512

1761 M. 20 Pf., 1139 M. 60 Pf. und 828 Mark 80 Pf. (Fast unmöglich!)

Karlsruhe. 8. Juli. Dem Bürger­ausschuß wird in seiner nächsten Sitzung ein ^Antrag zur Verwilligung von etwa 120 000 ^ kknis Anlehensmitteln zugehen zurErbauung ^vonstädtischenArbeiterwohnhäusern in verschiedenen Stadtteilen. Ts ist dies ein Werk von bedeutender sozialer Tragweite Ferner soll der altehrwürdige Rathausturm für den Preis von 20 000 angekauft werden. Die Ehrwürdigkeit ist freilich etwas vermindert durch die langjährige Verwendung des Turmes für Untersuchungsgeiangene beiderlei Geschlechts von oft sehr zweideutigen Gewöhnungen. Hinsichtlich der Erhebung der Kirchensteuern ist jetzt die Einrichtung getroffen, daß den Pflichtigen für die allgemeine und für die ört­liche Kirchensteuer aus den verschiedenen Steuer­quellen nur ein einziger Sieuerforderungszettel zugestellt wird. Man erspart dadurch allerdings das formelle Aergernis eines wahren Karten­spiels von Steuerzetteln, aber der Inhalt ist natürlich in Summa der gleiche Als Kuriosum wird erzählt, daß ein israelitischer Verein sich neuerlich die juristische Persönlichkeit ver­leihen ließ und infolgedessen jetzt dieFreude" genießt, auch die Kirchensteuern für die beiden christlichen Bekenntnisse erlegen zu dürfen.

Württemberg.

Kurz vor Schluß der Tagung ist dem Landtag auch noch ein Gesetzentwurf über die Verfassungsänderung betr. die Zu­sammensetzung der ersten und zweiten Kammer zugegangen. Aus der zweiten Kammer sollen bekanntlich die Privilegierten entfernt werden und an deren Stelle Abgeordnete treten, welche durch Proportionalwahlen in die Kammer ge­langen. Außerdem soll die Stadt Stuttgart weiter 2 Abgeordnete wählen dürfen und die übrigen 6 guten Städte wie bisher 1 Abgeord- neten. Die erste Kammer soll, wie bereits den Lesern bekannt, nicht nur durch Vertreter der beiden christlichen Kirchen, sondern auch durch Erwählte des ritterschastlichen Adels verstärkt werden, ebenso durch eine größere Anzahl von Mitgliedern, welche der König auf Lebensdauer ernennen darf. Dabei soll die Kammer der Standesherrn auch größere Rechte bei der Etats- beratung bekommen. Bisher konnte sie nur den Etat im ganzen annchmen oder ablehnen, künftig aber soll sie auch über einzelne Etatspositionen selbständig beschließen können. Wenn über dies­bezügliche abweichende Beschlüsse die Kammer der Abgeordneten mit ^/r Mehrheit an ihrem Beschlüsse sesthält, so wird der Widerspruch der ersten Kammer hinfällig, findet sich aber eine solche ^/s Mehrheit in der zweiten Kammer nicht, so muß über die streitige Etatsposttion der vereinigte Landtag, also erste und zweite Kammer zusammen abstimmen. In dem Regicrungs- entwurf steht kein Wort über die Diäten der Abgeordneten, ebensowenig eine Bestimmung, welche etwa das Berufs-Parlamentariertum be- schränken würde. Es scheint also in diesen Punkten alles beim alten bleiben zu sollen. Noch weniger scheint man dem Gedanken eines Jncompatibilitäts- gesetzes nahe treten zu wollen. In verschiedenen Ländern besteht ein solches und bestimmt, welche Eigenschaften ein Abgeordneter haben und nament­lich nicht haben soll. Sogar in der englischen Verfassung besteht eine Bestimmung, daß der­jenige nicht Abgeordnete sein kann, welcher mit der Regierung Geschäfte macht. In andern Staaten dürfen Leute nicht zum Abgeordneten gewählt werden, welche wegen Majestätsbeleidig­ung bestraft sind, nicht ein gewisses Mindestmaß von Kenntnissen besitzen u. s. w.

Sendungen von Liebesgaben jeder Art für die Hagelbeschädigten in ver­schiedenen Bezirken des Unterlandes, welche unter der Adresse einer Staats- oder Gemeindebehörde, eines Bezirks- oder Gemeindehilfskomites oder sonst noch zu errichtender öffentlicher Sammel­stellen mit dem Vermerk auf dem Frachtbriefe Freiwillige Gaben für die Hagelbeschädigten" zur Rückbeförderung aufgeliefert werden, werden bis zum 31. Dezember 1897 auf den württ. Staatseisenbahnen frachtfrei befördert, wenn die

Auflieferung als gewöhnliches Frachtgut ohne Versicherung des Interesses an der rechtzeitigen Lieferung und ohne Nachnahmebelastung erfolgt. Ferner wird bis zum 31. Oktober 1897 unter denselben Bedingungen auf Sendungen von Dachziegeln nach den vom Hagelschlag betroffenen Orten bei Vorlage der Originalfrachtbriefe und einer Bescheinigung des Oberamts oder eines Bezirks- oder Gemeindehilfskomites darüber, daß der Inhalt der Sendungen ausschließlich zur Deckung von durch Hagelschlag beschädigten Gebäuden Verwendungen findet, im Wege der Rückvergütung ein Nachlaß von 30°/» an den tarifmäßigen Frachten gewährt.

Hölzern, OA. Weinsberg, 9. Juli. Der Schaden durch den Hagclschlag an unfern Ge­bäuden, Feldern und Weinbergen ist jeden Tag mehr sichtbar, aber noch nicht ganz zu übersehen. Besonders groß ist der Schaden an und in den Gebäuden, da die Dächer wegen Mangels an Material noch unbedeckt sind. Der Gesamtschaden berechnet sich bei 276 Einwohnern auf ca. 259400 ^

Ulm. 9. Juli. Für die Hagelbeschädigtcn des württb. Unterlandes wurden heute von den bürgcrl. Kollegien aus den Mitteln einer Stiftung 1000 bewilligt. Die heutige Plenarversamm­lung des landwirtschaftlichen Bezirksvereins be­schloß einstimmig, den für den 7. Juli geplanten Mitgliederausflug nach Hohenheim nicht auszu- führen und statt dessen aus der Bereinskasse die Summe von 500 für die Hagelbeschädigten zu g-ben.

Flein, 7. Juli. Der Sängerverein von Heilbronn und Umgebung hatte beabsichtigt, zur Ehrung des hies. Gesangvereins Eintracht, der am I I. Juli die Feier seines 25jährigen Bestehens zu begehen dachte, an dem genannten Tage hier ein Bezirkssängerfest abzuhallen. Nun kann es aber der Verein Eintracht nicht über sich gewinnen in einer Zeit, da so viele unserer Nachbargemeinden geschädigt, ja durch die Gewitterstürme um alles gebracht worden sind, ein Jubelfest zu feiern. Der Ausschuß des Bezirkssängerbundes hat das geplante Sängerfest nunmehr auf später verschoben.

Rottweil, 9. Juli. In einer alten Scheuer in der Hochturmstraße, welche früher zur Paradieswirtschaft gehörte, nun aber an einen Schreiner verkauft ist, der dieselbe gegenwärtig zur Wohnung umbaut, fand man gestern früh beim Herausnehmen einer an das Nachbargebäude unmittelbar anstoßenden Riegelwand die ver­trocknete Leiche eines Kindes cingemauert. Das Kind ist mit eingeschlagenem Schädel dorthin verbracht worden und ist nach der Aussage eines Arztes nur einige Wochen alt geworden und etwa 5 Jahren eingemauert. Bei dieser ver­hältnismäßig kurzen Zeit dürfte es dem Gerichte, welches bereits Untersuchung cingeleitet hat, wohl nicht so sehr schwer fallen, den Thäter oder die Thäterin ausfindig machen.

Tuttlingen, 9. Juli. In Weilheim ist eine neue Wasserleitung erstellt worden und es wird dieselbe im Laufe dieser Woche zu Ende geführt. Bei dem Unternehmen waren manche Schwierigkeiten zu überwinden; selbst die Grab­arbeiten ergaben solche, da die Arbeiter teilweise im Wasser arbeiten mußten. Die neue Wasser­leitung kommt auf etwa 45 000 zu stehen. Die hiesige Gemeinde zählt ca. 100 Bürger, die sich mit Ausnahme eines einzigen die Hausleit­leitung einrichten ließen.

Ausland.

Nach Mitteilungen aus Wien hat sich bereits eine internationale Finanzgruppe zusam­mengefunden, welche bereit ist, Griechenland die zur Zahlung der Kriegsentschädigung notwendige Summe zu verschaffen. Eine Garantie der Mächte wird vorausgesetzt, aber trotzdem sind die Bedingungen sehr schwer. In griechischen Regierungskreisen macht man sich allmählich mit dem Gedanken an die Einführung einer euro­päischen Kontrolle vertraut. Der Minister des Aeußern ersuchte die Vertreter der Großmächte dringlich, wenigstens die Unterzeichnung eines provisorischen Arrangements mit der Pforte zu beschleunigen, damit Griechenland seine Armee auflösen könnte.

Pest, 9. Juli. Die Berliner Morgen-- blätter melden von hier: Der flüchtige Ober­postassistent Vogel, welcher in Pirna 51000 Mark unterschlug, wurde hier verhaftet. Die ganze Summe wurde bis auf 126 bei ihm vorgefunden.

In dem galizischen Städtchen Dorna kam es zu einem Exzeß gegen die Juden. In­folge eines Wortwechsess mit einem jüdischen Schankwirt überfielen Soldaten des dortigen Regiments die jüdischen Häuser und die Syna­goge; in dem sich entspinnenden Kampfe wurde ein Jude getötet und zahlreiche verletzt.

Rußland will einen Kanal von 600 m Länge bei genügender Breite und ebenso ge­nügendem Tiefgange für die größten Schiffe er- bauen, welcher die Ostsee mit dem Schwarzen Meere verbinden und eine ganze Reihe von Flußläufern dazu benützm soll. Sechshundert Millionen soll der Kanal kosten und da das Terrain überall eben ist, schon bis zum Jahre 1902 fertig werden.

Kaum sind die glanzvollen Londoner Jubiläumsfesttage wieder vorübergerauscht, so zeigen sich für England bereits wieder aller­hand politische Sorgen. Am meisten beunruhigt augenblicklich jenseits des Kanals die Lage in Indien, die Bolksemeuten, welche in jüngster ' Zeit an verschiedenen Punkten Ostindiens statt­gefunden haben, deuten darauf hin, daß unter den Mohamedanern wie Hindus dieser wichtigsten englischen Kolonie wieder einmal eine bedenkliche Gährung herrscht. Auch in der Hauptstadt Kalkutta selbst macht sich dieselbe bemerklich.

Aus Bombay wird gemeldet, daß sich zu aller sonstigen Not jetzt auch noch die Heu­schrecken im nördlichen Indien in Masse zeigen. Stärkere Truppenabteilungen wurden zur Aus­rottung der gefährlichen Insekten entsandt, doch immer neue Schwärme kommen über die Grenze.

In Indien ist die Lage fortdauernd un­ruhig. Von Kalkutta sind 8000 Arbeiter zur Verstärkung der Aufrührer abgegangen. U eberall gährt es und werden hinterlistige Ueberfälle auf die englischen Beamten und Offiziere gemacht. Wiederholt haben blutige Scharmützel stattge­funden.

Noch monatelangen Verhandlungen hat endlich auch der nordamerikanifche Senat seine Entscheidung in Sachen der vom Präsi­denten Mac Kinley dem Kongresse vorgelegten neuen Zolltarif-Bill getroffen. Am Mittwoch wurde letztere vom Senat mit 38 gegen 28 Stimmen unter Ablehnung aller Abänder­ungsanträge angenommen, so daß nur noch die gemeinsame Schlußabstimmung der beiden Häuser des Kongresses über die Bill aussteht. Selbst­verständlich wird letztere hiebei endgiltige An­nahme finden, so daß nunmehr die Frage ernst­lich an Europa herantrilt, wie es sich zu dem neuen amerikanischen Zollgesetz und seinen teil­weise ganz bedeutenden Zollerhöhungen stellen will.

7000 amerikanische Fahrräder sind von New Jork aus mit dem Schnelldampfer Trave" in Bremerhaven eingetroffen und gelangen jetzt zum Versandt an die deutschen Fährradhändler.

Vermischtes.

Aufseher:. . Hier sehen Sie das Wamms, welches Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen trug. Durch dieses Loch drang die feindliche Kugel, welche seinem Leben ein Ziel setzte!" Bonne:Seh't, Kinder, was ich immer sag': Nur keine Schlamperei. Wäre das Wamms rechtzeitig geflickt worden, sojhätte die Kugel nicht durch das Loch eindringen können!"

sHeutzutage.j Er (zur Frau, die am Schreibtisch sitzt):Was sehe ich,ZHochwohl- geboren Frau Susanne Müller ^Sehr ver­ehrte Frau! wer ist es, an den Du^da schreibst?" Sie:An meine Waschfrau,I weißt Du, sonst bekomme ich sieInicht!" ZL

Mit einer Beilage.

Reaktion, »m« wrd »«lag oo« «. Me», kr ««»»»bürg.