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schaffen aber für die Beschützung der Kulturgüter, nicht für eine Regierung, die gegen uns ist!" Man sieht, welchen Humbug die sozialdemokratische Reichstagssraktion treibt, wenn sie Bewilligungen für militärische Zwecke aus Sparsamkeitsgründen" bekämpft und wenn sie behauptet, in ihremZukunflsstaate" werde ein ewiger Friede walten. Wozu braucht man dann Kanonen? Wir freilich sind der Ansicht, daß die Regierung des sozialistischenZukunftsst»ates" viele Kanonen brauchen würde, nur um sich selbst zu schützen. von den übrigenKultur- gütern" nicht zu reden. Billiger dürften sie dann auch nicht herzustellen sein. Im Vergleich zu den Kanonen des Gegenwartsstaates aber wäre ihnen die weitere unangenehme Eigenschaft zuzulrauen. daß sie alle Augenblicke, bald da, bald dort losgehen müßten.

Bei den diesjährigen Kaisermanövern wird dem Vernehmen nach die Führung der aus den beiden bayerischen Armeekorps gebildeten Armee dem General-Obersten der Kavallerie Prinzen Leopold von Bayern, Generalinspekteur der vierten Armee-Inspektion, der die bayerischen Corps zugeieilt sind, übertragen werden, während die aus dem 8. und 11. preußischen Armeekorps bestehende Armee der General der Kavallerie Graf v. Haescler, kommandierender General des 16. Armeekorps, führen wird.

Straubing, 11. Juni. Heute Vor­mittag 7 Uhr wurde der Vatermörder Abele. sowieseinMitschuldigerGirnghuber hingerichtet.

Die kräftige Natur des Pfarrers Kneipp in Wörishofen wehrt sich noch immer gegen die Auflösung, aber eine Wieder-Gejundung ist aus­geschlossen. Die Lungen-Entzündung hat Kneipp überstanden, das Haupiübel ist noch ein Ge- schwulst im Unterleive, welche wegen des hohen Alters des Patienten durch eine Operation nicht beseitigt werden kann. Diese Geschwulst nimmt langsam, aber doch unaufhaltsam zu. Das Ende kann ebensowohl bald kommen, als es noch längere Zeit ausstehen kann.

Württemberg.

S t u t t g a r l, 12. Juni. In der heutigen Landtagssitzung wurden die Zentrumsanträge zu Art. 7 des Einkommensteuergesetzes, betr. die Steuerfreiheit aus Kapital- und Rentenein­kommen von in öffenll. Verwaltung stehenden Unterrichtsanstallen und den zugehörigen Rich- ungen, sowie der Wohlthätigkeitsanstalten und -Vereine nach langer Debatte mit 44 gegen 37, bezw. 45 gegen 39 Stimmen abgelehnt. Abgelehnt wird auch die Steuerfreiheit der Zentralleitung des Wohlthätigkeitsvereins

Die württb. Abgeordnetenkammer hat sich neulich mit der Frage beschäftigt, ob in Württemberg die rote Fahne entfaltet werden dürfe. Den Anlaß gab eine Beschwerde der Gewerkschaften Stuttgarts, die während eines Tabakardeiterkongresses ein Gasthaus auf diese Weise beflaggt hatten, aber von der Polizei ge­nötigt waren, die rote Fahne zu entfernen. Be­merkenswert war die Erklärung des Abgeordneten Gröber, der auch als Mitglied des Zentrums im Reichstage sitzt. Er erklärte,die rote Fahne sei das Zeichen der Revolution, des gewaltsamen Umsturzes. Daß die Entfaltung derselben in einem geordneten Staate nicht geduldet werden könne, halte er für selbstverständlich. Der Staat, der sich das bieten ließe, hätte eigentlich abge­wirtschaftet, er würde zugcstehen. daß er nicht mehr Herr im eigenen Hause sei!" Der Minister des Innern, v. Pischek, erklärte es mit Recht für die Pflicht der Regierung, allen auf den gewaltsamen Umsturz gerichteten Bestrebungen cntgegenzutreten, und zwar auch den vorbe- reitenden und befördernden Handlungen, die den Zweck haben, die Umsturzagilation zu stärken. Die role Fahne sei das anerkannte Symbol der internationalen Revolution, und der Staat dürfe eine solche Verhöhnung nicht dulden, wenn er noch das nötige Maß von Selbstachtung habe. Selbst in der Republik Frankreich sei das Ent­falten der roten Fahne durch besonderes Gesetz verboten. So lange er Minister des Innern sei, werde das Aushängen der roten Fahne nicht gestattet werden. Dagegen erkannte der Minister die Konsequenzen, die der Abgeordnete Haußmann ihm entgegenhielt, nicht als notwendig an.

Gegen das Anstccken von roten Nelken und Kravatten werde die Polizei nicht einschreiten, die Regierung gestatte vielmehr Jedermann, sich damit lächerlich zu machen. Ebensowenig gehe die weitere Konsequenz dahin, daß die Regierung nun auch gegen die Presse, die Versammlungen und Vereine der Sozialdemokratie einschreite, «schließlich wurde mit 48 gegen 28 ,Stimmen das Verfahren der Behörden als berechtigt an­erkannt und die Petition der Sozialdemokraten abgewiesen.

Stuttgart, 10. Juni. Mit seltener Hart- näckigkeit erhält sich in der ganzen Stadt das Gerücht, daß bei Sichtung des Nachlasses des f Geh. Kommerzienrats v. Knosp sich ergeben habe, es seien nur 40 Mill. versteuert worden, während sich das Gesamlvermögen auf 80 Mill. beziffere. Nach Information desSchw. B " ist bereits eine beträchtliche Nachfatierung beim K. Hauptsteueramt erfolgt.

Stuttgart, 10. Juni. Die Eisenbahn­verwaltung beabsichtigt auch Heuer in den Monaten Juli und August Sonderzüge mit ermäßigten Fahrpreisen (einfacher Fahrpreis zur Hin- und Rückfahrt) ausznführen und zwar von Stutt gart nach: Freudenstadt am 18. Juli, Berlin am 23. Juli abends, Friedrichshafen in der Nacht vom 24 /25. Juli und 21./22. August, Urach am 1. August, Honau am 8. August, Wildbad am 15. August.

Lebensversicherungs- und Er­sparnis-Bank in Stuttgart. Soeben kommt der 42. Rechenschaftsbericht der Bank für 1896 zur Ausgabe. Er weist ein aus gezeichnetes finanzielles Ergebnis aus. Der Jahresüberschuß ist mit 5,300.267 Mk. der höchste seit Bestehen der Bank, 773,626 Mk. oder 170/0 mehr als 1895. Dieses hervorragende Ergebnis ist nächst der sparsamen Verwaltung der günstigen Sterblichkeit zu danken. Die Verwaltungskosten sind, obgleich das Ncugeschäft' auf 55,658,490 Mk., der Bestand auf 479,570,000 Mk. gesteigert worden ist, wiederum zurückgegangen und betrugen einschließlich Ab- schluß und Inkassoprovisionen nur 5^/tO/o der Jahreseinnahme. Gegen die rechnungsmäßige Erwartung ergab sich eine Ersparnis durch Uniersterblichkeit von 2,000,745 Mk. Der Prozentsatz für die vorzeitigen Auflösungen von Versicherungen ist erfreulicherweise von I.O?",» in der Todesfallversicherung im Vorjahr noch auf O. 950/0 zurückgegangen gegenüber einem Durschnittsprozentsatze von 2.18°/o in 1895 bei allen deutschen Gesellschaften zusammengenommen. Das Gesamtvermögen stieg um 10,725,757 Mk. auf 135,628,794 Mk. Davon kamen auf die nach den strengsten mathematischen Grundsätzen berechnete Prämienreserve (einschließlich lieber- träge) 111,163,080 Mk., auf die über die rech­nungsmäßig notwendigen Fonds noch vorhandenen Extrareserven 21.708,673 Mk. Der Ueberschuß ist von 3,7 auf 5.3 Millionen gestiegen. Als Dividende kommen im Jahr 1897 nach Plan ^.1 (altes System) mit Nachgewährung rück ständiger Dividenden 34°/o der ordentlichen und extra 17°/o der alternativen Zusatzprämie, nach Plan HI (neues System) 38°/o der ordentlichen und extra 190/0 der alternativen Zusatzprämie zur Auszahlung. Den nach Plan 8 (steigende Dividende) Beteiligten kommt eine gegen das Vorjahr um 3"/» der Gesamtprämie erhöhte Dividende zu, so daß die jüngsten nach diesem Plane Dividendenberechtigten 15°/», die ältesten 60°/o der vollen Jahresprämie erhalten. Seit Bestehen der Bank wurden an die Versicherten fällige Versicherungssummen im Betrage von 88,963,163 Mk und Dividenden in Höhe von 46,314,352 Mark ausbezahlt.

Ausland.

In Italien beherrschen z. Zt. ver- schiedene Skandale die öffentliche Meinung. In erster Reihe ist es die Entdeckung von einem massenhaften und systematischen Kindermord in dem Findelhaus zu Neapel, in dessen Kura­torium sogar zwei Abgeordnete saßen, die einen Sturm der Entrüstung in ganz Italien hervor­gerufen hat. Weiterhin ärgert man sich darüber, daß die Angestellten der Polizei in ganz Italien Sammlungen veranstalten zu Gunsten der drei

inhaftierten Polizisten, welche beschuldigt sind, einen gewissen Frizpi im Gefängnis ermordet zu haben und endlich ärgert man sich darüber, daß der verflossene Ministerpräsident Crispi sein ganzes Mobiliar und Haus in Rom unter den Hammer bringt, und dabei auch Gegenstände, die ihm s. Zt. von Künstlern mit eigenhändiger Widmung zum Geschenk gemacht worden sind.

DieI t a l i a n i s s i m i " in Wälsch- tyr 0 l erstreben die Errichtung einer ita­lienischen Universität in Tyrol. Der am Sonntag in Roveredo versammelt ge­wesene Kongreß derLega Natirnale" nahm einstimmig einen Antrag an. wonach mit allen Kräften für Errichtung einer italienischen Uni­versität, verbunden mit Pädagogium, in Triest gewirkt werden soll. Ueber die Stellungnahme der österreichischen Regierung zu diesem Projekt ist noch nichts bekannt.

Unterhaltender Heil.

Falsche Spuren.

Criminal-Novelle von Ferdinand Hermann' (Fortsetzung.)

Als dann Therese zuerst in das Verhör­zimmer trat, todenblelch und noch ohne jede Ahnung von dem Vorgefallenen, erhob er sich und machte ihr eine tiefe Verbeugung, die tiefste vielleicht, die man je in feinem Leben von ihm gesehen. Auch ihren Bruder begrüßte er sehr höflich und richtete dann an Beide iu verbind­lichstem Ton, aber mit merklich unsicherer Stimme die Einladung, sich niederzusetzen.

Ich habe Ihnen heule eine Erklärung ab- zugeben," fuhr er fort,die zwar nur als eine sehr schwache und durchaus unzureichende Ge- nugthuung gelten kann für all' das Leid, welches Sie ohne Ihr Verschulden während der letzten Wochen erdulden mußten, die Sie aber mit ' mildem Urteil aufnehmen mögen als einen neuen Belag für das alte, ewig wahre Wort, daß Irren menschlich ist und daß selbst die scharf- sinnigsten und gerechtesten Menschen manch Mal mit Blindheit geschlagen scheinen. Ihre Unschuld an dem Verbrechen, das man Ihnen zur Last gelegt hat, ist sonnenklar erwiesen, es kann nicht der leiseste Zweifel mehr daran bestehen, und es ist selbstverständlich, daß Ihre Hast mit diesem Augenblick ein Ende hat. Aber ich darf mich nicht auf die einfache Konstatierung dieser Thatsache und auf die herzliche Bitte beschränken, auch mir wegen meines in üble Bahnen gelenkten Eifers nicht zu zürnen, sondern ich bin Ihnen a.ich eine nähere Aufklärung schuldig über die Art der Entlarvung des wirklich Schuldigen, über die Person des wackeren und unglücklichen jungen Mannes, der von vornherein schärfer sah als wir Alle, und der seine Liebe zur Gerechtigkeit und feinen Eifer, Ihnen zu Helsen, wahrscheinlich mit seinem Leben wird bezahlen müssen!"

Und nun teilte er den hoch aufhorchenden Geschwistern, die kaum ihren Sinnen trauen wollten, Alles mit, was durch die bisherige« Erhebungen hatte festgestellt werden können, und was aus Paul Nellinghausen's sonderbarem Geständnis hervorging. Dieses Geständnis war mit einem im Angesicht des Todes wahrhaft beispiellosen CynismuS auf das Papier geworfen und sprach noch beredter als seine verbrecher­ischen Handlungen selbst für die bodenlose Verworfenheit in Pauls Charakter. Nachdem er in einigen einleitenden Spätzen mit brutalem Hohn darauf hingewiesen, daß Derjenige, welcher die Welt von einer nutzlosen Jungfer und von einem erbärmlichen Spion befreit, eigentlich viel eher eine Belohnung als eine Strafe verdient habe, gestand er ohne jeden Rückhalt und ohne jeden Versuch einer Entschuldigung ein, daß er sich die erwähnten beiden Verdienste erworben habe, allerdings weniger um der Welt, als um sich selbst einen Gefallen zu erweisen. Ec habe seine Tante, die ihn bei jeder Gelegenheit durch ellenlange Moralpredigten gelangwellt und sich immer erst nach den demütigsten Bitten von seiner Seite dazu verstanden habe, ihm aus seinen kleinen Verlegenheiten zu helfen, schon seit Langem ingrimmig gehaßt und ihren Tod nicht nur deshalb herbeigewünscht» weil er auf