch genommen gewesenen Hilfswärter und Arbeiter erhalten Belohnungen.
Der Gemeinderat Tübingen schreibt die durch den Tod des Oberbürgermeisters Gös erledigte Ortsvorsteherstelle aus. Mit derselben ist ein pensionsfähiger Gehalt von 6000 verbunden; die gesetzlichen Gebühren des Ortsvorstehers fallen in die Stadtkasse. Die Neuwahl ist bis Ende November in Aussicht genommen.
Rottweil a. N.. 21. Okt. Der Festausschuß iür den XIII. Bundestag des Württemb. Kriegerbundes hielt gestern zum Zwecke end- giltiger Abrechnung seine Schlußsitzung, in welcher i konstatiert werden konnte, daß die Garantie- ! Zeichner nicht in Anspruch genommen werden.
! Beutelsbach. 25. Okt. Vorgestern früh l 1 Uhr brachten Ortseinwohner und Fremde dem suspendierten Schultheißen Schlör eine Katzen- musik mit großem Radau und Kcakehl, wie
solche schon öfters in neuester Zeit vorgekommen. Es wäre im Interesse der Gemeinde, wenn der. artiger Unfug abgeschafft würde.
K n i t t l i n g e n, 23. Okt. Die dieser Tage im hiesigen Gemrindewald abgehaltene Treibjagd hatte ein erfreuliches Ergebnis. Zur Strecke wurden gebracht: 39 Hasen, 9 Rehe. 2 Füchse, 1 Schnepfe und 1 Rebhuhn. Infolge schlechten Treibens kamen viele Hasen u. Rehe nicht zum Schuß, so daß für die zweite Treib- jagd ebenfalls noch ein so gutes, wenn nicht besseres Resultat erzielt werden wird, zumal dieses mal nur in einem Teil des Gemeinde- waldes getrieben werden konnte.
Böblingen, 26. Okt. Wie verlautet, wird Herr Gerichtsnotar Mayer in Stuttgart als Landtagskandidai seitens der deutschen Partei für den hies. Bezirk aufgestellt. Der Genannte ist nicht nur eine sehr bedeutende politische Kapazität, namentlich in Fragen der inneren Land-sverwaltung, der freiwilligen Gerichtsbarkeit rc., sondern auch ein sehr gewandter Redner, der es versteht, zum Volke populär zu sprechen. Man hofft hier. Herrn Mayer mindestens in die Stichwahl zu bringen, wenn cs etwa nicht gelingen sollte, ihn schon bei der ersten Wahl durchzubringen. Ferner hofft man. daß der von konservativer Seite ausgestellte Kandidat. H-rc Schäfer, seine Kandidatur wieder zu Gunsten des Herrn Mayer zurückziehen werde.
Herbstnachrichten>. 24/25. Okt.
Preise für 3 Hektoliter.
Gemmrigheim. Preise gesunken aus 104 noch ziemlich Vorrat, viele Weine sind bereits eingekellert, zum Kauf aus dem Keller wird freundlich eingeladen. — Marbach a. N. Käufer sehr erwünscht, Verkauf stockt förmlich, noch schöne Partien feil. — Winzerhausen. Käufe zu 100 Vorrat noch 600 Hektol.. Käufer erwünscht. — Laudenbach a. T. Preis 85—110 Vorrat noch ca. 1000 Hektol.
Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 25. Oktober von dem Vorstand Fritz Kreglinger.s Am Schluß der letzten Woche hat sich die Tendenz für Weizen wesentlich befestigt Amerika sowohl wie Rußland stellen höhere Forderungen. Die Landmärkte sind gut befahren bei unveränderten Preisen.
Ausland.
Aus der Schweiz. 24. Okt. Dieser Tage ist bei den Wiederherstellungsarbeiten des Schlosses von Atting Hausen zur Freude aller Alteriumskreunde eine beträchtliche Anzahl gut erhaltener Waffen, Beile und Sperre gefunden worden. Dagegen sucht man immer noch vergeblich nach dem Stuhl, in welchem der alte Attinghausen in Schillers „Test" gestorben ist.
Aus Frankreich, 25. Okt. Ein entsetzliches Familiendrama hat sich vergangene Nacht zu Choisy le-Roi in der Familie des 55 jährigen Fabrikbeamten Guyot zugetragen. Die Eheleute besaßen fünf Kinder, von denen das jüngste acht Jahre alt war. Heute früh blieb die Wohnung auffallend lange verschlossen, so daß die Nachbarn sie endlich durch die Polizei öffnen ließen. Ein entsetzlicher Anblick! Man fand Mann, Frau und die fünf Kinder tot in ihren Betten. Der Tod war durch Kohlendunst erfolgt. Guyot soll diesen Selbst- und Massenmord begangen haben aus Furcht vor einer gerichtlichen Verfolgung, die ihm wegen schlechter Behandlung der Kinder drohte.
New-Iork, 25. Okt. Der Expreßzug von Buffalo nach New-Iork der New- Aorker Centrallinie stürzte gestern früh in den Hudson. Der Damm, der die Schienen trägt, ist wahrscheinlich vom Wasser unterspült gewesen und hat nachgegeben. Die Geleise sind dann mit der Maschine und sieben Wagen in den Fluß gerutscht. Die Zahl der gelöteten Personen wird auf 28 geschätzt. Einige Reisende wurden dadurch gerettet, daß man von Booten aus die Wagendecken einschlug und die Personen herauszog.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.