Aus Stadl, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg. (Corr.) In einer seiner letzten Nummern bringt dasPforzheimer Tagblalt" folgende Korrespondenz:

-t2. Neuenbürg-Waldrennach. DerAngel­stein" im Staatswald Seekops (soll wohl Säg kops heißen. Die Red.) in unserer Nähe wird von Spazier­gängern gern besucht. Die Inschrift, welche wir vor einiger Zeit erwähnten, scheint aber dem Förster von Langenbrand nicht zu passen, denn er hat, wie ver­mutet, dem Stifter des Gedenksteins den Auftrag gegeben, die Inschrift wieder zu beseitigen. Es klingt säst unglaublich, daß ein derartiges Verlangen gestellt worden ist. Wir wollen daher abwarten, ob wirklich die Inschrift wieder wegkommt. Sobald dies geschieht, werden wir auf die Angelegenheit zurück­kommen.

Wir sind in der Lage über diese Thatsache, die richtig ist, näheres Mitteilen zu können. Der Förster" in Langenbrand hatte auf Nachsuchen die Erlaubnis zur Anbringung der Inschrift an einem jener bekannten Felsen im Saatswald Säg­kopf unter gewissen Bedingungen erteilt, die hätten verhüten sollen, daß bei der Sache eine Geschmacklosigkeit mit unterlaufe oder daß der Felsen dem Besucher Unrichtiges verkünde. Der Stifter, Herr D. E. G. Schilling hat aber weder die vorgcschricbenen Bedingungen, noch den Rat des belr. Forstbeamten beachtet. Anstatt daß die Inschrift in richtigem Lapidarstil unmittelbar in den Felsen gehauen wurde, was doch wohl am ansprechendsten wäre, befindet sie sich aus einer Platte, ebenfalls aus Sandstein, die in den Felsen eingelassen und reichlich mit Cemcnt verschmiert ist. Die Inschrift selbst aber lautet genau wieder- gegeben:

Hier ist Zoboren Oottkriod Lurftbardt d. I. stau. 1796.

Zur Zeit da, die Hute vor den k'rg.ULÖsisebeQ LrieAoru Zoüollon sind. ModlleriZor LüAwüUor im Krüssoltiiul. v. L. 0. LckiUinA.

Wie man sieht, ist die Inschrift auch ihrem Wortlaut nach mangelhaft, wenigstens schwer­fällig und unklar und Härte man für einen so vielbesuchten Ort in der Nähe der Oberamtsstadt Besseres erwarten können. In vorsorglicher Weise hatte derFörster" dem Herrn D. E. G. Schilling einen Entwurf niedergeschrieden, dieser ist aber in der Inschrift nur in ganz verstümmelter und verdrehter Weise wiedergegeben. Auch war in diesem Entwurf der Name des Stifters weg­gelassen, der, wie jedermann zugeben wird, hier auch höchst übciflüssig ist.

Im Sinne dcSFörsters" war in erster Linie gelegen, daß die Erinnerung an schwere Kriegszeit das Wesentlichere der Inschrift sein sollte, weil auch nur dies allein einiges allgemeines Fnieresse beanspruchen kann. Dies hat nun aller­dings auch Herr D. E. G. Schilling beachtet. Solches gehört aber doch sorgfältig geprüft, bevor man es zum dauernden Gedächtnis einem Felsen anvertraut. Wie sieht es nun aber hier mit dem geschichtlichen Thalbestand aus? Um den I. Januar 1796 weit und breit keine Spur von dem Erbfeind! Die Oberamtsbeschreibung weiß S. 94 nur zu berichten, daß seit 1692 erstmals wieder Franzosen im Juli 1796 in die Nähe, bezw. nach Neuenbürg gekommen sind. Es könnte daher um den 1. Januar 1796 sich nur um eine Flucht vor vermeintlichen Franzosen gehandelt haben, also ein wenig rühmliches Ereignis, ähn­lich etwa wie später jener bekannte Franzosen- Freitag im Jahre 1848! Wie sehr allerdings die Leute auch 1796 das Davonlaufen ver­standen haben, kann der geneigte Leser aus dem vortrefflichen AufsatzeVor 100 Jahren" von A. Braun, auf S. 488 und 492 desEnz- thalers", von 1896 Nachsehen.

Wir können daher es getrost dem Pforz- hnmer Tagblatt bezw. seinem Neuenbürger ^-Korrespondenten überlassen, für einen solchen Schwabenstreich, wie mit der Inschrift am Angel- stein, noch weitere Lanzen zu brechen.

Enzklösterle, 1. Juli. Der neue steinern Ausslchtslurm.auf dem Hohloh (990 m), de genau auf die Stelle des alten hölzernen erbau ""rd, ist bereits bis zu der Höhe von 7 in auf

geführt. Auf quadratischem Unterbau, an den l Ecken gestützt von 4 Strebepfeilern und mit einem ' kräftigen Gesims im Achteck abschließend, wird sich der Turm als schlanker Rundbau bis zur Gesamthöhe von 22 5 m erheben, die auf einer Wendeltreppe von 122 Stufen erstiegen wird. Den Eingang des Turmes krönt ein gewaltiger Sandsteinblock, der bestimmt ist, den Reichsadler in Bddhauerarbeit aufzunehmen, entsprechend dem löblichen Vorhaben der Erbauer, den im Jubi läumsjahr errichteten Turm dem Andenken Kaiser Wilhelms I. zu weihen. Rechts und links vom Eingang werden die Landeswappen von Baden und Württemberg angebracht, und das schwerlich blos mit Rücksicht auf die materielle Beihilfe, die der württ. Schwarzwaldoerein zu den Kosten des vom bab. Verein aufgeführten Baues zage sagt hat, sondern zugleich weil der Turm, U- Stunde von der Landesgrenze entfernt, auf dem Gebirgsrücken zwischen Murg, und Enzgebiet sich erhebt, der hier beide Länder scheidet, und jo den entzückenden Ausblick auf das badische Murg« thal, die Landschaft von Baden-Baden, das Rheinthal, die Vogesen und die Hardt verbindet, mit einer umfassenden Fernsicht auf die schwäb. Alb und die Hochflächen des vorderen würtlb. Schwarzwalds. Ob unter günstigen Luft- Verhältnissen die Alpen sichtbar werden, hängt davon ad. ob man über den unmittelbar am Turm sich erhebenden Hochwald des Hohloh in südlicher Richtung hinwegsieht oder nicht; an sich in die Alpenfernsicht vom Hohloh auS vorigen H-rdst sicher fcstgestcllt worden (wie auch in Simmersseld). Anfang September hofft man mit dem Turm fertig zu sein; die Arbeiten wer­den beschleunigt durch den Umstand, daß nur wenige 100 Meter vom Turm entfernt, hart am Rande des Hohlohmoors und der Legsorchen, ein vorzüglicher Baustein gefunden wurde. Wer künftig den Hohloh besucht (von dem aus ein sehr genußreicher Abstieg ins Murgthal über den Lalschigfelsen nach Gausbach-Forbach viel de- nützt wird), dem sei als bester Führer die neue Karte des bad SchwarzwaldvereinS, 1:50000, Blatt II Baden-Achern empfohlen, die in vor­züglicher Aus-ührung den Norden des Schwarz­walds darstellt vom Ruhestein bis Oos-Herren- alb und der Länge nach von Renchen bis Dobel« Enzklösterle.

Calw, 7. Juli. Die Pflücke der Heidel­beeren hat nun begonnen, leider läßt die Quan­tität der Ernte zu wünschen übrig. Die während der Blütezeit eingetretene kalte Witterung hat der Pflanze sehr geschadet. Der Preis ist noch nicht genau festgesetzt, jedoch dürste derselbe etwas höher als voriges Jahr sein, da die Heidelbeeren ein sehr gesuchter Artikel zu Heidel- beergeist und' Heidelbeerwein werden. Bon Händlern werden schon jetzt große Quantitäten aufgekauft.

Nagold, 9. Juli. Die Kuranstalt Waldeck ist dem ersten Käufer Gras nicht geblieben, sondern wurde heute zum 2. und letzten Male an R. Fröhlich von hier und einen Herrn Körner aus Stuttgart um 36050 Mk. verkauft. R. Fröhlich hat das Anwesen feiner Zeit gegründet; es bleibt nun zu erwarten, ob es endlich zur Blüte kommt.

Pforzheim, 7. Juli. Vom Montag bis heute war hier der Berbandstag der unter­badischen Kreditgenossenschaften versammelt. Der Verband zählt 43 Vereine mit 34 898 Mit­gliedern. Die Mitgliederzahl hat gegenüber dem Vorjahr um 577 zugenommen, aber der Ge­samtumsatz ist von 130 Millionen auf 127 zurückgegangen. Der Verband erzielt im Be­richtsjahr den ansehnlichen Reingewinn von 718 713 ^ Beschlossen wurde u. a., auch außerbadischen Vereinen künftighin den Anschluß zu gewähren. Die Frage, ob der durch das jüngste Unwetter heimgesuchte Bezirk Eppingen durch den Verband unterstützt werden soll, wurde den einzelnen Vereinen zur alsbaldigen Beantwortung anheimgegeben. Ebenso soll sich jeder Verein dahin aussprechen, ob auch die verhagelten württ. Gemeinden Gaben erhalten sollen. Einer der Redner stellte den Antrag, daß die Mildthätigkeit nicht an der Landesgrenze Halt zu machen habe, sondern diesmal auf die Heilbronner Gegend auszudehnen sei. Die!

l Württemberger hätten auch alle Zeit eine offene Hand für die Notleidenden anderer Staaten. Der Antrag fand mehrfache Befürwortung. Be­anstandet wurde in der Versammlung das Streben mancher Genossenschaften nach möglichst hohe Dividenden. Solche zu erzielen, sei nicht Zweck, sondern die Beschaffung eines billigen Kredits. Man solle daher auf eine Herabsetzung des Zinsfußes und auf Einführung längerer Darlehensfristen bedacht sein.

Pforzheim, 9. Juli. Die beiden ge­lungenen Figuren am Eingänge zum Ratskeller, an welchen so mancher Besucher desselben seine Freude hatte, sind wiederholt durch Stockfchläge beschädigt, aber auch wieder ausgebessert worden. In letzter Zeit aber wurden sie derartig attakkiert,, daß sich der Stadtrar gezwungen sah, sie einfach übertünchen zu lassen. Traurig aber wahr!

Neuenbürg, 10. Juli. Auf den heutigen Schweinemarkt waren 45 St. Milchschweine zugeführt, welche zum Preise von 2529 ^ verkauft wurden. Verkauf lebhaft.

Deutsches Aeich.

Unser Kaiser weilt nunmehr wiederum an denGestadenSkandinaviens, um für die nächsten Wochen Ruhe und Erholung in der großartigen Gedirgsnatur des westlichen Norwegens Den bekannt geworbenen Reise- disposiiionev des Kaisers zufolge wird derselbe am 30 Juli von Bergen aus dre Heimfahrt nach Deutschland untreren.

Berlin. (Getreidemarkt-Bericht.) In­folge der vorzüglich verlaufenen Reifezeit des Roggens und der unter günstigen Bedingungen sich vollziehenden Weizenblüte gestalten sich die Aussichten für Brotfrüchte glänzend, das Angebot inländischer Waren bleibt reichlich und befriedigt den Bedarf, der nur mäßige Ansprüche stellt. Da die einheimischen Qualitäten, wie gewöhnlich, unter dem Einfluß der warmen Witterung leiden, so sind die Preise dafür etwas gewichen, während man für gute ausländische Mischware bessere Preise anlegte. Der Verkehr war in Mittel­und Ostdeutschland recht schwach und unbedeutend, während im Süden und Westen regere Umsätze stattfanden.

Mn Hilfe von über 400 Vertrauensmännern, die in allen Teilen Deutschlands angesessen sind, veröffentlicht der praktische Ratgeber im Obst­und Gartenbau wie >n jedem Jahre so auch diesmal Obsternte-Aussichten. Dar­nach wird die Apfelernte leider wiedermittel bis gering", besser die Bicnenernle, miltU bis gering lohnen die Pflaumen, besser die Kirschen, eine mittlere Ernte lassen Pfirsiche und Aprikosen erwarten, dagegen wird die Ernte gut in Stachel­beeren, Johannisbeeren und Himbeeren, sehr gut ist die Elddeerernte, gut die der Brombeeren und Heidelbeeren und mittel die der Wallnüsse und Haselnüsse. Wer sich für die Sonderdcr,chte aus den einzelnen Provinzen interessiert, die be­sonders auch für den Osthandel wichtig sind, lasse sich die neueste Nummer des praktischen Ratgebers von dem Geschäfrsamt in Frankfurt a. O. kommen, sie wird gern unentgeltlich zu- geschickt.

Leipzig, 7. Juli. In unserem nicht menschenarmen Zeitalter dermillionste" zu sein, kann gelegentlich doch noch einmal etwas ein­tragen. Diese Erfahrung machte heute der Ahnungslose, der, mit dieser Nummerierung be­haftet, der sächsisch-thüringischen Landesgewerbe­ausstellung einen Besuch abstatten wollte. Er wurde von der Austellungspolizei freundschaftlich festgehalten und erhielt zum Andenken an diese glückliche Stunde eine goldene Uhr. Sein Vorder­mann und Nachmann kamen init je einer silbernen Uhr davon.

S u b m is s i o n s un w e s e n. Welche Preisunterbietung bei Submissionen mitunter zu Tage tritt, zeigt ein Submissionstermin, welcher vor einigen Tagen bei der Königlichen Eisen­bahn-Betriebsinspektion II in Licgnitz abge­halten wurde. Ausgeschrieben war die Pflaster­ung einer chauffierten Fläche von 2072 Quadrat­meter auf dem Bahnhof Gräben bei Slriegau» Die höchste Gesamtforderung betrug 2486 M. 40 Pf. und die niedrigste Forderung 621 M.

! 60 Pf. Die anderen Forderungen betrugen