604

die doch vorzugsweise den minder bemittelten Ständen angehören werden, auch Gelegenheit geboten werden, dortselbst zu äußerst mäßigem Preis Thee und Butterbrot zu erhalten, was gewiß vielen recht angenehm sein wird.

Ehingen, IS. Aug. Heute früh 6 Uhr reisten 5 Wiener Sportsmänner in ihrem Aluminiumboot von hier ab. Dieselben müssen infolge einer hohen Wette den 800 km langen Wasserweg nach Wien innerhalb 3 Tagen zurück- legen. Ihr Schiff ist vollständig auS Aluminium hergestellt, 8 m lang, 1,70 m breit und 1 m tief, hat ganz flachen Boden und ist überall gleich breit. An seinen Außenseiten, hauptsäch- lich am Boden ist es mit starken Schutzstreifen von Holz versehen, es kann durch Segel bei günstigem Winde fortbewegt werden, die Haupt­triebkraft liegt aber in den kräftigen Armen der Sportsleute, welche an einer abnehmbaren Axe zwei mäßig große Schaufelräder in Bewegung setzen. Das Schiff darf während der ganzen Fahrt nicht verlassen werden und ist demgemäß mit allem zum Lebensunterhalt Nötigen ver­sehen. Kontrollstationen sind Regensburg, Passau und Linz. Es sind besondere Erkenn­ungszeichen verabredet. Die Aufgabe, welche sich diese Herren gestellt haben ist selbst in dem Falle, daß alles glatt abgeht, immerhin noch eine ziemlich schwere.

Oehringen, 11. Aug. (Kleiderpracht und ihre Folgen!) Daß es gegenwärtig viele Dienstmägde giebt, die viel besser und weit über ihre Verhältnisse hinaus gekleidet sind, als wie eine ehrsame Bürgers-, Geschäfts- oder Beamten­frau, das ist eine allgemeine Klage. Wenn dann dieser Kleiderstaat auf ehrliche Weise erworben ist, so ist dieser Fehler immerhin noch zu ver- zeihen. Diese Ehrlichkeit läßt aber vielfach zu wünschen übrig und daß dem jo ist, beweist der Umstand, daß in ganz letzter Zeit im hiesigen Bezirk, rasch auf einander drei Dienstmägde wegen bedeutender Gelddiebstähle zum Nachteil ihrer Dienstherrschaft haben in Haft genommen werden müssen. Dieselben haben sich lediglich zu diesen Diebstählen Hinreißen lassen, um schöne Kleider zu haben und sehen ihrer Bestrafung entgegen.

Ausland.

Der italienische Major Nerazzini, welcher die Friedcnsverhandluugen mit dem Negus Menelck von Abessynien geleitet hat, brachte einen Friedensvertrag und zugleich den Entwurf eines Handelsvertrags zwischen Italien und Abessynien nach Hause, der für ersteres weit günstiger aussällt, als die Italiener je zu hoffen sich getraut hatten. Die erythräische Kolonie erhält verschiedene Landstriche, welche für die Italiener strategisch sehr wertvoll sind. Der Handelsvertrag, an den sich der Negus jetzt schon bindet, gestattet den Italienern freien Handel in ganz Abessynien, sowie die Errichtung von Konsulaten rc.

Verschiedene Blätter protestieren gegen die Gastfreundschaft, welche England den An­archisten aller Länder gewähre und sagen, der Tag werde kommen, wo England solche falsche Menschenfreundlichkeit bereuen werde.

Wie aus Mailand berichtet wird, wurden dort dreiAnarchistenverhaftet. Dem Vernehmen nach ist eine Bombe bei ihnen be­schlagnahmt worden. Die Verhaftungen scheinen darum von größerer Bedeutung zu sein, weil sie, wie man glaubt, mit dem Komplot Acciaritos in Zusammenhang stehen. Ferner wurden Waffen und Briefschaften beschlagnahmt, darunter mehrere von Caserio, Lcga, Acciarito und andern An­archisten.

Einem nordamerikanischen Blatte zufolge hat Staatssekretär Shermann erklärt, daß es an Gewißheit grenze, daß Spanien Kuba ver­lieren würde.Der Kampf hat Spanien schon 200 Mill. Doll, gekostet. Spanien hat kein Geld mehr. Borgen kann es auch nicht und nicht einmal seine Schulden bezahlen. Es bleibt Spanien nichts weiter übrig, als sich bankerott zu erklären.

Aerrnischtes.

(Hoch klingt das Lied!) 32 Menschen vor dem Ertrinken gerettet hat mit eigener andauern­der Lebensgefahr der Gerichtsadjunkt Dr. Maly in Trautenau. Mlt einem Seil umgürtet, welches von Feuerwehrleuten festgehalten wurde, stürzte er sich in die durch die Ueberschwemmung angeschwollenen und tobenden Fluten, zerteilte mit kräftigem Arm die Wogen, nicht achtend der eigenen Lebensgefahr. Bei einem Hause, das jeden Augenblick einzuftürzen drohte, lud er eine Person auf seinen Nacken, nahm auf jeden Arm ein Kind und erkämpfte sich so beladen den Rückweg. Mehr als zehn Mal maß der Brave seine Kräfte mit den Wogen bis sämtliche 32 Personen des gefährdeten Hauses geborgen waren. Als er zum letzten Mal mit seiner Bürde wieder festen Boden erreicht halte, stürzte das Haus mit lautem Krachen zusammen, während die Trümmer sofort in den Fluten verschwanden.

(Der Grund- und Bodenwert der Stadt New Jork) beträgt heute nach der Aufstellung des dortigen Grundstcueramtes etwa 1200 000 000 Dollar oder 5 000 000000 Mark nach unserem Gelbe, welchen Betrag bekanntlich die französsische Kriegsentschädigung von 1870/71 ausmachte. Einen Begriff von der Wertsteigcrung dieses Grund und Bodens kann man sich erst dann machen, wenn man bedenkt, daß nach einer Mitteilnng des Patent- und technischen Bureaus von Richard Lüders in Görlitz die Holländer im Jahre 1568 die 50 Quadratkilometer um­fassende Insel Manhattan, auf der die jetzige Stadt New-Iork steht, von den Indianern für folgende Tauschgegenstände, nämlich 10 Hemden, 30 Paar Strümpfe, 10 Gewehre, 30 Kugeln, 30 Pfund Pulver, 30 Beile, 30 Kessel und eine kupferne Bratpfanne im Werte von etwa 1000 Mark kauften.

(Wie legt man Salzgurken im Großen ein?) Nicht zu alte noch nicht gelb gewordene fehler­freie Gurken werden einige Stunden in kaltes Wasser gelegt, mit einer weichen Bürste ge­reinigt, in reinem Wasser abgespült, mit einem Tuche getrocknet und dann lagenweise mit Dill, Kirschblättern und Weinlaub in Fässer eingelegt. Neue Fässer müssen vorher mit heißem Wasser ausgebrüht und so lange mit Wasser ausgelaugt werden, bis dasselbe geschmack- und geruchfrei bleibt; bereits gebrauchte Fässer (etwa Wein- fässer) müssen vorher ausgebrüht und ausge­schwefelt werden. Ist das Faß dicht vollgepackt, dann setzt man den Boden ein, füllt dasselbe durch das Spundloch mit kaltem Salzwasser (auf 10 Liter 1 Kg. Salz) an und überläßt es mit offenem Spunde bei Zimmerwärme der Gährung, in dem man durch etwa erforderliches Nachgießen dafür sorgt, daß das Faß stets mit Salzwasser gefüllt ist. Nach vollendeter Gähr­ung, wenn das Salzwasser einen entsprechend säuern Geschmack angenommen hat. verspundet man das Faß und hebt es in kühlem Keller auf. Um Hohlwerden der Gurken zu verhüten, müssen dieselben bei dem Einlegen mit einer Gabel durchstochen werden. Die naturgrüne Farbe der Gurken mehr zu bewahren, kann man dem Salzwasser eine Kleinigkeit Alaun zusetzen. Etwa gewünschte Verschärfung der Säure kann durch Zusatz von Essig oder Weinstein bewirkt werden. Ohne solchen Zusatz werden die Salzgurken von den Meisten für feiner gehalten.

(Nicht befriedigt.) Papa läßt seinen kleinen Hans auf dem Knie reiten. Nachdem dieser das Vergnügen mit bekannter Ausdauer genossen, hält er plötzlich inne und blickt nachdenklich vor sich hin. Dann spricht er:Weißt du was, Papa?"Nun?"Ich möchte wohl mal auf einem wirklichen Esel reiten!"

(Sympathie.) Gattin:Du, Karl, ich möchte zweihundert Mark haben!" Gatte: Ja, die möchte ich auch haben!"

(Hindernis.) A.:Welche Zeit brauchen Sie, um mit dem Rade nach München zu gelangen?" B.:Das kommt darauf an, ob das Bier unterwegs frisch ist oder nicht!"

Charade.

1) Mein Erstes hört man öfters sagen Zu Leuten, welche Hüte tragen,

Mit Frack und Sporen angethan Heradsehen auf den Bürgersmann.

2) Doch wird auch im gemeinen Leben Der Titel jedermann gegeben,

Sei er ein Türke. Jude, Christ,

Wenn er nur kein.ist.

3) Fügst Du mein Zweites zu dem Ersten, So hast Du mehrere der Wesen,

Wie Dir mein Erstes eines nennt, Wenn man es von dem Zweiten trennt.

4) Mein Drittes nennet hohe Stellen,

Denen Flüsse oft entquellen,

Das Ganze aber eine Stadt Die 's Dritte bei sich stehen hat.

Telegramme.

Stuttgart, 15. Aug. Ihre Kaiserliche Hoheit, die Frau Herzogin Albrecht von Württemberg. Margaretha Sophia, Erzherzogin von Oesterreich, ist heute früh 1 Uhr in Gmunden von einem gesunden Töchterchen glücklich ent- Kunden worden. Die 3 älteren Kinder des herzoglichen Paares sind: Herzog Philipp Albrecht, geboren 14. Nov. 1893, Herzog Albrecht Eugen, geb. 8. Januar 1895 und Herzog Karl Alexander geb. 12. März 1896.

Berlin, 15. Aug. Der kaiserl. Botschafter v. Bülow hat heute die Leitung des aus­wärtigen Amtes übernommen.

Berlin, 15. Aug. Gestern abend 8'/» Uhr entgleiste zwischen Zelle und Eschede der Durchgangszug Nr. 73 von Cassel nach Hamburg. Vier Personen sollen sofort getötet, 20 schwer und eine größere Anzahl leicht ver­wundet worden sein. Eine amtliche Nachricht steht noch aus.

Wien, 15. Aug. Bei der Station Witt, mannsdorf in Niederösterreich stießen 2 Personen­züge zusammen. Drei Reisende wurden dabei schwer und 3 leicht verletzt. 6 Waggons sind zertrümmert.

Paris, 15. Aug. Das Säbelduell zwischen dem Grafen von Turin und dem Prinzen Henri von Orleans fand heute früh 5 Uhr im Boi de MarechauS bei Vaucrcffon statt. Es dauerte 26 Minuten. Fünf Gänge wurden geschlagen. Der Prinz von Orleans erhielt zwei schwere Wunden an der rechten Schulter und der rechten Bauchseite. Der Graf von Turin wurde an der rechten Hand ver­wundet. Der Prinz von Orleans wurde zum Palais des Herzogs von Chartres transportiert. Leontiew und Avogrado leiteten das Duell, das mit großer Erbitterung gejochten wurde. Nach­dem die beiden Aerzten erklärt hatten, daß der Prinz von Orleans kampfunfähig gemacht sei, wurde der Zweikampf beendigt. Während des Verbindens der Wunde hielt der Prinz von Orleans dem Grafen von Turin die Hand hin mit den Worten:Erlauben Sie, Monseigneur, daß ich Ihnen die Hand drücke" und der Graf von Turin reichte ihm die Hand. Der Arzt er­klärte, er könne sich nicht vor 23 Tagen über die Schwere der Verletzungen aussprechen.

Paris, 16. Aug. DemTemps" zufolge sei die Verwundung des Prinzen v. Orleans zwar ernst, habe jedoch keinen beunruhigenden Charakter. Der Prinz war nach Anlegung des ersten Verbandes imstande, ohne fremde Hilfe den Wagen zu besteigen. Der Graf von Turin hat Paris alsbald wieder verlassen und begab sich mit seinen Zeugen direkt nach Italien.

Barcelona, 16. Aug. Die Dampf­trambahn nach Sagrera wurde durch Niederlegen großer Steine auf die Schienen zum Entgleisen gebracht. Ein Mann wurde getötet, 2 verwundet.

Vergara, 16. Aug. Das Kriegsgericht verhandelte gestern Vormittag gegen Angiolillo. Das Urteil wird erst bekannt gegeben, nachdem es die Bestätigung des obersten Kriegsrats erhalten haben wird.

Washington, 15. Aug. Etan Hitschcock aus Missouri, ein bekannter Industrieller, ist zum Gesandten der Vereinigten Staaten in Ruß­land ernannt worden.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neue nbürg.