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bau bei Nacht nicht betreten, oder wenn er die unbeleuchtete Treppe benutzen wollte, die Bewohner, welche er so spät aufsuchen wollte, um Licht anrufen sollen.
Ulm, 3. Okt. Die Hasen- und Hühnerjagd im Bayerischen, wo schon seit 15. Sept. geschossen wird, läßt sich sehr günstig an. Drei Jäger erlegten dieser Tage in 2 Stunden elf Hasen und 6 Hühner. Auch im Württemberai- schcn wird seit 1 Oktober lebhaft geknallt. Bei Jungingen auf der Alb schoß ein Jäger in einer Stunde 5 Hasen.
Ludwigsburg, 3. Okt. Gestern nachmittag hat der Bauer Gustav Berner von Hard und Schönbühlhof. Gde. Schwieberdingen, seinen gleichfalls dort wohnenden Schwager Utz mit einem Revolver erschossen. Der Vorfall trug sich dadurch zu, daß Frau Utz, eine Schwester des Berner, mit ihrem Manne Streit bekam und da ihr Mann sie zu erstechen drohte, in die Wohnung ihres Bruders flüchtete. Utz, dem der Eintritt in die Wohnung Berners verwehrt wurde, drang gewaltsam ein und drohte den Anwesenden, die ihn aufforderten, sich zu entfernen, mit dem Messer. Da Utz auf Berner mit dem Messer eindrang, wurde er von diesem diesem niedergestreckt Der Thäter hat sich sofort bei dem hiesigen Amtsgericht gestellt.
Vom Schwarzwald, 26. Sept Der durch den kürzlich erfolgten Austritt der Firma Gebr. Junghansin Schramberg aus der Konvention der Amerikaner Uhrenfabrikanten hervorgerufene Preisrückgang wird in der „Handelszeitung für die Uhrenindustrie" auf eine Million Mark für die laufende Geschäfts' Periode berechnet.
Zur Beachtung für Rekruten. Die demnächst zur Ableistung ihrer Militärdienstpflicht einrückendcn Rekruten werden gut thun, ihre Quittungskarte über gezahlte Beiträge zur Alters- und Jpvaliditätsverstcherung, soweit sie solche besitzen, sorgfältig aufzubewahren, da dieselben nach der Entlassung bei Wiedereintritt in versicherungspflichtige Beschäftigung abzugeben sind. Die Militärdienstzeit wird den Versicherten so angerechnet, als hätten sie während dieser Zeit ihre Beiträge gezahlt.
Ausland.
In Frankreich scheint die Corruption bezüglich der Beamtenanstellung allzuweit ge- diehen zu sein, sonst würde nicht der Pariser „Figaro" eine förmliche Anklage dagegen erheben. Dieses Blatt schreibt, die öffentlichen Aemter seien zu einer Handelsware geworden. Mit ihnen bezahle man die dem einen oder dem andern Abgeordneten geleisteten Dienste. Deputierte und Senatoren üben einen förmlichen Druck auf die einzelnen Minister aus, damit ihre eigenen Wahlmacher auf die einträglichsten Beamtenposten gesetzt werden, und die verdientesten, tüchtigsten Beamten bekommen dann solche vor die Nase hingesetzt. Deswegen müssen auch die verdientesten Beamten sich auf das Kriechen bei Abgeordneten und Senatoren verlegen, um vorwärts zu kommen. Diese Erscheinung ist übrigens mit einer republikanischen Verfassung notwendig verbunden. Ein republikanisch regiertes Land hat eben gar zu viele Herrscher, die für sich, ihre Verwandten und Freunde etwas herauszuschlagen suchen, so lange sie selbst „an der Krippe" sich befinden. — Schwer enttäuscht sind die französische Aerzte, welche an dem internationalen Aerztekongreß in Moskau teilnahmen, aus Rußland zurückgekehrt. Sie hatten gehofft, mit ganz besonders stürmischen Freundschaftskundgebungen überschüttet zu werden und schon auf der Reise nach Moskau Dankesreden und Toaste einstudiert und nun nahm man auf sie gar keine besondere Rücksicht seitens der Bevölkerung und in dem Kongreß selbst mußten sie vor den 1600 deutschen Aerzten förmlich in den Hintergrund treten, nicht bloß wegen ihrer Minderzahl, (es waren 250 sranzös. Aerzte), sondern auch mit ihren wissenschaftlichen Vorträgen. Vielleicht kühlen diese beweglichen Klagen den Russen-Enthusiasmus auch bei der franzöi- Bevölkerung etwas ab.
Paris, 30. Sept. In dem Meuse-De-
partemcnt giebt es eine kleine Gemeinde, Som- medieul. die seit der Einführung des Concordats, also seit 95 Jahren. nur zwei Pfarrer gehabt hat. Der eine. Abbe Pafbuin. war Seelsorger von 1802 bis 1849 der andere Abbe Alexandre, von 1849 bis 1897. Jetzl. da dieser nn Jahr länger seinem Amte vorgestanden hak, als fein Vorgänger, nimmt er seine Entlassung. Die Gemeinde scheint nicht allein über ein außer ordentlich gut konservierendes Klima. sondern auch über tadellose Pfarrkinder zu verfügen, welche ihren Pfarrer niemals ärgern.
Aus R o t t e r d a m wird berichtet: Ein deutscher Uhrmacher. Namens Friedrich Müller, dessen Eltern in Berlin wohnen, hat in einem Anfall von Wahnsinn seiner Frau und seinem 11 Monate alten Kinde den Hals durchschnitten und sich dann selbst angezeigr. wobei er zum Beweis seiner Thal ein Ohr seiner Frau vor legte. Der Mann war vor einigen Monaten wegen Gastesstörung einqesperrt gewesen.
Newyork. 1. Okt. Bis gestern abend sind in den Verein Staaten 682 Fälle von gelbem Fieber vorgekommen, wovon 60 tödlich verliefen.
Vermischtes.
Von der badischen Tauber, 2. Okt. Nachfolgendes Stückchen giebt einen Beweis von der Unverfrorenheit und Frechheit mancher Stromer. Dieser Tage kam in ein Wirtshaus an der Tauber ein ziemlich verwahrlostes Subjekt, dessen Wiege wohl an der Spree gestanden haben dürfte. „Im Odenwald", meinte er, „ist's eijentlich doch nett, Herr Wirt, jönnen Sie mich einen Brannti jeden nach „echt Berliner An?" „Jawohl", war die Antwort. Er erhält den Brannti und „Hubdich" — verschwunden ist derselbe. „Bezahlen thu ich nischt und wenn, zehn um mich herum stehn! Mahlzeit." Spruchs s und verschwand.
(Unlauterer Wettbewerb.) Manche Laden- i inhaber bringen, um Ausländer anzulocken. an! ihren Schaufenstern oder Ladenthüren die In- schrist „vir pari6 krantzais" oder „Lnglisli spolrvn" an. obwohl weder sie noch einer ihrer Angestellten dieser Sprachen mächtig ist. Es heißt dann. daß die betreffende Person zufällig abwesend sei, und man sucht sich, so gut oder! schlecht es gehen mag. mit Fremden zu ver- ! ständigen. Oder man antwortet auf die Frage, l wer hier denn eigentlich französisch oder eng s lisch spreche, ebenso kühn als richtig „Die s Fremden". Die Sache hat aber ihren bösen Haken! Derartige Fälle haben, so schreibt die Rh. Wests. Ztg., neuerdings wiederholt zu Anzeigen geführt, die dann auf Grund des Z 1 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes („unrichtige Angaben über geschäft- liche Verhältnisse") zu gerichtlichen Verurteilungen geführt haben.
Metz, 1. Okt. lieber die Findigkeit der Post teilt der „Lorrain" folgendes mit: Vor einiger Zeit hatte ein Wurstler aus Trier bei einem zur Besatzung von Metz gehörigen Offizier ein graues Pony gekauft. Kürzlich wollte sich der Verkäufer nach dem Ergehen seines früheren Pferdchens erkundigen, halte aber den Namen von dessen neuem Besitzer vergessen. Er schrieb aber an ihn und gab seinem Briefe folgende Aufschrift: „An den Herrn Wurstler mit dem grauen Pony in Trier." Der Brief wurde dem Adressaten, den die Post mit Leichtigkeit ausfindig machte, unverzüglich ausgehändigr. — Zu demselben Kapitel schreibt die „Trierer Ztg.": Einem Reisenden aus Kehl wurde in einem Trierer Restaurant eine Karte mit folgender Adresse behändigt: „Herrn Chr. O., Reisenden, Trier. Ja allen Wirt- schäften bekannt, verkauft Heringe u. s. w." Das Signalement war ein so vorzügliches, daß die Post keinen Augenblick im Zweifel war, wo Herr O. zu finden war.
Ein irrsinniger Weichensteller. Auf dem verkehrsreichen brüsseler Südbahahofe, wo die Weichensteller eine achtstündige Arbeits
zeit haben, liefen am Samstag dreizehn erwartete Eisenbahnzüge nicht zur festgesetzten Zeit in die Bahnhofshalle ein; andererseits konnten mehrere Eisenbahnzüge den Bahnhof nicht verlassen, da das Zeichen, daß die Geleise frei seien, nicht gegeben wurde. Höhere Bahnhofsbeamte wurden zur Prüfung der Sachlage ausgesendet und stellten fest, daß es in der Kabine auf der Höhe von Nieuwmolen, 900 Meter von dem Bahnhofe entfernt, nicht mit richtigen Dingen zugehen könne. Der dortige Weichenwärter, der erst seit zwei Stunden seinen Dienst angetreten halte, hatte 111 Hebel der Welchen in Bewegung zu setzen. Die Beamten drangen in die Kammer des Weichenstellers ein und fanden ihn in einem sehr erregten Zustande. Wild gestikulierend hob und senkte er die Hebel — er war plötzlich irrsinnig geworden. Man schaffte ihn eiligst nach dem Bahnhöfe zur ärztlichen Behandlung. Nach und nach wurden die Züge in den Bahnhof eingelassen und die Verkehrsstörung, durch die zahlreiche Anschlüsse versäumt worden waren, wurde beseitigt.
Unseren Landwirten ist wiederholt geraten worden, die Felder statt mit Getreide, mit O b st- bäumen zu bepflanzen, weil diese einen unvergleichlich höhere, Ertrag liefern und die Nach, frage nach Obst in Deutschland noch lange nicht durch das Angebot gedeckt wird. Es ist bekannt, daß Deutschland jährlich etwa 30 Millionen Mark an das Ausland für Obst ausgiebt Diesem Rate ist entgegengehalten worden, daß die Transportkosten in Deutschland so hoch seien, daß von großen Vervrauchsmittelpunkten entfernter gelegene Ovstgüter ihr Obst nicht zu annehmbaren Preisen absetzen können. Wie verkehrt diese Antwort ist. zeigt am Vesten jetzt das amerikanische Obst, das trotzdem es unvergleichlich höhere Transportkosten zu tragen hat, als deutsches Obst, jetzt in Berlin in großen Massen auf den Markt gebracht wird und zwar zu einem so niedrigen Preise, daß es gern gekauft wird. Der Grund für den niedrigen Preis des amerikanischen Obstes trotz der hohen Transportkosten ist sehr einfach. Der Amerikaner baut Obst im großen an, er behandelt seine Odstbäumc sachgemäß und kann infolge der großen Produktion sich mit einem geringen Gewinn begnügen. Würden unsere deutschen Grundbesitzer dem amerikanischen Beispiele folgen, so könnten sie das Obst billiger als die Amerikaner liefern. Deutichland hat ein vorzügliches Odstklima und vorzügliche Obstsorten, die Arbeitslöhne sind nicht höher als in Amerika, eher niedriger. Ehe Deutschland, im besondern Norodeutichland, so viel Obst baut, wie es selbst braucht, müssen viele Tausende von Quadratkilometern mit Obstbäumen bepflanzt sein. In Böhmen giebt es bereits größere Obstgüter, auch am Rhein beginnt man damit und ist mit den Erträgen recht zufrieden.
(Jugendfreunde.) Herr (zum Besuch): „Na, Lieschen, kennst Du mich noch? Lieschen: Nein! Herr: Aber Kind, ich war doch Dein Taufzeuge!"
(Aus einem Roman.) Nachdem Alex um ihre Hand angehalten, holte sie erst tief Atem und dann ihren Vater.
Telegramm.
Paris. 3 Okc. Wie das Blatt de Journal meldet, ist ein Komplott entdeckt worden, das den Zweck hatte, den ehemaligen Kapitän Drey- fus entweichen zu lassen. Einer der Wächter des Dreyfus sei verhaftet worden.
Paris, 3. Okt. Infolge heftiger Regen- güsse sind die Gebirgsströme in den Departements Aude, Ariege, Haute Garonne u. Pyrenees stark gestiegen. Viele Ortschaften sind überschwemmt.
Luchon, 3. Okt. Durch die letzten Regen- güsse wurden die Gebirgsbäche in reißende Ströme verwandelt und 2 Ortschaften bis an die Giebel der Gebäude versandet. Die Ortschaften sind zerstört.
Mit einer Beilage
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.